Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Im Jahre 2011 wurde von der Europäischen Kommission (EK) ein Anpassungspaket (Alignmentpaket/NLF-Paket) vorgelegt, von dem 8 bereits bestehende Richtlinien für Produkte im harmonisierten Bereich inhaltlich an den Beschluss Nr. 768/2008/EG über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für die Vermarktung von Produkten und zur Aufhebung des Beschlusses 93/465/EWG des Rates, ABl. Nr. L 218 vom 13.08.2008 S. 82, angepasst worden sind (New legislative framework- Beschluss, NLF-Beschluss). Die überarbeiteten Richtlinien wurden im Frühjahr 2014 als Paket beschlossen und sind nun bis 19.04.2016 jeweils in nationales Recht umzusetzen.

Der Beschluss Nr. 768/2008/EG war im Jahre 2008 – zusammen mit der Verordnung (EG) Nr. 765/2008 über die Vorschriften für die Akkreditierung und Marktüberwachung im Zusammenhang mit der Vermarktung von Produkten und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 339/93 des Rates, ABl. Nr. L 218 vom 13.08.2008 S. 30, verabschiedet worden und sollte horizontale Defizite bei der Marktüberwachung beseitigen, die sich durch die EU-Harmonisierungsrechtsvorschriften für mehrere Industriesektoren ziehen.

Mit dem neuen Rechtsrahmen sollen die geltenden Regelungen gestärkt, Vorgaben klarer formuliert und ergänzt und die praktischen Aspekte der Anwendung und Durchführung optimiert werden.

Wesentliche im Rahmen der NLF-Anpassung erfolgte Änderungen sind u.a.:

-       genauere Festlegung der Notifizierungsbehörden und deren Aufgaben,

-       Anforderungen an die Wirtschaftsakteure,

-       Anforderungen an die notifizierten Stellen und ihre Tätigkeiten.

Die Richtlinie 2014/31/EU zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die Bereitstellung nichtselbsttätiger Waagen auf dem Markt, ABl. Nr. L 96 vom 29.03.2014 S. 107, die Richtlinie 2014/32/EU zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung von Messgeräten auf dem Markt (Neufassung), ABl. Nr. L 96 vom 29.03.2014 S. 149, in der Fassung der Delegierten Richtlinie (EU) 2015/13, ABl. Nr. L 3 vom 07.01.2015 S. 42, und die Richtlinie 2011/17/EU zur Aufhebung der Richtlinien 71/317/EWG, 71/347/EWG, 71/349/EWG, 74/148/EWG, 75/33/EWG, 76/765/EWG, 76/766/EWG und 86/217/EWG des Rates über das Messwesen, ABl. Nr. L 71 vom 18.03.2011 S. 1, werden zum Teil unmittelbar mit diesem Gesetz umgesetzt und es erfolgen weiterführende Umsetzungsmaßnahmen im Rahmen von Verordnungen des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft und durch Erlassung von Eichvorschriften durch das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen.

Vorliegendes Bundesgesetz trifft Regelungen betreffend die Notifizierungsbehörde und das Notifizierungsverfahren. Diesbezüglich wird geregelt, dass die Notifizierung im Bereich von Messgeräten und nichtselbsttätigen Waagen dem Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft obliegt.

Der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft als notifizierende Behörde stützt sich sowohl bei der Behandlung von Anträgen auf Notifizierung im Bereich Messgeräte und nichtselbsttätigen Waagen auf einen Akkreditierungsbescheid der Akkreditierungsstelle im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 765/2008, welcher bescheinigt, dass die Stelle die Anforderungen gemäß Art. 23 der Richtlinie 2014/31/EU oder gemäß Art. 27 der Richtlinie 2014/32/EU erfüllt. Beruht der Nachweis der Kompetenz und der Anforderungen nicht auf einem Akkreditierungsbescheid, so hat die antragstellende Konformitätsbewertungsstelle alle erforderlichen Unterlagen vorzulegen, die geeignet sind, ihre Kompetenz und die Erfüllung der genannten Anforderungen nachzuweisen. Die notifizierende Behörde hat auf Basis der vorgelegten Unterlagen sodann die Beurteilung in geeigneter Weise durchzuführen.

Der Gesetzentwurf orientiert sich desweiteren an den unionsrechtlichen Vorgaben der Verordnung (EG) Nr. 765/2008 im Hinblick auf die Marktüberwachung und setzt in Teilen die in den zwei NLF-Richtlinien enthaltenen Verpflichtungen an die Mitgliedstaaten um.

Der Gesetzentwurf umfasst im Wesentlichen folgenden Inhalt:

           1. Die Einrichtung einer notifizierenden Behörde zur Durchführung von Notifizierungsverfahren für Stellen im Bereich von Messgeräten und nichtselbsttätigen Waagen. Die Einrichtung einer notifizierenden Behörde ist notwendig, um diese Stellen gemäß der Richtlinie 2014/31/EU und der Richtlinie 2014/32/EU an die Kommission zu notifizieren. Die Stellen können erst nach erfolgter Notifizierung ihre Tätigkeiten gemäß der Richtlinie 2014/31/EU und der Richtlinie 2014/32/EU vollinhaltlich wahrnehmen.

           2. Die Festlegung von Verfahrensbestimmungen, die vorsehen, dass ein Akkreditierungsbescheid bzw. alle erforderlichen Unterlagen vorzulegen sind, die geeignet sind, die Kompetenz und die Erfüllung der genannten Anforderungen der Stelle nachzuweisen.

           3. Regelungen über die von der Marktüberwachungsbehörde durchgeführten Tätigkeiten und getroffene Maßnahmen, durch die sichergestellt werden soll, dass Gegenstände, die in den Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes fallen, den Anforderungen dieses Bundesgesetzes und den darauf erlassenen Verordnungen entsprechen.

Das Vorhaben unterliegt aufgrund seiner ausschließlich unionsrechtlichen Umsetzung nicht der Notifizierungspflicht gemäß der Richtlinie 98/34/EG über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgeselleschaft, ABl. Nr L 204 vom 21. Juli 1998 S. 37, zuletzt geändert durch die Verordnung (EU) Nr. 1025/2012, ABl. Nr. L 316 vom 14.11.2012 S.12.

Die Zuständigkeit des Bundes zur Erlassung dieser Regelungen ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 Z 5 B-VG (Maß- und Gewichtswesen).

II. Finanzielle Auswirkungen

Die Kostenabschätzung für die Notifizierung beruht auf der Berechnung der Tätigkeiten, die für den Verwaltungsaufwand für die Vornahme des Notifizierungsverfahrens durchzuführen sind. Dabei wurden die vorhandenen Daten gemäß der bisherigen Vorgangsweise herangezogen. Die bestehende Umsetzung der bereits vorhandenen Richtlinien ist finanziell neutral mit den Anforderungen der neuen Richtlinien. Es bestehen daher keine finanziellen Auswirkungen.

Besonderer Teil

Zu Z 1 (§ 7 Abs. 4)

Der Formulierung für die Identifikation des Herstellers wurde an den genauen Wortlaut der Richtlinie 2014/31/EU angepasst.

Zu Z 2 (§§ 18a bis 18 g):

Die Angelegenheiten des Messwesens (Messgeräte und nichtselbsttätige Waagen) sind in Gesetzgebung und Vollziehung dem Bund zugeordnet.

Die Bestimmungen der Richtlinie 2014/31/EU, der Richtlinie 2014/32/EU und der Richtlinie 2011/17/EU sind nicht unmittelbar anwendbar, sondern müssen in Gesetzen und/oder Verordnungen in nationales Recht umgesetzt werden. Ein nationaler Handlungsbedarf besteht daher für die gesamten verfahrensrechtlichen Vorschriften und die Benennung einer notifizierenden Behörde, die jedoch nur teilweise unmittelbar in das vorliegende Gesetz einfließen müssen. Weitere ergänzende Umsetzungsmaßnahmen erfolgen sodann im Rahmen entsprechender Verordnungen.

Die Benennung des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft als notifizierende Behörde ist zweckmäßig, da die bisherige Notifizierungstätigkeit bereits im Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft im Rahmen der Einpflegung in die entsprechende unionsrechtliche Datenbank (NANDO) wahrgenommen wurde. Notifizierungsanträge können auch nur für eine Messgeräteart bzw. ein Verfahren für die Konformitätsbewertung gestellt werden. Aus Gründen der Lesbarkeit wurde auf die Formulierungen hinsichtlich der Einzahl bzw. Mehrzahl verzichtet.

Im Rahmen des AVG-Verfahrens nach § 18c wird die Stelle im Rahmen des Parteiengehörs über das Ergebnis des Versuches der Benennung und auch der eingelangten Rückmeldungen informiert und kann dazu auch Stellung nehmen. Der Abschluss der Benennung erfolgt durch Bescheid.

Die Richtlinie 2014/31/EU und Richtlinie 2014/32/EU erlauben es dem Mitgliedstaat, für die Begutachtung und Überwachung die nationale Akkreditierungsstelle heranzuziehen. Diese Option wird aus verwaltungsökonomischen Gründen für die Republik Österreich sinnvoll erachtet und daher die „Akkreditierung Austria“ als nationale Akkreditierungsstelle im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 765/2008 mit diesen Aufgaben betraut. Gemäß § 3 des Akkreditierungsgesetzes 2012, BGBl. I Nr. 28/2012 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 40/2014, fungiert der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft als Akkreditierungsstelle, wobei er innerhalb seines Wirkungsbereiches eine Organisationseinheit mit der operativen Durchführung der Akkreditierung betraut und mit den erforderlichen Ressourcen ausgestattet hat. Die betraute Organisationseinheit führt den Namen „Akkreditierung Austria“.

Sofern eine Stelle jedoch über keinen Akkreditierungsbescheid verfügt, erfolgt die Begutachtung und Überwachung nicht durch die „Akkreditierung Austria“, sondern kann der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft in diesem Fall Sachverständige bestellen sowie Begutachtungen einschlägig tätiger internationaler Organisationen berücksichtigen. Dabei kommen für diesen messtechnischen Bereich die Internationale Organisation für das gesetzliche Messwesen (OIML), die European Cooperation in Legal Metrology (WELMEC), die Meterkonvention und die European Association of National Metrology Institutes (EURAMET) bevorzugt in Frage.

Diese Bestimmung umfasst nähere Angaben über das anzuwendende Verwaltungsverfahren:

             - Einbringung des Antrages auf Notifizierug beim Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft

             - Vorlage eines entsprechenden Akkreditierungsbescheides oder Vorlage aller erforderlichen Unterlagen, die geeignet sind, die Kompetenz der Stelle und die Erfüllung der genannten Anforderungen nachzuweisen

             - Entscheidungen der notifizierenden Behörde erfolgen jeweils mit Bescheid

             - Abweisung bei Fehlen eines Akkreditierungsbescheides, sofern die Kompetenz nicht aufgrund eingebrachter sonstiger Unterlagen nachgewiesen werden kann

             - Überwachung von nicht akkreditierten Stellen

             - Meldepflichten von notifizierten Stellen an die notifizierende Behörde

Im Rahmen der Informationspflichten sind Auskünfte über „andere Tätigkeiten“ an die notifizierende Behörde zu übermitteln. Da die Stellen umfangreichen Unabhängigkeitskriterien entsprechen müssen, ist darunter jedwede Tätigkeit zu verstehen, die die Unabhängigkeit in Frage stellen kann. Diese Anforderungen sind insbesonder durch Art. 23 und Art. 25 der Richtlinie 2014/31/EU und durch Art. 27 und Art. 29 der Richtlinie 2014/32/EU gegeben.

Mitgliedstaaten sind aufgrund der durch den Beschluss angepassten Richtlinien verpflichtet ein „Einspruchsverfahren gegen Entscheidungen notifizierter Stellen“ einzurichten. Dieser Verpflichtung wird auf der gegenständlichen, gesetzlichen Basis Folge geleistet. Hier ist davon auszugehen, dass vor allem Wirtschaftsakteure gegen Feststellungen notifizierter Stellen Beschwerde erheben werden, wenn die Feststellung der notifizierten Stellen Fragen im Rahmen der Kompetenz der betroffenen Stelle aufwirft. Die Verordnungsermächtigung schafft die Grundlage bei Bedarf nähere Bestimmungen zum Beschwerdeverfahren festzulegen.

Im Sinne einer effizienten Antragsbearbeitung können Konkretisierungen im Bereich der Antragsstellung und Abwicklung des Verfahrens unter Zuhilfenahme des elektronischen Notifizierungsinstrumentes der Europäischen Kommission und unter Berücksichtigung unionsrechtlicher Vorgaben vorgenommen werden. Durch z. B. delegierte Rechtsakte kann es zu notwendigen Ergänzungen im Notifizierungsverfahren kommen. Durch die Verordnungsermächtigung wird die Möglichkeit geschaffen, zukünftigen unionsrechtlichen Verpflichtungen flexibel nachzukommen.

Für die Regelung von Gebühren ist eine Verordnungsermächtigung vorgesehen. Diese Verordnung ist im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen zu erlassen.

Zu Z 3 (§ 53):

Gemäß Art. 17 der Verordnung (EG) Nr. 765/2008 besteht die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, zuständige Marktüberwachungsbehörden zu benennen und darüber die Europäische Kommission und die Öffentlichkeit zu informieren.

In den Art. 19 bis Art. 21 der Verordnung (EG) Nr. 765/2008 werden Marktüberwachungsmaßnahmen, Vorgehensweise bei mit ernstem Risiko verbundenen Produkten, beschränkende Maßnahmen, Betretungsrechte und sonstige Befugnisse für Marktüberwachungsbehörden vorgegeben, welche notwendig sind um eine Marktüberwachung im Einklang mit den allgemeinen Anforderungen des Art. 16 der Verordnung (EG) 765/2008 sicherzustellen. Der Handlungsspielraum der Maßnahmen wurde nicht verändert und wurde bereits in früheren Novellen an die unionsrechtlichen Vorgaben angepasst.

Im Sinne des Art. 22 der Verordnung (EG) Nr. 765/2008 treffen die Mitgliedstaaten Handlungsverpflichtungen im Umgang mit dem Informationsaustausch-Schnellinformationssystem RAPEX. Dafür werden die Behördenzuständigkeiten im gegenständlichen Gesetzestext formuliert. Als nationaler Kontaktpunkt für RAPEX agiert der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz. Die sonstigen internen Berichtspflichten der Mitgliedstaaten treffen laut gegenständlichem Gesetzestext die Marktüberwachungsbehörden und die Pflicht zur Prüfung und Weiterleitung der eingegangenen Meldungen an den nationalen Kontaktpunkt treffen den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft.

Zu Z 4 und 5 (§ 70):

Die Bestimmungen über die Vollziehung bzw. die Einvernehmensregelungen sind im Hinblick auf § 18g und § 53 Abs. 7 anzupassen.

Zu Z 6 (§ 71 Abs. 5):

Die Richtlinie 2014/32/EU sieht vor, dass die Mitgliedstaaten für Messaufgaben, für die sie ein gesetzlich kontrolliertes Messgerät vorgeschrieben haben, das Inverkehrbringen und die Inbetriebnahme von Messgeräten, die den vor dem 30. Oktober 2006 anwendbaren Vorschriften entsprechen, bis zum Ablauf der Gültigkeit der Baumusterzulassungsanerkennung dieser Messgeräte oder im Falle einer unbefristet gültigen Baumusterzulassungsanerkennung für einen Zeitraum von höchstens zehn Jahren ab dem 30. Oktober 2006 erlauben. Diese Frist endet mit 30. Oktober 2016. Ab diesem Zeitpunkt dürfen Messgeräte nach den früher geltenden Bestimmungen nicht mehr erstmalig in Verkehr oder in Betrieb genommen werden. Eine nationale Ersteichung dieser Messgeräte ist daher auch nicht mehr möglich. Daher ist diese Bestimmung mit 30. Oktober 2016 aufzuheben.

Zu Z 7 (§ 72 Abs. 2):

Die Verweise auf die durch das Gesetz umzusetzenden Richtlinien sind anzupassen.