Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Das Übereinkommen über die Übertragung von Beiträgen auf den Einheitlichen Abwicklungsfonds und über die gemeinsame Nutzung dieser Beiträge hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Inhalt und bedarf daher der Genehmigung des Nationalrats gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG. Es hat nicht politischen Charakter. Es ist nicht erforderlich, eine allfällige unmittelbare Anwendung des Übereinkommens im innerstaatlichen Rechtsbereich durch einen Beschluss gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG, dass dieser Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist, auszuschließen. Da durch das Übereinkommen keine Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, bedarf es keiner Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG.

Bei der Tagung des ECOFIN-Rates am 18. Dezember 2013 haben die Finanzministerinnen und Finanzminister des Euro-Währungsgebietes beschlossen, bestimmte Elemente betreffend den Einheitlichen Abwicklungsfonds (Single Resolution Fund - SRF) auf Basis eines zwischenstaatlichen Übereinkommens zu regeln. Diese Vorgangsweise wurde gewählt, nachdem mehrere Mitgliedstaaten Zweifel an der Vereinbarkeit eines solchen Fonds mit dem geltenden EU-Primärrecht geäußert haben und daher keine ausreichende Unterstützung für den ursprünglichen Vorschlag der Europäischen Kommission für Verordnung (EU) Nr. 806/2014 zur Festlegung einheitlicher Vorschriften und eines einheitlichen Verfahrens für die Abwicklung von Kreditinstituten und bestimmten Wertpapierfirmen im Rahmen eines einheitlichen Abwicklungsmechanismus und eines einheitlichen Abwicklungsfonds sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 ABl. Nr. L225 von 30.07.2014 S. 1 („SRM-VO“) gegeben war. Nachdem diese relevanten Elemente aus der SRM-VO herausgelöst und in dem vorliegenden Übereinkommen determiniert wurden, konnte am 15. Juli 2014 eine Einigung über die SRM-VO erzielt werden. Parallel zu den Verhandlungen der SRM-VO wurde das vorliegende Übereinkommen verhandelt, das am 21. Mai 2014 von 26 EU-Mitgliedstaaten unterzeichnet wurde.

Besonderer Teil

Zu Art. 1

Das Übereinkommen gilt für diejenigen Vertragsparteien, deren Institute der SRM-VO unterliegen.

Gemäß Art. 1 verpflichten sich die Vertragsparteien, die gemäß SRM-VO ex ante einzuhebenden Beiträge an den Einheitlichen Abwicklungsfonds zu übertragen. Während der Übergangsphase, die spätestens acht Jahre nach Inkrafttreten des Abkommens endet, werden diese Beiträge nationalen Kammern zugewiesen.

Zu Art. 2

Art. 2 legt das Verhältnis zum Unionsrecht dar. Das Übereinkommen steht im Einklang mit den Rechtsvorschriften der EU und es lässt die Befugnisse der Union auf dem Gebiet des Binnenmarktes unberührt. Die entsprechenden in der SRM-VO festgelegten Begriffsbestimmungen gelten.

Zu Art. 3

In Art. 3 wird die Übertragung der Beiträge näher geregelt. Die Übertragung, die bis zum 30.6. jedes Jahres zu erfolgen hat, erfolgt unwiderruflich und zu den in Art. 4 - 10 festgelegten Bedingungen. Die erste Übertragung an den SRF erfolgt bis zum 30.6.2016 bzw. 6 Monate nach dem Inkrafttreten des Übereinkommens.

Beiträge, die im Jahr 2015 gemäß der Richtlinie 2014/59/EU zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinie 82/891/EWG des Rates, der Richtlinie 2001/24/EG, 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/EG, 2011/35/EU, 2012/30/EU und 2013/36/EU sowie der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlamentes und des Rates, ABl. Nr. L 173 vom 12.06.2014 S. 190 („BRRD-RL“) erhoben wurden, sind bis zum 31.1.2016 zu übertragen bzw. einem Monat nach Inkrafttreten des Übereinkommens, wobei etwaige 2015 erfolgten nationalen Finanzierungen von Abwicklungsmaßnahmen in bestimmtem Maße Berücksichtigung erlangen.

Etwaige vom Abwicklungsausschuss eingeforderte ex post-Beiträge müssen unverzüglich übertragen werden.

Zu Art. 4

Die ex ante eingehobenen Beiträge werden im Übergangszeitraum nationalen Kammern zugewiesen. Die Größe der Kammer entspricht der Summe der Beitragsleistungen der Institute, die in einem Hoheitsgebiet zugelassen sind. Die Beitragsleistung eines Instituts ergibt sich aus der SRM-VO sowie dem entsprechenden delegierten Rechtsakt und der Durchführungsverordnung. Der Ausschuss hat für Informationszwecke eine Liste mit der Größe der Kammern zu erstellen, die jährlich aktualisiert wird.

Zu Art. 5

In Art. 5 wird im Detail die Funktionsweise der Kammern geregelt.

In Abs. 1 wird die Vorgangsweise erläutert, wenn der Ausschuss gemäß SRM-VO einen Rückgriff auf Mittel des SRF beschließt. So werden zunächst die Kosten von den Kammern getragen, die den Vertragspartnern entsprechen, die in der Abwicklung eines Instituts bzw. einer Gruppe involviert sind. Im Falle einer Abwicklung einer Gruppe werden die Kosten proportional zu den relativen Beitragsleistungen auf die betroffenen Kammern aufgeteilt.

Der Prozentsatz der Kostentragung durch die betroffenen Kammern reduziert sich in der Übergangsphase kontinuierlich. Im ersten Jahr des Übergangszeitraumes wird auf 100% der Finanzmittel der betroffenen Kammern zurückgegriffen, im zweiten und dritten Jahr auf 60% bzw. 40%, in den verbleibenden Jahren reduziert sich der Zugriff um jährlich 6 ²/³ Prozentpunkte.

Falls diese Finanzmittel nicht ausreichend sind, um dem Finanzierungserfordernis zu entsprechen, ist der Ausschuss gemäß lit. b befugt, auf die Kammern aller anderen Vertragsparteien zuzugreifen. Im ersten Jahr des Übergangzeitraumes stehen 40%, im zweiten 60% der Finanzmittel der Kammern zur Verfügung. Danach erhöht sich die Verfügbarkeit um jährlich 6 ²/³ Prozentpunkte.

Falls auch mit diesen Finanzmitteln der Finanzierungsbedarf nicht gedeckt werden kann, ist gemäß lit. c auf die verbliebenen Finanzmittel der vom Abwicklungsfall unmittelbar betroffenen Kammern zurückzugreifen. Ist dies immer noch unzureichend, haben gemäß lit. d die Institute, die in dem Hoheitsgebiet der betroffenen Vertragsparteien zugelassen sind, ex post-Beiträge gemäß SRM-VO zu leisten. Falls diese nicht unmittelbar zugänglich sind, ist der Ausschuss gemäß lit. e berechtigt, Darlehen aufzunehmen oder andere Formen der Unterstützung einzugehen. Die ex post Beiträge sind dann für die entsprechende Rückzahlung zu verwenden.

Abs. 2 regelt, dass Erträge, die aus der Veranlagung des SRF stammen, anteilig den Kammern zuzuordnen sind.

Nach Ende des achtjährigen Übergangszeitraumes verschmelzen die Kammern ineinander und hören auf zu bestehen.

Zu Art. 6

In Art. 6 sind die Maßnahmen zur Wiederauffüllung des SRF geregelt. Konkret haben die Institute erhöhte ex ante Zahlungen zu entrichten, wobei im Übergangszeitraum die Kammernzuteilung zu berücksichtigen ist.

Zu Art. 7

Gemäß Art. 7 besteht die Möglichkeit, dass im Übergangszeitraum die betroffenen Vertragsparteien den Ausschuss um eine vorübergehende Nutzung der nicht verwendeten Finanzmittel der anderen Kammern ersuchen. Die Übertragung erfolgt anteilig, wobei es max. 50% der Mittel sein dürfen, die nicht für die gemeinsame Nutzung zur Verfügung stehen. Der Ausschuss bestimmt mit einfacher Mehrheit über Ausmaß und Konditionen über die vorübergehende Nutzung, wobei die Vertragsparteien innerhalb von vier Tagen einen Einwand erheben können. Dieses Recht auf begründeten Einwand kann nur unter bestimmten Bedingungen ausgeübt werden, wenn beispielsweise mit eigenem Bedarf in näherer Zukunft gerechnet wird oder Zweifel an der Rückzahlbarkeit bestehen.

Im Abs. 5 wird weiters die Vorgangsweise geregelt, wenn eine Vertragspartei, die gemäß diesem Artikel Mittel aus der eigenen Kammer übertragen hat, nun selbst Bedarf hat. In diesem Fall muss die empfangende Vertragspartei diesen Betrag wieder zurück übertragen.

Zu Art. 8

Dieser Artikel regelt die Vorgangsweise für einen späteren Beitritt zum SRM, sei es durch Einführung des Euro oder der Vereinbarung einer engeren Kooperation mit der Europäischen Zentralbank im Rahmen des Einheitlichen Aufsichtssystems. Dies hat automatisch eine Teilnahme am Abwicklungsmechanismus zur Folge. Art. 8 legt nun fest, welchen Beitrag diese Mitgliedstaaten in den SRF zu übertragen haben. Ebenfalls wird klar dargelegt, dass Abwicklungsmaßnahmen vor dem Zeitpunkt der Aufnahme nicht vom SRF finanziert werden.

Zu Art. 9

In Art. 9 werden die grundlegenden Prinzipien und Ziele der Abwicklung, wie sie bereits in der SRM-VO definiert worden sind, wiederholt. Im Abs. 2 wird festgehalten, dass eine Vertragspartei die Möglichkeit hat, den Gerichtshof anzurufen, wenn die SRM-VO in einem der grundlegenden Aspekte gegen den Willen der Vertragspartei abgeändert wird.

Zu Art. 10

Art. 10 hält fest, dass die Vertragsparteien für die Einhaltung der Bestimmungen des Übereinkommens Sorge zu tragen haben. Der Ausschuss ist befugt, aus eigener Initiative zu prüfen, ob diese Bestimmungen erfüllt werden. Ist dies nicht der Fall und reagiert die Vertragspartei nicht auf entsprechende Feststellung des Ausschusses, so verliert diese Vertragspartei das Recht auf Übertragung der Mittel aus anderen Kammern gemäß Art. 5.

Zu Art. 11

Dieser Artikel legt dar, dass das Übereinkommen gemäß den jeweiligen verfassungsrechtlichen Anforderungen der Mitgliedstaaten zu ratifizieren, genehmigen oder anzunehmen ist. Ist das Quorum von 90% der gewogenen Stimmen der am SRM teilnehmenden Mitgliedstaaten für die Ratifikation erfüllt, tritt das Übereinkommen am ersten Tag des zweiten Monats danach in Kraft.

Zu Art. 12

Dieser Artikel regelt, ab wann das Übereinkommen anzuwenden ist (frühestens 1.1.2016). Das Übereinkommen findet keine Anwendung auf Vertragsparteien, die nicht an der Bankenunion teilnehmen.

Zu Art. 13

Art. 13 hält fest, dass Mitgliedstaaten, die keine Vertragsparteien sind, dem Übereinkommen beitreten können.

Zu Art. 14

Im Art. 14 wird die Vorgangsweise im Falle von Uneinigkeiten über die Einhaltung der Verpflichtungen des Übereinkommens geregelt. So kann eine Vertragspartei ihr Anliegen an den EuGH vorbringen, dessen Urteil bindend ist. Falls die Vertragspartei sich nicht an die vom EuGH auferlegten Verpflichtungen hält, so wird die gemäß Art. 5 vorgesehene Nutzung der Kammern der anderen Vertragsparteien ausgeschlossen.

Zu Art. 15

Im Falle von außervertraglichen Haftungen werden die entsprechenden Kosten aus dem EU-Haushalt beglichen. Art. 15 regelt nun die Ausgleichszahlungen für diejenigen Mitgliedsstaaten, die nicht am SRM teilnehmen. Diese Ausgleichszahlungen, die von der Kommission koordiniert werden, werden anteilig entsprechend dem nationalen BIP auf die Vertragsparteien aufgeteilt. Die Haftung jedes teilnehmenden Mitgliedstaates im Rahmen dieses Übereinkommens ist keine gesamtschuldnerische sondern eine getrennte und individuelle Haftung. Jeder teilnehmende Mitgliedstaat haftet nur für seinen Teil der Rückzahlungspflicht, wie er im Übereinkommen festgelegt ist.

Zu Art. 16

Innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten und danach im Abstand von 18 Monaten erfolgt eine Überprüfung der Durchführung. Der Ausschuss hat dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht über die Funktionsweise der gemeinsamen Nutzung des SRF vorzulegen. Abs. 2 legt dar, dass aufbauend auf den Erfahrungen und Bewertungen nach 10 Jahren spätestens die notwendigen Maßnahmen gesetzt werden, um den Inhalt des Übereinkommens in den Rechtsrahmen der Union aufzunehmen.