818 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

Bericht

des Gesundheitsausschusses

über den Antrag 861/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Möglichkeit zur Zusammenlegung von Krankenversicherungen in Reform-Bundesländern

Die Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 21. Jänner 2015 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Die Organisationsstruktur der Sozialversicherungsträger auf Grundlage berufsständischer Merkmale entstammt einer Zeit, in der eine solche strikte Trennung der Berufsgruppen als angemessen wahrgenommen wurde. Die gegenwärtigen Wirtschaftsstrukturen und damit verbundenen Arbeitswelten stehen aber in einem krassen Widerspruch zu dieser Organisationslogik. Eine Individualisierung der Erwerbstätigkeitsformen führt immer weiter zu einem Verwischen der Grenzen zwischen klar selbstständigen und unselbstständigen Tätigkeiten. Auch flexibel nebeneinander ausgeübte Erwerbstätigkeiten sowohl selbstständiger als auch unselbstständiger Art führen zu Mehrfachversicherungen.

Der bürokratische Aufwand, der hinter solchen Mehrfachversicherungen steckt, ist nicht nur für das Sozialversicherungssystem, sondern insbesondere für die Mehrfachversicherten und betroffenen Unternehmen enorm und kann zu zusätzlichen - auch finanziellen - Belastungen aufgrund von Nachzahlungen durch GPLA-Prüfungen und damit verbundenen Umqualifizierungen führen, wenn für einen bereits versicherten Zeitraum nachträglich Beiträge an einen anderen Versicherungsträger bezahlt werden müssen. Auch in den verschiedenen Sozialversicherungsträgern fallen durch Beitragsrückzahlungen und Koordinationsbedarf mit anderen Sozialversicherungsträgern hohe Kosten an, etwa bei der mehrfachen Auszahlung von Transferleistungen an Versicherte.

Ein weiterer Gesichtspunkt, der aufzeigt, dass die bestehende Organisationsstruktur der Sozialversicherungsträger nicht mehr zeit- und sachgemäß ist, ist jener der unterschiedlichen Leistungserstattung der Sozialversicherungsträger an ihre Versicherten. Es ist nicht verständlich, weshalb verschiedene Berufsgruppen für dieselbe medizinische Behandlung unterschiedliche Beiträge und Selbstbehalte bezahlen und darüber hinaus dieselbe Leistung des behandelnden Arztes unterschiedlich vergütet wird. Im Sinne der Gerechtigkeit ist es weiweiters nicht erklärlich, weshalb eine Angleichung der Leistungen für alle Versicherten nicht auch ein Ziel der Sozialversicherungsträger selbst darstellt. Durch diese unterschiedlichen Leistungskataloge ergeben sich nicht nur Ungerechtigkeiten, sondern auch indirekte Kosten durch mehrfache Verhandlungsstrukturen in den Sozialversicherungen.

Dass ein einheitlicher Leistungskatalog z.B. auch im Zuge einer Zusammenlegung verschiedener Sozialversicherungsträger möglich ist, hat die Fusion der Pensionsversicherungsanstalten von Angestellten und Arbeitern gezeigt. Was bei dieser Fusion leider nicht in ausreichendem Maße geschah, waren entsprechende Anpassungen in der Organisationsstruktur, sodass in adäquatem Maße Personalstellen (und -kosten) eingespart worden wären. Die Gründe für die nicht erreichten Einsparungsmöglichkeiten sind aus dem Rechnungshof-Bericht (Reihe Bund 2007/8) ersichtlich: ‚Das angeführte Einsparungsziel in Höhe von 10% des Verwaltungs- und Verrechnungsaufwandes war betragsmäßig und hinsichtlich des Zeitrahmens ungenau definiert. Der aus dem kurzen Übergangszeitraum von einem Jahr resultierende Zeitdruck führte zu einer Reihe von Planungs- und Durchführungsmängeln.‘ Die Erfahrungen aus der Fusion dieser Pensionsversicherungsanstalten könnten für weitere Zusammenlegungen genutzt werden. Insbesondere auf längere Übergangsfristen und eine entsprechend flexiblere und ambitionierte Personalplanung wäre hierbei Augenmerk zu legen.

Die bereits genannten Gründe zeigen deutlich auf, dass die bestehende Organisationsstruktur mit 22 Sozialversicherungsträgern und 17 Krankenfürsorgeanstalten gemessen an der Größe der Republik Österreich vollkommen aufgebläht ist, und bei entsprechender Planung enorme finanzielle Einsparungen möglich wären. Auch im Sinne einer Verwaltungsreform und des Bürokratieabbaus sind Gedanken an eine Zusammenlegung nicht mehr von der Hand zu weisen. Bestehende Ungerechtigkeiten, sonstige anfallende Probleme der Organisationsstruktur und damit verbundene Koordination zwischen Sozialversicherungsträgern sowie mit Versicherten können wesentlich reduziert werden.

Kürzlich ließ Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner aufhorchen, als er den Vorschlag, alle Sozialversicherungen auf Landesebene zu bündeln, als prüfenswert bezeichnete. Eine übergangsmäßige Zusammenführung in einer Landesversicherung erscheint auch aus unserer Sicht sinnvoll, wobei in einem ersten Schritt vor allem die Krankenkassen in Frage kommen, da es in Form der Gebietskrankenkassen bereits bundeslandweite Strukturen gibt, auf deren Basis gearbeitet werden kann.

So könnte im Rahmen einer umfassenden Reform der Organisationsstruktur der Sozialversicherungsträger in einem ersten Schritt in einem Bundesland eine einheitliche Landeskrankenversicherung geschaffen werden. Die Erfahrungen aus einem solchen Pilotprojekt dienen in weiterer Folge dazu eine österreichweite Zusammenführung möglichst effizient zu gestalten. So lässt sich der Weg zu einem gemeinsamen österreichischen Krankenversicherungsträger beschreiten – inklusive der entsprechenden Einsparungen und Effizienzsteigerungen, die das System dringend braucht. Die Bundesregierung darf hier nicht im Weg von reformwilligen Bundesländern stehen und muss entsprechende Möglichkeiten bieten.“

 

Der Gesundheitsausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 01. Oktober 2015 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Mag. Gerald Loacker der Abgeordnete Walter Schopf.

 

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker Kolleginnen und Kollegen nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit (für den Antrag: F, G, N, T; dagegen: S, V).

 

Zum Berichterstatter für den Nationalrat wurde Abgeordneter Walter Schopf gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2015 10 01

                                  Walter Schopf                                                              Erwin Spindelberger

                                   Berichterstatter                                                                 Obfrau-Stellvertreter