951 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales

über die Regierungsvorlage (904 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979 und das Väter-Karenzgesetz geändert werden

Mit diesem Bundesgesetz soll eine Klarstellung zu § 144 ABGB getroffen und eine Unklarheit bei der Stellung eines Teilzeitantrages beseitigt werden.

In kompetenzrechtlicher Hinsicht stützt sich der vorliegende Entwurf auf Art. 10 Abs. 1 Z 11 (Arbeitsrecht) und Z 16 (Dienstrecht) sowie auf Art. 21 Abs. 2 B-VG (Arbeitnehmerschutz der Bediensteten in Betrieben der Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände).

 

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 3. Dezember 2015 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten August Wöginger die Abgeordneten Johann Hechtl, Mag. Judith Schwentner, Mag. Gerald Loacker und Carmen Schimanek sowie der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer.

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Josef Muchitsch, August Wöginger einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Allgemeiner Teil

Zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie werden folgende Neuerungen vorgesehen, die Großteils im Regierungsprogramm 2013-2018 enthalten sind:

-       Schaffung einer Arbeitszeitbandbreite bei der Elternteilzeit

-       Schaffung eines ‚Zweiten Meldezeitpunktes‘ für Elternkarenz

-       Einbeziehung von arbeitnehmerähnlichen freien Dienstnehmerinnen in die absoluten und individuellen Beschäftigungsverbote

-       Kündigungs- und Entlassungsschutz bei Fehlgeburten

Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des Mutterschutzgesetzes 1979):

Zu § 1 Abs. 5 und § 10 Abs. 8:

Freie Dienstnehmerinnen i.S. des § 4 Abs. 4 ASVG sind arbeitnehmerähnlich und daher bereits in vielen Bereichen den Arbeitnehmerinnen gleichgestellt (Sozialversicherung, Arbeitslosenversicherung, ASchG, BMSVG, DNHG, IESG, ASGG, AK-Zugehörigkeit). Auch wenn sich in den letzten Jahren gezeigt hat, dass diese Beschäftigungsgruppe immer weiter abnimmt, sollte zum Schutz dieser Frauen eine Anpassung auch im Rahmen des Mutterschutzes erfolgen.

Da diesen freien Dienstnehmerinnen bereits Wochengeld zusteht, soll nun auch im MSchG ein Freistellungsanspruch gem. § 3 sowie § 5 Abs. 1 und 3 geschaffen werden.

Zur Absicherung dieser Ansprüche soll freien Dienstnehmerinnen ein Motivkündigungsschutz zukommen. Das Verfahren im Rahmen der Anfechtungsklage soll jenem nach § 105 Abs. 5 und 7 ArbVG nachgebildet sein.

Nach ständiger Judikatur sind auf freie Dienstnehmerinnen jene arbeitsrechtlichen Vorschriften, insbesondere die §§ 1162 bis 1162d ABGB analog anzuwenden, die weder vom persönlichen Abhängigkeitsverhältnis der Dienstnehmerin ausgehen noch die sozial Schwächeren schützen sollen. Für den Fall, dass die Schwangere die Kündigung gegen sich gelten lässt, soll die Regelung des § 1162b erster Satz Anwendung finden. Dies bedeutet, dass die freie Dienstnehmerin Anspruch auf das gleiche Entgelt wie bei einer Kündigung hat, die erst vier Monaten nach der Geburt ausgesprochen wird.

Zu § 10 Abs. 1a und § 12 Abs. 1 und 3:

Da in der Vergangenheit immer wieder Arbeitsverhältnisse von Arbeitgebern bzw. Arbeitgeberinnen nach einer Fehlgeburt der Arbeitnehmerin gelöst wurden, soll nun den Frauen, insb. auch um die psychische Belastung möglichst gering zu halten, ein zeitlich begrenzter Schutz vor Kündigung und Entlassung zukommen. Der Kündigungs- und Entlassungsschutz beginnt mit der Fehlgeburt zu laufen und endet 4 Wochen danach, unabhängig davon ob und wann die Meldung erfolgt. Zu möglichen Ansprüchen nach dem Gleichbehandlungsgesetz hat der OGH (27. 2. 2014, 8 Ob A 81/13i) festgehalten, dass eine Kündigung wegen der Annahme, eine Dienstnehmerin würde bald schwanger werden, eine unmittelbare Diskriminierung darstellt.

Ob eine Fehlgeburt vorliegt, richtet sich nach § 8 Abs. 1 des Hebammengesetzes.

Zu § 14 Abs. 2:

Ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Falle eines Beschäftigungsverbotes nach § 3 Abs. 3 besteht nur dann, wenn kein Anspruch auf Wochengeld besteht (§ 14 Abs. 3). Zu klären ist, ob der Anspruch auf Entgeltfortzahlung auch dann besteht, wenn die Dienstnehmerin bei Beginn des Beschäftigungsverbotes noch in Karenz für ein früheres Kind ist, jedoch in den letzten 32 Wochen vor Eintritt des Beschäftigungsverbotes keine Pflichtversicherung bestand, weil sie eine kurze Kinderbetreuungsgeldvariante gewählt hat.

Im Falle eines Beschäftigungsverbotes nach § 3 Abs. 3 ist der Anspruch auf Entgeltfortzahlung gemäß Abs. 1 erster Satz zu berechnen, also nach dem Durchschnitt der letzten 13 Wochen.

Durch die Änderung wird klargestellt, dass dies der Zeitraum von 13 Wochen vor Eintritt des Beschäftigungsverbotes ist. Im oben angesprochenen Fall wird diese Berechnung daher Null ergeben. Besteht deshalb kein Anspruch auf Wochengeld, weil die Dienstnehmerin geringfügig beschäftigt war, tritt keine Änderung ein.

Zu § 15 Abs. 3 und 4 sowie § 15c Abs. 2:

Wenn im unmittelbaren Anschluss an die Mutterschutzfrist der nicht unselbständig erwerbstätige Elternteil die Betreuung des Kindes übernimmt, kann nach derzeitiger Rechtslage später vom unselbständig erwerbstätigen Elternteil keine Karenz mehr angemeldet und angetreten werden. Dies deshalb, weil Karenz nur entweder im Anschluss an die Mutterschutzfrist oder im Anschluss an die Karenz des jeweils anderen unselbständig erwerbstätigen Elternteils angetreten werden kann. Nunmehr soll einem Elternteil die Inanspruchnahme der Karenz auch zu einem späteren Zeitpunkt ermöglicht werden, sofern der andere Elternteil keinen Karenzanspruch hat. Der Elternteil soll im zeitlichen Rahmen zwischen Ende der Schutzfrist und vollendetem 2. Lebensjahr des Kindes das Recht haben, die Karenz nach MSchG spätestens drei Monate vor dem geplanten Antritt bekannt zu geben und in Anspruch zu nehmen.

Zu § 15h Abs. 1, § 15i, § 15j, § 15k und § 15l:

Das Regierungsprogramm sieht eine gewisse Bandbreite für die Arbeitszeitverkürzung im Rahmen der Elternteilzeit vor. Daher soll bei der Elternteilzeit die Arbeitszeitreduktion zumindest 20 vH der wöchentlichen Normalarbeitszeit betragen. Die Mindestarbeitszeit während der Elternteilzeit sollte mit zwölf Stunden pro Woche festgelegt werden. In § 15h wird daher neben den beiden bereits bestehenden Anspruchsvoraussetzungen die Bandbreite als dritter Anspruchstatbestand festgelegt. Diese Bandbreite soll auch für die vereinbarte Elternteilzeit gelten. Diese Regelungen sollen sinngemäß auch für die einmalige Änderungsmöglichkeit (§ 15j Abs. 5 und 6) der Basisvereinbarung der Elternteilzeit Anwendung finden.

Kommen jedoch die Vertragsparteien überein, ein Ausgestaltungsmodell der Teilzeit außerhalb der Bandbreite zu vereinbaren, sollen auf Grund dieser Willensübereinstimmung die Bestimmungen über die Elternteilzeit Anwendung finden.

Da ein Teilzeitmodell außerhalb der Bandbreite ausschließlich auf Grund einer Übereinkunft der Vertragsparteien zustande kommen kann, kann ein solches Ausgestaltungsmodell nie Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein. Daher kann einem gerichtlichen Verfahren nur eine fehlende Einigung über die Ausgestaltung innerhalb der Bandbreite zugrunde liegen.

Eine Änderung des Anspruches auf Änderung der Lage der Arbeitszeit nach § 15p tritt dadurch nicht ein. Nach dieser Bestimmung bleibt das Ausmaß der Arbeitszeit bei der sinngemäßen Anwendung Teilzeitbestimmung generell außer Betracht. Eine Neuregelung des Arbeitszeitausmaßes ist daher für diese Bestimmung nicht von Bedeutung.

Zu § 20 Abs. 4 sowie § 23 Abs. 9a, 12 und 16:

Anpassung in den Sonderbestimmungen für öffentlich Bedienstete.

Zu Artikel 2 (Änderung des Väter-Karenzgesetzes):

Zu § 2 Abs. 5 und § 5 Abs. 2:

Ist ein Elternteil nicht unselbständig erwerbstätig und wird im unmittelbaren Anschluss an die fiktive Mutterschutzfrist keine Karenz in Anspruch genommen, kann nach derzeitiger Rechtslage später keine Karenz mehr angemeldet und angetreten werden. Dies deshalb, weil Karenz nur entweder im Anschluss an die (fiktive) Mutterschutzfrist oder im Anschluss an die Karenz des jeweils anderen Elternteils angetreten werden kann. Nunmehr soll einem Elternteil die Inanspruchnahme der Karenz auch zu einem späteren Zeitpunkt ermöglicht werden, sofern der andere Elternteil keinen Karenzanspruch hat. Der Elternteil soll im zeitlichen Rahmen zwischen Ende der Schutzfrist und vollendetem 2. Lebensjahr des Kindes das Recht haben, die Karenz nach VKG spätestens drei Monate vor dem geplanten Antritt bekannt zu geben und in Anspruch zu nehmen.

Zu § 8 Abs. 1, § 8a, § 8b Abs. 2, 5, 6 und 10, § 8c Abs. 1 und § 8d Abs. 1:

Siehe Erläuterung zu Artikel 1.

Zu § 10 Abs. 11a, 14 und 17:

Anpassung in den Sonderbestimmungen für öffentlich Bedienstete.“

 

Bei der Abstimmung wurde der oben erwähnte Abänderungsantrag der Abgeordneten Josef Muchitsch, August Wöginger mit Stimmenmehrheit (dafür: S, V, F, N, T, dagegen: G) beschlossen.

Die restlichen Teile des in der Regierungsvorlage enthaltenen Gesetzentwurfes wurden ebenfalls mit Stimmenmehrheit (dafür: S, V, G, N, T, dagegen: F ) beschlossen.

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Josef Muchitsch, August Wöginger auch einen selbständigen Entschließungsantrag gem. § 27 Abs. 3 GOG-NR betreffend Bagatellgrenze im MSchG und VKG eingebracht, der mit Stimmenmehrheit (dafür: S, V, F, N, T, dagegen: G) beschlossen wurde.

Dieser selbständige Entschließungsantrag war wie folgt begründet:

„Mit diesem Gesetzesentwurf wird eine Mindestgrenze von 20% betreffend die Reduktion der Arbeitszeit bei Elternteilzeit gem. §§ 15h, 15i Mutterschutzgesetz (MSchG) und §§ 8 und 8a Väterkarenzgesetz (VKG) eingeführt.

Die Frage, ob eine solche Bagatellgrenze auch für die Verschiebung der Lage der Arbeitszeit gem. § 15p MSchG und § 8h VKG eingeführt werden soll, bleibt offen.“

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle

1.      dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen;

2.      die angeschlossene Entschließung annehmen.

Wien, 2015 12 03

                               August Wöginger                                                               Josef Muchitsch

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann