Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Das Übereinkommen über die Beteiligung der Republik Kroatien am Europäischen Wirtschaftsraum samt Schlussakte ist gesetzändernd und gesetzesergänzend und bedarf daher der Genehmigung durch den Na-tionalrat gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG. Es hat nicht politischen Charakter. Es ist nicht erforderlich, eine allfällige unmittelbare Anwendung des Übereinkommens im innerstaatlichen Rechtsbereich durch einen Beschluss gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG, dass dieser Staatsvertrag durch die Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist, auszuschließen. Da durch das Übereinkommen keine Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, bedarf es keiner Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG.

Die Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Kroatien und die Anpassung des Vertrags über die Europäische Union, des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft (Bestandteil des Vertrags über den Beitritt der Republik Kroatien zur Europäischen Union, BGBl. III Nr. 171/2013), bestimmt in Art. 6 Abs. 5: „Kroatien verpflichtet sich, nach Maßgabe dieser Akte dem Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum gemäß Artikel 128 jenes Abkommens beizutreten.“ Dieser sieht wiederum vor, dass der EU beitretende Staaten beantragen, Vertragspartei des EWR-Abkommens (BGBl. Nr. 909/1993 idgF) zu werden.

Demgemäß muss Kroatien nach seinem Beitritt zur EU Vertragspartei des EWR-Abkommens werden. Die Bedingungen hierfür wurden von der Europäischen Kommission im Namen der EU und der Mitgliedstaaten mit Kroatien und den EWR/EFTA-Staaten Island, Liechtenstein und Norwegen ausgehandelt.

Im vorliegenden Übereinkommen über die Beteiligung der Republik Kroatien am Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Erweiterungsübereinkommen) ist festgelegt, welche Änderungen im Zusammenhang mit der EWR-Erweiterung an dem EWR-Abkommen vorgenommen werden. Der Großteil der Änderungen stammt aus dem Vertrag über den Beitritt der Republik Kroatien zur EU. Die Regelungen für die Anwendung des gemeinschaftlichen Besitzstands durch Kroatien nach dem Beitritt zur EU, z. B. die in den EU-Erweiterungsverhandlungen vereinbarten technischen Anpassungen und Übergangszeiten, werden aus der Beitrittsakte in das EWR-Abkommen übernommen.

Am 15. März 2013 wurden die Verhandlungen zur Erweiterung des EWR eröffnet. An ihnen nahmen die drei EWR/EFTA-Staaten Island, Liechtenstein und Norwegen sowie der nun neue Mitgliedstaat Kroatien teil. Auf EU-Seite wurden sie von der Europäischen Kommission im Namen der Europäischen Union und der Mitgliedstaaten auf Basis eines vom Rat der EU verabschiedeten Verhandlungsmandats geführt.

Die Verhandlungen dauerten wegen norwegischer Positionen zum EWR-Finanzierungsmechanismus und isländischer Forderungen im Fischereibereich länger als ursprünglich erwartet. Das Hauptanliegen der EU wie auch von Kroatien war die Gleichbehandlung mit den 2007 beigetretenen Ländern, insbesondere im Sinne einer anteilsmäßigen Berücksichtigung im EWR-Finanzierungsmechanismus, welcher für den Zeitraum 2009-2014 galt und zur Reduktion der wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten im EWR beitragen soll. Man einigte sich schließlich auf eine den Forderungen der EU entsprechende Erhöhung von 5 Mio. Euro im EWR-Mechanismus und 4,6 Mio. Euro im norwegischen Mechanismus.

Da das EWR-Abkommen die Fischerei nicht per se regelt, basiert der diesbezügliche Handel zwischen Island bzw. Norwegen und der EU zu einem erheblichen Teil auf bilateralen Freihandelsabkommen der beiden Staaten mit der EU. Die neuen Vereinbarungen ändern deshalb diese Freihandelsabkommen und sehen zusätzliche Quoten für Island und Norwegen vor.

Das Verhandlungsergebnis umfasst die folgenden Rechtsinstrumente:

Übereinkommen über die Beteiligung der Republik Kroatien am Europäischen Wirtschaftsraum – lediglich dieses Abkommen unterliegt als Gemischtes Abkommen gemäß seinem Art. 6 Abs. 1 der Ratifikation durch die EU-Mitgliedstaaten,

Zusatzprotokoll zum Abkommen zwischen dem Königreich Norwegen und der Europäischen Union über einen norwegischen Finanzierungsmechanismus für den Zeitraum 2009-2014 anlässlich der Beteiligung der Republik Kroatien am Europäischen Wirtschaftsraum,

Zusatzprotokoll zum Abkommen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und Island anlässlich des Beitritts der Republik Kroatien zur Europäischen Union und

Zusatzprotokoll zum Abkommen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und dem Königreich Norwegen anlässlich des Beitritts der Republik Kroatien zur Europäischen Union.

Gemäß Art. 1 Abs. 3 des Übereinkommens sind die Anhänge Bestandteil des Übereinkommens.

Das Übereinkommen ist in einer Urschrift in bulgarischer, dänischer, deutscher, englischer, estnischer, finnischer, französischer, griechischer, isländischer, italienischer, kroatischer, lettischer, litauischer, maltesischer, niederländischer, norwegischer, polnischer, portugiesischer, rumänischer, schwedischer, slowakischer, slowenischer, spanischer, tschechischer und ungarischer Sprache abgefasst, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist.

Besonderer Teil

Zur Präambel

Die Erwägungsgründe nehmen Bezug auf die Unterzeichnung des Vertrags über den Beitritt der Republik Kroatien zur EU am 9. Dezember 2011 in Brüssel und auf den gemäß Art. 128 EWR-Abkommen gestellten Antrag Kroatiens, Vertragspartei des EWR-Vertrages zu werden.

Zu Art. 1

Ab Inkrafttreten des Übereinkommens sind die Bestimmungen des EWR-Abkommens für die neue Vertragspartei Republik Kroatien unter den gleichen Bedingungen wie für die derzeitigen Vertragsparteien und unter den Bedingungen des vorlegenden Übereinkommens verbindlich.

Zu Art. 2

           1. Anpassung des Hauptteils des EWR-Abkommens:

Die Liste der Vertragsparteien wird in der Präambel um die Republik Kroatien ergänzt.

In Art. 2 wird die „Beitrittsakte vom 9. Dezember 2011“ ergänzt und im Sinne des EWR-Abkommens definiert. Buchstabe f – Beitrittsprotokoll vom 25. April 2005 über die Bedingungen und Einzelheiten der Aufnahme der Republik Bulgarien und Rumäniens in die Europäische Union – wird gestrichen.

In Art. 117 wird darauf verwiesen, dass die Bestimmungen über den Finanzierungsmechanismus in den Protokollen 38, 38a, 38b und in den Addenden zu den Protokollen 38a und 38b festgelegt werden.

In Art. 129 werden Unterabsätze in der Weise modifiziert, dass die Fassungen des EWR-Abkommens und der Wortlaut der Rechtsakte in der Sprache des neuen Beitrittslandes gleichermaßen verbindlich sind und im Amtsblatt der EU veröffentlicht werden.

           2. Anpassung der Protokolle zum EWR-Abkommen:

Protokoll 4 über die Ursprungsregeln wird so geändert, dass in den Anhängen IVa und IVb jeweils die kroatische Fassung eingefügt wird.

Dem Protokoll 38b wird ein Addendum über den EWR-Finanzierungsmechanismus für die Republik Kroatien angefügt:

Artikel 1 des Addendums zu Protokoll 38b besagt, dass dieses mit Einschränkungen entsprechend für die Republik Kroatien gilt. Verfügbare Mittel, die für Kroatien bestimmt waren und nicht gebunden wurden, werden anderen Empfängerstaaten nicht neu zugewiesen.

In Artikel 2 des Addendums zu Protokoll 38b wird der für die Republik Kroatien im Zeitraum vom 1. Juli 2013 bis zum 30. April 2014 vorgesehene zusätzliche finanzielle Beitrag auf 5 Mio. Euro festgelegt. Er soll ab Inkrafttreten des Übereinkommens oder eines Übereinkommens über die vorläufige Anwendung des Übereinkommens in einer einzigen Tranche zur Bindung bereitgestellt werden.

Protokoll 44 „Über Schutzmechanismen infolge der Erweiterungen des Europäischen Wirtschaftsraums“ erhält eine neue Fassung und regelt die Anwendung von Art. 112 des EWR-Abkommens und der Binnenmarkt-Schutzklausel mit Bezug auf bestimmte Schutzmechanismen der Beitrittsakten vom 16. April 2003, 25. April 2005 und 9. Dezember 2011.

Zu Art. 3

Dieser Artikel regelt, dass alle Änderungen, die mit der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Kroatien und die Anpassungen der die EU begründenden Verträge an den in das EWR-Abkommen aufgenommenen Rechtsakten der Organe der EU vorgenommen worden sind, in das EWR-Abkommen aufgenommen werden.

Zu diesem Zweck wird in den Anhängen und Protokollen zum EWR-Abkommen unter den Nummern, unter denen auf die betreffenden Rechtsakte der Gemeinschaftsorgane Bezug genommen wird, ein Hinweis auf die Beitrittsakte der Republik Kroatien vom 9. Dezember 2011 aufgenommen.

In Anhang A dieses Übereinkommens sind die Nummern der betreffenden Anhänge und Protokolle zum EWR-Abkommen aufgeführt.

Abs. 5 legt fest, dass vor Inkrafttreten dieses Übereinkommens erforderlich werdende, aber nicht im vorliegenden Übereinkommen vorgesehene Anpassungen von Rechtsakten, die Bestandteil des EWR-Abkommens sind, nach den im EWR-Abkommen festgelegten Verfahren vorgenommen werden.

Zu Art. 4

Dieser Artikel sieht vor, dass die in Anhang B dieses Abkommens genannten Regelungen der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Kroatien in das EWR-Abkommen aufgenommen werden.

Alle Änderungen, die sich mit der Akte über die Bedingungen des Beitritts Kroatiens ergeben, werden in das EWR-Abkommen aufgenommen.

Zu Art. 5

In diesem Artikel ist geregelt, dass jede Vertragspartei dieses Übereinkommens den Gemeinsamen EWR-Ausschuss mit Fragen zur Auslegung oder Durchführung dieses Übereinkommens befassen kann.

Zu Art. 6

Dieser Artikel regelt die Ratifizierung und das Inkrafttreten dieses Übereinkommens. Es muss von den Vertragsparteien und der neuen Vertragspartei Kroatien nach ihren eigenen Verfahren ratifiziert oder genehmigt werden. Die Ratifikations- bzw. Genehmigungsurkunden werden beim Generalsekretariat des Rates der EU hinterlegt.

Es tritt am selben Tag nach der Hinterlegung der letzten Ratifikations- bzw. Genehmigungsurkunde einer derzeitigen Vertragspartei oder der neuen Vertragspartei Kroatien in Kraft, sofern die hierin benannten Protokolle am selben Tag in Kraft treten.

Zu Art. 7

Dieses Übereinkommen ist in einer Urschrift in der jeweiligen Sprache der Vertragsparteien abgefasst, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist.

Es wird beim Generalsekretariat des Rates der EU hinterlegt. Die Regierungen der Vertragsparteien erhalten eine beglaubigte Abschrift.

Zur Schlussakte

Die Schlussakte enthält die förmliche Annahme der verhandelten Texte,

des Übereinkommens

der Texte der dem Übereinkommen beigefügten Anhänge A und B sowie

der sechs gemeinsamen Erklärungen:

zu einem frühzeitigen Inkrafttreten oder einer vorläufigen Anwendung des Übereinkommens über die Beteiligung der Republik Kroatien am Europäischen Wirtschaftsraum,

zum Tag des Ablaufs der Geltungsdauer der Übergangsregelungen,

zur Anwendung von Ursprungsregeln nach dem Inkrafttreten des Übereinkommens über die Beteiligung der Republik Kroatien am Europäischen Wirtschaftsraum,

zu der Liechtenstein betreffenden Sektoralen Anpassung im Bereich der Freizügigkeit,    

zu den in Protokoll 38b genannten Schwerpunktbereichen und

zu den finanziellen Beiträgen.

Der Schlussakte ist darüber hinaus folgende zur Kenntnis genommene Erklärung beigefügt:

Allgemeine Gemeinsame Erklärung der EFTA-Staaten:

Die EFTA-Staaten nehmen die der Schlussakte des Vertrags über den Beitritt der Republik Kroatien zur EU beigefügten Erklärungen, die für das EWR-Abkommen von Bedeutung sind, zur Kenntnis.

Außerdem sind der Schlussakte nachstehende, durch die Vertragsparteien zur Kenntnis genommene Zusatzprotokolle beigefügt:

Zusatzprotokoll zum Abkommen zwischen dem Königreich Norwegen und der Europäischen Union über den Norwegischen Finanzierungsmechanismus für den Zeitraum 2009 – 2014 anlässlich der Beteiligung der Republik Kroatien am Europäischen Wirtschaftsraum,

Zusatzprotokoll zum Abkommen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und Island aus Anlass des Beitritts der Republik Kroatien zur Europäischen Union,

Zusatzprotokoll zum Abkommen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und dem Königreich Norwegen aus Anlass des Beitritts der Republik Kroatien zur Europäischen Union.