1229 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

Bericht

des Ausschusses für innere Angelegenheiten

über die Regierungsvorlage (1151 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz, das EU – Polizeikooperationsgesetz und das Waffengebrauchsgesetz 1969 geändert werden (Präventions-Novelle 2016)

Mit dieser Novelle des Sicherheitspolizeigesetzes sollen in erster Linie die präventiven Instrumente im Bereich des Schutzes vor Gewalt und vor extremistisch motivierten Straftaten verbessert werden. Bei gefährdeten unmündigen Minderjährigen soll ein Betretungsverbot für den Bereich der Schule oder sonstiger Betreuungseinrichtungen auch unabhängig von einem Betretungsverbot der Wohnung ausgesprochen werden können. Zusätzlich wird die Möglichkeit der präventiven Rechtsaufklärung von Gefährdern geschaffen. Durch die Schaffung einer Gefährderansprache zur Deradikalisierung sollen Betroffene in einem Gespräch über das besondere Gefährdungspotential einer weiteren Radikalisierung und die damit verbundenen Rechtsfolgen unterrichtet und auf bestehende Unterstützungsangebote hingewiesen werden können. Zusätzlich soll es bestimmten Sicherheitsbehörden möglich sein, den Betroffenen bescheidmäßig zum Erscheinen bei einer Dienststelle zu verpflichten.

Zur Verwaltungsvereinfachung soll das sprengelüberschreitende Einschreiten von Organen der Sicherheitsbehörden gemäß § 14 Abs. 3 SPG auch aus Gründen der Raschheit und Zweckmäßigkeit zulässig sein. Damit wird sichergestellt, dass die Organe schnellstmöglich am Einsatzort eintreffen können. Außerdem soll die Sicherheit in Gebäuden und Räumlichkeiten, die zur Nutzung durch das Bundesministerium für Inneres und diesem organisatorisch nachgeordnete Dienststellen gewidmet sind, durch ausdrückliche Verankerung eines Waffenmitnahmeverbots und von Sicherheitskontrollen gewährleistet werden.

Zur Gewährleistung einer raschen und effektiven Unterstützung bei der Koordination und Administration von (Notruf-)Einsätzen soll eine Rechtsgrundlage zur Führung einer zentralen Datenanwendung zur Einsatzunterstützung geschaffen werden.

 

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 29. Juni 2016 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen der Berichterstatterin Abgeordneten Angela Lueger die Abgeordneten Mag. Günther Kumpitsch, Werner Amon, MBA, Mag. Gisela Wurm, Mag. Nikolaus Alm, Christoph Hagen, Dr. Peter Pilz, Mag. Michaela Steinacker, Mag. Albert Steinhauser, Rudolf Plessl, Mag. Alev Korun sowie der Bundesminister für Inneres Mag. Wolfgang Sobotka.

 


 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Otto Pendl, Werner Amon, MBA einen gesamtändernden Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Allgemeiner Teil

1. Hauptgesichtspunkte des Entwurfs:

Mit dieser Novelle des Sicherheitspolizeigesetzes sollen in erster Linie die präventiven und repressiven Instrumente im Bereich des Schutzes vor Straftaten gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung sowie unter Anwendung von Gewalt und vor extremistisch motivierten Straftaten verbessert werden. Bei gefährdeten unmündigen Minderjährigen soll ein Betretungsverbot für den Bereich der Schule oder sonstiger Betreuungseinrichtungen auch unabhängig von einem Betretungsverbot der Wohnung ausgesprochen werden können. Zusätzlich wird die Möglichkeit der präventiven Rechtsaufklärung von Gefährdern geschaffen. Durch die Schaffung einer Gefährderansprache zur Deradikalisierung sollen Betroffene in einem Gespräch über das besondere Gefährdungspotential einer weiteren Radikalisierung und die damit verbundenen Rechtsfolgen unterrichtet und auf bestehende Unterstützungsangebote hingewiesen werden können. Zusätzlich soll es bestimmten Sicherheitsbehörden möglich sein, den Betroffenen bescheidmäßig zum Erscheinen bei einer Dienststelle zu verpflichten.

Zur Verwaltungsvereinfachung soll das sprengelüberschreitende Einschreiten von Organen der Sicherheitsbehörden gemäß § 14 Abs. 3 SPG auch aus Gründen der Raschheit und Zweckmäßigkeit zulässig sein. Damit wird sichergestellt, dass die Organe schnellstmöglich am Einsatzort eintreffen können. Außerdem soll die Sicherheit in Gebäuden und Räumlichkeiten, die zur Nutzung durch das Bundesministerium für Inneres und diesem organisatorisch nachgeordnete Dienststellen gewidmet sind, durch ausdrückliche Verankerung eines Waffenmitnahmeverbots und von Sicherheitskontrollen gewährleistet werden.

Zur Gewährleistung einer raschen und effektiven Unterstützung bei der Koordination und Administration von (Notruf-)Einsätzen soll eine Rechtsgrundlage zur Führung einer zentralen Datenanwendung zur Einsatzunterstützung geschaffen werden.

Zudem soll der Schutz von Amtspersonen vor ungerechtfertigten Angriffen und Störungen ihrer Amtshandlungen sowie der öffentlichen Ordnung durch ein Verhalten, das geeignet ist, berechtigtes Ärgernis zu erregen, durch die Änderung bestehender Verwaltungsübertretungen und die Schaffung einer Wegweisungsbefugnis ausgeweitet werden.

2. Kompetenzgrundlage:

Die Kompetenz des Bundes zur Erlassung eines diesem Entwurf entsprechenden Bundesgesetzes gründet sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 7 („Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit“) und Z 14 („Organisation und Führung der Bundespolizei“ und „Waffen-, Munitions- und Sprengmittelwesen, Schießwesen“) des Bundes-Verfassungsgesetzes – B-VG, BGBl. Nr. 1/1930.

Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des Sicherheitspolizeigesetzes)

Zu Z 1 bis 6 (Inhaltsverzeichnis):

Diese Bestimmungen dienen der Aktualisierung des Inhaltsverzeichnisses.

Zu Z 7 und 8 (§ 5 Abs. 4 und 7):

Bislang gibt das SPG in § 5 Abs. 4 weder Auskunft über Art noch Anzahl der Einsatzzentralen, sondern spricht lediglich davon, dass diese im notwendigen Umfang zu unterhalten sind (Vogl in Vogl/Thanner, SPG², § 5 Anm. 21), und beschränkt diese auf den Einsatz im Funkstreifendienst. Derzeit sind funktionell den örtlich zuständigen Bezirks- bzw. Stadtpolizeikommanden zugeordnete Bezirks- bzw. Stadtleitstellen sowie bei jeder LPD eine Landesleitzentrale eingerichtet. Künftig sollen aus Gründen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zur Besorgung des Exekutivdienstes nur mehr Einsatzzentralen auf Ebene der Landespolizeidirektionen unterhalten werden. Zu diesen Einsatzzentralen zählt ua. auch die Einsatzzentrale am Flughafen Wien-Schwechat, die für Notrufe von Flughafeneinrichtungen die erste Anlaufstelle bildet. Die Einsatzzentralen sind rund um die Uhr für Notrufe erreichbar und sollen die Kräfte vor Ort bei der Koordination von Einsätzen unterstützen. Unter Notruf wird zum einen jeder Anruf, der bei einer Einsatzzentrale (Notrufdienst iSd § 98 TKG 2003) einlangt, und zum anderen auch jeder über eine technische Alarmeinrichtung iSd § 92a oder über eCall direkt bei der Einsatzzentrale einlangende Alarm verstanden.

Da Kurznotrufnummern kostenlos zur Verfügung gestellt sind (§ 20 Abs. 2 TKG 2003), entfällt die Erwähnung des Ortstarifs.

Zu Z 9 (§ 14 Abs. 3):

Aufgrund der Zentralisierung der Einsatzzentralen (siehe Änderung in § 5 Abs. 7) und der erfolgten Zusammenlegung von Polizeiinspektionen zeigt sich die Notwendigkeit, dass im Einzelfall auch Organe tätig werden sollen, die zwar nicht der zuständigen Behörde zugeordnet sind, aber deren Einsatz aus Gründen der Raschheit und Zweckmäßigkeit angezeigt erscheint. Bisher ist das sprengelübergreifende Einschreiten nur für Fälle, in denen die eigentlich zuständige Behörde nicht rechtzeitig einschreiten kann, in § 14 Abs. 3 geregelt. Nunmehr soll zusätzlich die Möglichkeit geschaffen werden, auch aus Gründen der Zweckmäßigkeit und Raschheit sprengelüberschreitend tätig zu werden, um zu ermöglichen, dass jeweils jene Organe, die am schnellsten am Einsatzort eintreffen können, mit der jeweiligen Amtshandlung beauftragt werden.

Zu Z 10 (§ 15a):

Zum Zweck der Erhöhung der Sicherheit der vom Bundesministerium für Inneres sowie den diesem organisatorisch nachgeordneten Dienststellen genutzten Gebäude und Räumlichkeiten ist es angezeigt, ihr Betreten unter Mitnahme von Waffen zu untersagen und dies auch zu kontrollieren. Hierzu ist es jedoch nicht ausreichend, nur im Rahmen der Hausordnung das Verbot, Waffen in ein Gebäude mitzunehmen, auszusprechen. Weigert sich jemand, sich der Hausordnung zu unterwerfen, kann ihm gestützt auf das Hausrecht zwar das Betreten des Gebäudes untersagt und die Person weggewiesen werden; dies führt allerdings zu einem Spannungsverhältnis, wenn der Weggewiesene aufgrund einer öffentlich rechtlichen Verpflichtung, bspw. einer behördlichen Ladung, vor der Behörde erscheinen und damit das Amtsgebäude betreten muss. Aus diesem Grund wurden für den Bereich der Justiz bereits entsprechende Regelungen im Gerichtsorganisationsgesetz (§§ 1 ff GOG) normiert. Mit dem gegenständlichen Entwurf soll eine entsprechende Regelung für vom Bundesministerium für Inneres (z.B. dem Bundeskriminalamt, dem Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung oder auch der Zivildienstserviceagentur) sowie von diesem organisatorisch nachgeordneten Dienststellen (z.B. den Landespolizeidirektionen, dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl) genutzte Gebäude und Räumlichkeiten implementiert werden, unabhängig von den jeweiligen Eigentumsverhältnissen am Gebäude bzw. der Räumlichkeit.

Demnach soll es künftig öffentlich rechtlich untersagt sein, bestimmte Gebäude und Räumlichkeiten mit einer Waffe zu betreten. Als Waffe ist – entsprechend der Regelung im GOG – jeder besonders gefährliche, zur Bedrohung von Leib oder Leben geeignete Gegenstand anzusehen (vgl. § 1 Abs. 1 GOG). Wer eine Waffe bei sich hat, hat sie beim Betreten zur Verwahrung zu übergeben und ist nachweislich über die maßgebenden Umstände für die Ausfolgung (bspw. Verwertung und Vernichtung nicht abgeholter bzw. ausgefolgter Waffen) in Kenntnis zu setzen.

Dieses Verbot der Waffenmitnahme gilt grundsätzlich nicht für Personen, die auf Grund ihres öffentlichen Dienstes zum Tragen bestimmter Waffen ermächtigt sind, hinsichtlich jener Waffen, die ihnen auf Grund ihres öffentlichen Amtes oder Dienstes von ihrer vorgesetzten österreichischen Behörde oder Dienststelle als Dienstwaffen zugeteilt worden sind (§ 47 Abs. 1 Z 2 lit. a WaffG). Nur bei Vorliegen bestimmter Umstände, etwa wenn die Person selbst als Beschuldigter in einem strafprozessualen Ermittlungsverfahren oder Disziplinarverfahren vorgeladen ist, kann es in einzelnen Fällen zur Gewährleistung der Sicherheit angezeigt sein, dass auch diese Personen ihre mitgeführten Waffen abgeben müssen.

Abs. 2 hält fest, dass zur Einhaltung dieses Verbotes Sicherheitskontrollen durchgeführt werden dürfen. Zur Durchführung der Sicherheitskontrollen können auch technische Hilfsmittel wie Torsonden, Metalldetektor-Torrahmen, Durchleuchtungsgeräte oder Handsuchgeräte herangezogen werden. Die Sicherheitskontrollen werden primär durch Bedienstete des Bundesministeriums für Inneres sowie diesem organisatorisch nachgeordneter Dienststellen durchgeführt. Sollte sich die Notwendigkeit der Betrauung von Sicherheitsunternehmen mit der Durchführung von Sicherheitskontrollen ergeben, so werden diese nach entsprechender vertraglicher Vereinbarung als Verwaltungshelfer tätig. Die Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt ist jedenfalls den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes vorbehalten.

Die Vornahme der Sicherheitskontrolle gemäß Abs. 2 darf nicht erzwungen werden. Personen, die es allerdings zu Unrecht ablehnen, sich einer solchen Kontrolle zu unterziehen oder eine Waffe verwahren zu lassen, sollen gemäß Abs. 3 aus dem Amtsgebäude weggewiesen werden und gelten für die sie betreffende Amtshandlung als unentschuldigt säumig (Abs. 4). Im Fall der Nichtbefolgung der Wegweisung ist die Anwendung unmittelbarer Zwangsgewalt anzudrohen und bei Erfolglosigkeit der Androhung die Wegweisung mit angemessener unmittelbarer Zwangsgewalt unter möglichster Schonung des Betroffenen durchzusetzen.

Zu Z 11 (§ 16 Abs. 2):

Die Wortfolge „auf Begehren eines Beteiligten“ soll aufgrund der Strafrechtsakzessorietät des gefährlichen Angriffs an die Begrifflichkeiten des Strafrechts angepasst werden.

Zu Z 13 und 21 (§§ 36a Abs. 3 und 49a Abs. 2):

Die vorgeschlagene Änderung schafft – neben terminologischen Anpassungen – die Möglichkeit, Betretungsverbote für Schutzzonen sowie Sicherheitsbereiche bei Sportgroßveranstaltungen bereits außerhalb dieser Bereiche aussprechen zu können, wenn schon vorab aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, der Betroffene werde in diesen Bereichen einen gefährlichen Angriff iSd §§ 36a Abs. 3 bzw. 49a Abs. 2 begehen. Damit verbunden ist der präventive Aspekt, dass die Betroffenen schon außerhalb dieses Bereichs ihr Verhalten entsprechend anpassen, etwa vor dem Sicherheitsbereich bei Sportgroßveranstaltungen.

Auch soll – entsprechend § 38a – klargestellt werden, dass das einschreitende Organ befugt ist, den Gefährder, der sich nach Ausspruch des Betretungsverbots weigert, den vom Betretungsverbot umfassten Bereich (somit die Schutzzone nach § 36a Abs. 1 bzw. den Sicherheitsbereich bei Sportgroßveranstaltungen nach §  49a Abs. 1) zu verlassen, nötigenfalls unter Ausübung von Zwangsgewalt wegzuweisen. Kehrt der Gefährder nach Ausspruch des Betretungsverbotes in die umfasste Schutzzone bzw. den umfassten Sicherheitsbereich zurück, begeht er eine Verwaltungsübertretung nach § 84 Abs. 1 und kann nach § 84 Abs. 2 weggewiesen und bei wiederholter Missachtung festgenommen werden (§ 35 VStG).

Zu Z 12, 14 und 33 (§§ 38 Abs. 1 und 81 Abs. 1):

In § 38 Abs. 1 (neu) wird eine Befugnis zur Wegweisung zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung eingeführt, die es ermöglicht, Personen, die ein Verhalten setzen, das geeignet ist, berechtigtes Ärgernis zu erregen, vom Ort der Störung wegzuweisen. Soweit der Betroffene in Ausübung seiner verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte (etwa Versammlungs- oder Meinungsäußerungsfreiheit) die öffentliche Ordnung stört, greift die Befugnis erst dann, wenn er die gesetzlichen Schranken (strafrechtliche bzw. verwaltungsstrafrechtliche Normen), die der Sicherheit der öffentlichen Ordnung dienen, überschreitet (Hauer/Keplinger, SPG4, § 81 Anm. 5). Die Wegweisung kommt zum einen zur Anwendung, wenn von der Verfolgung einer Verwaltungsübertretung nach § 81 Abs. 1 nach Maßgabe des § 50 Abs. 5a VStG abgesehen wird; zum anderen kommt sie aber auch dort zum Tragen, wo keine Verwaltungsübertretung vorliegt, etwa bei unmündigen Minderjährigen als Störern oder wenn durch die Verwaltungsübertretung zugleich auch eine gerichtlich strafbare Handlung verwirklicht wurde und aufgrund der Subsidiaritätsklausel nach § 85 keine Verwaltungsübertretung nach § 81 Abs. 1 vorliegt. Die Wegweisung kann gemäß § 50 auch zwangsweise durchgesetzt werden.

Derzeit erfordert der Tatbestand der Störung der öffentlichen Ordnung ein besonders rücksichtsloses Verhalten des Täters, um die Schwelle der Strafbarkeit zu erreichen. Aktuelle Geschehnisse – wie etwa das Auftreten von Gruppen, die durch ihr Verhalten einen bedrohlichen bzw. störenden Eindruck auf Anwesende vermitteln – haben jedoch gezeigt, dass nicht auf ein intentional rücksichtsloses Verhalten, sondern auf die grundsätzliche Eignung des Verhaltens, negative Auswirkungen auf die Betroffenen zu zeitigen (berechtigtes Ärgernis), abgestellt werden muss. Weiters muss durch dieses Verhalten auch eine (ungerechtfertigte) Störung der öffentlichen Ordnung, sohin eine Änderung des Ablaufs des äußeren Zusammenlebens von Menschen in wahrnehmbarer Weise erfolgt sein. Beispielsweise kann das aufdringliche Nachgehen bzw. Verfolgen einer Person oder das Verstellen von Geschäftspassagen das Zusammenleben in der Öffentlichkeit nachhaltig beeinträchtigen, weil Betroffene dazu bewogen werden, sich anders zu verhalten, als ohne die Störung.

Zu diesem Zweck soll von der Voraussetzung des besonders rücksichtslosen Verhaltens abgegangen und auf die Eignung des Verhaltens des Täters zur Erregung berechtigten Ärgernisses abgestellt werden. Diese Formulierung ist jener des Art. IX Abs. 1 Z 1 EGVG, BGBl. 232/1977, nachgebildet, der unmittelbaren Vorgängerbestimmung des § 81 Abs. 1. Nicht jedes störende Verhalten soll die Strafbarkeit begründen. Grundvoraussetzung dafür ist, dass das Verhalten die Eignung besitzt, berechtigtes Ärgernis zu erregen. Die Eignung bestimmt sich im Allgemeinen am Gefühl eines Durchschnittsmenschen (vgl. zur Erregung berechtigten Ärgernisses auch Bachner-Foregger in WK-StPO § 189 Rz 13). Das Ärgernis muss objektiv begründet sein. Für die Strafbarkeit soll es demnach nicht ausreichend sein, dass ein einzelner Dritter Ärgernis genommen hat. Das Verhalten soll vielmehr objektiv zur Ärgerniserregung geeignet sein und konkret auch ein solches Ärgernis erregt haben, um eine Ordnungsstörung und damit die Verwaltungsübertretung zu begründen. Ein berechtigtes Ärgernis setzt überdies voraus, dass die Bewertung nicht auf einer höchst subjektiven Auffassung beruhen darf. Am Grundsatz, dass ordnungsstörendes Verhalten dann nicht tatbestandsmäßig ist, wenn es zur Wahrung der Ausübung der Grund- und Freiheitsrechte, wie bspw. des verfassungsgesetzlich geschützten Versammlungsrechts, ausgeübt wird, soll durch die vorgeschlagene Formulierung noch deutlicher zum Ausdruck kommen.

Neben der Änderung eines Tatbestandsmerkmals soll die Höhe der Verwaltungsstrafe an die sonstigen in § 83a ff vorgesehenen Strafhöhen angepasst werden.

Zu Z 15 bis 18, 38 (§§ 38a und 84 Abs. 1a):

In § 38a sind mehrere Neuerungen vorgesehen, die den Schutz vor Gewalt erhöhen sollen. Zum einen soll es möglich sein, ein Betretungsverbot alleine für eine Einrichtung gemäß Abs. 1 Z 2 auszusprechen, zum anderen soll die präventive Rechtsaufklärung des Gefährders gesetzlich verankert werden.

Um den Schutz gefährdeter unmündiger Minderjähriger umfassend zu gewährleisten, soll es künftig möglich sein, ein Betretungsverbot für die Einrichtungen nach Abs. 1 Z 2 auch unabhängig von einem Betretungsverbot für die Wohnung zu erlassen. Dies erweist sich dann als erforderlich, wenn die Verhängung eines Betretungsverbots für die Wohnung aus bestimmten Gründen nicht in Betracht kommt, etwa wenn dem Gefährder die Wohnadresse gar nicht bekannt ist. Soll – was auch künftig den Regelfall darstellen wird – sowohl das Betreten der Wohnung als auch der Einrichtung untersagt werden, sind hinkünftig zwei gesonderte Betretungsverbote auszusprechen. Durch Abs. 7 wird klargestellt, dass ein Betretungsverbot nach Abs. 1 Z 2, wenn es gemeinsam mit einem Betretungsverbot nach Abs. 1 Z 1 ausgesprochen wird, auch für den örtlichen Wirkungsbereich einer anderen Sicherheitsbehörde angeordnet werden kann.

Ebenso hat die Praxis gezeigt, dass es sich auch bei Einrichtungen nach Abs. 1 Z 2 als notwendig erweisen kann, dass der Gefährder eine solche während eines aufrechten Betretungsverbots aufsucht, etwa wenn die Einrichtung gleichzeitig auch ein Wahllokal ist. Muss der Betroffene eine vom Betretungsverbot erfasste Einrichtung aufsuchen, soll dies – wie auch bei der Wohnung – nur in Gegenwart eines Organs des öffentlichen Sicherheitsdienstes erfolgen.

Zugleich soll die Formulierung des Abs. 1 in sprachlichen Einklang mit den sonstigen Bestimmungen zu Betretungsverboten und Wegweisungen (§§ 36a Abs. 3 und 49a Abs. 2) gebracht werden.

Seit 2011 wird österreichweit mit Gefährdern nach § 38a durch besonders geschulte Bedienstete kurze Zeit nach dem Vorfall ein Zweitgespräch – die sogenannte „präventive Rechtsaufklärung“ – durchgeführt. Diese beruht auf Freiwilligkeit und wird von den Gefährdern grundsätzlich gut angenommen. Bei der präventiven Rechtsaufklärung geht es darum, die persönliche Gesamtsituation des Gefährders gemeinsam zu betrachten und eine Verdeutlichung der Normen und vor allem der den Gefährder im Wiederholungsfall erwartenden Konsequenzen herbeizuführen. Dabei soll der Gefährder auch auf bestehende Unterstützungsangebote und Anlaufstellen hingewiesen werden.

Nunmehr soll – angelehnt an die Gefährderansprache bei Sportgroßveranstaltungen (§ 49b) – eine gesetzliche Grundlage für die Möglichkeit der präventiven Rechtsaufklärung und der Vorführung von Gefährdern zu dieser Maßnahme geschaffen werden.

Nach Abs. 6a wird der Sicherheitsbehörde, die gemäß Abs. 6 innerhalb von 48 Stunden jedes Betretungsverbot zu überprüfen hat, die Möglichkeit iS eines Handlungsermessens eingeräumt, den Gefährder während eines aufrechten Betretungsverbotes (Frist nach Abs. 8) zur präventiven Rechtsaufklärung vorzuladen, wenn dies aufgrund der Gesamtsituation beim Einschreiten der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes bei Ausspruch des Betretungsverbots (Verhältnis von gefährdeter Person und Gefährder, bekannte Gefahrenmomente) oder wegen der Persönlichkeit des Gefährders (Verhalten bei Wegweisung, erkennbare Gewaltbereitschaft, Gefährdungsprognose, einschlägige Vorfälle in jüngster Vergangenheit) erforderlich erscheint. Zuständig ist jene Sicherheitsbehörde, der die Überprüfung des Betretungsverbots nach Abs. 6 zukommt. Im Rahmen eines Auswahlermessens trifft die Sicherheitsbehörde die Entscheidung, ob der Gefährder durch einfache Vorladung, welche an keine bestimmte Form gebunden ist und daher auch telefonisch, mündlich oder schriftlich ergehen kann, oder mittels Vorladungsbescheid vorgeladen wird. Soll die Vorladung auch vollstreckbar sein, dann muss diese – neben der Androhung eines konkreten Zwangsmittels im Bescheid selbst – zu eigenen Handen zugestellt werden. Die Zustellung hat diesfalls an die als Abgabestelle nach Abs. 3 genannte Adresse zu ergehen. Die Einhaltung der Frist nach Abs. 8 ist dann gewahrt, wenn die Ladung an den Gefährder innerhalb dieses Zeitraums ergeht. Der Gefährder kann zur Sicherheitsbehörde oder zu jeder Dienststelle vorgeladen werden.

Entsprechend der Regelung zur Meldeauflage soll es eine Verwaltungsübertretung darstellen, wenn jemand einer präventiven Rechtsbelehrung nicht nachkommt oder die amtliche Belehrung behindert oder stört.

Zu Z 19 und 38 (§§ 38b und 84 Abs. 1a):

Angelehnt an die bereits bestehenden Regelungen zu den Gefährderansprachen im SPG soll es möglich sein, Personen, die besonders eingreifende, weil gegen die sexuelle Integrität von Menschen gerichtete oder gewalttätige, gefährliche Angriffe begangen haben, zur Normverdeutlichung auf die Dienststelle vorzuladen. Entsprechend der präventiven Ausrichtung dieser Maßnahme ist zusätzlich die Prognose erforderlich, dass aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass der Betroffene auch künftig gefährliche Angriffe begehen werde, denen durch die Belehrung entgegen gewirkt werden soll. Diese Prognose kann sich aus der Gesamtsituation beim Einschreiten der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder wegen der Persönlichkeit des Betroffenen (bekannte Gefahrenmomente, Verhalten oder Aussagen des Betroffenen beim Einschreiten, erkennbare Gewaltbereitschaft, einschlägige Vorfälle in der Vergangenheit) ergeben.

Im Zuge der Belehrung sollen dem Betroffenen die Auswirkungen seines Verhaltens sowie die Folgen bei weiterem Fehlverhalten (z.B., dass im Fall eines weiteren gefährlichen Angriffs § 11 Abs. 2 Z 1 iVm Abs. 4 NAG der Erteilung eines (weiteren) Aufenthaltstitels entgegenstehen kann) vor Augen geführt werden. Insbesondere bei Fremden, die einen derartigen gefährlichen Angriff begangen haben, soll die Belehrung zusätzlich dafür genutzt werden, diese über die Grundwerte des Zusammenlebens in einem demokratischen Staat und seiner Gesellschaft sowie über das gesellschaftliche Leben in Österreich (vgl. § 31 NAG) aufzuklären.

Entsprechend den Abs. 1 und 2 wird der Betroffene mittels Bescheid zum Erscheinen bei einer Dienststelle aufgefordert. Aus Gründen der Effizienz und Raschheit bedarf es dann keines Bescheids, wenn der Betroffene ohnehin schon wegen dem begangenen gefährlichen Angriff angehalten (etwa Festnahme oder Vorführung zur Vernehmung nach der StPO) oder nach den Bestimmungen der StPO auf der Dienststelle vernommen wird (Abs. 3). In diesen Fällen kann an die Anhaltung bzw. Vernehmung sogleich die Belehrung anschließen.

Für den Fall, dass der Betroffene die Belehrung stört, behindert oder sonst unmöglich macht oder nach durchgeführter Belehrung erneut einen gefährlichen Angriff begeht, kann es erforderlich sein, den Betroffenen mehrmals entsprechend zu belehren, um das Ziel der Meldeverpflichtung zur Normverdeutlichung, nämlich weiteren gefährlichen Angriffen vorzubeugen, zu erreichen. In diesem Fall kann dem Betroffenen mittels Bescheid die mehrmalige Meldung zur Belehrung auferlegt werden. Bei der Festlegung der Zeitpunkte und der Dienststelle sind die persönlichen Lebensumstände und Bedürfnisse des Betroffenen zu berücksichtigen.

Entsprechend der Regelung zur Meldeauflage stellt es eine Verwaltungsübertretung dar, wenn jemand einer bescheidmäßig auferlegten Meldeverpflichtung zur Normverdeutlichung nicht nachkommt oder die amtliche Belehrung behindert oder stört.

Zu Z 20 (§ 42a Abs. 3):

Auf Anregung des Österreichischen Städtebundes soll es im Bereich des Fundwesens zu Verwaltungsvereinfachungen kommen. Bereits bei der Fundabgabe wird der Finder in der Regel über den Beginn seiner Anwartschaft auf Eigentum informiert. Bei geringfügigen Funden, wobei die Geringfügigkeitsgrenze der durch die strafrechtliche Rechtsprechung entwickelten Geringfügigkeitsgrenze angepasst werden soll (vgl. jüngst OGH 09.04.2015, 17 Os 46/14i), wird mit dieser Information, die etwa durch Aushändigung eines Informationsblattes erfüllt wird, dem Interesse des Finders genüge getan. Bei Funden in Wert von mehr als 100 Euro erfolgt zusätzlich noch nach Erwerb der Anwartschaft eine Verständigung anhand der vom Finder im Zeitpunkt der Fundabgabe bekannt gegebenen Erreichbarkeitsdaten, etwa durch Verständigung per SMS, E-Mail, Fax oder postalisch. Von der Verpflichtung, in jedem Fall eine Verständigung durch Zustellung zu eigenen Handen durchzuführen, und nach Verständigung noch sechs Monate zuzuwarten, soll zur Verwaltungsvereinfachung abgegangen werden.

Zu Z 22 und 38 (§§ 49d, 49e und 84 Abs. 1a):

Das SPG sieht derzeit präventive Rechtsbelehrungen (§§ 49b und 49c) nur im Zusammenhang mit der Verhinderung von Gewalt und Rassismus bei Sportgroßveranstaltungen vor. Nunmehr sollen solche präventiven Instrumente auch zur Verhinderung von terroristisch, ideologisch oder religiös motivierten Straftaten eingesetzt werden können. Mit beiden Maßnahmen wird das Ziel verfolgt, bei Vorliegen bestimmter Hinweise auf eine beginnende Radikalisierung mit präventiven Maßnahmen einer weiteren Radikalisierung gegenzusteuern. Die jeweils im Einzelfall zu treffende Prognoseentscheidung kann sich sowohl auf einschlägige Verwaltungsübertretungen in der Vergangenheit stützen, als auch auf an sich niederschwellige Straftaten, die aber eine extremistische Motivation erkennen lassen sowie auf Hinweise aus dem persönlichen Umfeld des Betroffenen. Bei den angeführten Verwaltungsübertretungen handelt es sich um eine nur demonstrative Aufzählung an Tatsachen, die eine solche Prognoseentscheidung begründen können. Umso eher rechtfertigen einschlägige gerichtlich strafbare Handlungen, die aufgrund der Art und Weise ihrer Begehung einen künftigen verfassungsgefährdenden Angriff befürchten lassen, die Vorladung zur Gefährderansprache. Um sicherzustellen, dass mit der Materie besonders vertraute Personen über diese Maßnahmen zur Verhinderung von Radikalisierung und extremistisch motivierten Straftaten entscheiden, sollen beide Maßnahmen nur von dem beim Bundesminister für Inneres angesiedelten Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung bzw. den bei den Landespolizeidirektionen angesiedelten Organisationseinheiten für Verfassungsschutz veranlasst werden (§ 1 Abs. 3 und 5 PStSG). Der konkrete Ort für die Durchführung der Maßnahme richtet sich regelmäßig nach dem Wohnort des Betroffenen.

Erklärtes Ziel der Gefährderansprache nach § 49d ist es, zu einer Deradikalisierung des Betroffenen beizutragen. Dazu soll der Betroffene in einem Gespräch nach Möglichkeit von speziell dazu ausgebildeten Präventionsbeamten über das besondere Gefährdungspotential einer weiteren Radikalisierung und die damit verbundenen Rechtsfolgen (etwa über Beginn von gerichtlich strafbarem Verhalten, Befugnisse der Sicherheitsbehörden) unterrichtet und auf bestehende Unterstützungsangebote und Anlaufstellen (Deradikalisierungsprogramme etc.) hingewiesen werden. Handelt es sich beim Betroffenen um einen mündigen Minderjährigen, kann bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 37 Abs. 1 Z 1 B-KJHG der örtlich zuständige Kinder- und Jugendhilfeträger zu informieren sein. Unter Wahrung der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und Erforderlichkeit soll es im Einzelfall auch möglich sein, den Betroffenen zu im Bescheid konkret anzugebenden Zeitpunkten zu verpflichten, bei einer Dienststelle zu erscheinen (Meldeverpflichtung), um einen regelmäßigen Kontakt mit dem Betroffenen sicherzustellen. Durch den regelmäßigen Kontakt wird das Ziel verfolgt, eine weitergehende Radikalisierung oder örtliche Veränderungen des Betroffenen zeitnahe erkennen und entsprechend reagieren zu können sowie bei entsprechendem Gefährdungspotential den Betroffenen von der Teilnahme an bestimmten Veranstaltungen fernzuhalten, um bestimmten verfassungsgefährdenden Angriffen vorzubeugen. Der Zeitpunkt bzw. die konkreten Zeitpunkte sind demnach je nach vorliegendem Gefährdungspotential im Einzelfall zu wählen, wobei bei der Auswahl eben auch Veranstaltungen oder sonstige öffentliche Ereignisse miteinzubeziehen sind. Der Betroffene kann zu jeder Dienststelle vorgeladen werden, wobei sich die Festlegung der zuständigen Dienststelle primär am Aufenthaltsort des Betroffenen zu orientieren hat und nur in besonderen Fällen, etwa wenn mit der Meldeverpflichtung auch ein Fernhalten von einer bestimmten Veranstaltung verbunden sein soll, nicht die dem Aufenthaltsort des Betroffenen nächstgelegene Dienststelle sein wird.

Entsprechend der Regelung zur Meldeauflage soll es eine Verwaltungsübertretung darstellen, wenn jemand einer Gefährderansprache zur Deradikalisierung oder einer Meldeverpflichtung nicht nachkommt oder die amtliche Belehrung nach § 49d behindert oder stört.

Zu Z 23 und Z 39 (§§ 54 Abs. 4 und 91c Abs. 2):

Es handelt sich um redaktionelle Berichtigungen.

Zu Z 24 bis 27 (§§ 57 und 58 Abs. 1):

Die §§ 57 Abs. 1 Z 2 und 58 Abs. 1 Z 2 haben aufgrund des Strafprozessreformgesetzes 2004 keinen Anwendungsbereich mehr.

In der damit frei gewordenen Z 2 des § 57 Abs. 1 soll eine dem § 39 Abs. 1 Z 2 EU-PolKG vergleichbare Regelung geschaffen werden, um Personen, bei denen eine Gesamtbetrachtung ihrer Person befürchten lässt, dass sie künftig eine mit beträchtlicher Strafe (vgl. § 17 SPG) bedrohte gerichtlich strafbare Handlung begehen werde, die entweder im Anhang I Teil A zum EU-JZG angeführt ist oder einen verfassungsgefährdenden Angriff nach § 6 Abs. 2 PStSG entspricht, zur verdeckten Kontrolle auszuschreiben. Der Verweis auf Anhang I Teil A zum EU-JZG bezieht sich auf die dort in den Z 1 bis 32 aufgelisteten Straftaten. Hinter der Anlehnung an den Wortlaut des EU-PolKG steht die Überlegung, dass jede schengenweite Ausschreibung eine nationale Ausschreibung voraussetzt.

In der ebenfalls frei gewordenen Z 2 des § 58 Abs. 1 findet sich die dazu gehörige Löschungsverpflichtung. Die Daten sind zu löschen, sobald der Grund für ihre Speicherung wegfällt, längstens aber nach einem Jahr, es sei denn, der für die Speicherung maßgebliche Grund besteht weiterhin.

Analog zur Regelung in § 16a Abs. 11 MeldeG soll es zulässig sein, aus Anlass der Anmeldung eines Kraftfahrzeuges zu überprüfen, ob dieses zur Fahndung ausgeschrieben ist. Ebenso soll es zulässig sein, im Fall einer neuen nationalen Fahndungsausschreibung eine Überprüfung dahingehend durchzuführen, ob dieses Fahrzeug in Österreich zugelassen ist (§ 57 Abs. 2). Zusätzlich soll durch die Änderung in § 57 Abs. 3 klar gestellt werden, dass auch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Übermittlungsempfänger für Fahndungsdaten sein kann.

Zu Z 28 (§ 58e):

Zur Administration von Notrufen sowie für die Unterstützung bei der Koordination von Einsätzen wird ein Informationsverbundsystem eingerichtet. Dieses wird vom Bundesminister für Inneres betrieben. Ermächtigt zur Datenverarbeitung und somit Auftraggeber der Datenanwendung sind der Bundesminister für Inneres (hiervon erfasst sind insbesondere das Einsatzkommando Cobra als Sondereinheit der Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit gem. § 1 Z 4 Sondereinheiten-Verordnung sowie das Einsatz- und Koordinationscenter als zentrale Informations-, Kommunikations- und Koordinationsplattform des Bundesministeriums für Inneres) sowie die Landespolizeidirektionen. Unter Notruf wird zum einen jeder Anruf, der bei einer Einsatzzentrale (Notrufdienst iSd § 98 TKG 2003) einlangt, und zum anderen auch jeder über eine technische Alarmeinrichtung iSd § 92a oder über eCall direkt bei der Einsatzzentrale einlangende Alarm verstanden.

In diesem Informationsverbundsystem dürfen zum einen Daten über die vom Notruf oder Einsatz betroffenen Personen, insbesondere zum Anrufer eines Notrufs und zur gefährdeten Person, verarbeitet werden. Hierzu zählen die erforderlichen Identifikations- und Erreichbarkeitsdaten einschließlich der Stamm- und Standortdaten gemäß § 98 TKG 2003. Zum anderen dürfen die erforderlichen Sach- und Gebäudedaten einschließlich KFZ-Kennzeichen, Daten zu Zeit, Ort, Grund und Art des Einsatzes, Erreichbarkeitsdaten von sonstigen zu verständigenden Stellen (Sprengelärzte, Jagdaufsichtsorgane, Bestattungsunternehmen, Abschleppdienste etc.) sowie Verwaltungsdaten und der Mindestdatensatz eines eCalls gem. Art. 2 lit. h der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 305/2013 zur Ergänzung der Richtlinie 2010/40/EU in Bezug auf die harmonisierte Bereitstellung eines interoperablen EU-weiten eCall-Dienstes, ABl. Nr. L 91 vom 03.04.2013 S. 1, verarbeitet werden. Der Mindestdatensatz eines eCalls umfasst Fahrzeugtyp, Fahrzeugkennung, Fahrzeugenergiespeicherart, Zeitpunkt, Fahrzeugposition, Fahrtrichtung, letzte Fahrzeugposition und Anzahl der Fahrzeuginsassen.

Im Rahmen der Entgegennahme von Notrufen (einlangende und ausgehende Anrufe bei einem Notrufdienst) dürfen Telefongespräche gem. § 93 Abs. 3 TKG 2003 aufgezeichnet und rückverfolgt werden. Abs. 2 legt fest, dass durch diese Sprachaufzeichnung ermittelte Daten nach drei Monaten zu löschen sind. Alle übrigen im Rahmen des Einsatzes verarbeiteten Daten sind nach Beendigung und Evaluierung des Einsatzes, längstens jedoch nach 18 Monaten zu löschen.

Abs. 3 nennt die Übermittlungsempfänger von im Rahmen der Administration von Notrufen und der Unterstützung bei der Koordination des Einsatzes verarbeiteten Daten und Sprachaufzeichnungen. Neben den Sicherheitsbehörden, den Staatsanwaltschaften und den ordentlichen Gerichten können Daten an sonstige Notrufdienste (etwa dem Rettungswesen oder der Feuerwehr zugehörige Dienste) sowie an sonstige Stellen (etwa Abschleppdienste oder die ASFINAG) übermittelt werden, soweit dies zur Abwehr einer Gefahr, zur Hilfeleistung oder für die Verrechnung im Einzelfall erforderlich ist.

Die Maßnahmen zur Datensicherheit richten sich nach § 59 SPG sowie § 51 Abs. 2 SPG iVm § 14 DSG 2000.

Zu Z 29 (§ 64 Abs. 2):

Nach dem geltenden Wortlaut des § 64 Abs. 2 würde jede Maßnahme, die das Wiedererkennen einer Person lediglich abstrakt möglich macht, die Definition der erkennungsdienstlichen Maßnahme erfüllen, auch wenn diese Maßnahme nicht zum Zweck der Wiedererkennung ergriffen wurde. So würden selbst Bildaufnahmen, die etwa ausschließlich zur Dokumentation behördlichen Einschreitens angefertigt wurden, hiervon erfasst sein. Zur Klarstellung, dass unter diese Begrifflichkeit ausschließlich solche Maßnahmen fallen, die gerade zum Zweck der Wiedererkennung eines Menschen angefertigt wurden, soll § 64 Abs. 2 präzisiert werden.

Zu Z 30 bis 32 (§§ 65 Abs. 3, 67 Abs. 1 und 77 Abs. 2):

Bislang darf für Zwecke der Identitätsfeststellung eine erkennungsdienstliche Behandlung nur bei Personen durchgeführt werden, die sich im Zustand der Hilflosigkeit befinden und deren Identität nicht auf andere Weise feststellbar ist oder der Aufwand dafür unverhältnismäßig wäre (§ 65 Abs. 3). Nunmehr soll die erkennungsdienstliche Behandlung zur Feststellung der Identität grundsätzlich für alle in § 35 Abs. 1 genannten Fälle ermöglicht werden, jedoch im Sinne des ultima ratio Gedankens auf jene Fälle beschränkt, bei denen die Voraussetzungen für eine Identitätsfeststellung nach § 35 Abs. 1 zwar vorliegen, die Identität aber nicht auf andere Weise oder nur durch unverhältnismäßigen Aufwand festgestellt werden kann. Dies entspricht auch der Regelung in § 118 Abs. 2 StPO, derzufolge nur dann erkennungsdienstliche Daten zur Identitätsfeststellung ermittelt werden dürfen, wenn dies hiefür erforderlich ist. Anhand des gemäß § 65 Abs. 3 ermittelten erkennungsdienstlichen Datums kann gemäß § 75 Abs. 2 eine Abfrage in der zentralen erkennungsdienstlichen Evidenz nach § 75 Abs. 1 erfolgen. Die Daten sind nach § 73 Abs. 1 Z 6 zu löschen, wenn sie ihre Funktion für den Anlassfall erfüllt haben, das heißt, wenn das Ergebnis der Abfrage vorliegt.

Nur bei der derzeit schon vorgesehenen Möglichkeit der Identitätsfeststellung bei Hilflosen besteht auch nach einer zunächst negativen Abfrage die Notwendigkeit zur weiteren Speicherung in der lokalen Evidenz nach § 70, um etwa bei einer später erfolgenden Abgängigkeitsanzeige von Angehörigen die Identität klären zu können.

Aufgrund der Eingriffsintensität von Straftaten gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung und des hohen Stellenwertes dieses Rechtsgutes können bei Vorliegen aller übrigen Voraussetzungen nach § 67 Abs. 1, insbesondere einer entsprechenden Prognose, alle im 10. Hauptstück des Strafgesetzbuchs normierten Tatbestände unabhängig von der konkreten Strafdrohung die Ermittlung der DNA eines Menschen rechtfertigen (§ 67 Abs. 1).

Aus Gründen der Verwaltungsökonomie soll es nicht nur zulässig sein, dass ein Bescheid zur erkennungsdienstlichen Behandlung unterbleiben kann, wenn der Betroffene auch aus dem für die erkennungsdienstliche Behandlung maßgeblichen Grunde angehalten wird, sondern auch dann, wenn sich dieser aufgrund seiner Vernehmung nach der StPO bereits in der Dienststelle befindet.

Zu Z 34 bis 36 (§§ 82 Abs. 1 und 83 Abs. 1):

Der Schutz von Amtspersonen vor ungerechtfertigten Angriffen und Störungen ihrer Amtshandlungen ist eine Voraussetzung für ein ungestörtes Zusammenleben und eine sachgerechte Aufgabenerfüllung. Mitunter sehen sich die in § 82 Abs. 1 genannten Organe jedoch aggressivem Verhalten ausgesetzt, ohne dass damit eine Amtshandlung behindert wird. So kann sich das Verhalten etwa bloß gegen ein Organ der öffentlichen Aufsicht richten, dass nur dafür sorgt, dass andere Organe die Amtshandlung überhaupt vornehmen können. Mangels tatsächlicher Behinderung kann dieses Verhalten bislang jedoch nicht geahndet werden. Durch den Verzicht auf die Behinderung der Amtshandlung sollen – wie in der Vorgängerregelung nach Art. IX Abs. 1 Z 2 EGVG idF BGBl. Nr. 233/1977 – nunmehr grundsätzlich aggressive und damit schwerwiegend störende Verhaltensweisen gegenüber den genannten Organen als Verwaltungsübertretung geahndet werden.

Wie bei § 81 Abs. 1 soll die Höhe der Verwaltungsstrafe an die übrigen Verwaltungsübertretungen im SPG angepasst werden.

Außerdem soll eine redaktionelle Anpassung der Überschrift des § 82 vorgenommen werden.

Zu Z 37 (§ 83a Abs. 1):

Es handelt sich um eine terminologische Anpassung an § 5 Abs. 2.

Zu Z 40 (§ 94 Abs. 40 und 41):

Es handelt sich um die Inkrafttretensbestimmungen. Aufgrund des umfassenden technischen Umsetzungsbedarfs ist für die §§ 5 und 58e eine längere Legisvakanz erforderlich.

Zu Artikel 2 (Änderung des EU-Polizeikooperationsgesetzes)

Zu Z 1 (§ 25 Abs. 1):

Es handelt sich um eine redaktionelle Berichtigung.

Zu Z 2 (§ 33 Abs. 6):

Bislang wurde die Übermittlung an Behörden für Zwecke des Asyl- und Fremdenwesens unmittelbar auf Art. 40 Abs. 1 lit. b des Beschlusses 2007/533/JI über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation (SIS II), ABl. Nr. L 205 vom 07.08.2007 S. 63, gestützt. Nunmehr soll im Zuge der Anpassung des § 57 Abs. 3 SPG auch Abs. 6 entsprechend geändert werden.

Zu Z 3 (§ 39 Abs. 1):

Entsprechend dem Art. 36 des Beschlusses 2007/533/JI über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation (SIS II), ABl. Nr. L 205 vom 07.08.2007 S. 63, sollen nur schwere Straftaten zu einer Ausschreibung zur verdeckten Registrierung führen. Dies wird derzeit nur erlassmäßig entsprechend geregelt und soll nunmehr durch die Einschränkung auf mit beträchtlicher Strafe bedrohte Handlungen (vgl. § 17 SPG) auch im Gesetzestext eindeutig zum Ausdruck kommen.

Zu Z 4 bis 6 (§ 40):

Es bedarf der Anpassung des Abs. 1, da zur Fahndung ausgeschriebene Identitätsdokumente nicht nur zur Sicherstellung nach den Vorschriften des SPG oder im Strafverfahren, sondern etwa auch zur Abnahme nach dem Passgesetz 1992 (§ 15a PassG) sowie zur Entziehung nach dem Asylgesetz 2005 (§ 53 AsylG) und dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (§ 10 Abs. 5 und § 28 NAG) gesucht werden. All diese Maßnahmen werden vom Begriff der „Sicherstellung“, wie er im Schengenkontext verwendet wird, erfasst.

Im Rahmen des Schengener Informationssystems (SIS II) wird derzeit nach ca. 8.000 „foreign terrorist fighters“ gefahndet. Als eine der Maßnahmen zur Verhinderung der Ausreise werden Identitätsdokumente für ungültig erklärt und im SIS II zur Sicherstellung ausgeschrieben. In § 40 Abs. 3 soll nunmehr als Anschlussstück die Möglichkeit geschaffen werden, im Ausland für ungültig erklärte Identitätsdokumente dem im Inland betretenen Betroffenen abzunehmen und an die jeweils zuständige Vertretungsbehörde zu übergeben.

Während § 57 Abs. 2 SPG Regelungen in Bezug auf die nationale Fahndung trifft, soll § 40 Abs. 4 die schengenweite Fahndung regeln (siehe EB zu § 57 SPG).

Zu Z 7 (§ 46 Abs. 4 und 5):

Es handelt sich um die Inkrafttretensbestimmung sowie um die Beseitigung eines Redaktionsversehens.

Zu Artikel 3 (Änderung des Waffengebrauchsgesetzes 1969)

Zu Z 1 (§ 2):

Es soll eine Anpassung an die geänderten Begrifflichkeiten in § 5 Abs. 2 SPG erfolgen, um klar zu stellen, wer unter den personellen Anwendungsbereich des WaffGG fällt (vgl Keplinger/Nedwed, Waffengebrauchsgesetz 19696, § 2 Anm. 3.1 ff). Zusätzlich zu den Organen der Bundespolizei und der Gemeindewachkörper werden die Angehörigen des rechtskundigen Dienstes der Landespolizeidirektion und des Bundesministeriums für Inneres sowie sonstige Angehörige der Landespolizeidirektion und des Bundesministeriums für Inneres ausdrücklich in den Anwendungsbereich des WaffGG aufgenommen, wenn sie zur Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt ermächtigt sind.

Zu Z 2 (§ 15 Abs. 5):

Es handelt sich um die Inkrafttretensbestimmung.“

 

 

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf in der Fassung des erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Otto Pendl, Werner Amon, MBA mit Stimmenmehrheit (dafür: S, V, F, T dagegen: G, N) beschlossen.

 

 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für innere Angelegenheiten somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2016 06 29

                                  Angela Lueger                                                                       Otto Pendl

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann