638 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales

über den Antrag 1147/A(E) der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Absicherung von Mindeststandards der Bedarfsorientierten Mindestsicherung

Die Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 20. Mai 2015 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Angesichts der gegenwärtig beginnenden Verhandlungen über die Vereinbarung nach Art. 15a B-VG zur Bedarfsorientierten Mindestsicherung ist festzuhalten:

             - Der Zugang zur Mindestsicherung ist derartig bürokratisiert und lebensfremd, dass ein großer Teil der Menschen, die nach Vorstellung der VertragspartnerInnen der 15a-Vereinbarung eigentlich Zugang zur Mindestsicherung haben sollten, diese nicht in Anspruch nehmen können;

             - Die Mindestsicherung ist derart schlecht konzipiert, dass selbst Menschen, die sie erhalten, noch immer als manifest arm gelten. Sie ist ausdrücklich nicht ausreichend, um Menschen gegen Notsituation abzusichern oder gar ein Sprungbrett zur Überwindung von Notsituationen darstellt;

             - Die derzeitige Vereinbarung nach Art. 15a B-VG schafft den Menschen, die auf Mindestsicherung angewiesen sind, nicht jene Sicherheit, die zur nachhaltigen Überwindung von Notlagen notwendig ist.

Im Jahr 2013 haben weniger als 56% aller Menschen, die Anspruch auf bedarfsorientierte Mindestsicherung haben müssten, tatsächlich Mindestsicherung erhalten, wie folgende Tabelle verdeutlicht.

 

 

Dabei wird die Zahl der Menschen in Haushalten mit weniger als 40% des Median-Äquivalenzeinkommens mit der Zahl der MindestsicherungsbezieherInnen verglichen. Obwohl 40% des Medianäquivalenteinkommens im Jahr 2013 mit € 736,- pro Monat deutlich unter dem Richtwert der Mindestsicherung (€ 794,91) für dieses Jahr lag und damit zwangsläufig jede der in diese Gruppe fallenden 423.000 Menschen in diesem Land Anspruch, jedenfalls aber dringenden Bedarf, auf Leistungen aus der Mindestsicherung hatten, erhielten tatsächlich nicht einmal 56% dieser Menschen tatsächlich Leistungen der Mindestsicherung. An der tatsächlichen Armutsgefährdungsschwelle orientiert fällt der Befund weit dramatischer aus: 14% der Bevölkerung (ca. 1,2 Mio. Menschen) leben in Haushalten, die über ein Äquivalenzeinkommen von weniger als 60% des Medians verfügen. Gerade einmal 19% dieser Menschen erhielten Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung.

In der Polemik um die Mindestsicherung werden BezieherInnen von Leistungen der Mindestsicherung regelmäßig als SozialschmarotzerInnen dargestellt und das Sicherungssystem an sich als ‚soziale Hängematte‘ disqualifiziert. Diese Polemik geht völlig an der Realität vorbei: Von den 238.000 Menschen, die im Jahr 2013 irgendwann für durchschnittlich 6 bis 9,3 Monate Leistungen aus der Mindestsicherung bezogen haben, sind über 64.000 Kinder (ca. 27%) und 16.000 Menschen im Pensionsalter (ca. 7%). Von den Menschen im Erwerbsalter sind etwa mehr als 25.000 erwerbstätig und ca. 94.000 erhalten eine Aufstockung auf Grund eines zu niedrigen Einkommens aus der Arbeitslosenversicherung. Dazu kommen noch BezieherInnen von Kinderbetreuungsgeld (also Menschen mit Betreuungspflichten für sehr kleine Kinder) sowie Menschen mit Anspruch auf Waisenpensionen oder erhöhte Familienbeihilfen (vielfach also Menschen mit Behinderungen sowie mit eingeschränkter Erwerbsfähigkeit).“

 

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 27. Mai 2015 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneten Mag. Judith Schwentner die Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, August Wöginger, Mag. Gerald Loacker, Ing. Markus Vogl, Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Wolfgang Knes, Dr. Angelika Winzig, Johann Singer, Peter Wurm, Ulrike Königsberger-Ludwig, Ing. Waltraud Dietrich und Ing. Norbert Hofer sowie der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer und der Ausschussobmann Abgeordneter Josef Muchitsch.

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag keine Mehrheit (für den Antrag: G, dagegen: S, V, F, T, N).

Zum Berichterstatter für den Nationalrat wurde Abgeordneter August Wöginger gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2015 05 27

                               August Wöginger                                                               Josef Muchitsch

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann