353 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

Regierungsvorlage

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU-JZG), das Auslieferungs- und Rechtshilfegesetz (ARHG) und das Strafregistergesetz 1968 geändert werden (EU-JZG-ÄndG 2014)

Der Nationalrat hat beschlossen:

Inhaltsverzeichnis

Artikel 1           Änderung des EU-JZG

Artikel 2           Änderung des ARHG

Artikel 3           Änderung des Strafregistergesetzes 1968

Artikel 4           Inkrafttreten

Artikel 1

Änderung des EU-JZG

Das Bundesgesetz über die justizielle Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten der EU (EU-JZG), BGBl. I Nr. 36/2004, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl I Nr. 175/2013, wird wie folgt geändert:

1. Im Inhaltsverzeichnis wird das VI. Hauptstück zum VII. Hauptstück, die §§ 122 bis 124 erhalten die Bezeichnung 138 bis 140, § 125 erhält die Bezeichnung § 142, und es wird nach § 121 folgendes neues VI. Hauptstück samt Überschriften eingefügt:

„VI. Hauptstück

Anerkennung Europäischer Schutzanordnungen in Strafsachen

Erster Abschnitt

Anerkennung von Entscheidungen anderer Mitgliedstaaten

             § 122    Voraussetzungen

             § 123    Antrag der geschützten Person

             § 124    Unzulässigkeit der Anerkennung

             § 125    Zuständigkeit

             § 126    Verfahren

             § 127    Entscheidung

             § 128    Verständigungspflichten des Vollstreckungsstaates

             § 129    Rechtsfolgen eines Verstoßes im Vollstreckungsstaat

             § 130    Zuständigkeit des Anordnungsstaates

             § 131    Folgen einer Änderung der Europäischen Schutzanordnung

             § 132    Aufhebung der erteilten Anordnungen

             § 133    Kosten

Zweiter Abschnitt

Erwirkung der Anerkennung in einem anderen Mitgliedstaat

             § 134    Erlass einer Europäischen Schutzanordnung

             § 135    Befassung eines anderen Mitgliedstaates

             § 136    Änderung oder Zurückziehung der Europäischen Schutzanordnung

             § 137    Beantwortung von Ersuchen“

2. Im Inhaltsverzeichnis wird nach § 140 eingefügt:

            „§ 141    Umsetzung von Richtlinien der Europäischen Union“

3. Am Ende des Inhaltsverzeichnisses wird angefügt:

„Anhang XV

Europäische Schutzanordnung nach Artikel 7 der Richtlinie 2011/99/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 über die Europäische Schutzanordnung

Anhang XVI

Formblatt nach Artikel 12 der Richtlinie 2011/99/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 über die Europäische Schutzanordnung (Meldung eines Verstoßes gegen die aufgrund der Europäischen Schutzanordnung erlassene Maßnahme)“

4. In § 1 Abs. 1 Z 1 entfällt in lit. e das Wort „und“, in lit. f werden der Punkt durch einen Strichpunkt ersetzt und das Wort „und“ eingefügt; folgende lit. g wird angefügt:

              „g) Anerkennung Europäischer Schutzanordnungen und Erteilung nationaler Anordnungen.“

5. In § 2 Z 3a werden nach dem Wort „getroffen“ die Wendung „oder der Staat, in dem eine Schutzmaßnahme angeordnet wurde, auf deren Grundlage eine Europäische Schutzanordnung erlassen“ eingefügt.

6. In § 2 Z 7 wird der Punkt am Ende von lit. g durch einen Strichpunkt ersetzt und es wird folgende lit. h angefügt:

              „h) dem eine Europäische Schutzanordnung zum Zwecke der Anerkennung und Erteilung nationaler Anordnungen übermittelt wurde;“

7. In § 2 wird der Punkt am Ende von Z 11 durch einen Strichpunkt ersetzt und es werden nach Z 11 folgende Z 12 und 13 angefügt:

       „12. „Europäische Schutzanordnung“ eine von einer Justizbehörde oder sonstigen zuständigen Behörde eines Mitgliedstaats im Zusammenhang mit einer Schutzmaßnahme (Z 13) erteilte Anordnung, auf deren Grundlage die zuständige Behörde eines anderen Mitgliedstaats nach nationalem Recht Anordnungen zur Fortsetzung des Schutzes der geschützten Person in diesem Mitgliedstaat erteilt;

         13. „Schutzmaßnahme“ eine im anordnenden Staat in einem Strafverfahren ergangene Entscheidung, mit der einer natürlichen Person („gefährdende Person“) eine oder mehrere Anordnungen erteilt werden, um eine andere Person („geschützte Person“) vor einer strafbaren Handlung gegen ihr Leben, ihre körperliche oder seelische Integrität, ihre Würde, ihre persönliche Freiheit oder ihre sexuelle Integrität zu schützen.“

8. In § 5a wird am Ende folgender Satz angefügt:

„§ 5 Abs. 6 ist anzuwenden.“

9. § 39 Abs. 1 Z 1 lautet:

         „1. unabhängig von der Zustimmung des Verurteilten, wenn dieser

                a) die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt und seinen Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt im Inland hat;

               b) seinen Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt im Inland hat und dorthin im Hinblick auf das gegen ihn im Ausstellungsstaat anhängige Strafverfahren oder das in diesem Staat ergangene Urteil geflohen oder sonst zurückgekehrt ist;

                c) aufgrund eines Ausweisungsbescheides, einer Abschiebungsanordnung oder eines Aufenthaltsverbotes, unabhängig davon, ob diese Entscheidung im Urteil oder einer infolge des Urteils getroffenen gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Entscheidung enthalten ist, nach Beendigung des Straf- oder Maßnahmenvollzuges nach Österreich abgeschoben würde;“

10. In § 39 Abs. 1 Z 3 werden der Punkt durch einen Beistrich ersetzt und die Wendung „sofern der Verurteilte sein Aufenthaltsrecht in Österreich aufgrund der Verurteilung nicht verliert.“ angefügt.

11. In § 41i Abs. 3 lautet der Klammerausdruck richtig „(Anhang VII)“

12. In § 41j Z 1 wird nach den Worten „dieses Bundesgesetzes vorliegen“ der Klammerzitat „(§ 5 Abs. 4)“ eingefügt.

13. § 42 Abs. 1 Z 1 lautet:

         „1. unabhängig von der Zustimmung des Verurteilten, wenn dieser

                a) die Staatsangehörigkeit des Vollstreckungsstaats besitzt und in diesem Staat seinen Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt hat;

               b) seinen Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt im Vollstreckungsstaat hat und dorthin im Hinblick auf das gegen ihn im Inland anhängige Strafverfahren oder das in Österreich ergangene Urteil geflohen oder sonst zurückgekehrt ist;

                c) aufgrund eines Ausweisungsbescheides, einer Abschiebungsanordnung oder eines Aufenthaltsverbotes, unabhängig davon, ob diese Entscheidung im Urteil oder einer infolge des Urteils getroffenen gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Entscheidung enthalten ist, nach Beendigung des Straf- oder Maßnahmenvollzuges in den Vollstreckungsstaat abgeschoben würde;“

14. In § 42b Abs. 4 lauten Z 4 und der Schlussteil:

         „4. für den Fall, dass sich der Verurteilte bereits im Vollstreckungsstaat befindet, das ausgefüllte Formblatt zur Unterrichtung der verurteilten Person (Anhang VIII)

zu übermitteln.“

15. In § 42c Z 2 werden die Worte „zwei Dritteln“ durch die Worte „der Hälfte“ ersetzt.

16. Dem § 59a wird folgender Absatz angefügt:

„(3) Die Mitteilung hat in einer der Amtssprachen des anderen Mitgliedstaats zu erfolgen, sofern dieser nicht erklärt hat, Mitteilungen auch in deutscher Sprache zu akzeptieren.“

17. In § 59b wird das Wort „Mitgliedstaates“ durch die Wendung „Mitgliedstaats – die in die deutsche Sprache übersetzt sein muss, sofern dieser Mitgliedstaat nicht erklärt hat, Mitteilungen auch in deutscher Sprache zu akzeptieren –“ ersetzt; der Punkt am Ende wird durch die Wendung „ ; § 59a Abs. 3 ist anzuwenden.“ ersetzt.

18. Das VI. Hauptstück wird zum VII. Hauptstück, die §§ 122 bis 124 erhalten die Bezeichnung §§ 138 bis 140 und § 125 die Bezeichnung § 142, und nach § 121 wird folgendes VI. Hauptstück eingefügt:

„VI. Hauptstück

Anerkennung Europäischer Schutzanordnungen in Strafsachen

Erster Abschnitt

Anerkennung von Entscheidungen anderer Mitgliedstaaten

Voraussetzungen

§ 122. (1) Wurde im Zuge eines in einem anderen Mitgliedstaat anhängigen Strafverfahrens von einer Justizbehörde oder sonstigen zuständigen Behörde zum Schutz einer natürlichen Person, die ihren Wohnsitz oder Aufenthalt im Inland hat oder in das Inland verlegen will, eine Schutzmaßnahme angeordnet und auf deren Grundlage eine Europäische Schutzanordnung erlassen, so wird diese über entsprechendes Ersuchen des Anordnungsstaates nach den Bestimmungen dieses Abschnitts im Inland anerkannt, und es werden die nach österreichischem Recht in einem vergleichbaren Fall zulässigen Anordnungen zur Fortsetzung des Schutzes der geschützten Person erteilt.

(2) Schutzmaßnahmen im Sinne von Abs. 1 sind:

           1. das Verbot des Betretens bestimmter Räumlichkeiten, Orte oder festgelegter Gebiete in bzw. an denen sich die geschützte Person aufhält oder die sie aufsucht;

           2. das Verbot oder die Regelung der jeglicher Form der Kontaktaufnahme – auch telefonisch, auf elektronischem Weg, per Post, Telefax oder mit anderen Mitteln – mit der geschützten Person; und

           3. das Verbot, sich der geschützten Person auf eine geringere als die festgelegte Entfernung zu nähern, oder eine Weisung ähnlichen Inhalts.

Antrag der geschützten Person im Inland

§ 123. Ein von der geschützten Person bei einem österreichischen Gericht gestellter Antrag auf Erlass einer Europäischen Schutzanordnung im Zusammenhang mit einer in einem anderen Mitgliedstaat angeordneten Schutzmaßnahme ist so rasch wie möglich an die zuständige Behörde des Anordnungsstaats zu übermitteln.

Unzulässigkeit der Anerkennung

§ 124. Die Anerkennung einer Europäischen Schutzanordnung ist unzulässig,

           1. wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung und Überwachung im Inland nach dem V. Hauptstück oder für eine Anerkennung und Vollstreckung nach

                a. der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, ABl. L 2001/12, 1,

                b. der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000, ABl. L 2003/338, 1,

                c. dem Haager Übereinkommen vom 19. Oktober 1996 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Maßnahmen zum Schutz von Kindern, BGBl. III Nr. 49/2011, oder

                d. dem Haager Übereinkommen vom 25. Oktober 1980 über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung, BGBl Nr. 512/1988,

vorliegen;

           2. wenn die geschützte Person im Inland keinen Wohnsitz oder Aufenthalt hat und diesen auch nicht in das Inland verlegen will;

           3. wenn der Europäischen Schutzanordnung keine der in § 122 Abs. 2 angeführten Schutzmaßnahmen zugrunde liegt;

           4. wenn die Schutzmaßnahme im Zusammenhang mit einer Handlung angeordnet wurde, die nach österreichischem Recht nicht gerichtlich strafbar ist;

           5.  wenn die Schutzmaßnahme in einem Urteil angeordnet wurde, dem eine Handlung zugrunde liegt, die dem Geltungsbereich der österreichischen Strafgesetze unterliegt, und das im Inland unter eine Amnestie fällt;

           6. soweit die Anerkennung der Europäischen Schutzanordnung und die Erteilung nationaler Anordnungen gegen Bestimmungen über Immunität verstoßen würde;

           7. wenn die Verfolgung der gefährdenden Person wegen der Handlung, aufgrund derer die Schutzmaßnahme angeordnet wurde, nach österreichischem Recht verjährt ist, sofern die Handlung dem Geltungsbereich der österreichischen Strafgesetze unterliegt;

           8. wenn die Anerkennung der Europäischen Schutzanordnung dem Verbot der Doppelbestrafung („ne bis in idem“) zuwiderlaufen würde;

           9. wenn die der Schutzmaßnahme zugrunde liegende Handlung von einer Person begangen wurde, die nach österreichischem Recht zur Zeit der Tat strafunmündig war; oder

         10. wenn objektive Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Entscheidung, in der die Schutzmaßnahme angeordnet wurde, unter Verletzung von Grundrechten oder wesentlichen Rechtsgrundsätzen im Sinne von Art. 6 des Vertrags über die Europäische Union zustande gekommen ist, und die gefährdende Person keine Möglichkeit hatte, diese Umstände vor den zuständigen Behörden des Anordnungsstaats, vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte oder vor dem Gerichtshof der Europäischen Union geltend zu machen.

Zuständigkeit

§ 125. (1) Zur Entscheidung über die Anerkennung einer Europäischen Schutzanordnung und die Erteilung nationaler Anordnungen ist das Landesgericht sachlich zuständig.

(2) Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach dem Ort, an dem die geschützte Person ihren Wohnsitz oder Aufenthalt genommen hat oder nehmen wird.

(3) Ist das Gericht, das mit der Anerkennung befasst worden ist, nicht zuständig, so tritt es die Sache an das zuständige Gericht ab und verständigt die zuständige Behörde des anordnenden Staates davon.

Verfahren

§ 126. (1) Die Anerkennung setzt voraus, dass dem inländischen Gericht die Europäische Schutzanordnung (Anhang XV) und, sofern der Anordnungsstaat nicht die Erklärung abgegeben hat, als Vollstreckungsstaat Europäische Schutzanordnungen auch in deutscher Sprache zu akzeptieren (§ 135 Abs. 1), deren Übersetzung in die deutsche Sprache übermittelt wird.

(2) Wenn die Europäische Schutzanordnung in wesentlichen Teilen unvollständig ist oder Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der in § 124 Z 10 angeführte Grund für die Unzulässigkeit der Anerkennung der Europäischen Schutzanordnung vorliegt, ist die zuständige Behörde des Anordnungsstaates auf die in § 14 Abs. 3 vorgesehene Weise um Vervollständigung binnen einer festzusetzenden angemessenen Frist mit dem Hinweis zu ersuchen, dass bei fruchtlosem Ablauf der Frist die Anerkennung verweigert werden wird. Die Entscheidung über die Anerkennung der Europäischen Schutzanordnung ist bis zum Einlangen der begehrten ergänzenden Informationen aufzuschieben.

(3) Auf den Geschäftsweg ist § 14 Abs. 1 bis 5 sinngemäß anzuwenden.

(4) Zu den Voraussetzungen der Anerkennung (§ 124) ist die geschützte Person und, sofern sie im Inland geladen werden kann, auch die gefährdende Person zu hören. Auf die Anhörung der gefährdenden Person kann verzichtet werden, wenn dadurch der Schutzzweck gefährdet wäre.

Entscheidung

§ 127. (1) Über die Anerkennung ist mit Beschluss zu entscheiden. Der Beschluss hat die Bezeichnung der Behörde, deren Entscheidung anerkannt wird, deren Aktenzeichen, eine kurze Darstellung des Sachverhalts einschließlich Ort und Zeit der Tat, soweit bekannt, und der angeordneten Schutzmaßnahme, die Bezeichnung der strafbaren Handlung sowie die bekannt gegebenen angewendeten Rechtsvorschriften des Anordnungsstaates zu enthalten. Die Entscheidung ist unter Berücksichtigung der Dringlichkeit der Angelegenheit, des vorgesehenen Zeitpunkts der Ankunft der geschützten Person in Österreich, sofern diese nicht bereits im Inland wohnhaft oder aufhältig ist, und, soweit möglich, der Gefahrenlage der geschützten Person zu treffen.

(2) Soweit dies in einem vergleichbaren inländischen Verfahren zulässig wäre, hat das Gericht nach erfolgter Anerkennung der Europäischen Schutzanordnung unverzüglich für einen angemessenen Zeitraum der gefährdenden Person Weisungen zu erteilen (§ 51 Abs. 2 StGB) oder gelindere Mittel anzuwenden (§ 173 Abs. 5 Z 3 bis 5 StPO), die so weit wie möglich den im anordnenden Staat angeordneten Schutzmaßnahmen zu entsprechen haben.

(3) Gegen den Beschluss steht der Staatsanwaltschaft, der geschützten und der gefährdenden Person die binnen 14 Tagen einzubringende Beschwerde an das Oberlandesgericht offen.

(4) Die Überwachung der Befolgung der Weisungen oder gelinderen Mitteln sowie die Rechtsfolgen der Nichtbefolgung richten sich vorbehaltlich § 130 nach österreichischem Recht.

Verständigungspflichten des Vollstreckungsstaates

§ 128. (1) Das Gericht hat die zuständige Behörde des Anordnungsstaates auf die in § 14 Abs. 3 vorgesehene Weise in Kenntnis zu setzen

           1. von der Ablehnung der Anerkennung der Europäischen Schutzanordnung, unter Angabe der Gründe;

           2. von Anordnungen gemäß § 127 Abs. 2 und den inländischen Rechtsfolgen eines Verstoßes (§ 129);

           3. von jedem Verstoß gegen Anordnungen gemäß § 127 Abs. 2 unter Verwendung des Formblatts nach Anhang XVI. Sofern der Anordnungsstaat nicht die Erklärung abgegeben hat, Formblätter auch in deutscher Sprache zu akzeptieren, ist dem Formblatt eine Übersetzung in eine Amtssprache des Anordnungsstaates anzuschließen. Der Bundesminister für Justiz hat durch Verordnung zu verlautbaren, welche Mitgliedstaaten welche Amtssprachen akzeptieren;

           4. von jedem Verstoß gegen die in der Europäischen Schutzanordnung enthaltene Schutzmaßnahme, von dem das Gericht Kenntnis erlangt, sofern in einem vergleichbaren inländischen Verfahren keine Anordnung gemäß § 127 Abs. 2 in Betracht kommt, weshalb eine solche nicht erteilt werden konnte;

           5. von der Entscheidung über die Aufhebung der aufgrund der Europäischen Schutzanordnung erteilten Anordnungen (§ 132).

(2) Die geschützte Person ist in den Fällen des Abs. 1 Z 1, 2 und 5 zu verständigen, im Falle der Ablehnung der Anerkennung der Europäischen Schutzanordnung unter Belehrung über die Beschwerdemöglichkeit nach § 127 Abs. 3 und gegebenenfalls über die Möglichkeit, die Anordnung einer Schutzmaßnahme nach österreichischem Recht zu beantragen. In den Fällen des Abs. 1 Z 2 ist auch die gefährdende Person in Kenntnis zu setzen, wobei eine Mitteilung der Anschrift oder sonstiger Kontaktdaten der geschützten Person an die gefährdende Person dabei zu unterbleiben hat, es sei denn, dass diese Daten zur Entsprechung der erteilten Anordnung erforderlich sind. In den Fällen des Abs. 1 Z 3 ist gegebenenfalls auch die zuständige Behörde des vollstreckenden Staates im Sinn von § 2 Z 7 lit. f zu unterrichten.

Rechtsfolgen eines Verstoßes im Vollstreckungsstaat

§ 129. Im Falle eines Verstoßes gegen eine oder mehrere Anordnungen gemäß § 127 Abs. 2 hat das Gericht

           1. umgehend vorläufige Maßnahmen zu veranlassen, um den Verstoß zu beenden, bis der Anordnungsstaat gegebenenfalls eine Entscheidung gemäß § 130 getroffen hat, und

           2. bei Verdacht auf eine strafbare Handlung im Inland Anzeige an die zuständige Staatsanwaltschaft zu erstatten.

Zuständigkeit des Anordnungsstaates

§ 130. Die zuständige Behörde des Anordnungsstaates ist ausschließlich zuständig für folgende Entscheidungen:

           1. die Überprüfung, die Verlängerung, die Abänderung, den Widerruf und die Aufhebung der Schutzmaßnahme und dementsprechend der Europäischen Schutzanordnung; und

           2. die Anordnung einer Freiheitsstrafe oder einer mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme als Folge des Widerrufs der Schutzmaßnahme.

Folgen einer Änderung der Europäischen Schutzanordnung

§ 131. Übermittelt die zuständige Behörde des Anordnungsstaates eine geänderte Europäische Schutzanordnung, so hat das Gericht

           1. die auf der Grundlage der Europäischen Schutzmaßnahme erteilten Anordnungen entsprechend zu ändern,

           2. die Anerkennung der geänderten Europäischen Schutzmaßnahme abzulehnen, wenn dieser keine der in § 122 Abs. 2 angeführten Schutzmaßnahmen mehr zugrunde liegt, oder

           3. nach § 126 Abs. 2 vorzugehen.

