Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Hauptgesichtspunkte des Entwurfes:

Der vorliegende Entwurf dient der Umsetzung der geänderten Vorgaben für die Information der Öffentlichkeit betreffend Sicherheitsmaßnahmen und das Verhalten bei schweren Unfällen, die aufgrund der Änderung der Richtlinie 96/82/EU („Seveso II-Richtlinie) durch die Richtlinie 2012/18/EU zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG („Seveso III-Richtlinie“, ABl. der EU Nr. L 197 vom 24. 7. 2012, S. 1) hinsichtlich bestimmter Arten von Betrieben, bei denen gewisse gefährliche Stoffe vorhanden sind, erforderlich geworden ist. Hinsichtlich der Information der Öffentlichkeit soll es durch die Richtlinie 2012/18/EU nach Ansicht der Europäischen Kommission zu einer Verbesserung des Umfangs und der Qualität der Informationen kommen, sowie die Art der Sammlung, Verwaltung, Verfügbarkeit, Aktualisierung und Weitergabe von Informationen effizienter und straffer gestaltet werden. Insbesondere liegt ein Schwergewicht auf dem Zugänglichmachen der entsprechenden Information im Internet.

Darüber hinaus sind vor dem Hintergrund des Übereinkommens von Aarhus über den Zugang zu Informationen, Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (Aarhus-Konvention) und der darin enthaltenen Bestimmungen über den Zugang zu Informationen über die Umwelt und über den Zugang zu Gerichten (Art. 4 und 9) sowie der Feststellungen und Empfehlungen des Aarhus-Einhaltungsausschusses wegen nicht vollständiger Umsetzung der Aarhus-Konvention in Bezug auf das Umweltinformationsgesetz – UIG die Bestimmungen über den Rechtsschutz im Umweltinformationsgesetz entsprechend anzupassen.

Kompetenzgrundlage:

Das im Entwurf vorliegende Bundesgesetz stützt sich auf die Kompetenzbestimmung des Art. 10 Abs. 1 Z 8 (Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie), Z 9 (Verkehrs­wesen), Z 10 (Bergwesen, Wasserrecht) und Z 12 (Abfallwirtschaft) B-VG.

Besonderer Teil

Allgemeines:

Am 24. Juli 2012 ist die Richtlinie 2012/18/EU zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates im Amtsblatt der EU veröffentlicht worden („Seveso III-Richtlinie“, ABl. der EU Nr. L 197 vom 24. 7. 2012, S 1). Die Mitgliedstaaten haben die Richtlinie bis 31. Mai 2015 umzusetzen (Art. 31 Abs. 1).

Die geltende Seveso II-Richtlinie, die rund 10000 Betriebe in der Europäischen Union erfasst (in Österreich etwa 160), hat nach der Einschätzung der Europäischen Kommission die Wahrscheinlichkeit von Chemieunfällen und deren Folgen maßgeblich verringert. Hauptgrund für die Neuerlassung ist, dass es Änderungen am EU-System zur Einstufung gefährlicher Stoffe gegeben hat, auf das sich die Richtlinie bezieht (CLP-Verordnung (EG) Nr. 1272/2008). Mit der Neuerlassung soll weiterhin sichergestellt werden, dass die bestehenden hohen Schutzniveaus beibehalten und wenn möglich weiter verbessert werden.

Der Geltungsbereich der Seveso III-RL richtet sich nach dem möglichen Vorhand­en­sein bestimmter gefährlicher Stoffe in bestimmten Mengen in einem Betrieb.

Die Richtlinie geht von einem zweistufigen Konzept aus: Betriebe mit niedrigeren Mengen­schwellen – Betriebe der unteren Klasse – haben bestimmten Grundanforderungen zu entsprechen: sie müssen bestimmten Meldepflichten nachkommen und ein „Konzept zur Verhütung schwerer Unfälle“ erstellen. Betriebe in denen größere Mengen gefährlicher Stoffe vorhanden sind und von denen ein höheres Gefährdungspotential ausgeht – Betriebe der oberen Klasse – müssen zusätzlich ein umfangreiches Sicherheitsmanagement­system umsetzen.

Seveso-Betriebe sind spätestens innerhalb eines Jahres (Betriebe der oberen Klasse) bzw. alle drei Jahre (Betriebe der unteren Klasse) von den Behörden zu inspizieren.

Die Richtlinie soll laut Europäischer Kommission stärker in Einklang mit dem UNECE Übereinkommen von Aarhus über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten stehen.

Im Zusammenhang mit der Novelle des Umweltinformationsgesetzes wird an dieser Stelle vor allem auf Erwägungsgrund 19 der RL 2012/18/EU hingewiesen. Dieser hält zum Thema „Umweltinformation (Information der Öffentlichkeit)“ Folgendes fest:

„Zur Förderung des Zugangs zu Umweltinformationen gemäß dem Übereinkommen der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten („Übereinkommen von Aarhus“), das durch den Beschluss 2005/370/EG des Rates vom 17. Februar 2005 über den Abschluss des Übereinkommens über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten im Namen der Europäischen Gemeinschaft genehmigt wurde, sollten der Umfang und die Qualität der Informationen für die Öffentlichkeit verbessert werden. Insbesondere sollten Personen, die bei einem schweren Unfall wahrscheinlich betroffen wären, ausreichende Informationen über die richtigen, im Fall eines Unfalls zu ergreifenden Maßnahmen erhalten. Die Mitgliedstaaten sollten Informationen darüber zugänglich machen, wo Informationen über die Rechte von Personen zu finden sind, die von einem schweren Unfall betroffen sind. Die der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellten Informationen sollten klar und verständlich formuliert sein. Neben der aktiven Bereitstellung von Informationen, ohne dass ein Antrag gestellt werden muss und ohne dass dadurch andere Formen der Verbreitung ausgeschlossen sind, sollten die Informationen auch dauerhaft und auf dem neuesten Stand elektronisch zur Verfügung stehen. Gleichzeitig sollte es angemessene Sicherungsmaßnahmen zur Wahrung der Vertraulichkeit geben, u. a. um sicherheitsrelevante Bedenken auszuräumen.“

Durch die Anpassung an die Seveso III-Richtlinie wird sich in Österreich der Kreis der Anlageninhaber, die eine Information für die Öffentlichkeit betreffend Sicherheitsmaßnahmen und das Verhalten bei schweren Unfällen zu erstellen haben, nicht wesentlich ändern, da in Österreich schon bisher die Störfallinformation auch für Seveso-Betriebe der unteren Klasse (bisher: Schwelle-1-Betriebe) zu erstellen war (§ 14 Abs. 2 UIG in Verbindung mit § 2 Störfallinformationsverordnung, BGBl. Nr. 391/1994 in der Fassung BGBl. II Nr. 498/2004).

Zu Z 1 und 2 (§ 5):

Im Hinblick auf die in § 8 Abs. 1 nunmehr vorgesehene Automatik der Bescheiderlassung bei Ablehnung der Informationsübermittlung durch die informationspflichtige Stelle und die damit in Zusammenhang stehende enge Frist von maximal zwei Monaten ab Einlangen des Informationsbegehrens, ist sicherzustellen, dass den informationspflichtigen Stellen die Entscheidungsfrist von einem bzw. zwei Monaten auch tatsächlich zur Verfügung steht. Abs. 1 stellt daher klar, dass im Falle der Notwendigkeit der Präzisierung des Begehrens durch den Informationssuchenden die Frist zur Erlassung eines allfälligen Bescheides erst mit dem Tag des Einlangens dieses präzisierten Antrags zu laufen beginnt. Dies erhellt schon angesichts der bestehenden Regelung in Abs. 1, dass für den Fall, dass aus einem angebrachten Begehren der Inhalt oder der Umfang der gewünschten Mitteilung nicht ausreichend klar hervorgeht, dem Informationssuchenden binnen zwei Wochen eine schriftliche Präzisierung aufzutragen ist und er dabei zu unterstützen ist. Würde diese Dauer der Präzisierung des Begehrens in die Frist zur Bescheiderlassung eingerechnet werden, liefen die informationspflichtigen Stellen Gefahr, nur aus diesem Grund und daher unverschuldet säumig zu werden, was dem Wesen der Säumigkeit von Verwaltungsbehörden jedoch widerspricht.

Ebenso aus Gründen der Bescheidautomatik in § 8 Abs. 1 hat Abs. 7 zu entfallen, da aufgrund des nunmehr einstufigen Verfahrens die Informationssuchenden nicht mehr auf die Möglichkeit der Bescheidbeantragung hingewiesen werden müssen, da für den Fall der Nichtmitteilung jedenfalls ein Bescheid zu erlassen ist.

Zu Z 3 (§ 6 Abs. 2):

Mit der Aufnahme der internationalen Beziehungen in die Bestimmung des Abs. 2 Z 1 wird dem Umstand Rechnung getragen, dass diese Beziehungen schützenswert sind. Es wird damit – wie bei sämtlichen anderen Ablehnungsgründen des Abs. 2 – von einer Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Art. 4 Abs. 2 lit. b der Richtlinie 2003/4/EG über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313/EWG des Rates, ABl. 2003 L 41/26, vorsieht und deren Wahl den Mitgliedstaaten überlässt. Darin sind auch Beziehungen zu internationalen Organisationen wie etwa die UN, die WTO, die WHO oder auch zur Europäischen Union zu verstehen. Dass diese Beziehungen nur solche zu Völkerrechtssubjekten und nicht solche zu ausländischen Unternehmen oder einer sonstigen Privatperson sein können, ist selbstverständlich. Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass auch für diesen Ausnahmegrund die Abwägungsregel des Abs. 4 zum Tragen kommt, wonach diese Gründe eng auszulegen sind und im Einzelfall das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe der Umweltinformationen zu berücksichtigen ist.

Zu Z 4 (§ 8 Abs. 1):

Die in Abs. 1 vorgeschlagene Reduzierung der maximal zulässigen Frist zur Bescheiderlassung von derzeit sechs Monaten (vgl. § 73 Abs. 1 AVG) auf nunmehr zwei Monate resultiert aus dem Verfahren der Republik Österreich als Vertragspartei vor dem Aarhus-Einhaltungsausschuss, der festgestellt hat, dass die betroffene Vertragspartei, indem sie kein rechtzeitiges Überprüfungsverfahren für Anträge auf Informationen gewährleistet, mit Art. 9 (4) der Konvention nicht vereinbar ist (ACCC/C/2010/48 betreffend Österreich, ECE/MP.PP/C.1/2012/4).

Der Aarhus-Einhaltungsausschuss gab daher zu diesem Punkt die Empfehlung ab, die notwendigen Maßnahmen zu erlassen, um zu gewährleisten, dass die verfügbaren Überprüfungsverfahren für Personen, welche der Ansicht sind, dass ihre Anträge auf Information gemäß Art. 4 (der Konvention) nicht behandelt, zu Unrecht abgelehnt oder unzureichend beantwortet wurden, oder auf andere Weise nicht in Übereinstimmung mit den Bestimmungen des Artikels behandelt wurden, zügig und prompt sind.

Wenn auch § 73 Abs. 1 AVG normiert, dass über Anträge von Parteien ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen der Bescheid zu erlassen ist und dies lediglich eine Maximalfrist und nicht den Normalfall darstellt, ist dennoch im Lichte der Bestimmungen der Aarhus-Konvention sicherzustellen, dass diese Frist zur Bescheiderlassung einen Zeitraum von maximal zwei Monaten nicht übersteigen darf.

Der zweiten Feststellung des Aarhus-Einhaltungsausschusses dahingehend, dass das Verfahren betreffend die Ablehnung des Antrags auf Information für den Antragsteller vereinfacht werde, als man sämtlichen schriftlichen Ablehnungen eines Antrags auf Informationen den Rechtsstatus einer „offiziellen Mitteilung“ geben solle, gegen die in der Folge ein Rechtsmittel erhoben werden können solle, ist mit der nunmehrigen Fassung des § 8 Abs. 1 ebenso nachgekommen worden. Für den Fall, dass eine informationspflichtige Stelle die verlangten Umweltinformationen nicht oder nicht im begehrten Umfang mitteilt, hat diese betreffend den ablehnenden Teil einen Bescheid zu erlassen. Das Informationsbegehren ist in diesem Fall als Antrag auf Bescheiderlassung im Verweigerungsfall zu verstehen.

Zu Z 5 (§ 12):

Anpassung an die neue Terminologie der Seveso III-Richtlinie. „Störfall“ wird durch „schwerer Unfall“ ersetzt.

Zu Z 6 (§ 14, § 15 Abs. 1 Z 3):

Anpassung an die neue Terminologie der Seveso III-Richtlinie.

Zu Z 7 (§ 14 Abs. 1 und 1a):

Neben Anpassungen an die in der Seveso III-Richtlinie verwendete Terminologie entfällt hier die Ausnahme für Betriebe, die der Gewerbeordnung 1994 unterliegen. Es hat bisher eine Doppelregelung in § 13 Industrieunfallverordnung (IUV), BGBl. II Nr. 354/2002 idF BGBl. II Nr. 14/2010, und in der Störfallinformationsverordnung existiert, die nunmehr in Abstimmung mit dem BMWFW entfallen soll. Regelungen zum Bereich „Information über das Verhalten bei schweren Unfällen“ sollen sich nur mehr im Umweltinformationsgesetz und der Störfallinformationsverordnung finden, zumal der Kreis der betroffenen Anlagen über die von der Gewerbeordnung erfassten hinausgeht. In Zusammenhang mit § 2 Z 1 der Störfallinformationsverordnung (in der Form der geplanten Novellierung 2015) ergibt sich, dass sich die Informationspflicht für gewerbliche Betriebsanlagen nach wie vor ausschließlich auf dem 8a. Abschnitt der Gewerbeordnung 1994 unterliegende Betriebe erstreckt.

Die Definition in Abs. 1a wird an jene des Art. 3 Nummer 13 der RL 2012/18/EU angepasst. Wie schon bisher wird nicht auf das Vorhandensein gefährlicher Stoffe abgestellt, da wie nach der geltenden Rechtslage im Bereich der Störfallinformation auch weiterhin andere Anlagen mit vergleichbarem Gefahrenpotential erfasst sein sollen.

Zu Z 8 (§ 14 Abs. 3 und 4):

Anpassung an die neue Terminologie der Seveso III-Richtlinie.

Die Systematik des Abs. 3 stellt sich dar wie folgt: In Z 1 sind jene Angaben enthalten, die die Information der Öffentlichkeit hinsichtlich aller informationspflichtigen Anlagen enthalten muss, wobei die lit. b und der zweite Satz der lit. d nur für „Seveso-Betriebe“ gelten. Z 2 gilt nur für Betriebe der oberen Klasse im Sinne der Seveso III-Richtlinie.

Teilweise neu ist § 14 Abs. 3 Z 1 lit. c, welcher Anhang V Teil 1 Z 2 der RL 2012/18/EU entspricht (siehe auch § 13 Abs. 1 Z 3 IUV).

Die übrigen literae des vorgeschlagenen § 14 Abs. 3 entsprechen im Wesentlichen dem geltenden § 14 Abs. 3, teilweise sogar wortgleich (§ 14 Abs. 3 Z 1 lit. c entspricht § 14 Abs. 3 Z 3 alt).

§ 14 Abs. 3 Z 2 greift großteils wörtlich die Vorgaben des Anhangs V Teil 2 der RL 2012/18/EU auf. In lit. a wurde ein Einschub in Gedankenstrichen aufgenommen, der nochmals die schon in der Definition von „schwerer Unfall“ enthaltene Betonung der möglichen Außenwirkung eines Unfalls (Art. 3 Nummer 13 „… innerhalb oder außerhalb des Betriebs zu einer ernsten Gefahr für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt…“; siehe auch Anhang II Nummer 2 lit. d) der RL 2012/18/EU) explizit hinweist.

Neu gegenüber dem geltenden § 14 Abs. 3a ist neben terminologischen Anpassungen der letzte Satz, der entsprechend u.a. Anhang II Nummer 4 lit. a) ii) bei möglichen Domino-Effekten die Berücksichtigung auch von nicht unter die RL 2012/18/EU fallenden Betriebsstätten vorsieht.

Zu Z 9 (§ 14 Abs. 5 und 6):

Anpassung an die neue Terminologie der Seveso III-Richtlinie und formale Anpassungen (Entfall der Sechs-Monatsfrist).

Zu Z 10 (§ 17 Abs. 1):

Der Verweis auf die Verordnungsermächtigung für den BMLFUW muss, bedingt durch die Umnummerierung der Abs. 3a bis 5, nunmehr auf § 14 Abs. 6 erfolgen.