457 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

Bericht

des Verfassungsausschusses

über die Regierungsvorlage (454 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Landesvertragslehrpersonengesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrpersonengesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundesbahngesetz, das Bundes-Bedienstetenschutzgesetz und das Finanzprokuraturgesetz geändert werden

Der gegenständliche Gesetzentwurf enthält einige redaktionelle Anpassungen, die ua. aufgrund der Wiederverlautbarung des Heeresdisziplinargesetzes, des von der Bundesregierung beschlossenen Nationalen Aktionsplans zur Umsetzung der UN-Behindertenkonvention, des Arbeitsrechts-Änderungsgesetzes 2013, der Bundesministeriengesetz-Novelle 2014 und der Dienstrechts-Novelle 2013 erforderlich sind.

 

Der Verfassungsausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 19. Jänner 2015 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen der Berichterstatterin Abgeordneten Angela Lueger die Abgeordneten Otto Pendl, Christian Lausch, Mag. Albert Steinhauser, Mag. Dr. Beatrix Karl, Dr. Nikolaus Scherak, Mag. Wolfgang Gerstl und Mag. Dr. Wolfgang Zinggl sowie die Staatssekretärin im Bundeskanzleramt Mag. Sonja Steßl.

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Mag. Wolfgang Gerstl, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Im Besoldungssystem der Bundesbediensteten ist die Einstufung in die jeweiligen Verwendungsgruppen oder Entlohnungsschemata ein zentraler Faktor, da sie sich auf den gesamten Gehaltsverlauf während des Berufslebens im Bundesdienst auswirkt und überdies auch eine Bedeutung für die Bemessung der Pensionsansprüche hat. Die Einstufung beruht in der Regel auf der Anrechnung von bestimmten Vordienstzeiten bei früheren Dienstgebern sowie von Ausbildungszeiten und auch von sonstigen Zeiten. Durch Anrechnung der relevanten Zeiträume wurde bisher der so genannte „Vorrückungsstichtag“ ermittelt, der den fiktiven Ausgangszeitpunkt der „Besoldungskarriere“ einer oder eines Bundesbediensteten darstellt. Die Einstufung erfolgt als Zuteilung einer entsprechenden Gehaltsstufe der jeweiligen Verwendungsgruppe bzw. des Entlohnungsschemas.

Sowohl im Vertragsbedienstetengesetz1948 (VBG) als auch im Gehaltsgesetz 1956 (GehG) bestehen sehr komplizierte und detaillierte Bestimmungen zur Ermittlung des Vorrückungsstichtages, die teilweise bis über die Grenze der Verständlichkeit hinaus reichen. So sei etwa laut VwGH, Zl. 2010/12/0029 „schon die Errechnung des Vorrückungsstichtages nicht einfach“ und auch „die Vorrückungstermine hingen insgesamt von einer Vielzahl an Faktoren ab, dass keineswegs gesagt werden könne, sie wären unmittelbar durch Gesetzesregelungen klar vorgegeben.“ Verschärft wird dieser Eindruck durch die oftmalige präzisierende Novellierung der einschlägigen Normen, die nicht selten von der höchstgerichtlichen Judikatur ausgelöst wurde. Ebenso wirkten sich die Veränderung der ehedem noch relativ homogenen Struktur der Ausbildungslandschaft und auch die Einführung einer deutlich vielfältigeren Studienarchitektur nachteilig auf das System der Zeitanrechnung aus und führte zu einer verstärkten Kasuistik.

Im Ergebnis kann bei den angesprochenen Gesetzesbestimmungen des § 26 VBG und der §§ 8 ff GehG von einer Rechtslage gesprochen werden, die in der Personaladministration des Bundes eine subtile Sachkenntnis und nachgerade eine gewisse Lust zum „Lösen von Denksport-Aufgaben“ erfordern. Überdies leidet ob der kasuistischen Regelungen der gleichförmige Gesetzesvollzug in den verschiedenen Ressorts der Bundesverwaltung und führt in einer Gesamtbetrachtung immer wieder zu sachlich und rechtlich unvertretbaren Anrechnungen. Der Reformbedarf des Besoldungssystems der Bundesbediensteten erscheint somit evident.

Verstärkt wird dieses dringende Reformerfordernis durch ein Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) vom 11. November 2014, C-530/13 (Rechtssache Schmitzer). In diesem Vorabentscheidungsverfahren, wie auch bereits im Urteil C-88/08 (Rechtsache Hütter) erkannte der EuGH das Anrechnungsregime im Besoldungssystem des Bundesdienstes in wesentlichen Strukturen als altersdiskriminierend und mit der Gleichbehandlungsrichtlinie der Europäischen Union, 2000/78/EG nicht vereinbar an. In diesen Judikaten spielt die Anrechenbarkeit von Ausbildungszeiten eine wichtige Rolle.

Im vorliegenden Abänderungsantrag wird daher das für die Bundesbediensteten maßgebliche Besoldungssystem einer grundsätzlichen Reparatur unterzogen und soll die unionsrechtliche Diskriminierungsfreiheit gewährleisten. Schwerpunkt ist dabei eine Neuregelung des gesamten Anrechnungsregimes. Das betrifft jene Zeiträume, die auf die besoldungswirksame Dienstzeit anzurechnen sind. Zum einen sollen daher die Zeiten für absolvierte Ausbildungen anrechnungsneutral werden und zum anderen insbesondere jene Zeiten, die keinerlei Widmung aufweisen („sonstige Zeiten“) und damit unter einem altersdiskriminierenden Gesichtspunkt einer sachlichen Rechtfertigung völlig entbehren, für die Anrechnung unbeachtlich sein. Die Berücksichtigung von Zeiträumen, die auf die besoldungswirksame Zeit weiterhin anrechenbar sind, beschränkt sich auf jene Vordienst-Zeiten (im Ausmaß von maximal zehn Jahren), die eine einschlägige Bedeutung im Hinblick auf die aufzunehmende Tätigkeit im Bundesdienst aufweisen. Zusätzlich sind noch Zeiten des abgeleisteten Präsenz- oder Zivildienstes im Ausmaß von sechs Monaten anrechenbar.

Im Mittelpunkt des Paketes steht die Aufhebung der Bestimmungen über den Vorrückungsstichtag im GehG und im VBG. An deren Stelle tritt ein grundlegend erneuertes und vereinfachtes Einstufungs- und Vorrückungsregime. Der maßgebliche Faktor für die Einstufung ist nunmehr das „Besoldungsdienstalter“, geregelt in § 12 GehG und in § 26 VBG.

Das neue Einstufungsregime hat zur Folge, dass auch die Gehaltsansätze angepasst werden müssen. Die für die verschiedenen Dienstbereiche erforderlichen Ausbildungen werden nunmehr unmittelbar über die Gehaltsansätze abgegolten und nicht mehr auf die Dienstzeit angerechnet.

Die die Gehaltsansätze enthaltenden Gehaltstabellen gelten nicht bloß für die zukünftig neu aufzunehmenden Bundesbediensteten, sondern weiterhin auch für alle bereits im Dienststand Befindlichen. Sie bilden also die besoldungsrechtliche Grundlage sowohl der „neuen“ als auch der „alten“ Bundesbediensteten. Damit werden – im Gegensatz zu in der Vergangenheit erfolgten Dienstrechtsreformen – keine neuen dienstrechtlichen (Parallel-)Strukturen aufgebaut.

Dies erfordert eine Überleitung der im Dienststand befindlichen Bundesbediensteten in das neue Besoldungssystem. Eine individuelle Überleitung ist aber angesichts der hohen Zahl überzuleitender Bundesbediensteter bereits aus Gründen der Verwaltungseffizienz unvertretbar. Einzig zweckdienlich erscheint daher eine ex-lege-Überleitung, die in den §§ 169c ff GehG, § 94a VBG und § 211a Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz vorgenommen wird. Unter dem Aspekt der Besitzstandswahrung bleiben die derzeit bestehenden besoldungsrechtlichen Ansprüche gewahrt. Die Überleitung erfolgt dergestalt, als das bisherige Gehalt bis zum nächsten Vorrückungstermin unverändert bleibt. Diese Vorrückung führt dann auf das Niveau des neuen (übergeleiteten) Besoldungsverlaufes.“

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Mag. Wolfgang Gerstl, Kolleginnen und Kollegen mit Stimmenmehrheit (dafür: S, V , dagegen: F, G, T, N) beschlossen.


 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verfassungsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2015 01 19

                                 Angela Lueger                                                              Dr. Peter Wittmann

                                  Berichterstatterin                                                                          Obmann