Aufhebung der erteilten Anordnungen

§ 132. (1) Das Gericht hat die aufgrund der Europäischen Schutzanordnung erteilten Anordnungen aufzuheben, wenn

           1. klare Hinweise darauf vorliegen, dass die geschützte Person nicht im Inland wohnhaft oder aufhältig ist oder das österreichische Hoheitsgebiet verlassen hat,

           2. die Aufrechterhaltung der Weisung oder des gelinderen Mittels in einem vergleichbaren inländischen Verfahren nicht mehr zulässig wäre,

           3. der Fall des § 131 Z 2 vorliegt,

           4. einem inländischen Gericht nach erfolgter Anerkennung der Europäischen Schutzanordnung eine Entscheidung nach dem V. Hauptstück oder ein Ersuchen um Anerkennung und Vollstreckung nach einer der in § 124 Z 1 lit. a oder b genannten Verordnung oder nach einem der in § 124 Z 1 lit. c oder d genannten Übereinkommen übermittelt wird, oder

           5. die zuständige Behörde des Anordnungsstaates die Europäische Schutzanordnung widerruft (§ 130 Z 1).

(2) In den Fällen nach Abs. 1 Z 2 kann das Gericht die zuständige Behörde des Anordnungsstaates vor Aufhebung der erteilten Anordnungen um Mitteilung ersuchen, ob der aufgrund der Europäischen Schutzanordnung vorgesehene Schutz der geschützten Person noch erforderlich ist.

Kosten

§ 133. Die durch die Anerkennung einer Europäischen Schutzanordnung und die Erteilung von Anordnungen entstandenen Kosten mit Ausnahme jener, die ausschließlich im Hoheitsgebiet des Anordnungsstaates entstehen, sind vom Bund zu tragen.

Zweiter Abschnitt

Erwirkung der Anerkennung in einem anderen Mitgliedstaat

Erlass einer Europäischen Schutzanordnung

§ 134. (1) Wurden einer natürlichen Person („gefährdende Person“) in einem Strafverfahren zum Schutz einer anderen Person („geschützte Person“) vor einer strafbaren Handlung gegen ihr Leben, ihre körperliche oder seelische Integrität, ihre Würde, ihre persönliche Freiheit oder ihre sexuelle Integrität Weisungen nach § 51 Abs. 2 StGB erteilt oder gelindere Mittel nach 173 Abs. 5 Z 3 bis 5 StPO angewendet, die den in § 122 Abs. 2 angeführten entsprechen, so hat das Gericht, das in erster Instanz erkannt hat, auf Antrag der geschützten Person, die ihren Wohnsitz oder Aufenthalt in einen anderen Mitgliedstaat verlegt hat oder verlegen will, eine Europäische Schutzanordnung zu erlassen, sofern dies zur Fortsetzung des Schutzes der geschützten Person im betreffenden Mitgliedstaat erforderlich ist.

(2) Bei der Entscheidung über den Erlass einer Europäischen Schutzanordnung ist insbesondere die voraussichtliche Dauer des Aufenthalts der geschützten Person im Vollstreckungsstaat und deren Gefahrenlage zu berücksichtigen.

(3) Vor dem Erlass einer Europäischen Schutzanordnung ist der Staatsanwaltschaft Gelegenheit zur Äußerung zu geben; es sind, sofern dies nicht bereits im Zuge der Antragstellung erfolgt ist, die geschützte Person und, sofern sie bisher zur Schutzmaßnahme nicht gehört wurde, die gefährdende Person zu hören.

(4) Der Erlass einer Europäischen Schutzanordnung kommt nicht in Betracht, wenn die Voraussetzungen für die Erwirkung der Anerkennung und Überwachung nach dem V. Hauptstück oder für ein Ersuchen um Anerkennung und Vollstreckung nach einer der in § 124 Z 1 lit. a oder b genannten Verordnung oder nach einem der in § 124 Z 1 lit. c oder d genannten Übereinkommen vorliegen.

(5) Gegen die Erlassung oder Nichterlassung einer Europäischen Schutzanordnung steht der Staatsanwaltschaft, der geschützten und, sofern sie bisher zur Schutzmaßnahme nicht gehört wurde, der gefährdenden Person die binnen 14 Tagen einzubringende Beschwerde an das Oberlandesgericht offen. Darüber sind die geschützte Person und gegebenenfalls auch die gefährdende Person zu belehren.

Befassung eines anderen Mitgliedstaats

§ 135. (1) Das Gericht hat der zuständigen Behörde des Vollstreckungsstaates die ausgefüllte und unterzeichnete Europäische Schutzanordnung (Anhang XV) und, sofern dieser Staat nicht erklärt hat, Europäische Schutzanordnungen auch in deutscher Sprache zu akzeptieren, deren Übersetzung in eine Amtssprache des vollstreckenden Staates oder in eine andere von diesem akzeptierte Sprache zu übermitteln. Der Bundesminister für Justiz hat durch Verordnung zu verlautbaren, welche Mitgliedstaaten welche Amtssprachen akzeptieren.

(2) Auf den Geschäftsverkehr ist § 14 Abs. 1 bis 5 sinngemäß anzuwenden. Ist die Europäische Schutzanordnung nicht auf dem Postweg übermittelt worden, so ist der zuständigen Behörde des Vollstreckungsstaats auf ihr Ersuchen das Original der Europäischen Schutzanordnung auf dem Postweg nachzureichen.

Änderung oder Zurückziehung der Europäischen Schutzanordnung

§ 136. (1) Nach Verständigung durch die zuständige Behörde des Vollstreckungsstaats über einen Verstoß gegen die nach Anerkennung der Europäischen Schutzanordnung von dieser angeordneten Schutzmaßnahmen hat das Gericht zu prüfen, ob Anlass zur Verlängerung der Probezeit, zur Änderung der Anordnung, zum Widerruf der bedingten Strafnachsicht oder der bedingten Entlassung, zu einem nachträglichen Strafausspruch oder zur Verhängung der Untersuchungshaft und dementsprechend zur Änderung oder Aufhebung der Anordnung und zum Widerruf der Europäischen Schutzanordnung besteht. Vom Ergebnis der Prüfung ist die zuständige Behörde des Vollstreckungsstaates, gegebenenfalls unter Anschluss einer entsprechend geänderten Europäischen Schutzanordnung, so rasch wie möglich in Kenntnis zu setzen.

(2) Ist die Anordnung in einer Entscheidung nach dem V. Hauptstück enthalten, die einem anderen Mitgliedstaat übermittelt wurde oder nach Erlass der Europäischen Schutzanordnung übermittelt wird, und hat die zuständige Behörde des vollstreckenden Staates im Sinn von § 2 Z 7 lit. f Folgeentscheidungen nach § 90 Abs. 1 getroffen, die sich auf die der Europäischen Schutzanordnung zugrunde liegende Schutzmaßnahme auswirken, so hat das Gericht die Europäische Schutzanordnung unverzüglich entsprechend zu ändern oder zu widerrufen.

Beantwortung von Ersuchen

§ 137. Ein Ersuchen der zuständigen Behörde des Vollstreckungsstaats um Mitteilung, ob der aufgrund der Europäischen Schutzanordnung vorgesehene Schutz noch erforderlich ist, ist unverzüglich zu beantworten.“

19. In § 140 wird folgender Abs. 13 angefügt:

„ (13) § 1 Abs. 1 Z 1 lit. g, § 2 Z 3a, Z 7 lit. h, Z 12 und 13, die §§ 5a, 39 Abs. 1 Z 1 und 3, 41i Abs. 3, 41j Z 1, 42 Abs. 1 Z 1, 42b Abs. 4, 42c Z 2, 59a Abs. 3, 59b sowie die §§ 122 bis 137 und die Anhänge XV und XVI in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2014 treten mit 1.1.2015 in Kraft.“

20. Nach § 140 wird folgender § 141 samt Überschrift eingefügt:

„Umsetzung von Richtlinien der Europäischen Union

§ 141. § 1 Abs. 1 Z 1 lit. g, § 2 Z 3a, Z 7 lit. h, Z 12 und 13, die §§ 122 bis 138 sowie die Anhänge XV und XVI in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2014 dienen der Umsetzung der Richtlinie 2011/99/EU über die Europäische Schutzanordnung, ABl. L 2011/338, 2.“

21. Nach Anhang XIV werden folgende Anhänge XV und XVI angefügt:

„Anhang XV

Europäische Schutzanordnung nach Artikel 7 der Richtlinie 2011/99/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Europäische Schutzanordnung

[siehe das Dokument „Anhang_XV“]

Anhang XVI

Formblatt nach Artikel 12 der Richtlinie 2011/99/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Europäische Schutzanordnung (Meldung eines Verstoßes gegen die aufgrund der Europäischen Schutzanordnung erlassene Maßnahme)

[siehe das Dokument „Anhang_XVI“]“

Artikel 2

Änderung des ARHG

Das Bundesgesetz über die Auslieferung und die Rechtshilfe in Strafsachen, BGBl. Nr. 529/1979, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I. Nr. 175/2013, wird wie folgt geändert:

1. Nach § 19 wird folgender § 19a samt Überschrift eingefügt:

„Abwesenheitsurteile

§ 19a. (1) Die Auslieferung zur Vollstreckung einer in Abwesenheit verhängten Freiheitsstrafe oder zur Vollziehung einer in Abwesenheit angeordneten vorbeugenden Maßnahme, die mit Freiheitsentziehung verbunden ist, ist nur zulässig, wenn die auszuliefernde Person

           1. fristgerecht durch persönliche Ladung oder auf andere Weise von Zeit und Ort der Verhandlung, die zu der Entscheidung geführt hat, Kenntnis erlangt hat und darüber belehrt worden ist, dass das Urteil in ihrer Abwesenheit ergehen kann;

           2. in Kenntnis der anberaumten Verhandlung einen selbst gewählten oder vom Gericht beigegebenen Verteidiger mit ihrer Vertretung in der Verhandlung betraut hat und von diesem in der Verhandlung tatsächlich vertreten wurde; oder

           3. nach Zustellung des in Abwesenheit ergangenen Urteils und nach Belehrung über das Recht, die Neudurchführung der Verhandlung zu beantragen oder ein Rechtsmittel zu ergreifen und auf diesem Weg eine neuerliche Prüfung des Sachverhalts, auch unter Berücksichtigung neuer Beweise, in seiner Anwesenheit und eine Aufhebung der Entscheidung zu erreichen,

                a) ausdrücklich erklärt hat, keine Neudurchführung der Verhandlung zu beantragen oder kein Rechtsmittel zu ergreifen; oder

               b) innerhalb der bestehenden Fristen keine Neudurchführung der Verhandlung beantragt oder kein Rechtsmittel ergriffen hat.

(2) Kann das Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs. 1 nicht festgestellt werden, hat der Bundesminister für Justiz auf Antrag der Staatsanwaltschaft oder des Gerichts eine ausreichende Zusicherung des ersuchenden Staats einzuholen, wonach die auszuliefernde Person das Recht hat, die Neudurchführung der Verhandlung zu beantragen oder ein Rechtsmittel zu ergreifen und auf diesem Weg eine neuerliche Prüfung des Sachverhalts, auch unter Berücksichtigung neuer Beweise, in ihrer Anwesenheit und eine Aufhebung der Entscheidung zu erreichen.“

2. In § 31 Abs. 6 entfallen im Zitat im dritten Satz „§ 89 Abs. 2 erster Satz StPO“ die Worte „erster Satz“, und es wird am Satzende die Wendung „oder dass einer der in § 89 Abs. 2a Z 1 bis 3 StPO genannten Umstände vorliegt“ angefügt.

3. In § 32 Abs. 1 wird nach dem zweiten Satz folgender Satz eingefügt:

„Die betroffene Person hat das Recht, sich vor Erklärung der Einwilligung mit einem Verteidiger zu beraten.“

4. In § 32 Abs. 2 wird nach der Wendung „zu belehren,“ die Wendung „dass sie das Recht auf Beratung mit einem Verteidiger habe,“ eingefügt.

5. Im IV. Hauptstück wird nach dem Zweiten Abschnitt folgender Dritter Abschnitt eingefügt:

„Dritter Abschnitt

Besondere Ermittlungsmaßnahmen

Kontrollierte Lieferung

§ 59b. (1) Über ausländisches Ersuchen kann die Staatsanwaltschaft eine kontrollierte Lieferung durch Österreich bewilligen, wenn der kontrollierten Lieferung oder dem ausländischen Strafverfahren eine auslieferungsfähige Straftat zugrunde liegt.

(2) Eine kontrollierte Lieferung ist zu untersagen, wenn

           1. ein Aufschub kriminalpolizeilicher Ermittlungen nicht zulässig ist (§ 99 Abs. 4 StPO), oder

           2. die weitere Überwachung des Transports sowie ein Zugriff im anderen Staat nicht sichergestellt erscheint.

(3) Zur Entscheidung über eine kontrollierte Lieferung durch Österreich ist die Staatsanwaltschaft zuständig, in deren Sprengel die Grenze voraussichtlich überschritten wird oder von deren Sprengel die kontrollierte Lieferung ausgehen soll. Bestehen keine Anhaltspunkte im Hinblick auf den Ort des geplanten Grenzübertritts, so ist die Staatsanwaltschaft Wien zuständig. Die Kriminalpolizei hat die zuständige Staatsanwaltschaft unverzüglich von einer geplanten kontrollierten Lieferung zu verständigen.

(4) Die kontrollierte Lieferung durch das oder aus dem Bundesgebiet ist von österreichischen Behörden zu übernehmen und zu leiten. Sie ist so zu gestalten, dass ein Zugriff auf die Verdächtigen und die Waren jederzeit möglich ist. Die Durchführung einer kontrollierten Lieferung durch oder in Begleitung ausländischer Organe ist nur unter Beachtung der Grundsätze des § 5 Abs. 3 StPO zu bewilligen.

(5) Nach Abschluss der kontrollieren Lieferung hat die Staatsanwaltschaft zu prüfen, ob Anlass besteht, jenen Staat, in dem die Verdächtigen betreten wurden, um Übernahme der Strafverfolgung (§ 74) zu ersuchen.

Verdeckte Ermittlungen

§ 59c. (1) Der Einsatz eines verdeckt oder unter falscher Identität handelnden ausländischen Organes im Inland ist nur auf Grund des Ersuchens einer Justizbehörde eines anderen Staates zulässig, die diesen Einsatz in einem bereits eingeleiteten Straf- oder Ermittlungsverfahren bewilligt hat. Er bedarf vor Beginn des Einsatzes einer Anordnung jener Staatsanwaltschaft, in deren Sprengel der Einsatz voraussichtlich beginnen soll, die eine solche nur unter den Voraussetzungen nach § 131 StPO erteilen darf.

(2) Der Einsatz darf nur für jenen Zeitraum angeordnet werden, der zur Erreichung seines Zwecks voraussichtlich erforderlich ist, längstens jedoch für einen Monat. Eine neuerliche Anordnung ist nur zulässig, soweit die Voraussetzungen fortbestehen und aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass die weitere Durchführung Erfolg haben werde. Sobald die Voraussetzungen für die weitere Durchführung wegfallen oder der Zweck der Ermittlungshandlungen nicht mehr erreicht wird oder voraussichtlich nicht mehr erreicht werden kann, ist der Einsatz sofort zu beenden.

(3) Der ausländische verdeckte Ermittler ist ausschließlich durch das Bundesministerium für Inneres zu führen und zu überwachen; sein Einsatz richtet sich nach § 131 Abs. 3 StPO. Die Staatsanwaltschaft hat dieser Behörde die Anordnung einer verdeckten Ermittlung nach den Bestimmungen der Verschlusssachenordnung, BGBl. II Nr. 256/1998, zu übermitteln.

(4) Für ausländische verdeckte Ermittler, die kriminalpolizeiliche Organe (§ 129 Z 2 StPO) sind, gelten die Bestimmungen der §§ 131 Abs. 2 letzter Satz, Abs. 4 und 132 StPO.“

6. Das VII. Hauptstück wird zum VIII. Hauptstück, und nach § 76 wird folgendes VII. Hauptstück eingefügt:

„VII. Hauptstück

Gemeinsame Ermittlungsgruppen

Bildung einer gemeinsamen Ermittlungsgruppe im Inland

§ 76a. (1) Erweist sich in einem inländischen Strafverfahren die Bildung einer gemeinsamen Ermittlungsgruppe (§ 60 EU-JZG) als erforderlich und sollen im Inland Ermittlungen durchgeführt werden, an denen die Beteiligung von Organen anderer Staaten zweckmäßig erscheint, so hat die Staatsanwaltschaft den in Betracht kommenden Justizbehörden dieser Staaten im Wege des Bundesministeriums für Justiz die Bildung einer gemeinsamen Ermittlungsgruppe vorzuschlagen. Dieser Vorschlag hat auch an die zuständige österreichische Sicherheitsbehörde zu ergehen, die weitere Mitglieder vorschlagen kann.

(2) Über ein Ersuchen eines anderen Staates um Bildung einer gemeinsamen Ermittlungsgruppe entscheidet die Staatsanwaltschaft.

(3) Eine im Inland tätig werdende gemeinsame Ermittlungsgruppe ist von der Staatsanwaltschaft zu leiten und organisatorisch zu unterstützen. Ihre Befugnisse richten sich nach den im Inland geltenden Vorschriften über das Strafverfahren. § 62 Abs. 1 EU-JZG ist sinngemäß anzuwenden.

(4) Der Leiter der Ermittlungsgruppe kann ausländische Organe von der Anwesenheit bei bestimmten Ermittlungshandlungen ausschließen, wenn die Durchführung ansonsten erheblich erschwert oder der Erfolg gefährdet wäre.

Bildung einer gemeinsamen Ermittlungsgruppe im Ausland

§ 76b. (1) Sind im Rahmen eines inländischen Strafverfahrens Ermittlungen in einem oder mehreren anderen Staaten durchzuführen, die Anlass zur Bildung einer gemeinsamen Ermittlungsgruppe geben, so kann die Staatsanwaltschaft die zuständigen Justizbehörden dieser Staaten im Wege des Bundesministeriums für Justiz um Bildung einer gemeinsamen Ermittlungsgruppe ersuchen.

(2) Eine Beteiligung österreichischer Justizbehörden an einer in einem anderen Staat gebildeten gemeinsamen Ermittlungsgruppe kann stattfinden, wenn die zugrunde liegenden Straftaten auch nach österreichischem Recht mit gerichtlicher Strafe bedroht sind und die Teilnahme auch der Aufklärung einer unter den Geltungsbereich der österreichischen Strafgesetze fallenden Straftat dient. § 62 Abs. 2 und 3 EU-JZG ist sinngemäß anzuwenden.“

Artikel 3

Änderung des Strafregistergesetzes 1968

Das Bundesgesetz vom 3. Juli 1968 über die Evidenthaltung strafgerichtlicher Verurteilungen (Strafregistergesetz 1968), BGBl. Nr. 277/1968, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 195/2013, wird wie folgt geändert:

1. In § 10a Abs. 1 wird im ersten Satz nach den Worten „nach § 10 vorzugehen“ ein Punkt gesetzt; die Wendung „und darüber hinaus die Landespolizeidirektion Wien“ wird durch die Wendung „Auf Verlangen des Antragstellers hat sie die Landespolizeidirektion Wien darüber hinaus“ ersetzt.

2. Der bisherige Text von § 10b erhält die Bezeichnung „(1)“ und es wird folgender Abs. 2 angefügt:

„(2) Wird von Zentralbehörden der anderen Mitgliedstaaten mit Zustimmung des Betroffenen um Informationen aus dem Strafregister ersucht, weil dieser eine berufliche oder organisierte ehrenamtliche Tätigkeit ausüben will, die hauptsächlich die Beaufsichtigung, Betreuung, Erziehung, Pflege oder Ausbildung Minderjähriger umfasst, so ist über die gemäß § 2 Abs. 1a gekennzeichneten Verurteilungen sowie Daten gemäß § 2 Abs. 1 Z 7 und 8 innerhalb von zehn Arbeitstagen ab Eingang des Ersuchens Auskunft zu erteilen. Die Ablehnungsgründe nach § 10 Abs. 3 und die Auskunftsbeschränkungen nach § 6 des Tilgungsgesetzes 1972 sind dabei nicht zu berücksichtigen. § 10 Abs. 1b ist nicht anzuwenden.“

3. In § 11 Abs. 5 werden im zweiten Halbsatz des ersten Satzes nach dem Wort „die“ die Worte „auf Verlangen“ und nach dem Zitat „§ 10a“ das Zitat „Abs. 1 2. Satz“ eingefügt.

4. Dem § 14 wird folgender Abs. 13 angefügt:

„(13) Die §§ 10a, 10b Abs. 1 und 2, 11 Abs. 5 und 14b in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. XX/2014, treten mit 1. April 2015 in Kraft.“

5. In § 14b wird die Wendung „§ 10 Abs. 1 und 1b in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. 195/2013, dient“ durch die Wendung „§ 10 Abs. 1a und 1b in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. 195/2013, und § 10b Abs. 2 in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. XX/2014, dienen“ ersetzt.

Artikel 4

Inkrafttreten

Artikel 2 dieses Bundesgesetzes tritt mit 1. Jänner 2015 in Kraft.