1228 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

Bericht

des Ausschusses für innere Angelegenheiten

über die Regierungsvorlage (1150 der Beilagen): Bundesgesetz über die Errichtung der Bundesanstalt „KZ-Gedenkstätte Mauthausen/Mauthausen Memorial“ (Gedenkstättengesetz ‑ GStG)

Am 20. Juni 1947 übergaben die sowjetischen Militärbehörden das ehemalige Konzentrationslager Mauthausen in die Obhut der Republik Österreich. Die österreichische Bundesregierung verpflichtete sich dazu, die baulichen Reste als Erinnerungsstätte an die nationalsozialistischen Verbrechen und ihre Opfer zu bewahren. Im Zuge der Einrichtung der KZ-Gedenkstätte Mauthausen wurden weite Teile des KZ Mauthausen abgetragen. Erhalten blieben nur jene Bereiche, denen besondere symbolische Bedeutung zugemessen wurde. Damit vollzog sich die Transformation des Lagers vom historischen Überrest zum „Öffentlichen Denkmal“ und zugleich zum zentralen Erinnerungsort an die während des Nationalsozialismus auf österreichischem Gebiet begangenen Verbrechen. In Teilen des ehemaligen Lagergeländes wurden die sterblichen Überreste Zehntausender ermordeter Häftlinge bestattet, womit das „Öffentliche Denkmal Mauthausen“ auch ein großer Friedhof wurde.

Bereits Ende der 1940er Jahre stellten Überlebendenorganisationen fest, dass das „Denkmal Mauthausen“ einer historischen Kontextualisierung und Vermittlung bedürfe, damit es auch für künftige Generationen verständlich bleibt. Als Konsequenz dieser Forderung transformierte sich die KZ-Gedenkstätte in den folgenden Jahrzehnten vermehrt von einem reinen Denkmal immer mehr zu einem Ort des Lernens und Vermittelns. Mit der Eröffnung der ersten Dauerausstellung zur Lagergeschichte im Mai 1970 erhielt die KZ-Gedenkstätte den Namen „Öffentliches Denkmal und Museum Mauthausen“.

Die Vermittlungsarbeit an der Gedenkstätte wurde über viele Jahrzehnte von den Überlebenden selbst getragen. Mit der laufend geringer werdenden Zahl an Überlebenden und dem damit verbundenen Übergang von einem kommunikativen zu einem kulturellen Gedächtnis ist die Betriebsführung der Gedenkstätte in der Gegenwart mit zusätzlichen und neuen Aufgaben konfrontiert. In dieser neuen Situation kommt der wissenschaftlichen Aufbereitung, musealen Darstellungen und pädagogischen Vermittlung der Geschichte eine erhöhte Bedeutung zu. Die Gedenkstätte, die sowohl Denkmal und Friedhof als auch Museum, Forschungseinrichtung sowie Lern-, Vermittlungs- und Begegnungsort zu sein hat, ist somit in der Gegenwart mit vielfältigen und sich ständig verändernden fachlichen, strukturellen sowie personellen Anforderungen konfrontiert, welche in ihrer ursprünglichen Konzeption der 1940er Jahre als „Öffentliches Denkmal“ nicht vorgesehen waren.

Die vor dem Hintergrund der politischen Verantwortung in den letzten Jahren notwendige Überführung der Gedenkstätte von einem vorwiegend als Mahnmal dienenden Gedenkort zu einem multidimensionalen Ort der Geschichtsvermittlung mit Museumsbetrieb und die damit verbundene Notwendigkeit einer Verbreiterung und Vertiefung des Angebotes und einer Diversifikation der dafür erforderlichen Leistungen der Betriebsführung, zeigt die Grenzen auf, die einer den Aufgaben angemessenen Organisationsentwicklung im Rahmen der ministeriellen Verwaltungsstrukturen gesetzt sind; so etwa im Hinblick auf den Personaleinsatz oder im Bereich des Planens und Arbeitens in Projektstrukturen und -zeiträumen. Daher bedarf es einer Reorganisation der Betriebsführung hin zu schlanken Management- und Aufbaustrukturen, und einer auf die Inhalte abgestimmten, vereinfachten Verwaltung, die den Erfordernissen einer gemeinnützigen Einrichtung dieser Größe entspricht.

Durch die Schaffung einer Bundesanstalt KZ-Gedenkstätte Mauthausen/Mauthausen Memorial soll nunmehr eine effiziente, inhaltlich autonome, unbürokratische und international vergleichbare Einrichtung etabliert werden, die weiterhin unter wirtschaftlicher und auch parlamentarischer Kontrolle des Bundes geführt wird. Mit einer selbständigen Anstalt des Bundes soll eine nach objektiven Kriterien bemessene Dotation aus dem Bundesbudget verbunden sein. Dies verbessert die Gestaltungsmöglichkeiten und ermöglicht eine eigene Administration der Betriebsführung.

Die Organisationstruktur soll sich aus den inhaltlichen Zielen und Aufgaben der Bundesanstalt ableiten.

Unter möglichster Wahrung der historisch gewachsenen und international bekannten Identität der KZ-Gedenkstätte steht die Organisationsreform unter folgenden Prämissen:

- gestaltbare Budgetbelastungen für den Bund,

- mehr Beweglichkeit der Bundesanstalt bei Personal und Budget, damit höhere Zielsicherheit im Ressourceneinsatz,

- Anreiz für Bundesanstalt zur Eigeninitiative,

- keine Verschlechterung für das Personal,

- weitestgehende Zustimmung der Betroffenen (Identifikationskriterium),

- Verwaltungsvereinfachung.

 

 

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 29. Juni 2016 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl die Abgeordneten Dr. Harald Walser, Hannes Weninger, Christoph Hagen, Mag. Nikolaus Alm, Werner Amon, MBA sowie der Bundesminister für Inneres
Mag. Wolfgang Sobotka.

 

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf mit Stimmenmehrheit (dafür: S, V, F, T, dagegen: G, N) beschlossen.

 

 

Zur Berichterstatterin für den Nationalrat wurde Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker gewählt.

 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für innere Angelegenheiten somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (1150 der Beilagen) die verfassungs­mäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2016 06 29

                       Mag. Michaela Steinacker                                                             Otto Pendl

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann