550 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

Bericht

des Verkehrsausschusses

über den Antrag 321/A(E) der Abgeordneten Georg Willi, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein bundesweit gerechtes „Bundesgesetz zur Finanzierung von ÖPNV-Infrastruktur in Ballungsräumen“

Die Abgeordneten Georg Willi, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 27. März 2014 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Leistungsfähiger, schienen- bzw. oberleitungsgebundener öffentlicher Nahverkehr ist über das ÖBB-Netz hinaus insbesondere in den Ballungsräumen als Rückgrat einer ‚leistbaren Mobilität für alle‘ unverzichtbar. Der Auf- und Ausbau entsprechender ÖPNV-Infrastruktur ist teuer, aber verkehrs-, umwelt- und klimapolitisch und letztlich auch sozial enorm wichtig.

Der Bund finanziert in diesem Sinn seit vielen Jahren den Wiener U-Bahn-Bau durch einen namhaften jährlichen Beitrag mit – ursprünglich gut 109 Mio. Euro pro Jahr, nach mehreren Kürzungen immer noch ansehnliche ca 78 Mio Euro pro Jahr. Dieser Mitfinanzierung des Bundes für Wien steht keine entsprechende Mitfinanzierung für andere Städte bzw. Ballungsräume gegenüber, was seitens anderer Städte bereits wiederholt etwa im Weg des Städtebunds kritisiert wurde.

Es geht um Ausbauprojekte für Straßenbahn-, O-Bus- oder E-Bus-Netze sowie um ‚StadtRegionalBahn‘-Projekte, die eine kundenfreundliche Durchbindung zwischen innerstädtischen Straßenbahnnetzen und Strecken im Umland nach dem erfolgreichen, international vielfach erfolgreich kopierten ‚Karlsruher Modell‘ ermöglichen. ‚StadtRegionalBahn‘-Projekte dieses Typs sollen im Raum Innsbruck umgesetzt werden und werden auch zB im Raum Graz, Salzburg oder Linz intensiv diskutiert.

Auch in Wien selbst weisen namhafte Fachleute und PolitikerInnen seit längerem darauf hin, dass mit Verwendung zumindest eines Teils der heute in den U-Bahn-Ausbau gesteckten Gelder für weniger aufwändige, weit rascher umsetzbare Ausbauten im Straßenbahnnetz ein größerer Nutzen bei weit geringeren Kosten erzielt werden könnte: Ein Straßenbahn-Kilometer ist um 5 bis 10% der Errichtungskosten eines U-Bahn-Kilometers zu haben. Zudem gab es in den letzten Jahren vermehrt politische Äußerungen in Richtung von Lokalbahn- und StadtRegionalBahn-Projekten (‚Flitzer‘ u.dgl.) auch im Großraum Wien.

Für das von den Grünen bereits in der Vergangenheit in Anknüpfung an die Überlegungen zu einer ‚Nahverkehrsmilliarde‘ angeregte ‚Straßenbahnfinanzierungsgesetz‘ des Bundes gab es bislang noch keine Mehrheit, obwohl etwa der damalige Verkehrsminister Werner Faymann bereits im Vorfeld des Klimagipfels 2008 unmissverständlich meinte: ‚Es war richtig, dass der Bund sich mit 50% am Bau der Wiener U-Bahn beteiligt hat, aber die anderen Städte haben natürlich dasselbe Recht.‘ Alle Städte in Österreich hätten dafür Konzepte in der Tischlade, es fehle aber die Finanzierung. ,Wir werden daher den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs in den Ballungsräumen jetzt massiv unterstützen‘ (vgl. Ministerratsfoyer-Auftritt BM Faymann/BM Pröll am 16.4.2008; APA-OTS148, 16.4.2008, Die Presse 17.4.2008 u.a.).

Ähnliche, teils noch konkretere Aussagen traf Werner Faymann im Nationalrats-Wahlkampf 2008 beispielsweise in Salzburg und in Linz. Nachdem die Grünen Faymanns Aussagen im Juni 2008 zum Anlass für einen entsprechenden Antrag im Nationalrat genommen hatten (808/A(E) XXIII. GP), fand am 12.9.2008 eine Entschließung ‚betreffend Bundes-Mitfinanzierung von Öffi-Infrastruktur (zB RegioLiner, Tram-Bahnen, …) durch ein ‚Bundesgesetz zur Finanzierung von ÖPNV-Infrastruktur in städtischen Großräumen‘‘ im Nationalrat mehrheitlich (SPÖ, Grüne, BZÖ) Unterstützung (93/E XXIII. GP).

Seitdem hat die Regierungsmehrheit jedoch keine weiteren Schritte gesetzt. So fand sich dieses Thema weder im Regierungsübereinkommen SPÖ-ÖVP von Jänner 2009 noch wurden im Rahmen der Budgets seitdem die zur Umsetzung erforderlichen Geldmittel vorgesehen; auch im Regierungsübereinkommen 2013-2018 fehlt das Thema.

Die zutreffenden Einschätzungen und Ankündigungen des vormaligen Verkehrsministers und nunmehrigen Bundeskanzlers sollten jedoch nicht sang- und klanglos schubladisiert werden. Dazu ist das Anliegen zu wichtig und zu dringend und zu viele Jahre aufgeschoben worden. Neben den erforderlichen Mitteln sollte diesem wichtigen Teil einer ‚Öffi-Offensive‘ auch die nötige rechtliche Grundlage zur Seite gestellt werden. Diese sollte zugleich die heute dem Wiener U-Bahn-Ausbau zugute kommenden Bundeszahlungen inhaltlich klarer fundieren und gleichzeitig durch Öffnung für weniger investitionsintensive Verkehrsmittel wie Straßenbahn, O-Bus oder E-Bus österreichweit dem ‚Erfinden‘ teurer U-Bahn-Projekte als Rechtfertigung für das wien-analoge ‚Abholen‘ von Bundesgeldern vorbeugen.

Es sollte daher ein ‚Bundesgesetz zur Finanzierung von ÖPNV-Infrastruktur in Ballungsräumen‘ entwickelt werden, das die übrigen städtischen Großräume mit schienen- bzw. oberleitungsgebundenen Nahverkehrsmitteln mit Wien gleichstellt, eine Mitfinanzierungsverantwortung für die entsprechenden Netzausbauten bei Straßenbahn und O-Bus sowie für StadtRegionalBahn-Projekte ähnlich der derzeitigen Regelung für den Wiener U-Bahn-Ausbau einführt, die derzeitige Bundes-Kofinanzierung des Wiener U-Bahn-Ausbaus für Straßenbahnprojekte sowie StadtRegionalBahn-Projekte im Raum Wien öffnet sowie gegebenenfalls auch unterirdisch zu führende Teilstrecken von Straßenbahn- oder StadtRegional-Bahn-Projekten unterstützt, keinesfalls jedoch weitere österreichische Städte zu unwirtschaftlichen, teuren ‚Voll-U-Bahn-Projekten‘ als Voraussetzung für die Gewährung von Bundes-Kofinanzierung ermuntert.

Derzeit ist nur ein Teil dieser Projekte über komplexe Einzelfall-Lösungen aus den unterschiedlichen und im Umfang unzureichenden Töpfen der zersplitterten ‚Öffi-Finanzierung-Landschaft‘ finanzierungsfähig, womit es logischerweise auch an vorab festgelegten sachlichen Kriterien über die Einzelprojekte hinweg mangelt. Als sachliche Kriterien für eine Bundes-Kofinanzierung wären beispielsweise der ‚verkehrliche Nutzen‘ (vgl. Deutschland), der Stand der Baureife, die Mitfinanzierungsbereitschaft durch Stadt/Gemeinden und Land und der Beitrag zur Reduktion des CO2-Ausstoßes und zur Energieeffizienz in der Mobilität des jeweiligen Ballungsraumes geeignet.“

 

Der Verkehrsausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 2. Juli 2014 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Georg Willi die Abgeordneten Johann Hell, Johann Singer, Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Andreas Ottenschläger sowie die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures.

Ein Vertagungsantrag wurde mit Stimmenmehrheit angenommen.

In seiner Sitzung am 9. April 2015 wurden die Verhandlungen über den Antrag 321/A(E) wieder aufgenommen. An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Mag. Johannes Rauch, Georg Willi, Elisabeth Hakel, Christian Hafenecker, MA, Michael Pock, Mag. Christiane Brunner, Christoph Hagen, Andreas Ottenschläger, Dipl.-Ing. Gerhard Deimek sowie der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Alois Stöger, diplômé.

 

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag der Abgeordneten Georg Willi Kolleginnen und Kollegen nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit (für den Antrag: G, dagegen: S, V, F, T, N).

 

Zur Berichterstatterin für den Nationalrat wurde Abgeordnete Elisabeth Hakel gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verkehrsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2015 04 09

                                 Elisabeth Hakel                                                                    Anton Heinzl

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann