1160 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

Bericht

des Außenpolitischen Ausschusses

über die Regierungsvorlage (1084 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Vereinfachung der Verfahren zur Anerkennung und Bewertung ausländischer Bildungsabschlüsse und Berufsqualifikationen (Anerkennungs- und Bewertungsgesetz - AuBG) erlassen und das Bildungsdokumentationsgesetz geändert wird

Der Expertenrat für Integration fordert regelmäßig in seinem jährlich erscheinenden Integrationsbericht eine Verbesserung der bestehenden Regelungen zur Anerkennung von im Ausland erworbenen Qualifikationen. Auch das 2013 vorgestellte 5-Punkte Programm zur verbesserten Berufsanerkennung von AkademikerInnen fordert klar Änderungen im Berufsanerkennungsbereich ein. Um diesem Vorhaben Priorität einzuräumen, hat die Bundesregierung im Regierungsprogramm 2013-2018 die Absicht erklärt, ein österreichisches Anerkennungsgesetz zu entwerfen.

Die OECD hat in ihrer Studie zu Integrationsindikatoren aus dem Jahr 2015 erhoben, dass in Österreich rund 31% der Personen mit Migrationshintergrund überqualifiziert beschäftigt, also für ihre derzeitige Tätigkeit überqualifiziert sind. Besonders hoch ist diese Zahl bei Personen mit Migrationshintergrund, die auch ihre Ausbildung im Ausland (sowohl EU- als auch Drittstaaten) absolviert haben (33% gegenüber 24% bei Personen mit Migrationshintergrund, die ihre Ausbildung in Österreich absolviert haben). Die Möglichkeit, einer ausbildungsadäquaten Tätigkeit nachzugehen, ist insofern von Bedeutung, da das Risiko, arbeitslos zu werden, mit dem Grad der Qualifikation sinkt. Der oben zitierte OECD-Bericht hält fest, dass Personen mit Migrationshintergrund, die ihre Qualifikation im Ausland erworben haben, eine niedrigere Beschäftigungsquote (rd. 77%) aufweisen, als jene Personen mit Migrationshintergrund, die ihre Qualifikation im Inland erworben haben (rd. 87%). Diese Fakten deuten darauf hin, dass Personen mit Migrationshintergrund, die eine ausländische Ausbildung vorweisen können, deutliche Nachteile am Arbeitsmarkt hinnehmen müssen.

Auch die Statistik Österreich stellt in Ihrer Studie „Arbeitsmarktsituation von Migrantinnen und Migranten in Österreich, Modul der Arbeitskräfteerhebung 2014“, die im November 2015 veröffentlicht wurde, fest, dass rund 19% der im Ausland geborenen Männer und rund 28% der im Ausland geborenen Frauen für ihre gegenwärtige berufliche Tätigkeit überqualifiziert sind. Die Studie kommt auch zu dem Ergebnis, dass rund ein Drittel der im Ausland geborenen Erwerbstätigen ihre Qualifikationen im Ausland erworben, aber lediglich ein Viertel davon einen Antrag auf Anerkennung gestellt hat. Insbesondere Personen mit tertiärer Ausbildung stellen einen solchen Antrag (48,8%), deutlich weniger häufig tun dies Personen mit mittlerer Qualifikation (26,6%).

Bereits im Jahr 2011 hat die OECD im länderspezifischen Bericht zur Arbeitsmarktintegration in Österreich empfohlen, die Fähigkeiten von MigrantInnen besser zu nutzen. Dazu sollten Möglichkeiten, im Ausland erworbene Qualifikationen anerkennen zu lassen, vermehrt bekanntgemacht und eine größere Transparenz im Anerkennungsverfahren geschaffen werden. Die OECD-Empfehlung zur Einrichtung von Anlaufstellen wurde in der interministeriellen Arbeitsgruppe zur Anerkennung und Bewertung von im Ausland erworbenen Qualifikationen (2012) aufgegriffen und wurde ab Anfang 2013 flächendeckend umgesetzt.

Das Ziel eines Anerkennungs- oder Bewertungsverfahrens ist es, die erworbenen Qualifikationen mit einer österreichischen Referenz vergleichbar zu machen, um so einerseits den potentiellen ArbeitgeberInnen die Beurteilung der Eignung potentieller BewerberInnen zu erleichtern und andererseits die ausbildungsadäquate Beschäftigung sowie auch allgemein die Arbeitsmarktintegration zu fördern.

Der Nationale Aktionsplan für Integration hält fest, dass die Beschäftigung zu schlechten Lohn- und Arbeitsbedingungen integrationshemmende Auswirkungen hat. Dazu zählt etwa die nicht-ausbildungsadäquate Beschäftigung. Weiters wird betont, dass die Berufstätigkeit der Schlüssel für einen erfolgreichen Integrationsprozess und Selbsterhaltungsfähigkeit als ein wesentlicher Solidarbeitrag für die gesellschaftliche Partizipation unverzichtbar ist. Grundsätzlich sollen gemäß des Aktionsplans die Potentiale von MigrantInnen für den Arbeitsmarkt verstärkt genutzt und Maßnahmen getroffen werden, die eine Chancengleichheit am Arbeitsmarkt ermöglichen.

Die Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen, ABl. Nr. L 255 vom 30.9.2005 S. 22, zuletzt geändert durch die Richtlinie 2013/55/EU und die Verordnung (EU) Nr. 1024/2012 über die Verwaltungszusammenarbeit mit Hilfe des Binnenmarkt-Informationssystems („IMI-Verordnung“), ABl. Nr. L 354 vom 28.12.2013 S. 132, regeln die Vorschriften für Anerkennungsverfahren und Berufszugang für alle Staatsangehörigen eines EU-Mitgliedstaats in reglementierten Berufen. Die Richtlinie trägt durch einheitliche Regelungen zur Verwaltungsvereinfachung in Anerkennungsverfahren reglementierter Berufe bei. Aufgrund der beschränkten Wirkung der Richtlinie ist diese nicht auf Drittstaatsangehörige anwendbar. Bestimmte Regelungsaspekte der Richtlinie, wie etwa der Grundsatz der automatischen Anerkennung, lassen sich ihrem Wesen und ihrer Zielsetzung nach, mangels einheitlicher Standards und nicht-harmonisierter Ausbildung in Drittstaaten, nicht auf die Personengruppe der Drittstaatsangehörigen oder Personen, die ihre Ausbildung in einem Drittstaat erworben haben, übertragen. Die Grundsätze der Verwaltungsvereinfachung und Transparenz sollten jedoch für alle Personen gelten, unabhängig von ihrer Staatsbürgerschaft, die in Österreich einen Antrag auf Anerkennung ihrer im Ausland erworbenen Berufsqualifikation stellen. Auch Drittstaatsangehörige können unter bestimmten Voraussetzungen EU-Staatsangehörigen gleichgestellt sein. Mit diesem Bundesgesetz soll die Möglichkeit geschaffen werden, die Grundsätze und Verfahrensabläufe in Verwaltungsverfahren zur Anerkennung zwischen EU-Staatsangehörigen und Drittstaatsangehörigen anzupassen, ohne den Berufszugang selbst zu tangieren und eine Nivellierung von Qualifikationsstandards für die Berufsausübung zu bewirken.

Für potentielle ArbeitgeberInnen ist es wesentlich, bereits in der Anfangsphase des Auswahlprozesses feststellen zu können, ob die vorhandenen Qualifikationen geeignet erscheinen. Dafür ist nicht stets eine formelle Anerkennung notwendig, wie die Erfahrungen aus den Bewertungen für Hochschulqualifikationen durch ENIC NARIC AUSTRIA zeigen. Diese Bewertungen treffen am Arbeitsmarkt auf hohe Akzeptanz; die Nachfrage hat sich seit 2011 mehr als verdoppelt. Diese weniger aufwendige und damit kostengünstigere Verfahrensart soll aus diesen Gründen durch dieses Bundesgesetz auch für andere Qualifikationsniveaus verankert werden.

Die in diesem Bundesgesetz verankerten Regelungen sollen dazu beitragen, dass Personen mit im Ausland erworbenen Qualifikationen, die in Österreich erwerbstätig sein wollen und dazu die aufenthalts- und ausländerbeschäftigungsrechtliche Möglichkeit haben bzw. diese beabsichtigen, Zugang zu beschleunigten Verfahren haben und in weiterer Folge rascher in den österreichischen Arbeitsmarkt einsteigen können.

Kompetenzgrundlage:

In kompetenzrechtlicher Hinsicht stützt sich das vorliegende Bundesgesetz auf:

Art. 10 Abs. 1 Z 2 B-VG (Zollwesen)

 

Art. 10 Abs. 1 Z 3 B-VG (Asyl)

 

Art. 10 Abs. 1 Z 5 B-VG (Geld-, Kredit-, Börse- und Bankwesen; Maß- und Gewichts-, Normen- und Punzierungswesen)

 

Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG (Justizpflege)

 

Art. 10 Abs. 1 Z 8 B-VG (Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie; Patentwesen; Ingenieur- und Ziviltechnikerwesen)

 

Art. 10 Abs. 1 Z 12 B-VG (Gesundheitswesen, mit Ausnahme des Leichen- und Bestattungswesens sowie des Gemeindesanitätsdienstes und Rettungswesens, hinsichtlich des Heil- und Pflegeanstaltenwesens, des Kurortewesens und der natürlichen Heilvorkommen jedoch nur die sanitäre Aufsicht; Abfallwirtschaft hinsichtlich gefährlicher Abfälle, hinsichtlich anderer Abfälle nur soweit ein Bedürfnis nach Erlassung einheitlicher Vorschriften vorhanden ist)

 

Art. 10 Abs. 1 Z 13 B-VG (wissenschaftlicher und fachtechnischer Archiv- und Bibliotheksdienst)

 

Art. 10 Abs. 1 Z 16 B-VG (Dienstrecht und Personalvertretungsrecht der Bundesbediensteten)

 

Art. 14 Abs. 2 B-VG (Angelegenheiten des Dienstrechtes und des Personalvertretungsrechtes der Lehrer für öffentliche Pflichtschulen)

 

Art 14 Abs. 1 B-VG (Schulwesen)

 

Der Außenpolitische Ausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 1. Juni 2016 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneten Dr. Angelika Winzig die Abgeordneten Mag. Alev Korun, Mag. Elisabeth Grossmann, Barbara Rosenkranz, Christoph Hagen sowie der Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres Sebastian Kurz.

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf mit Stimmenmehrheit (dafür: S, V, G, N , dagegen: F, T ) beschlossen.

 

Ein von den Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen im Zuge der Debatte gem. § 27 Abs. 3 GOG-NR eingebrachter selbständiger Antrag auf Beschlussfassung einer Entschließung betreffend Schaffung eines effizienten Anerkennungs- und Bewertungsgesetzes fand keine Mehrheit (dafür: G , dagegen: S, V, F, N, T).

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Außenpolitische Ausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (1084 der Beilagen) die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2016 06 01

                            Dr. Angelika Winzig                                                               Dr. Josef Cap

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann