733 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

Bericht

des Justizausschusses

über den Antrag 781/A(E) der Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung einer von der Bundesregierung unabhängigen Bundesstaatsanwaltschaft

Die Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 19.  November 2014 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Unmittelbar nach Amtsantritt des neuen Bundesministers für Justiz Wolfgang Brandstetter wurde klar, dass aufgrund seiner früheren Tätigkeit als Strafverteidiger zukünftig zumindest eine formelle Interessenskollision bestehen könnte, da dem Minister mit seiner Bestellung eine Weisungsbefugnis in

Strafverfahren zukam, an denen er früher als Verteidiger mitwirkte. Im Jänner 2014 wurde deshalb ein Weisenrat eingesetzt, der in Fällen der Befangenheit des Ministers, bei Verfahren gegen oberste Organe der ordentlichen Gerichtsbarkeit sowie in Verfahren, in denen eine inhaltliche Weisung gemäß dem Staatsanwaltschaftsgesetz erteilt werden sollte, miteinbezogen werden sollte.

Gleichzeitig setzte der Minister eine Arbeitsgruppe zum Weisungsrecht ein, die sich mit der zukünftigen Ausgestaltung der Möglichkeit der ministeriellen Weisungen an die Staatsanwaltschaften befassen sollte.

Im Oktober 2014 kam die Arbeitsgruppe zum Schluss, dass der provisorische Weisenrat bestehen bleiben und auf gesetzliche Basis gestellt werden soll. Laut Medienberichten soll das Gremium Weisungsbeirat heißen und sich aus drei Vertretern der Generalprokuratur zusammensetzen. Beiratschef wäre demnach der Leiter der am Obersten Gerichtshof eingerichteten Generalprokuratur ("Hüterin des Rechts"), dessen beide dienstältesten Stellvertreter sollten das Gremium komplettieren. Chef der Generalprokuratur ist Werner Pleischl, früher Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien. Aktiv werden soll der Beirat immer dann, wenn der Minister die Erteilung einer Weisung an einen Staatsanwalt beabsichtigt, wenn der Beirat vom Minister um sein Einschreiten ersucht wird sowie in Verfahren gegen höchste Organe der Republik und in öffentlichkeitswirksamen Fällen.

Damit dürfte sich die Justiz für den einfachsten Weg entschieden haben. Im Grunde bleibt alles beim Alten. Der Justizminister ist auch weiterhin formell berechtigt, Weisungen zu erteilen. Die Weisungsabteilungen im Ministerium bleiben weiter für die Prüfung der Berichte der Staatsanwaltschaften zuständig. In der Praxis werden sie auch weiterhin über die Notwendigkeit einer Weisung befinden. Dem Weisungsbeirat mit seinen 3 Mitgliedern, die alle ja auch weiterhin den Aufgaben in der Generalprokuratur nachkommen müssen, wird es schon allein an den zeitlichen Ressourcen mangeln, eine umfassende Überprüfung der meist komplexen Sach- und Rechtslage vornehmen zu können. Es ist deshalb davon auszugehen, dass diese Arbeit auch weiterhin im Ministerium passieren wird und etwaige Weisungen auch dort vorbereitet werden. Die Generalprokuratur wird wohl auf Basis der Berichte aus dem Ministerium über die Notwendigkeit einer Weisung entscheiden.

Die Korruptionsskandale vornehmlich im Dunstkreis der schwarz/blauen Koalitionsregierung haben in den letzten Jahren das Vertrauen der BürgerInnen in Politik und Justiz massiv erschüttert. Der Umstand, dass die Bundesregierung über Weisungen die Strafverfolgung blockieren oder sogar einstellen kann, sorgt für Unverständnis und Unmut. Die Weisung ist zu einem Synonym für die Abhängigkeit der Justiz geworden. Dabei sind nicht nur die tatsächlichen Weisungen ein Problem. Immer wieder wird darauf hingewiesen, dass schon die bloße Möglichkeit einer Weisung geeignet sei, einen vorsauseilenden Gehorsam bei den Staatsanwaltschaften hervorzurufen. Immerhin entscheidet der Justizminister über den nächsten Karriereschritt der StaatsanwältInnen. Hier kommt hinzu, dass jene Fälle vom Weisungsbeirat gänzlich unberührt bleiben sollen, in denen die Staatsanwaltschaften etwa die Einstellung eines Verfahrens im Vorhabensbericht vorsehen und das Justizministerium sich diesem Vorhaben wohlwollend anschließt. Hier ist überhaupt keine Kontrolle durch den Weisungsbeirat vorgesehen.

Der vorgeschlagene Weisungsbeirat führt nur zu einer Scheinlösung des Problems. Er ist weder geeignet, das Vertrauen der Bevölkerung in die Justiz nachhaltig zu stärken, noch das Problem des vorauseilenden Gehorsams bei den StaatsanwältInnen in den Griff zu bekommen. Die inhaltliche Prüfung der Weisungsakten wird auch weiterhin im Vorzimmer des Ministers passieren. Allzu ambitionierte StaatsanwältInnen laufen wohl auch zukünftig Gefahr, auf der Karriereleiter ausgebremst zu werden.

Wirksame Kontrolle sieht jedenfalls anders aus. Sie braucht eine von der Regierung tatsächlich unabhängige Staatsanwaltschaft. Das lässt sich aber mit einem bloßen Weisungsbeirat nicht bewerkstelligen. Dazu braucht es eine von der Regierung vollkommen unabhängige Weisungsspitze. Die Grünen schlagen aus diesem Grund die Installierung eines Bundesstaatsanwaltes/einer Bundesstaatsanwältin vor. Diesem/Dieser soll das ausschließliche Recht zukommen, Vorhabensberichte der Staatsanwaltschaften zu genehmigen und staatsanwaltschaftliche Weisungen auszusprechen. Dazu wird es auch notwendig sein, die tatsächliche sachliche und rechtliche Überprüfung von konkreten Verfahren zukünftig bei der Bundesstaatsanwaltschaft zu verorten. Hier erscheint die Auflösung der Weisungsabteilungen im Justizministerium und ihre Überführung in die Bundesstaatanwaltschaft sinnvoll. Der Bundesstaatsanwalt/Die Bundesstaatsanwältin soll vom Nationalrat bestellt werden, von der Regierung unabhängig sein und ausschließlich dem Parlament verantwortlich sein. Dem Parlament soll ein nachprüfendes Kontrollrecht über die Tätigkeit des Bundesstaatsanwaltes/der Bundesstaatsanwältin zukommen. In einem eigenen Justizunterausschuss sollen insbesondere strittige Verfahrenseinstellungen durch die Staatsanwaltschaften überprüft werden. Der/Die Bundesstaatsanwältin hat dazu dem Parlament Rede und Antwort zu stehen.“

 

Der Justizausschuss hat den gegenständlichen Initiativantrag erstmals in seiner Sitzung am 11. Februar 2014 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser der Abgeordnete Mag. Friedrich Ofenauer sowie der Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter.

 

Der Justizausschuss hat den Initiativantrag erneut in seiner Sitzung am 30. Juni 2015 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim, Mag. Philipp Schrangl, Mag. Albert Steinhauser, Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich, Dr. Nikolaus Scherak, Mag. Friedrich Ofenauer und Dr. Gabriela Moser sowie der Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter.

 

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit (für den Antrag: G, N, dagegen: S, V, F, T).

 

Zum Berichterstatter für den Nationalrat wurde Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Justizausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2015 06 30

                            Dr. Johannes Jarolim                                                  Mag. Michaela Steinacker

                                   Berichterstatter                                                                            Obfrau