651 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie

über die Regierungsvorlage (626 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Energie-Infrastrukturgesetz erlassen, das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 und das Energie-Control-Gesetz geändert sowie das Bundesgesetz über die Frist und das Verfahren in den Fällen des Art. 12 Abs. 3 des B-VG aufgehoben werden

Die Verordnung (EU) Nr. 347/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2013 zu Leitlinien für die transeuropäische Energieinfrastruktur und zur Aufhebung der Entscheidung Nr. 1364/2006/EG und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 713/2009, (EG) Nr. 714/2009 und (EG) Nr. 715/2009 (TEN-E-VO), hat die beschleunigte Durchsetzung des dringend benötigten Ausbaus der europäischen Energieinfrastruktur zum Inhalt. Dies soll neben einer konzertierten Erarbeitung der Vorhaben von gemeinsamem Interesse durch Beschleunigung der Genehmigungsverfahren für diese Vorhaben sowie durch Finanzierungsinstrumente erreicht werden. Als Verordnung ist sie unmittelbar anwendbar. Soweit die TEN-E-VO jedoch verfahrensrechtliche Bestimmungen enthält (Art. 7 bis 10), ist eine begleitende innerstaatliche Regelung unerlässlich.

Die Bundesregierung erachtet es im vorliegenden Gesetzentwurf für sinnvoll, diese Begleitregelung auf eine verfassungsrechtliche Kompetenzgrundlage zugunsten des Bundes zu stützen, da andernfalls – aufgrund der Kompetenz der Länder etwa für Bundesländergrenzen nicht überschreitende Starkstromwege – eine Mehrzahl von Begleitgesetzen zu erlassen wäre.

Als betroffene Infrastrukturkategorien nennt die TEN-E-VO Hochspannungsfreileitungen, Stromspeicheranlagen, Fernleitungen für den Transport von Erdgas und Biogas, Untergrundspeicher für Hochdruck-Gasleitungen, LNG, CNG, Rohrleitungen für den Transport von Erdöl und Rohrleitungen und Speicher für CO2, jeweils samt Nebenanlagen.

Die Energieinfrastrukturkategorien umfassen auch die mit den jeweiligen Vorhaben zusammenhängenden Ausrüstungen oder Anlagen, die für den sicheren und effizienten Betrieb der Vorhaben erforderlich sind, einschließlich der Schutz-, Überwachungs- und Steuerungssysteme. Dies entspricht den materiengesetzlichen Vorhabensbegriffen, die diese Nebenanlagen mitumfassen.

Eine Novellierung aller betroffenen Materiengesetze (StWG 1968, StWGe der Länder, GWG 2011, RohrlG, WRG 1959 etc.) ist nicht zielführend, da nur eine geringe Anzahl von Vorhaben in Österreich von der TEN-E-VO erfasst sind, d.h. es ist immer nur eine kleine Teilmenge der von diesen Gesetzen erfassten Vorhaben betroffen.

Der vorliegende Gesetzentwurf ist daher als ein Begleitgesetz mit Sondervorschriften zu verstehen, zu denen die materiengesetzlichen Bestimmungen subsidiär hinzutreten, d.h. letztere werden für die Vorhaben nicht verdrängt. Sofern das Begleitgesetz keine Sonderbestimmungen vorsieht, gelten die Materiengesetze weiterhin.

Jede Anlagenkategorie unterliegt bei Erreichen bzw. Überschreiten bestimmter Schwellenwerte der UVP-Pflicht. Daraus folgt jedoch nicht, dass sämtliche Vorhaben, die nach der Unionsliste in Österreich zu verwirklichen sind, UVP-pflichtig sind. Denn diese Vorhaben können Änderungen bestehender Infrastrukturen ebenso darstellen wie Ersatzneubauten, die nach Maßgabe der bestehenden Konsense oder des § 3a UVP-G 2000 die UVP-Pflicht in den meisten Fällen nicht auslösen. Schließlich können auch PCI beantragt werden, die die Schwellenwerte des Anhang 1 zum UVP-G 2000 unterschreiten. Das Begleitgesetz kann sich daher nicht auf eine Novelle zum UVP-G 2000 beschränken, sondern es sind auch Regelungen für alle Vorhaben zu schaffen, seien diese nun UVP-pflichtig oder nicht.

Für UVP-pflichtige PCI besteht bereits nach geltender Rechtslage (UVP-G 2000) ein voll konzentriertes Genehmigungsverfahren, das den Intentionen der TEN-E-VO weitgehend entspricht. Für die UVP-spezifische Durchführung der TEN-E-VO kann daher mit einer Anpassung des UVP-G 2000 das Auslangen gefunden werden, und die Tätigkeit der Energie-Infrastrukturbehörde kann sich auf eine Koordinierungsfunktion (bei PCI, für deren Genehmigung mehrere UVP-Behörden zuständig sind) und auf die Wahrnehmung der durch die TEN-E-VO vorgegebenen Berichts- und Kommunikationsverpflichtungen gegenüber der Europäischen Kommission und den Regionalen Gruppen beschränkt bleiben. Daneben ist es erforderlich, eine bundesgesetzliche Regelung zur Durchführung der allgemeinen, alle PCI betreffenden Bestimmungen der TEN-E-VO und zur Regelung der Genehmigungsverfahren für diejenigen PCI zu erlassen, die nicht der UVP-Pflicht unterliegen.

Als zuständige nationale Behörde (Energie-Infrastrukturbehörde) wurde der BMWFW benannt. Diese Zuständigkeit ergibt sich daraus, dass der BMWFW auch schon bisher federführend für Energiewesen zuständig ist und ihm für die Mehrzahl der in der PCI-Liste enthaltenen Projekte die Zuständigkeit in dem jeweiligen energierechtlichen Leitverfahren zukommt. Nach Art. 8 Abs. 2 der TEN-E-VO ist es grundsätzlich zulässig, dass die Verantwortung der Energie-Infrastrukturbehörde – für ein Vorhaben von gemeinsamem Interesse oder für eine bestimmte Kategorie von Vorhaben von gemeinsamem Interesse – einer anderen Behörde übertragen wird und/oder dass die damit zusammenhängenden Aufgaben von einer anderen Behörde wahrgenommen werden.

 

Der Ausschuss für Wirtschaft und Industrie hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 09. Juni 2015 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Mag. Josef Lettenbichler die Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Wolfgang Katzian, und MMMag. Dr. Axel Kassegger sowie der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft Dr. Reinhold Mitterlehner.

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf mit Stimmenmehrheit (dafür: S, V, dagegen: F, G, N; nicht anwesend: T) beschlossen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Wirtschaft und Industrie somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (626 der Beilagen) die verfassungs­mäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2015 06 09

                         Mag. Josef Lettenbichler                                                          Peter Haubner

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann