Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Hauptgesichtspunkte des Entwurfes:

Im Mahnschreiben der Europäischen Kommission (EK) vom 26. September 2013 C(2013) 6080 final, Vertragsverletzungsverfahren Nr. 2013/2168, wird die Auffassung vertreten, dass die Republik Österreich ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken), ABl. Nr. L 149 vom 11.06.2005 S. 22, in der Fassung der Berichtigung ABl. Nr. L 253 vom 25.09.2009 S. 18 nicht vollständig erfüllt habe.

Es ist nach Beurteilung aller Umstände davon auszugehen, dass die EK im laufenden Vorverfahren von dieser Meinung nicht abgehen und gem. Art. 258 AEUV eine Klage beim EuGH erheben wird. Mögliche Konsequenzen eines der Klage stattgebenden Urteils des EuGH werden in Art. 260 AEUV geregelt.

Es ist darüber hinaus nach Analyse der bisherigen EuGH-Entscheidungen zur Umsetzung der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken in nationales Recht davon auszugehen, dass in dem zu erwartenden EuGH-Verfahren den seitens Österreichs im bisherigen Schriftverkehr angeführten Argumenten, die sich an den österreichischen Legistischen Richtlinien orientieren, nicht gefolgt und die Klage der EK nicht abgewiesen werde. Zur möglichen Vermeidung eines wenig zielführenden Verfahrens vor dem EuGH sollte das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 (UWG) somit bereits jetzt entsprechend den Vorschlägen der EK abgeändert werden. Ein entsprechendes Mahnverfahren gibt es auch in Deutschland.

Ferner ist gemäß der Entscheidung des EuGH vom 3.4.2014 in der Rechtssache C-515/12 anzumerken, dass Anhang I Nr. 14 der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (vgl. Anhang Z 14 UWG) dahin auszulegen sind, dass ein Schneeballsystem nur dann unter allen Umständen eine unlautere Geschäftspraxis darstellt, wenn ein solches System vom Verbraucher einen finanziellen Beitrag gleich welcher Höhe im Austausch für die Möglichkeit verlangt, eine Vergütung zu erzielen, die hauptsächlich durch die Einführung neuer Verbraucher in ein solches System und weniger durch den Verkauf oder Verbrauch von Produkten zu erzielen ist.

Finanzielle Auswirkungen:

Keine.

Kompetenzgrundlage:

Die Zuständigkeit des Bundes zur Umsetzung der gegenständlichen Richtlinie im Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 Z 8 B-VG („Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbes“).

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine.

Besonderer Teil

Zu Z 1 (§ 1a Abs. 2):

Die in § 1a Abs. 2 UWG nun neu aufgenommenen Tatbestände wurden ohnedies bereits vom ursprünglichen Gesetzeswortlaut abgedeckt und in der Judikatur jeweils geprüft. Dennoch werden diese in Art. 9 lit. a bis c und e RL-UGP angeführten Tatbestände, auf die bei der Feststellung aggressiver Geschäfts­praktiken abzustellen ist, nun expressis verbis in das UWG übernommen.

Nach Erwägungsgrund 16 zur RL-UGP sollten die Bestimmungen über aggressive Geschäftspraktiken „solche Praktiken einschließen, die die Wahlfreiheit des Verbrauchers wesentlich beeinträchtigen. (…)”.

Unzulässig sind beispielsweise gem. § 1a Abs. 2 Z 5 „Drohungen mit rechtlich unzulässigen Handlungen”, da es sich dabei um Praktiken handelt, die sich der Belästigung, der Nötigung, einschließlich der Anwendung von Gewalt, und (konkret nur) der unzulässigen Beeinflussung bedienen.

Nach Ansicht der EK sei die ausdrückliche Umsetzung von Art. 9 lit. a bis c und e RL-UGP im UWG aus Gründen der Transparenz und Rechtssicherheit erforderlich.

Zu Z 2 und 3 (§ 2 Abs. 4 und 5):

Auch die vorgesehenen Ergänzungen in § 2 Abs. 4 und 5 des Entwurfs dienen nach Ansicht der EK der Klarstellung und Rechtssicherheit. Entsprechend ihrer Auffassung ist die weitergehende Umsetzung der Art. 7 Abs. 2 und 3 RL-UGP „von großer Bedeutung für die Beurteilung, ob eine Unterlassung als irreführend angesehen werden kann.” Demnach sei der bisher gewählte übergeordnete Begriff in der nationalen Bestimmung nicht ausreichend für eine derartige Beurteilung. Daher wird der bisherige Tatbestand: „Vorenthalten einer wesentlichen Information” durch § 2 Abs. 4 Z 2 konkretisiert. Ein derartiges „Vorenthaltenˮ liegt daher auch vor, wenn wesentliche Informationen verheimlicht, auf unklare, unverständliche, zweideutige Weise oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden oder ihr kommerzieller Zweck nicht kenntlich gemacht wird. Weiters ist laut EK in § 2 Abs. 4 Z 2 der Tatbestand betr. die Kenntlichmachung des „kommerziellen Zwecksˮ dahingehend klarzustellen, dass eine irreführende Unterlassung durch das Vorenthalten einer wesentlichen Information auch dann vorliegt, wenn der Unternehmer nach Art. 7 Abs. 2 RL-UGP „den kommerziellen Zweck der Geschäftspraxis nicht kenntlich macht, sofern er sich nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und dies jeweils einen Durchschnittsverbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst oder zu veranlassen geeignet ist, die er ansonsten nicht getroffen hätte.” Damit ist der im UWG bereits bisher verankerte Grundsatz, wonach das Tarnen von Werbemaßnahmen dem Wahrheitsgrundsatz widerspricht [zB Anderl/Appl in Wiebe/G. Kodek, Kommentar zum UWG (2012) § 2 Rz 502 f.] in § 2 Abs. 4 Z 2 nun ausdrücklich gesetzlich zu verankern.

Wie in § 2 Abs. 5 zweiter Satz ausdrücklich vorgesehen, ist im Rahmen der Beurteilung, ob bei der Geschäftspraktik im verwendeten Kommunikationsmedium Informationen vorenthalten wurden, bei der Berücksichtigung der Beschränkungen des Kommunikationsmediums die Prüfung der „räumlichen und zeitlichen” Beschränkungen für eine hinreichende Umsetzung erforderlich. Wesentliches Tatbestands­merkmal ist auch die Berücksichtigung aller Maßnahmen, die der Unternehmer „getroffen hat, um den Verbrauchern die Informationen anderweitig zur Verfügung zu stellen”.

Zu Z 4 (§ 2 Abs. 6 Z 6):

Da bei der Umsetzung von Richtlinien im Jahr 2007 im Bereich des Verbraucherschutzes der Begriff „Widerrufsrecht“ generell mit dem in Österreich gebräuchlichen Begriff „Rücktrittsrecht“ umgesetzt wurde, kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass in § 2 Abs. 6 Z 6 UWG nur die Rücktrittsrechte genannt werden müssen, wenngleich die UGP-RL auf Rücktritts- oder Widerrufsrechte Bezug nimmt.

Um Zweifelsfälle auszuschließen, die sich etwa bei Anwendbarkeit ausländischen Rechts ergeben könnten, sollen in Hinkunft in § 2 Abs. 6 Z 6 UWG ausdrücklich auch die Widerrufsrechte erwähnt werden. Eine inhaltliche Änderung ist damit nicht verbunden.

Zu Z 5 (§ 2a Abs. 1 und 2):

Der Inhalt des § 2a Abs. 2 Z 2 a.F. UWG ist mit der RL-UGP und der Richtlinie 2006/114/EG über irreführende und vergleichende Werbung (kodifizierte Fassung), ABl. Nr. L 376 vom 27.12.2006 S. 21 nicht mehr vereinbar und sollte daher aufgehoben werden.

Aufgrund dieser erforderlichen Streichung ergibt sich nun die formale Notwendigkeit, den Begriffsinhalt „vergleichender Werbung“ iSd Art. 2 lit. c Richtlinie 2006/114/EG über irreführende und vergleichende Werbung in Abs. 1 systematisch richtig einzupassen. Dies führt aber zu keiner inhaltlichen Änderung.

Zu Z 6 (§ 30 UWG):

Seitens der Kommission wird die Auffassung vertreten, dass sich § 30 Abs. 1 UWG hins. Inhalt und Zweck dieser Bestimmung zwar mit Anhang I Nr. 7 RL-UGP überschneidet bzw. ein Unterfall dieser Ziffer ist. Allerdings sollte § 30 dennoch aufgehoben werden. Im Ergebnis werden daher praktische Fälle des Hinweises auf eine Insolvenzmasse beim Verkauf von Waren, obwohl diese aber nicht mehr zum Bestand der Insolvenzmasse gehören, voraussichtlich unter Anhang I Nr. 7 der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken fallen oder unter dem generellen Verbot irreführender Geschäftspraktiken zu prüfen sein.

Zu Z 7 (§ 34 Abs. 2):

Gemäß § 22 Abs. 1 des Verwaltungs­straf­gesetzes 1991 – VStG, BGBl. Nr. 52/1991, in der Fassung des Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausfüh­rungs­gesetzes 2013, BGBl. I Nr. 33/2013, ist, soweit die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, eine Tat als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. Es ist daher nun nicht mehr erforderlich, die bloße Subsidiarität einer verwaltungsbehörd­lichen Strafbarkeit in den Verwaltungsvorschriften eigens anzuordnen. § 34 Abs. 2 UWG wird daher aufgehoben.

Zu Z 8 (§ 44 Abs. 9):

Hier wird die Außerkrafttretensbestimmung zu § 30 UWG verankert.