1166 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

Bericht

des Außenpolitischen Ausschusses

über den Antrag 1651/A(E) der Abgeordneten Mag. Christoph Vavrik, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Wahl von Staaten oder deren Vertretern bzw. deren Angehörigen in internationale Gremien

Die Abgeordneten Mag. Christoph Vavrik, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 27. April 2016 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Im März 1950 wurde zum letzten Mal ein Mensch durch ein österreichisches Gericht zum Tode verurteilt und anschließend hingerichtet. Am 7. Februar 1968 hat Österreich endgültig die Todesstrafe durch einen einstimmigen Beschluss des Nationalrats abgeschafft. Mittlerweile haben alle Europäische Staaten, mit der Ausnahme von Weißrussland und Russland, ebenfalls die Todesstrafe abgeschafft. Die Abschaffung der Todesstrafe ist eine Voraussetzung für den Beitritt zur Europäischen Union. Auch in den Vereinten Nationen wächst der Widerstand gegen diese grausame und unmenschliche Strafe. Ein erster Durchbruch gelang 2007 durch die Verabschiedung von Resolution A/RES/62/149 durch die UN-Generalversammlung. Diese wurde von den nachfolgenden Resolutionen A/RES/63/168 und A/RES/65/206 in den Jahren 2008 und 2010 bestärkt. Dieser internationalen Entwicklung folgend, haben alleine im letzten Jahr vier weitere Staaten die Todesstrafe abgeschafft.

Dennoch ist die Todesstrafe noch immer in 96 Staaten gesetzlich verankert, und 25 von diesen haben 2015 die Todesstrafe auch vollstreckt (darunter leider auch Demokratien wie Japan und die USA), das sind um drei mehr als 2014. Besonders beunruhigend ist, dass die Zahl der Hinrichtungen laut Amnesty International 2015 im Vergleich zum Vorjahr um +54% gestiegen ist. Es besteht also die Gefahr, dass der positive langjährige Trend zur Abschaffung der Todesstrafe gestoppt wird, und dass die Todesstrafe neuerlich Salonfähigkeit erlangt.

Unter diesen Umständen ist es Österreichs Pflicht, sich im Sinne einer aktiven Förderung der Menschenrechte für die baldige und vollständige Abschaffung der Todesstrafe einzusetzen. Österreichs Außenpolitik muss von Werten getragen werden und nicht nur von kurzfristigen wirtschaftlichen Interessen. Der österreichische Beitrag im Kampf gegen die Todesstrafe darf sich keinesfalls in mahnende Worte erschöpfen, sondern muss sich auch mutig in konkrete Taten verwirklichen.

In diesem Sinne erscheint es moralisch vollkommen unangebracht und politisch kontraproduktiv, Länder zu unterstützen, in denen staatlich sanktioniertes Morden Teil der Rechtsordnung ist. Insbesondere ist die Wahl von solchen Staaten in die Gremien der Vereinten Nationen oder anderer internationaler staatlicher Organisationen inkompatibel mit dem Anspruchs Österreich zur Förderung der menschlichen Würde und der globaler Durchsetzung der Menschenrechte.“

 

Der Außenpolitische Ausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 1. Juni 2016 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Mag. Christoph Vavrik die Abgeordneten Petra Bayr, MA und Tanja Windbüchler­Souschill sowie der Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres Sebastian Kurz.


 

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Christoph Vavrik, Kolleginnen und Kollegen keine Mehrheit (für den Antrag: N, T, dagegen: S, V, F, G).

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Dr. Josef Cap, Dr. Reinhold Lopatka, Tanja Windbüchler-Souschill, Dr. Andreas F. Karlsböck, Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen einen selbständigen Entschließungsantrag gem. § 27 Abs. 3 GOG-NR betreffend aktive Mitwirkung Österreichs bei der weltweiten Abschaffung der Todesstrafe eingebracht, der einstimmig beschlossen wurde.

 

Dieser selbständige Entschließungsantrag war wie folgt begründet:

„Die Menschenrechte sind universell und erkennen die unveräußerlichen Rechte jedes Menschen an - unabhängig von Kultur, Ethnie oder Religion. Die Todesstrafe verstößt gegen das Recht auf Leben und die Menschenwürde. Sie ist eine grausame und unmenschliche Strafe. 1977 erklärte die VN-Generalversammlung zum ersten Mal offiziell, dass es ein wünschenswertes Ziel ist die Todesstrafe abzuschaffen. Heute ist es ein zentrales politisches Anliegen der Mehrheit der Staaten weltweit. Ein weiterer Schritt hin zu diesem Ziel ist eine Resolution der VN, der im Jahr 2014 117 Staaten zustimmten. Sie enthält ein Moratorium gegen die Vollstreckung bereits gefällter Todesurteile. Das Ziel dieser Resolution, die jedes zweite Jahr in die Generalversammlung eingebracht wird ist, die Todesstrafe weltweit zu ächten und möglicherweise ein völkerrechtliches Verbot der Todesstrafe zu erzielen.

Laut dem Amnesty International Bericht ‚Wenn der Staat tötet‘ wenden per Stand 1. Jänner 2016 140 Staaten die Todesstrafe nicht mehr an, davon haben 102 Staaten die Todesstrafe vollständig abgeschafft. 81 Staaten haben das 2. Fakultativprotokoll zur Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (IPBPR) ratifiziert. Sechs Staaten sehen die Todesstrafe nur noch für außergewöhnliche Straftaten wie Kriegsverbrechen oder Vergehen nach Militärrecht vor. 32 Staaten haben die Todesstrafe in der Praxis, jedoch noch nicht per Gesetz abgeschafft. Die Zahl jener Länder, die die Todesstrafe abschaffen, nimmt zu. Jedoch halten 58 Staaten weiterhin an der Todesstrafe fest.

Im Jahr 2015 verzeichnete Amnesty International Hinrichtungen in 25 Staaten im Vergleich zu 22 im Jahr 2014. Weltweit wurden im Jahr 2015 mindestens 1.634 Exekutionen bekannt, statt 1061 im Vorjahr. Mindestens 1.998 Menschen in 61 Ländern (2014 waren es 2.466 in 55 Ländern) wurden zum Tode verurteilt. Im langjährigen Vergleich sinkt die Zahl der Staaten, die Todesstrafen vollstrecken, stetig. Für einen Großteil der Hinrichtungen sind China, Iran (mindestens 977), Pakistan (326), Saudi-Arabien (mindestens 158) sowie die USA (28) verantwortlich.

Die Europäische Union hat die Todesstrafe bereits vollständig abgeschafft. Artikel 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verbietet sie.

Artikel 6 Absatz 2 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (IPBPR) gestattet die Verhängung der Todesstrafe nur bei schwersten Verbrechen. Artikel 6 Absatz 5 verbietet Todesurteile gegen zur Tatzeit Minderjährige und die Hinrichtung von schwangeren Frauen. Das zweite Fakultativprotokoll zum IPBPR sieht die gänzliche Abschaffung der Todesstrafe vor. Auch die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) wurde um das 6. Zusatzprotokoll über das generelle Verbot der Todesstrafe erweitert, das sich genau wie das zweite Fakultativprotokoll zum IPBPR auf Friedenszeiten bezieht. Mit dem 13. Zusatzprotokoll zur EMRK wird die Todesstrafe auch in Kriegszeiten verboten.

Der Einsatz für die weltweite Abschaffung der Todesstrafe ist von oberster Priorität für die  österreichische Außenpolitik. Österreich hat hierfür bereits während seines Vorsitzes im Europarat, der im Mai 2014 endete, intensiv geworben. Die Bemühungen der VN, der Aufbau einer weltweiten Allianz von Hinrichtungsgegnern und die ‚Leitlinien für eine Unionspolitik gegenüber Drittstaaten betreffend die Todesstrafe‘ bilden auch für Österreich eine zentrale Grundlage, um den Kampf gegen die Todesstrafe vehement fortzuführen. Im Hinblick auf die Resolution über ein weltweites Moratorium der Hinrichtungen mit der Perspektive einer völligen Abschaffung der Todesstrafe, über die in der 71. Generalversammlung der VN im Herbst 2016 neuerlich abgestimmt wird, soll nun erneut auch von österreichischer Seite mit eingebracht werden.“

 

Zur Berichterstatterin für den Nationalrat wurde Abgeordnete Petra Bayr, MA gewählt.


 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Außenpolitische Ausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle

1.      diesen Bericht hinsichtlich des Entschließungsantrages 1651/A(E) zur Kenntnis nehmen und

2.      die angeschlossene Entschließung annehmen.

Wien, 2016 06 01

                                 Petra Bayr, MA                                                                    Dr. Josef Cap

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann