498 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

Bericht

des Außenpolitischen Ausschusses

über den Antrag 907/A(E) der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend Straftatbestand: Verteidigung von Menschenrechten und freie Meinungsäußerung – Freiheit für den Menschenrechtsaktivisten und Anwalt Waleed Abulkhair

Die Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 25. Februar 2015 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Mit zahlreichen staatlichen und zivilgesellschaftlichen Initiativen auf der ganzen Welt ist es in den ersten Wochen des Jahres 2015 gelungen, die Fortsetzung der Auspeitschung von Raif Badawi zu verhindern. Nicht zuletzt auch das Engagement von Bundesminister Kurz hat dazu beigetragen, dass die Regierung Saudi Arabiens reagieren musste, die weitere Auspeitschung des verurteilten Bloggers nunmehr seit 16. Jänner Woche für Woche abgesagt wird und dessen Fall zur Verhandlung an das Kriminalgericht zurückverwiesen wurde.

Mit der Verweisung an das Kriminalgericht tritt ein weiterer Aspekt des Verfahrens gegen Raif Badawi in den Vordergrund, der in etwa ebenso erschütternd ist, wie die Verurteilung selbst, aber angesichts der Unfassbarkeit der Bestrafung einer Meinungsäußerung mit 1000 Peitschenhieben und 10 Jahren Haft bisher untergegangen ist: Die Verurteilung von Badawis Anwalt, Waleed Abulkhairs, nach dem Saudischen Anti-Terrorgesetz zu 15 Jahren Haft.

Ebenso wie Raif Badawi hat sich Waleed Abulkhair nichts zu Schulden kommen lassen, außer seine Meinung öffentlich geäußert und seine MandantInnen – vielfach MenschenrechtsaktivistInnen – verteidigt zu haben. Waleed Abulkhairs Strafe von 15 Jahren Haft wurde vom Berufungsgericht am 18. Februar 2015 bestätigt.

Die Verurteilung des Anwalts hat unmittelbare Auswirkungen auf Raif Badawi selbst, weil er im bevorstehenden neuerlichen Verfahren vor dem Kriminalgericht nicht nur auf seinen selbstgewählten Anwalt verzichten muss, sondern sich – und das ist angesichts der Verurteilung Waleed Abulkhairs menschlich nachvollziehbar – gegenwärtig in Saudi Arabien kein einziger Anwalt findet, der bereit wäre, Raif Badawi zu verteidigen. Dass das zur Abschreckung all jener dienen soll, die sich im Land für Menschenrechte einsetzten, liegt auf der Hand.

Damit aber wird jedes Verfahren zur Farce.

Waleed Abulkhair hat sich ebenso wie Raif Badawi keines Verbrechens schuldig gemacht: Er hat öffentlich und gewaltfrei seine Meinung vertreten sowie die Interessen seiner KlientInnen gewahrt. Ohne freie Meinungsäußerung sowie ohne Möglichkeit eines fairen Verfahrens und einer ordentlichen Verteidigung vor Gericht gibt es keine Menschenrechte.

Es ist daher nicht nur im Sinne Raif Badawis oder Waleed Abulkhairs, sondern zum Schutz aller DissidentInnen in Saudi Arabien geboten, sich auf internationaler Ebene ebenso wie gegenüber den Saudischen Behörden für die Freilassung Waleed Abulkhairs einzusetzen.“

 

Der Außenpolitische Ausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 10. März 2015 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill und Mag. Christine Muttonen.

 

Im Zuge der Debatte brachten die Abgeordneten Dr. Josef Cap, Dr. Reinhold Lopatka, Dr. Johannes Hübner und Tanja Windbüchler-Souschill gemäß § 27 Abs. 3 GOG-NR einen Entschließungsantrag ein, der wie folgt begründet war:

„Der österreichische Nationalrat hat am 20. November 2014 in einer Entschließung den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres ersucht, gegenüber den Behörden Saudi Arabiens für den Nichtvollzug der unmenschlichen Strafe, die sofortige Freilassung sowie eine Amnestie Raif Badawis einzutreten. Seitens Österreichs und der EU werden alle diplomatischen Kanäle genutzt und für eine umfassende humanitäre Lösung in diesem Fall interveniert.

Raif Badawi, saudi-arabischer Internet-Aktivist und Gründer des online-Forums „die saudischen Liberalen“, der sich für Religionsfreiheit eingesetzt hatte, war im Mai 2014 wegen angeblicher „Beleidigung des Islam“ zu zehn Jahren Haft, 1000 Peitschenhieben und Zahlung von einer Million Riyal verurteilt worden. Mit der Vollstreckung der lebensgefährlichen Körperstrafe wurde am 9. Jänner 2015 begonnen, die Fortsetzung der Auspeitschungen wurde aus gesundheitlichen Gründen bisher immer wieder verschoben. Das Verfahren soll nun wieder neu eröffnet werden. Dadurch könnten auch frühere Vorwürfe gegen Apostasie (Abfall vom Glauben) neu erhoben werden, für die bereits in den vorangegangenen Verfahren zwei Mal die Höchststrafe (Todesstrafe) beantragt wurde.

Badawis Anwalt Waleed Abu al-Khair wurde zu 15 Jahren Haft, einem Reiseverbot von 15 Jahren und einer Geldstrafe von 200.000 Riyal verurteilt. Auch in diesem Fall wird auf diplomatischer Ebene bereits interveniert. Die gegen ihn erhobenen Vorwürfe bezogen sich unter anderem auf von ihm gegenüber Medien getätigte Aussagen und Twitter-Meldungen, in denen er allgemein die Menschenrechtssituation in Saudi-Arabien kritisierte. Seinen Angaben zufolge wurde er während seiner Haft körperlicher und psychischer Folter ausgesetzt.“

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit (für den Antrag: F, G, T, N, dagegen: S, V).

 

Der im Zuge der Debatte gemäß § 27 Abs. 3 eingebrachte Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Dr. Reinhold Lopatka, Dr. Johannes Hübner und Tanja Windbüchler-Souschill wurde einstimmig angenommen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Außenpolitische Ausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle

1.      diesen Bericht hinsichtlich des Entschließungsantrags 907/A(E) zur Kenntnis nehmen und

2.      die angeschlossene Entschließung annehmen.

Wien, 2015 03 10

                        Mag. Christine Muttonen                                                           Dr. Josef Cap

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann