719 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

Bericht

des Justizausschusses

über die Regierungsvorlage (490 der Beilagen): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Föderativen Republik Brasilien über die Auslieferung

Im Verhältnis zu Brasilien findet der Auslieferungsverkehr derzeit auf der Grundlage der Gegenseitigkeit (§ 3 ARHG) statt, weil ein direkt anwendbares internationales Übereinkommen, das diese Materie regelt, im Verhältnis zu Brasilien nicht in Geltung steht. Diese Rechtsgrundlage entspricht mit Blick auf die Zunahme internationaler Reisebewegungen, die auch von den österreichischen Strafverfolgungsbehörden gesuchten Personen vermehrt Fluchtmöglichkeiten eröffnen, nicht mehr den Erfordernissen eines modernen Auslieferungsverkehrs.

Entsprechend der bereits von mehreren anderen EU-Mitgliedstaaten gewählten Vorgangsweise soll daher der Auslieferungsverkehr zwischen beiden Staaten auf eine vertragliche Grundlage gestellt und ein Abkommen in Kraft gesetzt werden, um die Durchführung von Auslieferungsverfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen. Gerade im Bereich der schweren Wirtschaftskriminalität und organisierten Kriminalität hat sich in den letzten Jahren gezeigt, dass die aufstrebenden Länder Lateinamerikas interessante Fluchtziele für beschuldigte und verurteilte Personen darstellen, um sich so dem österreichischen Strafverfahren und der Strafvollstreckung zu entziehen. Die Auslieferung von Personen, die Dank der guten polizeilichen Zusammenarbeit zwischen Österreich und Brasilien ausgeforscht werden können, soll durch das vorliegende Abkommen gesichert und wesentlich erleichtert werden. Umgekehrt soll auch für die Auslieferung von Personen, die von den Strafverfolgungsbehörden Brasiliens gesucht und in Österreich betreten werden, eine direkt anwendbare moderne Rechtsgrundlage geschaffen werden.

Neben der Schaffung einer Auslieferungsverpflichtung - auch für fiskalische Straftaten - sieht der Vertrag eine Reihe von Regelungen vor, die der Vereinfachung und Beschleunigung der Verfahren dienen: Neben der Eröffnung des direkten Verkehrs zwischen den Justizministerien und der Festschreibung des Interpolwegs für die Übermittlung von Ersuchen um Verhängung der vorläufigen Auslieferungshaft sieht der Vertrag die Nutzung moderner (elektronischer) Kommunikationsmittel, eine Abschaffung von Beglaubigungserfordernissen, eine klare Umschreibung und Reduktion vorzulegender Unterlagen, eine ausdrückliche Verpflichtung zur beschleunigten Abwicklung sowie eine Reihe von Fristen vor.

Das Abkommen orientiert sich inhaltlich weitgehend an der sogenannten „Mutterkonvention“, dem Europäischen Auslieferungsübereinkommen vom 13. Dezember 1957 (EuAlÜbk), ETS 024, BGBl. Nr. 320/1969, und nimmt ausdrücklich auf die Schutzstandards der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (EMRK), ETS 005, BGBl. Nr. 210/1958, Bezug.

Das Abkommen wird voraussichtlich keine finanziellen Auswirkungen haben. Allfällige Aufwendungen finden in den Ansätzen des zuständigen Ressorts ihre Bedeckung.

Der gegenständliche Staatsvertrag hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Charakter und bedarf daher gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG der Genehmigung durch den Nationalrat.

Der Staatsvertrag hat nicht politischen Charakter und ist der unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Rechtsbereich zugänglich, sodass eine Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG nicht erforderlich ist.

 

Eine Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG ist nicht erforderlich, da keine Angelegenheiten, die den selbständigen Wirkungsbereich der Länder betreffen, geregelt werden.

 

Der Staatsvertrag ist in deutscher und in portugiesischer Sprache abgefasst, wobei jeder Text gleichermaßen authentisch ist.

 

Der Justizausschuss hat den gegenständlichen Staatsvertrag in seiner Sitzung am 24. Juni 2015 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen des Berichterstatters Abgeordneten Dr. Harald Troch der Abgeordnete Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger sowie der Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter.

 

Bei der Abstimmung wurde einstimmig beschlossen, dem Nationalrat die Genehmigung des Abschlusses dieses Staatsvertrages zu empfehlen.

 

Der Justizausschuss vertritt weiters einstimmig die Auffassung, dass die Bestimmungen des Staatsvertrages zur unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Bereich ausreichend determiniert sind, sodass sich eine Beschlussfassung des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG zur Erfüllung des Staatsvertrages erübrigt.

 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Justizausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:

Der Abschluss des Staatsvertrages: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Föderativen Republik Brasilien über die Auslieferung (490 der Beilagen) wird gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG genehmigt.

Wien, 2015 06 24

                                Dr. Harald Troch                                                       Mag. Michaela Steinacker

                                   Berichterstatter                                                                            Obfrau