741 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

Bericht

des Gesundheitsausschusses

über den Antrag 859/A(E) der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend diskriminierungsfreie Blutspende

Die Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 21. Jänner 2015 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„In der Blutspenderverordnung des Bundesministeriums für Gesundheit heißt es in § 5:

‚§ 5. (1) Folgende Personen sind nach Maßgabe der Abs. 2 bis 4 von der Gewinnung von Blut oder Blutbestandteilen dauernd auszuschließen:

(...)

3. Personen, bei denen einer der angeführten Risikofaktoren oder eine der angeführten Infektionen oder Krankheiten anamnestisch festgestellt wird:

(...)

s) dauerndes Risikoverhalten für eine Infektion mit sexuell übertragbaren Krankheiten, insbesondere mit HIV und HBV, (...)‘

Aufgrund dieser Bestimmung ist es derzeit Praxis, potentielle männliche Spender im Rahmen eines Fragebogens mit Fragen, die die sexuelle Orientierung betreffen, zu konfrontieren. Die Gleichsetzung von Sex unter Männern und damit auch von Homosexualität, mit einem dauernden Risikoverhalten, ist jedoch abzulehnen. Die Volksanwaltschaft hat bereits in ihrem Bericht aus dem Jahre 2010 (S.284) moniert, dass sich daraus kein zwingender Ausschluss von homosexuellen Männern ableiten ließe.

Das Gesundheitsministerium orientiert sich hier scheinbar an den Richtlinien der EU und an internationalen Entwicklungen. Die gegenwärtige Regelung in Österreich ist aus diesem Grund vor allem auf die Direktive der Kommission 2004/33/EC (http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2004:091:0025:0039:EN:PDF) zurückzuführen, in der eine ähnliche Formulierung wie in Österreich gewählt wurde, in der geregelt wird, dass Personen auszuschließen sind, ‚[...] whose sexual behaviour puts them at high risk of acquiring severe infectious diseases that can be transmitted by blood.‘ (Annex III, Point 2.1)

In der letzten Legislaturperiode wurde von BM Alois Stöger zwar eine diesbezügliche Neufassung der Blutspenderverordnung in Aussicht gestellt (siehe 5879/AB; XXIV.GP), eine tatsächliche Überarbeitung fand bislang aber nicht statt.

In den USA gibt es bei diesem Thema bereits große Bewegung: So hat die FDA angekündigt, die Regelung dahingehend zu lockern, dass nur noch Männer auszuschließen sind, die in den letzten 12 Monaten Sex mit Männern hatten. Dadurch sind aber immer noch Männer, die regelmäßigen sexuellen Kontakt - etwa mit einem festen (eingetragenen) Partner - haben, ausgeschlossen. Wird diese Regelung in den USA umgesetzt, dann würde sich allerdings auch die EU daran orientieren. Es ist daher höchst an der Zeit, auch in Österreich eine angemessene, nicht diskriminierende Regelung betreffend Blutspenden zu ermöglichen. Es scheint in diesem Zusammenhang nötig zu sein, eine allgemeine europäische Lösung zu finden. Einige Länder (z.B. Spanien und Großbritannien) haben die Regelung bereits geöffnet und in vielen anderen wird über eine Öffnung bereits debattiert.

Dass es tatsächlich zu einem Überdenken des generellen Ausschlusses von Männern, die Sex mit Männern haben, kommen könnte, belegt auch ein Gut-achten eines Generalanwaltes des EuGH. Eine sexuelle Beziehung zwischen zwei Männern könne nicht als dauerhafter Ausschlussgrund angesehen wer-den. Ein dauerhafter Ausschluss sei nicht zulässig, da so Männer, die nur gelegentlich homosexuellen Verkehr haben, gegenüber heterosexuellen Personen, die regelmäßig ungeschützten Verkehr haben - und damit ein riskanteres Sexualverhalten haben - schlechter gestellt wären. Das einzige Kriterium dürfe deshalb nur das individuelle Risikoverhalten für eine HIV-Ansteckung sein. Auch wenn das EuGH-Urteil noch nicht gefallen ist, orientieren sich die Richter meist an den Gutachten, weshalb ein entsprechendes Urteil zu erwarten ist.

Im Sinne des Kampfes für Gleichberechtigung und Anti-Diskriminierung ist es eine Schande für die Politik, dass die wesentlichen Reformschritte in diesem Bereich von Höchstgerichten erzwungen werden mussten (z.B. Adoptionsrecht für homosexuelle Paare). Es wäre an der Zeit, dass die Politik den Mut zurückgewinnt, sich eigenständig für Gleichberechtigung und gegen Diskriminierungen stark zu machen, anstatt von Höchstgerichten stets dazu gezwungen zu werden.“

 

Der Gesundheitsausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 30. Juni 2015 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Mag. Gerald Loacker die Abgeordneten Dr. Eva Mückstein und Dr. Marcus Franz.

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag keine Mehrheit (für den Antrag: G, N, dagegen: S, V, F, T).

Zum Berichterstatter für den Nationalrat wurde Abgeordneter Dr. Marcus Franz gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2015 06 30

                               Dr. Marcus Franz                                             Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein

                                   Berichterstatter                                                                            Obfrau