478 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales

über den Antrag 755/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zusammenlegung Sozialversicherungsträger

Die Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 5. November 2014 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Die Organisationsstruktur der Sozialversicherungsträger auf Grundlage berufsständischer Merkmale entstammt einer Zeit, in der eine solche strikte Trennung der Berufsgruppen noch sinnvoll erschien. Die gegenwärtige Wirtschaftsstrukturen und damit verbundene Arbeitswelten stehen aber in einem krassen Widerspruch zu dieser Organisationslogik. Eine Individualisierung der Erwerbstätigkeitsformen führt immer weiter zu einem Verwischen der Grenzen zwischen klar selbstständigen und unselbstständigen Tätigkeiten. Auch flexibel nebeneinander ausgeübte Erwerbstätigkeiten sowohl selbstständiger, als auch unselbstständiger Art führen zu Mehrfachversicherungen. Wie aus der Anfragebeantwortung 1730/AB vom 25.8.2014 hervorgeht, gibt es in Österreich bereits 110.414 sowohl selbstständig als auch unselbstständig Beschäftigte Versicherte oder zusätzlich Pensionsbezieher_innen, die dadurch mehrfachversichert sind, was eine Steigerung von rund 12% gegenüber 2009 bedeutet. Der Anstieg ist besonders hoch bei Pensionsbezieher_innen die auch noch als Erwerbstätige versichert sind (+34,4% gegenüber 2009).

Der bürokratische Aufwand, der hinter solchen Mehrfachversicherungen steckt, ist nicht nur für das Sozialversicherungssystem, sondern insbesondere für die Mehrfachversicherten und betroffenen Unternehmen enorm und kann zu zusätzlichen - auch finanziellen - Belastungen aufgrund von Nachzahlungen durch GPLA-Prüfungen und damit verbundenen Umqualifizierungen führen, wenn für einen bereits versicherten Zeitraum, nachträglich Beiträge an einen anderen Versicherungsträger bezahlt werden müssen. Auch in den verschiedenen Sozialversicherungsträgern fallen durch Beitragsrückzahlungen und Koordinationsbedarf mit anderen Sozialversicherungsträgern hohe Kosten an, etwa bei der mehrfachen Auszahlung von Transferleistungen an Versicherte.

Ein weiterer Gesichtspunkt, der aufzeigt, dass die bestehende Organisationsstruktur der Sozialversicherungsträger nicht mehr zeit- und sachgemäß ist, sind die unterschiedlichen Leistungen der Sozialversicherungsträger an ihre Versicherten. Es ist nicht verständlich, weshalb verschiedene Berufsgruppen für dieselbe medizinische Behandlung, unterschiedliche Beiträge und Selbstbehalte bezahlen und darüber hinaus dieselbe Leistung des behandelnden Arztes unterschiedlich vergütet wird. Im Sinne der Gerechtigkeit ist es weiters nicht erklärlich, weshalb eine Angleichung der Leistungen für alle Versicherten nicht auch ein Ziel der Sozialversicherungsträger darstellt. Durch diese unterschiedlichen Leistungskataloge ergeben sich nicht nur Ungerechtigkeiten, sondern auch indirekte Kosten durch mehrfache Verhandlungsstrukturen in den Sozialversicherungen.

Dass ein einheitlicher Leistungskatalog z.B. auch im Zuge einer Zusammenlegung verschiedener Sozialversicherungsträger möglich ist, hat die Fusion der Pensionsversicherungsanstalten von Angestellten und Arbeitern gezeigt. Was bei dieser Fusion leider nicht in ausreichendem Maße geschah, waren entsprechende Anpassungen in der Organisationsstruktur, sodass in adäquaten Maße Personalstellen (und -kosten) eingespart worden wären. Die Gründe für die nicht erreichten Einsparungsmöglichkeiten sind aus dem Rechnungshof-Bericht (Reihe Bund 2007/8) ersichtlich: ‚Das angeführte Einsparungsziel in Höhe von 10% des Verwaltungs- und Verrechnungsaufwandes war betragsmäßig und hinsichtlich des Zeitrahmens ungenau definiert. Der aus dem kurzen Übergangszeitraum von einem Jahr resultierende Zeitdruck führte zu einer Reihe von Planungs- und Durchführungsmängeln.‘ Die Erfahrungen aus der Fusion dieser Pensionsversicherungsanstalten könnten für weitere Zusammenlegungen genutzt werden. Insbesondere auf längere Übergangsfristen und eine entsprechende flexiblere und ambitionierte Personalplanung wären hierbei Augenmerk zu legen. Insbesondere dort, wo das Leistungsrecht bereits harmonisiert ist, ergibt ein Nebeneinander von mehreren SV-Trägern in der Pensionsversicherung keinen Sinn mehr.

Die bereits genannten Gründe zeigen deutlich auf, dass die bestehende Organisationssturktur mit 22 Sozialversicherungsträgern und 17 Krankenfürsorgeanstalten gemessen an der Größe der Republik Österreich vollkommen aufgebläht ist und bei entsprechender Planung enorme finanzielle Einsparungen möglich wären. Auch im Sinne einer Verwaltungsreform und des Bürokratieabbaus sind Gedanken an eine Zusammenlegung nicht mehr abzustreiten. Bestehende Ungerechtigkeiten, sonstige anfallende Probleme der Organisationsstruktur und damit verbundene Koordination zwischen Sozialversicherungsträgern untereinander sowie mit Versicherten, können wesentlich reduziert werden.“

 

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 12. Februar 2015 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Mag. Gerald Loacker die Abgeordneten Matthias Köchl, Peter Wurm, Martina Diesner-Wais, Mag. Gertrude Aubauer und Mag. Judith Schwentner sowie der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer.

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag keine Mehrheit (für den Antrag: F, G, T, N dagegen: S, V).

Zum Berichterstatter für den Nationalrat wurde Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2015 02 12

                         Mag. Friedrich Ofenauer                                                        Josef Muchitsch

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann