491 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

Bericht

der parlamentarischen Enquete-Kommission

zum Thema „Würde am Ende des Lebens“

Inhaltsverzeichnis

1. Bericht

2. Empfehlungen samt Beilagen

3. Anlagen A1 bis A4 – Auszugsweise Darstellungen der öffentlichen Beratungen

 

Die Abgeordneten Mag. Andreas Schieder, Dr. Reinhold Lopatka, Heinz-Christian Strache, Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Dr. Kathrin Nachbaur und Mag. Dr. Matthias Strolz stellten am 24. Juni 2014 an den Hauptausschuss des Nationalrates den Antrag, eine Enquete-Kommission zum Thema „Würde am Ende des Lebens“ einzusetzen.

Dieser Antrag auf Einsetzung einer Enquete-Kommission wurde vom Hauptausschuss in seiner Sitzung am 25. Juni 2014 beraten und einstimmig beschlossen.

Die Enquete-Kommission wurde mit der Beratung folgender Gegenstände beauftragt:

1.      Überblick über einschlägige rechtliche Regelungen und Praxis in EU/EMRK-Staaten

2.      Prüfung der Möglichkeit der verfassungsrechtlichen Verankerung

           a) strafrechtlicher Normen, insb. des Verbots der Tötung auf Verlangen

          b) eines sozialen Grundrechts auf würdevolles Sterben

3.      Status der Hospiz- und der Palliativversorgung, Möglichkeiten zum Ausbau

4.      Diskussion über die Europarats-Recommandation 1418/99

5.      Patientenverfügung: Evaluierung; ggf. Maßnahmen zur Verbesserung; allenfalls auch Diskussion über Vorsorgevollmacht

Der Enquete-Kommission gehörten

vom Klub der Sozialdemokratischen Parlamentsfraktion

die Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim, Ulrike Königsberger-Ludwig, Dr. Sabine Oberhauser, MAS bzw. an ihrer Stelle ab 8. September 2014 Katharina Kucharowits, Erwin Spindelberger und Dr. Peter Wittmann,

vom Parlamentsklub der Österreichischen Volkspartei

die Abgeordneten Mag. Gertrude Aubauer, Mag. Wolfgang Gerstl, Dr. Franz-Joseph Huainigg, Dr. Erwin Rasinger und Mag. Michaela Steinacker,

vom Freiheitlichen Parlamentsklub

die Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Anneliese Kitzmüller, Werner Neubauer und Josef A. Riemer,

vom Grünen Klub

die Abgeordneten Dr. Eva Mückstein und Mag. Daniela Musiol,

vom Parlamentsklub Team STRONACH

der Abgeordnete Dr. Marcus Franz

und vom Klub von NEOS

der Abgeordnete Mag. Gerald Loacker

an.

 

Aufgrund des Beschlusses des Hauptausschusses wurden den Beratungen auch folgende Bundesräte beigezogen:

vom Klub der Sozialdemokratischen Parlamentsfraktion

die Bundesräte Reinhard Todt und Christian Füller,

vom Parlamentsklub der Österreichischen Volkspartei

die Bundesräte Sonja Ledl-Rossmann und Mag. Ernst Gödl,

vom Freiheitlichen Parlamentsklub

die Bundesräte Hermann Brückl,

 

Die Enquete-Kommission hat den Beschluss gefasst, die Anhörungen und die daran anschließenden Diskussionen im Sinne des § 98 Abs. 5 GOG-NR in Verbindung mit § 28b Abs. 2 GOG-NR öffentlich abzuhalten.

 

Die Präsidentin des Nationalrates hat dem Ersuchen entsprochen, gemäß § 39 Abs. 2 GOG-NR über die öffentlichen Verhandlungen eine auszugsweise Darstellung abfassen zu lassen, die jeweils in Form eines Kommuniqués veröffentlicht wurden.

 

1. Sitzung am 2. Juli 2014

In der konstituierenden Sitzung der Enquete-Kommission am 2. Juli 2014 wurde die Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer zur Vorsitzenden gewählt. Stellvertreter der Vorsitzenden waren die Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim und Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein. Zu Schriftführerinnen bzw. Schriftführern wurden die Abgeordneten Dr. Sabine Oberhauser, MAS, Dr. Eva Mückstein, Dr. Marcus Franz und Mag. Gerald Loacker gewählt.

 

Ferner wurde in der konstituierenden Sitzung einstimmig folgender Beschluss gemäß § 40 Abs. 1 GOG-NR gefasst:

„Die Präsidentin des Nationalrates wird ersucht, zum Gegenstand der Enquete-Kommission

1.      das Bundesministerium für Justiz zur schriftlichen Äußerung insbesondere über die österreichische Rechtslage und Praxis betreffend Tötung auf Verlangen und ähnliche Sachverhalte,

2.      das Bundeskanzleramt/VD zur schriftlichen Äußerung insbesondere über eine allfällige verfassungsrechtliche Verankerung

             - strafrechtlicher Normen, insb. des Verbots der Tötung auf Verlangen

             - eines sozialen Grundrechts auf würdevolles Sterben

3.      das Bundesministerium für Justiz und die österreichische Notariatskammer zur schriftlichen Äußerung insbesondere betreffend Rechtslage und Praxis der Patientenverfügung sowie Verbesserungsmöglichkeiten,

4.      das Bundesministerium für Gesundheit und das Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz zur schriftlichen Äußerung insbesondere zum Status, zu den rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen sowie zu den Möglichkeiten zum Ausbau der Hospiz- und der Palliativversorgung,

5.      und die Parlamentsdirektion (Wissenschaftlicher Dienst bzw. EU- und Internationaler Dienst) zur schriftlichen Äußerung über die Rechtslage (und soweit möglich die Praxis) in anderen europäischen Staaten im Zusammenhang mit dem Gegenstand der Enquete-Kommission, insbesondere betreffend die Strafbarkeit der Tötung auf Verlangen bzw. ähnlicher Tatbestände

einzuladen, wobei diese Stellungnahmen möglichst bis 15. September 2014 einlangen sollen.“

Weiters wurde einstimmig nachstehender Beschluss gefasst:

„Die Enquete-Kommission „Würde am Ende des Lebens“ lädt hiermit die österreichische Zivilgesellschaft zu kurzen Stellungnahmen zu folgenden Themen ein:

1.      Prüfung der Möglichkeit der verfassungsrechtlichen Verankerung

             - strafrechtlicher Normen, insb. des Verbots der Tötung auf Verlangen

             - Soziales Grundrecht auf würdevolles Sterben

2.      Status der Hospiz- und der Palliativversorgung, Möglichkeiten zum Ausbau

3.      Empfehlung der parlamentarischen Versammlung des Europarats Nr. 1418/99

4.      Patientenverfügung: Evaluierung; ggf. Maßnahmen zur Verbesserung; allenfalls auch Diskussion über Vorsorgevollmacht

Die Stellungnahmen sollen bis 15. September 2014 bei der von der Parlamentsdirektion dafür eingerichteten E-Mail-Adresse oder schriftlich einlangen.“

 

2. Sitzung am 17. September 2014

Im Zuge der Sitzung vom 17. September 2014 wurde aufgrund des Ausscheidens von Dr. Sabine Oberhauser, MAS, aus dem Nationalrat Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig einstimmig zur Schriftführerin gewählt. Ferner wurde einstimmig die weitere Vorgangsweise der Enquete-Kommission betreffend die erste öffentliche Anhörung (Ablauf, Referentinnen und Referenten, Teilnehmerinnen und Teilnehmer) beschlossen. Weiters wurde einstimmig beschlossen, die Frist für die Abgabe der Stellungnahmen der österreichischen Zivilgesellschaft bis 31. Jänner 2015 zu verlängern. Überdies wurde einstimmig beschlossen, die einlangenden Stellungnahmen auf der Website des Parlaments der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, soweit sie sich auf den Gegenstand der Enquete-Kommission beziehen und nicht rechtliche Gründe gegen die Veröffentlichung sprechen. Schließlich wurde beschlossen, die aufgrund des Beschlusses vom 2. Juli 2014 einlangenden schriftlichen Äußerungen zu veröffentlichen.

 

3. Sitzung am 7. November 2014

Im Zuge der Sitzung vom 7. November 2014 wurde die erste öffentliche Anhörung von Auskunftspersonen durchgeführt. Als Auskunftspersonen fungierten Dr. Elisabeth Steiner (Richterin am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte), em. Univ.-Prof. Dr. Günter Virt (Mitglied der European Group on Ethics in Science and New Technologies), Waltraud Klasnic (Präsidentin des Dachverbandes Hospiz Österreich), Dr. Maria Kletečka-Pulker (Mitglied der Bioethikkommission beim Bundeskanzleramt), Dr. Harald Retschitzegger, MSc (Präsident der Österreichischen Palliativgesellschaft), Mag. Gottfried Michalitsch (Parlamentsdirektion, Leiter des Nationalratsdienstes), Dr. Michael Landau (Präsident der Caritas Österreich) und Mag. Michael Chalupka (Direktor der Diakonie Österreich). Der Wortlaut der Äußerungen sowie die anschließenden Statements der politischen Fraktionen (Dr. Johannes Jarolim, Dr. Franz-Joseph Huainigg, Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Dr. Eva Mückstein, Dr. Marcus Franz und Mag. Gerald Loacker) sind der auszugweisen Darstellung dieser Sitzung (Anlage A1) zu entnehmen.

 

4. Sitzung am 7. November 2014

In dieser unmittelbar an die 3. Sitzung anschließenden Sitzung wurde einstimmig der Ablauf, die Referentinnen und Referenten sowie die Teilnehmerinnen und Teilnehmer für die Sitzung am 25. November 2014 festgelegt.

 

5. Sitzung am 25. November 2014

Die öffentliche Sitzung vom 25. November 2014 war den Themen „Status quo der Hospiz- und Palliativversorgung und Bedarfsanalyse“, „Konkretisierung der Erfordernisse in Ausbildung und Praxis“ und „Begleitung zu Hause“ gewidmet. Zum Thema „Status quo der Hospiz- und Palliativversorgung und Bedarfsanalyse“ hielten Dr. Karl Bitschnau, MAS, Vizepräsident Dachverband Hospiz Österreich, Univ.-Prof. Dr. Herbert Watzke, Leiter der Klinischen Abteilung für Palliativmedizin, AKH Wien, Prim. Dr. Elisabeth Pittermann-Höcker, Abg. zum NR a. D., Fachärztin für Innere Medizin, ao. Univ.-Prof. Dr. Andreas Khol, Präsident des NR a. D., Präsident Österreichischer Seniorenrat und Rudolf Edlinger, Bundesminister a. D., Vizepräsident Österreichischer Seniorenrat, zum Thema „Konkretisierung der Erfordernisse in Ausbildung und Praxis“ Dr. Karlheinz Wiesinger, Ärztlicher Leiter CS Hospiz Rennweg, Prof. Mag. Peter Braun, Direktor St. Virgil Salzburg, Mag.a Eringard Kaufmann, MSc, Generalsekretärin Österr. Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation, Mag. Marianne Karner, BIZEPS – Zentrum für Selbstbestimmtes Leben und Markus Mattersberger, MMSc, MBA, Präsident Bundesverband der Alten- und Pflegeheime sowie zum Thema„Begleitung zu Hause“ Alexandra Lueger, DGKP, vom Dachverband Hospiz Österreich nominierte Pflegende und Marianne Pichler, vom Dachverband Hospiz Österreich nominierte Angehörige, Impulsreferate. Die Impulsreferate der eingeladenen Referentinnen und Referenten sowie die daran anschließenden Diskussionen sind in der auszugsweisen Darstellung (Anlage A2) enthalten.

 

6. Sitzung am 25. November 2014

Im unmittelbaren Anschluss an die 5. Sitzung fand eine weitere Sitzung statt, im Zuge derer ein Beschluss betreffend Ablauf, Referentinnen und Referenten sowie Teilnehmerinnen und Teilnehmer für die Sitzung am 16. Dezember 2014 gefasst wurde. Weiters wurde beschlossen, die Landeshauptleute um Stellungnahme zu ersuchen, wie derzeit im jeweiligen Bundesland die Finanzierung der Hospizversorgung gestaltet ist und finanziert wird und welche konkreten Pläne einer Weiterentwicklung bestehen.

 

7. Sitzung am 16. Dezember 2014

In dieser öffentlichen Sitzung wurden die Themen „Möglichkeiten zum Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung“, „Einbeziehung von Ländern und Körperschaften“ und „Europarats-Recommandation 1418/99“ behandelt. Die Impulsstatements wurden von MMag. Martin Staudinger, Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, SC Hon. Prof. Dr. Gerhard Aigner, Bundesministerium für Gesundheit, Eva-Maria Kernstock, MPH, Österreichisches Bundesinstitut für Gesundheitswesen, Dr. Martina Kronberger-Vollnhofer, MSc, Kinderhospiz MOMO, DGKS Anneliese Gottwald, Diakonie Österreich, Mag. Alexander Bodmann, Caritas Österreich, Ing. Otto Knapp, MSc, Volkshilfe Österreich, und Dr. Johann Baumgartner, Dachverband Hospiz Österreich (jeweils zum Thema „Möglichkeiten zum Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung“), von DGKS Klaudia Atzmüller, Land Niederösterreich, Senatsrat Peter Hacker, Land Wien, Mag. Christina Aigner, Österreichischer Städtebund, BR a. D. Ludwig Bieringer, Österreichischer Gemeindebund, Dr. Harald Seiss, Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger, und Dr. Johannes Zahrl, Österreichische Ärztekammer (jeweils zum Thema „Einbeziehung von Ländern und Körperschaften“) sowie von Mag. Michael Opriesnig, Österreichisches Rotes Kreuz, (zum Thema „Europarats-Recommandation 1418/99“) gehalten. Die Statements der Auskunftspersonen und die anschließenden Diskussionen sind in der auszugsweisen Darstellung enthalten, die als Anlage A3 diesem Bericht angeschlossen ist.

 

8. Sitzung am 16. Dezember 2014

Im Anschluss an diese Sitzung wurde im Rahmen einer weiteren Sitzung der Ablauf, die Referentinnen und Referenten sowie die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Sitzung am 23. Jänner 2015 beschlossen. Zudem wurde beschlossen, die von den Landeshauptleuten aufgrund des Beschlusses vom 25. November 2014 eingelangten Stellungnahmen auf der Website des Parlaments zu veröffentlichen.

 

9. Sitzung am 23. Jänner 2015

Im Mittelpunkt dieser öffentlichen Sitzung standen die Themenbereiche „Patientenverfügung: Evaluierung; gegebenenfalls Maßnahmen zur Verbesserung“, „Vorsorge; Diskussion über Vorsorgevollmacht“ und „Prüfung der Möglichkeit einer verfassungsrechtlichen Verankerung strafrechtlicher Normen, insbesondere des Verbots der Tötung auf Verlangen und eines sozialen Grundrechts auf würdevolles Sterben“. Das Thema „Patientenverfügung: Evaluierung; gegebenenfalls Maßnahmen zur Verbesserung“ wurde durch Impulsstatements von SC Hon. Prof. Dr. Gerhard Aigner, Bundesministerium für Gesundheit, Dr. Michael Lunzer, Österreichische Notariatskammer, Dr. Gerald Bachinger, NÖ Patienten- und Pflegeanwalt, Dr. Sigrid Pilz, Wiener Pflege- und Patientenanwältin, Univ.-Prof. Dr. Ernst Berger, Facharzt, Dr. Gertrude Brinek, Volksanwältin, Univ.-Prof. Dr. Johannes Meran MA, Primarius für Innere Medizin, Dr. Artur Wechselberger, Präsident der Österreichischen Ärztekammer und Dr. Maria Kletečka-Pulker, Geschäftsführerin am Institut für Ethik und Recht in der Medizin, das Thema „Vorsorge; Diskussion über Vorsorgevollmacht“ durch Ausführungen von PhDr. Hildegard Menner, MAS, ARGE Pflegedienstleitung Heime, Regina Ertl, Bundesverband der Alten- und Pflegeheime Österreichs – Lebenswelt Heim, Dr. Erwin Buchinger, Behindertenanwalt des Bundes, Mag. Dr. Sigrid Beyer, Dachverband Hospiz Österreich, Dr. Susanne Zinell, Palliativärztin LKH Villach und Dr. Gabriele Nußbaumer, Präsidentin der Lebenshilfe Vorarlberg, sowie das Thema „Prüfung der Möglichkeit einer verfassungsrechtlichen Verankerung strafrechtlicher Normen, insbesondere des Verbots der Tötung auf Verlangen und eines sozialen Grundrechts auf würdevolles Sterben“ durch Stellungnahmen von Univ.-Prof. DDr. Christoph Grabenwarter, em. Univ.-Prof. Dr. Bernd-Christian Funk, Univ.-Prof. Dr. Gabriele Kucsko-Stadlmayer, Univ.-Prof. DDr. Peter Lewisch, Univ.-Prof. Dr. Michael Mayrhofer, Univ.-Prof. Dr. Katharina Pabel, Univ.-Prof. Dr. Kurt Schmoller und Univ.-Prof. Dr. Ewald Wiederin eingeleitet. Wie in den zuvor abgehaltenen öffentlichen Sitzungen wurden die Impulsreferate und die anschließenden Diskussionsbeiträge durch eine auszugsweise Darstellung dokumentiert, die diesem Bericht als Anlage A4 beigeschlossen ist.

 

10. Sitzung am 3. März 2015

Anlässlich der Sitzung am 3. März 2015 wurde über den an den Nationalrat zu erstattenden Bericht samt Empfehlungen beraten.

An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim, Dr. Franz-Joseph Huainigg, Dr. Eva Mückstein, Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Dr. Nikolaus Scherak und Dr. Georg Vetter.

Die angeschlossenen Empfehlungen wurden von der Enquete-Kommission einstimmig beschlossen.

 

Die aufgrund der Beschlüsse der Enquete-Kommission eingelangten Stellungnahmen sowie die Berichterstattung der Parlamentskorrespondenz sind im Internet unter dem Link https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/A-HA/A-HA_00002_00344/index.shtml einzusehen.

 

Zur Berichterstatterin für den Nationalrat wurde Abgeordnete Dr. Eva Mückstein gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt die Enquete-Kommission somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht samt Anlagen (491 der Beilagen) zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2015 03 03

                               Dr. Eva Mückstein                                                        Mag. Gertrude Aubauer

                                 Berichterstatterin                                                                           Obfrau


 

Empfehlungen der Enquete-Kommission

Die Parlamentarische Enquete-Kommission „Würde am Ende des Lebens“ beschließt entsprechend dem Auftrag des Hauptausschusses vom 24.6.2014 (siehe Beilage 1) gegenstandsgemäß folgende Empfehlungen:

 

Status Quo der Hospiz- und Palliativversorgung, Möglichkeiten zum Ausbau

 

1)     Hospiz-und Palliativversorgung ist ein Ansatz zur Verbesserung der Lebensqualität von Menschen und ihrer Familien, welche sich im Erleben und der Auseinandersetzung einer unheilbaren, fortschreitenden Krankheit befinden. Dies soll erfolgen durch Prävention und Linderung von Leiden, durch eine frühzeitige Identifikation, tadellose Einschätzung und Linderung von Schmerzen und anderen belastenden Ereignissen physischer, psychischer, sozialer, kultureller und spiritueller Aspekte (Definition World Health Organisation 2002, siehe auch WHA).

2)     Österreichweit ist die Hospiz- und Palliativversorgung gesamthaft erst zu ca. 50% gedeckt (BMG/GÖG/ÖBIG-Planungsdaten 2020, Beilage 2).

3)     Fakten und Grundlagen sind im Rahmen der Enquete ausreichend und gut dokumentiert und online abrufbar (Beilage 2).

4)     16 Jahre nach den Empfehlungen des Europarates zum Schutz der Menschenwürde und der Würde der Todkranken und Sterbenden, 14 Jahre nach der parlamentarischen Enquete „Solidarität mit unseren Sterbenden – Aspekte einer humanen Sterbebegleitung in Österreich“ im Allparteienkonsens, 22 Jahre nach der Gründung des Dachverbandes Hospiz Österreich und 11 Jahre nach der Bedarfsfeststellung zur Hospiz- und Palliativversorgung durch das österreichische Bundesinstitut für Gesundheit besteht ein dringendes und konkretes Erfordernis, die Versorgung für alle Österreicherinnen und Österreicher in der Zukunft tatsächlich sicherzustellen und im Rahmen eines Hospiz- und Palliative Care Stufenplans bis 2020 unmittelbare Maßnahmen zu setzen.

5)     Kompetenzfragen und Finanzierungsstrukturen dürfen kein Hindernis sein, um tatsächlich den Ausbau von Hospiz und Palliative Care 2015 bis 2020 voranzutreiben.

         Im Planungshorizont 2020 fehlen in Österreich im Erwachsenenbereich:

             • 129 Palliativbetten

             • 192 Stationäre Hospizbetten

             • 6 Tageshospize

             • 81 Palliativkonsiliardienste

             • 18 Mobile Palliativteams (bzw. rund 103 Vollzeitkräfte)

             • 138 Hospizteams

         und im Kinder- und Jugendlichenbereich:

             • Mobile Kinderpalliativteams: dzt. 5 Teams in den Bundesländern NÖ, OÖ, Stmk, W (2 Teams) – Bedarf: mind. 1 Team je Bundesland, d.h. aktuell fehlen diese in 5 Bundesländern

             • Kinderhospizteams: dzt. 6 Teams in den Bundesländern NÖ, OÖ, Stmk, V, W (2 Teams) – Bedarf: mind. 1 Team je Bundesland, d.h. aktuell fehlen diese in 4 Bundesländern

             • Stationäres Kinderhospiz: dzt. keine Einrichtung – Bedarf: 2 bis 3 Standorte in Österreich

             • Pädiatrische Palliativbetten: dzt. 1 Standort mit 3 Betten in NÖ – Bedarf: pädiatrische Palliativbetten an jeder Kinder-/Jugendabteilung (dzt. 43 Abteilungen in Österreich)

       und Berücksichtigung von Palliativbetten in den gerade neu entstehenden Kinder-Rehabilitationseinrichtungen.

6)     Derzeit sieht die Mittelaufbringung in einer österreichweiten Schnittbetrachtung wie folgt aus:

             • Hospizteams: knapp 40% private Mittel, 60% öffentliche Mittel (Landesbudget Gesundheit, Soziales, ev. Pflegefonds)

             • Mobile Palliativteams: 10% private Mittel, 90% öffentliche Mittel, (Landesbudget Gesundheit, Soziales, ev. Pflegefonds)

             • Palliativkonsiliardienste: 1% private Mittel, 99% öffentliche Mittel (Landesbudget Gesundheit, Soziales. Diese Dienste erfolgen im Krankenhaus, es sind aber dafür keine gesonderten Mittel im Rahmen der LKF-Finanzierung vorgesehen)

             • Tageshospize: 40% private Mittel, 60% öffentliche Mittel (Länderbudget Gesundheit,
Soziales)

             • Stationäre Hospize: 11% private Mittel, 89% öffentliche Mittel (Länderbudget
Gesundheit, Soziales, Sonstiges)

             • Palliativstationen: 100% Bund-Länder-Sozialversicherung im Rahmen der
Leistungsorientierten Krankenanstaltenfinanzierung.

 

         Hospiz- und Palliative Care Stufenplan:

 

7)     Hospiz- und Palliativversorgung ist nicht nur eine der humansten Formen der Medizin, sondern auch eine kostengünstige und kostendämpfend, mit Einsparungen durch Systemverlagerungen und Reduzierung von Folgekosten.

         Zahlreiche Studien dazu belegen dies.

         In der ersten Etappe des Hospiz- und Palliativstufenplans sind jeweils rund 18 Mio. in den Jahren 2016 und 2017 zum Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung zusätzlich zum Status Quo einzusetzen.

         Diese Summe setzt sich innerhalb von zwei Jahren zusammen aus 8,9 Mio. für die Kinder- und Jugendversorgung, 17,8 Mio. für stationäre und mobile Hospizversorgung und Palliativkonsiliardienste und 10 Mio. für Palliativbetten (Beilage B).

         Damit können zur Absicherung der Versorgung der Menschen in einem ersten Schritt in den derzeit weniger versorgten Bundesländern

         5 mobile Kinderpalliativteams

         4 Kinderhospizteams

         8 stationäre Kinderhospizbetten

         20 Kinderpalliativbetten

 

         und weiters in den derzeit weniger versorgten Bundesländern

         60 stationäre Hospizbetten

         50 Palliativbetten

         regelmäßige Öffnungszeiten für Tageshospize

         20 Palliativkonsiliardienste

         8 mobile Palliativteams (45 VZÄ)

         Aufbauarbeit für neue Hospizteams

         eingerichtet bzw. in Vorbereitung gebracht werden.

8)     Zur unmittelbaren Finanzierung der ersten Etappe soll bis Anfang 2016 ein Hospiz- und Palliativforum unter der Leitung vom BMG mit dem BMASK, den Bundesländern, der Sozialversicherung und dem Dachverband Hospiz und Vertretern von Kinderhospizeinrichtungen und der österreichischen Palliativgesellschaft stattfinden und die konkreten Umsetzungsschritte festlegen.

9)     Die mobile Palliativ- und Hospizversorgung ist einerseits von den Krankenkassen (Krankenbehandlung) im Weg des Vertragspartnersystems und andererseits aus Mitteln der Pflegefinanzierung (Pflegefonds, Sozialhilfe der Länder) zu finanzieren.

10)   Die stationäre Hospizversorgung soll aus Mitteln der Pflegefinanzierung erfolgen (z.B. zweckgewidmeter, qualitätsgesicherter Sondertopf im Pflegefonds).

11)   Die stationäre Palliativversorgung in Krankenanstalten soll im bestehenden System der Leistungsorientierten Krankenanstaltenfinanzierung konsequent ausfinanziert werden, einschließlich der dort benötigten palliativen Konsiliardienste.

12)   Die Mittel für die erste Etappe der Umsetzung des Hospiz- und Palliativstufenplanes sollen Eingang in die Agenda der kommenden Finanzausgleichsverhandlungen und Verhandlungen mit den Sozialversicherungsträgern finden.

13)   Zur Unterstützung und Begleitung dieser Umsetzung des Hospiz-Palliativstufenplanes bis 2020 soll im Einvernehmen zwischen Bund und Ländern bis 30.9.2015 (MRV) in Anlehnung an ähnliche Strukturen in Bundesländern (z.B. Stmk) ein österreichweiter, unabhängiger Hospiz- und Palliativkoordinator/in eingesetzt werden. Dieser soll beim Dachverband verortet werden und für die bestmögliche Gesamtkoordination verantwortlich sein.

14)   Ein verbindlicher Stufenplan für den flächendeckenden Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung bis zum Jahr 2020 muss alle Bundesländer miteinschließen und soll sich insbesondere an den Stärken und Vorbildern einzelner Bundesländer und den ÖBIG-Qualitätskriterien orientieren.

15)   Das Ziel ist es, im abgestimmten und konstruktiven Zusammenwirken von Ländern, Sozialversicherung und Bund mehr Planungssicherheit, Finanzierungsverlässlichkeit und eine österreichweit gesicherte Regelfinanzierung (entsprechend dem Regierungsprogramm) für alle stationären und mobilen Hospiz- und Palliativeinrichtungen im Sinn einer generellen und allgemeinen Zugänglichkeit tatsächlich herzustellen.

16)   Über den Fortschritt in der Umsetzung des Hospiz- und Palliativstufenplanes soll einmal jährlich vom Hospiz- und Palliativkoordinator/in gemeinsam mit dem Dachverband Hospiz und dem Bundesministerium für Gesundheit und dem Bundesministerium für Soziales im Nationalrat Bericht erstattet und eine Debatte im Plenum abgehalten werden.

 

         Aus- und Weiterbildung

 

17)   Die wichtigste und kostbarste Ressource in Hospiz- und Palliative Care sind die Menschen. Die Förderung einer geeigneten Aus- und Weiterbildung ist dringend notwendig, um die Hospizkultur und Palliative Care umfassend in die Grundversorgung zu integrieren.

18)   Ebenso ist eine in die Ausbildung integrierte „kommunikative Kompetenz“ zu Themen am Lebensende essentiell für die (künftige) Arbeit mit Patienten/innen, Bewohner/innen, Klienten/innen, so dass Fragen zu Sterben und Tod (und die damit verbundenen Vorstellungen, Erfahrungen und Ängste) in einfühlsamer Weise angesprochen und mitgeteilt werden können. Ein solcher respektvoller Umgang dient dem Leben und stärkt das wechselseitige Vertrauen gerade angesichts von erlebten Unsicherheiten, Grenzen und Ohnmacht.

19)   Um eine Palliative Sorgekultur wirksam und nachhaltig zu entwickeln, sind Fort- und Weiterbildungen speziell ausgerichtet für Führungskräfte in den verschiedenen Diensten und Einrichtungen besonders wichtig.

20)   Ausgehend von den bisherigen Ausbildungsmöglichkeiten ist eine spezifische palliativmedizinische Ausbildung für alle in Betracht kommenden Ärzte zu schaffen.

21)   Bis zum Zeitraum Jahr 2021 (Erstabsolventen im Rahmen der neuen Ärzteausbildung) sollte umgehend zwischenzeitig eine praxisorientierte Zusatzausbildung (v.a. für Allgemeinmedizin, bzw. Fächer die mit der Betreuung von Schwerkranken und Sterbenden befasst sind) aufbauend auf den bereits bestehenden theoretischen Diplomkursen in ausreichendem Ausmaß angeboten werden.

22)   Die Forschungaktivitäten im Bereich der Hospiz- und Palliative Care soll insbesondere seitens der Universitäten und Forschungseinrichtungen verstärkt gefördert werden.

23)   Frühzeitige Einbeziehung von Palliative Care in Krankenhäusern und Alten- und Pflegeheimen hat einen hohen Wirkungsgrad auf das Wohlbefinden der Patienten und querschnittsbezogene Systemeffizienzen (Verweisungen, Übertherapierungen).

24)   Palliative Care muss wie bisher in der Ausbildung der Gesundheits- Betreuungs- und Pflegeberufe, d.h. der Berufsgruppe, die im Umfeld des Sterbens am meisten eingebunden ist, wesentlicher Bestandteil und auch budgetär abgesichert sein.

25)   Befähigungskurse für ehrenamtliche Mitarbeiter – eine unverzichtbare Säule der Hospizversorgung – sowie multiprofessionelle Palliativbasislehrgänge und Universitätslehrgänge für Ärzte, Pflegende und psychosoziale Berufe sollen seitens der öffentlichen Hand gezielt und verstärkt regelmäßige Unterstützung erfahren.

26)   Fort- und Weiterbildung in den Berufsgruppen Psychologen, Seelsorger, Psychotherapeuten, Sozialarbeiter, Physiotherapeuten etc. sind als wesentlicher Bestandteil einer ganzheitlichen Herangehensweise ebenso zu unterstützen.

 

Patientenverfügung: Evaluierung; ggf. Maßnahmen zur Verbesserung; allenfalls auch Diskussion über Vorsorgevollmacht,Vorsorgedialog

 

       Eine Patientenverfügung ist eine mündliche oder schriftliche Erklärung, mit der man für die Zukunft bestimmte medizinische Behandlungen ablehnen kann.

       Mit einer Vorsorgevollmacht bestimmt jemand, wer in seinem Namen handeln darf und für ihn Entscheidungen treffen darf, wenn er selbst nicht mehr in der Lage dazu ist.

 

27)   In Anbetracht einer optimalen Vorsorge und Ausbildung ist die bereits erfolgreich begonnene Etablierung der Hospiz- und Palliativkultur in dzt. rund 100 von 800 Alten- und Pflegeheimen von herausragender Bedeutung.

28)   Dieser Prozess der Organisationentwicklung und Schulung und auch der nunmehr neu eingeführte Vorsorgedialog sind mit allen Kräften zu unterstützen.

         Er soll auch seitens der Politik einen stärkeren öffentlichen Fokus erhalten und ist in gemeinsamen Anstrengungen zügig und konsequent fortzuführen.

29)   Vereinfachungs- und Attraktivierungsmaßnahmen zur Patientenverfügung und zur Vorsorgevollmacht sollen von allen Institutionen gemeinsam mit den Bundesministerien für Gesundheit und für Justiz ausgearbeitet und umgesetzt werden.

30)   Texte und Formulare sollen bürgertauglicher bzw. bestmöglich anwendungsorientiert gestaltet werden ohne dadurch die erforderlichen Sicherheitskriterien zu vermindern.

31)   Die Verlängerung bestehender Fristenregelungen bzw. Vereinfachungen bei Verlängerungen sollen geprüft und ehebaldigst Neugestaltungen (2016) vorgenommen werden. Weiters sollten Fragen zu Möglichkeiten einer generellen und spezialisierten Patientenverfügung und hinsichtlich einer Zusammenführung von beachtlicher und verbindlicher Patientenverfügung besprochen werden.

32)   Eine Ausweitung der gesetzlichen Vertretung durch Angehörige (§ 284b ABGB) soll seitens des Bundesministeriums für Justiz im Rahmen der Reform des Sachwalterrechts in einer Arbeitsgruppe geprüft werden.

33)   Von besonderer Bedeutung ist das Engagement des Dachverbandes Hospiz, der Patientenanwaltschaften, der Kammern der Notare und der Rechtsanwälte sowie des Seniorenrates. Seitens der Notare und Rechtsanwälte sind ab April 2015 für sechs Monate kostenlose Beratungsgespräche mit Partnerorganisationen in Bezirkshauptstädten Österreichs vorgesehen, um den Informations- und Wissenstand in der Bevölkerung zu verbreitern.

34)   Die bisherigen unterschiedlichen Register zur Patientenverfügung bei Anwälten und Notaren sollen bis 2016 zu einem einheitlichen Register zusammengeführt werden.

35)   Patienten/innen sollten bei der Errichtung einer verbindlichen Patientenverfügung finanziell entlastet werden. Dies kann beispielsweise über die Patientenanwaltschaften geschehen, wie es heute schon in Wien, Niederösterreich und Salzburg der Fall ist. Hier wird die Errichtung einer verbindlichen Patientenverfügung bereits kostenlos angeboten. 

36)   Unter Berücksichtigung bestehender Möglichkeiten sollten seitens der beteiligten Ministerien Gespräche mit den Krankenkassen aufgenommen werden, mit dem Prüfziel, dass die Krankenkassen einen vertretbaren Kostenbeitrag im Zusammenhang mit der Errichtung einer Patientenverfügung übernehmen.

37)   Es soll seitens des Bundesministeriums für Gesundheit sichergestellt werden, dass in der elektronischen Gesundheitsakte ELGA bzw. auf der E-Card erkennbar ist, ob ein Patient eine Patientenverfügung errichtet hat, um z.B. in Spitälern eine routinemäßige Überprüfung rasch und einfach durchführen zu können.

 

         Versorgung zu Hause

38)   Die Betreuung im häuslichen Bereich und eine vereinfachte und reibungslose Zusammenarbeit zwischen Patient, Hausarzt, Angehörigen, Krankenkasse und Hospiz- und Palliativdiensten ist ein Gebot der Stunde.

39)   Seitens der Krankenkassen soll die palliative Intensivbetreuung in den Leistungskatalog aufgenommen werden.

40)   Die Krankenkassen sollen notwendige Schmerz- und Hilfsmittel von bestehenden bürokratischen Hürden befreien (Entfall der Chefarztpflicht bei Schmerzmedikamenten).

41)   Weiters sollten bei Abwicklungen des Alltags im Verhältnis Patient-Arzt-Krankenkasse Optimierungen seitens der Krankenkassen in Angriff genommen werden, um Bewilligungen und bürokratische Hürden auf ein Minimum zu reduzieren (z.B. Etablierung von Case Managern der Kassen).

 

Empfehlung der parlamentarischen Versammlung des Europarats Nr. 1418/99

 

42)   Mit der wegbereitenden Recommendation 1418/99 (Beilage 3) des Europarates wird die Würde von Todkranken und Sterbenden in jeder Hinsicht geachtet und geschützt: Die Würde des Menschen ist in allen Phasen des Lebens unverletzlich und kommt jedem Menschen unabhängig von Alter, Rasse, Geschlecht, Besonderheiten oder Fähigkeiten, von Umständen oder Situationen zu, da sie eine Konsequenz des Menschseins ist. Daher gibt es keinen Zustand, der einem Menschen seine Würde verleiht oder ihn dieser beraubt.

43)   Gerade die Würde der verletzlichsten Mitglieder einer Gesellschaft wie Todkranken, Sterbenden, Menschen mit Behinderung, muss durch ein geeignetes Umfeld sichergestellt sein, nicht zuletzt durch die Erfahrungen von Leiden in Vergangenheit und Gegenwart.

44)   Im Text der Recommendation 1418 aus 1999 sind drei große Empfehlungsbereiche enthalten: a) die Anerkennung und der Schutz des Anrechts eines Todkranken oder Sterbenden auf umfassende Palliativpflege, b) der Schutz des Rechtes auf Selbstbestimmung eines Todkranken oder Sterbenden, und c) die Bekräftigung des Verbotes der vorsätzlichen Tötung von Todkranken oder Sterbenden.

45)   Jeder individuelle oder gesellschaftliche Druck auf Menschen, sei es durch Gesetzgebung oder Beeinflussung durch Dritte, muss ausgeschlossen bleiben. Gerade Alte, Kranke, Kinder und Menschen mit Behinderung bedürfen der besonderen Unterstützung und des Schutzes.

46)   Im Zuge der Diskussion wurde u.a. auch der Vorschlag eingebracht, die Recommendation als Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über Menschenrechte und Biomedizin (Oviedo-Konvention) zu verankern.

 

 

Prüfung der Möglichkeit der verfassungsrechtlichen Verankerung strafrechtlicher Normen, insb. des Verbots der Tötung auf Verlangen und eines sozialen Grundrechts auf würdevolles Sterben:

 

47)   In zahlreichen Impulsreferaten wurde dieser Themenbereich umfassend beleuchtet.

48)   Es handelt sich hierbei um eine rein rechtspolitische Entscheidung.

49)   Das Meinungsspektrum im Rahmen der Erörterungen reichte von einer Staatszielbestimmung zur Gewährleistung der geltenden Rechtslage, bis hin zur Diskussion über Fragen zur Suizidbeihilfe bzw. Suizidprävention.

50)   Einvernehmen besteht dahingehend, Hospiz- und Palliativversorgung nachhaltig abzusichern und die Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht rechtlich weiter zu entwickeln.

 

 

Überblick über einschlägige rechtliche Regelungen und Praxis in EU/EMRK-Staaten:

 

51)   Die Parlamentsdirektion hat im Rahmen des Europäischen Zentrums für parlamentarische Wissenschaft und Dokumentation (EZPWD) einen Ländervergleich zum Thema "Würde am Ende des Lebens" durchgeführt. Die Umfrage erfolgte im Zeitraum von 23. Juli bis 5. September 2014 (Request 2605).

         Angefragt wurden alle 28 Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie Norwegen und die Schweiz. Antworten sind aus 25 der angefragten Länder eingelangt, keine Rückmeldungen gab es aus Bulgarien, Dänemark, Lettland, Malta und Zypern (siehe Beilage 4).