Erläuterungen

Allgemeiner Teil:

Das Abkommen zwischen Island und der Republik Österreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll ist gesetzändernd bzw. gesetzesergänzend und bedarf daher der Genehmigung des Nationalrats gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG. Es hat nicht politischen Charakter. Es ist der unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Rechtsbereich zugänglich, sodass die Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 3 B-VG nicht erforderlich ist. Da durch das Abkommen Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, bedarf es überdies der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG.

Mit Island besteht derzeit keine Regelung zur Beseitigung der internationalen Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen. Damit ist der Empfehlung der OECD vom 23. Oktober 1997, derzufolge solche Abkommen zwischen allen Mitgliedsstaaten der OECD abgeschlossen werden sollten, im Verhältnis zu Island nicht umgesetzt. Durch das Fehlen eines Doppelbesteuerungsabkommens besteht daher ein Hindernis zum weiteren Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen zu diesem Staat. Zudem besteht kein Informationsaustausch zwischen den beiden Staaten, der dem OECD-Standard betreffend steuerliche Transparenz und Amtshilfebereitschaft entspricht.

Das Abkommen folgt in größtmöglichem Umfang, d.h. soweit dies mit den wesentlichen außen­steuerlichen Positionen der beiden Vertragsstaaten vereinbar ist, den Regeln des OECD-Musterabkommens i.d.F. Juli 2010.

Mit dem Inkrafttreten des Staatsvertrags werden im Wesentlichen keine finanziellen und keine personellen Wirkungen verbunden sein.


Besonderer Teil:

Zu Art. 1:

Das Abkommen ist auf natürliche und juristische Personen anzuwenden, die in einem der beiden Vertragsstaaten gemäß Art. 4 ansässig sind.

Zu Art. 2:

In sachlicher Hinsicht gilt das Abkommen für die in beiden Vertragsstaaten in Geltung stehenden oder künftig erhobenen Steuern vom Einkommen und vom Vermögen. Abweichend vom OECD-MA fallen Lohnsummensteuern nicht in den sachlichen Anwendungsbereich des Abkommens.

Zu Art. 3:

Dieser Artikel enthält die in Doppelbesteuerungsabkommen üblichen, OECD-konformen Begriffs­umschreibungen. Im geographischen Sinne umfasst der Begriff „Island“ gemäß Art. 3 Abs. 1 lit. a jene Gebiete, in denen Island in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht (insbesondere den Seerechts­konventionen) Hoheitsbefugnisse bzw. souveräne Rechte ausüben darf.

Zu Art. 4:

Diese Bestimmungen enthalten in Abs. 1 die OECD-Grundsätze für die Umschreibung des Begriffs Ansässigkeit. Abs. 2 sieht die OECD-konformen Lösungen für Ansässigkeitskonflikte bei natürlichen Personen vor. Abs. 3 sieht entsprechend dem OECD-MA vor, dass bei Ansässigkeitskonflikten bei juristischen Personen der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung entscheidend ist.

Zu Art. 5:

Dieser Artikel beinhaltet die Definition des Begriffs „Betriebstätte“. In OECD-konformer Weise versteht man unter dem Begriff „Betriebstätte“ eine feste Geschäftseinrichtung für die Ausübung einer unternehmerischen Tätigkeit.

Zu Art. 6:

Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen werden in Übereinstimmung mit den OECD-Grundsätzen in dem Vertragsstaat besteuert, in dem sich das betreffende Vermögen befindet.

Zu Art. 7:

Für die Aufteilung der Besteuerungsrechte an gewerblichen Gewinnen gilt die OECD-Regel vor dem Update 2010 betreffend die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Betriebstätte und Stammhaus. Gewinne, die ein Unternehmen eines Vertragsstaats aus dem anderen Vertragsstaat bezieht, dürfen nur insoweit besteuert werden, als sie einer in diesem Staat gelegenen Betriebstätte zurechenbar sind. Hiefür sind der Betriebstätte jene Gewinne zuzurechnen, die sie unabhängig von dem Unternehmen, dessen Betriebstätte sie ist, hätte erzielen können (Fremdverhaltensgrundsatz).

Zu Art. 8:

Diese Bestimmung sieht in Anlehnung an die international übliche Zuteilung der Besteuerungsrechte vor, dass Gewinne aus dem Betrieb von Seeschiffen und Luftfahrzeugen im internationalen Verkehr nur in dem Staat, in dem sich die Geschäftsleitung befindet, besteuert werden dürfen. Wegen Bedeutungslosigkeit wurde die im OECD-MA vorgesehene Einbeziehung der internationalen Binnenschifffahrt in diesem Artikel unterlassen.

Zu Art. 9:

Dieser Artikel befasst sich mit verbundenen Unternehmen (Mutter- und Tochtergesellschaften sowie Gesellschaften unter gemeinsamer Kontrolle). Er sieht in OECD-konformer Weise vor, dass in diesen Fällen die Steuerbehörden eines Vertragsstaats Gewinnberichtigungen vornehmen dürfen, wenn wegen der besonderen Beziehungen zwischen den Unternehmen nicht die tatsächlichen steuerlichen Gewinne ausgewiesen werden.

Zu Art. 10:

Das Besteuerungsrecht für Dividenden wird in Abs. 1 in Übereinstimmung mit den OECD-Grundsätzen dem Vertragsstaat zugeteilt, in dem der Dividendenempfänger ansässig ist.

Im Fall von Portfoliodividenden wird dem Quellenstaat OECD-konform ein mit 15% begrenztes Quellenbesteuerungsrecht eingeräumt, während Schachteldividenden einer Quellenbesteuerung von 5% unterliegen. Abweichend vom OECD-MA und analog zur Mutter-Tochter-Richtlinie liegen Schachteldividenden bereits ab einer Mindestbeteiligung von 10% vor.

Abweichend von den OECD-Grundsätzen gelten gemäß Abs. 3 Einkünfte, die nach dem Recht des Ansässigkeitsstaates der Gesellschaft Einkünften aus Aktien steuerlich gleichgestellt sind, als Dividenden, selbst wenn diese Einkünfte nicht aus Gesellschaftsanteilen stammen. Damit fallen unter den Begriff „Dividenden“ auch Zuwendungen von Stiftungen nach § 27 Abs. 5 Z 7 EStG 1988.

Der Betriebstättenvorbehalt (Abs. 4) und der Ausschluss der sogenannten „exterritorialen Dividenden­besteuerung“ (Abs. 5) finden sich im OECD-MA.

Zu Art. 11:

Das Besteuerungsrecht für Zinsen wird in Übereinstimmung mit den OECD-Grundsätzen dem Vertragsstaat zugeteilt, in dem der Zinsenempfänger ansässig ist.

Entgegen dem OECD-MA verzichtet aber der Quellenstaat auf seine Besteuerungsrechte.

Zu Art. 12:

In Bezug auf Lizenzeinkünfte sieht das Abkommen entgegen den OECD-Grundsätzen ein Quellenbesteuerungsrecht von 5% vor. Abs. 2 und Abs. 5 orientieren sich am UN-MA. Entsprechend der im Protokoll festgehaltenen Auslegungsgrundsätze ist Art. 12 nach Möglichkeit OECD-konform auszulegen.

Zu Art. 13:

Diese Bestimmung folgt den im OECD-MA vor dem Update 2002 üblichen Regelungen für die Besteuerung von Gewinnen aus Vermögensveräußerungen.

Wegen Bedeutungslosigkeit wurde die im OECD-MA vorgesehene Einbeziehung der internationalen Binnenschifffahrt in diesem Artikel unterlassen.

Zu Art. 14:

Private Aktivbezüge werden im Allgemeinen im Tätigkeitsstaat besteuert.

Abs. 2 enthält hiebei die Ausnahmebestimmung für kurzfristige Auslandstätigkeiten (183-Tage-Klausel), und Abs. 3 eine Ausnahmeregelung für Seeschifffahrt und Luftfahrt. Wegen Bedeutungslosigkeit wurde die im OECD-MA vorgesehene Einbeziehung der internationalen Binnenschifffahrt in Abs. 3 unterlassen.

Zu Art. 15:

Das Besteuerungsrecht für Aufsichtsratsbezüge wird entsprechend dem OECD-MA dem Vertragsstaat zugeteilt, in dem die Gesellschaft, die die Aufsichtsratsbezüge auszahlt, ihren Sitz hat.

Zu Art. 16:

Für die Besteuerung der Künstler und Sportler werden die OECD-Grundsätze übernommen. Demnach steht jenem Staat das Besteuerungsrecht zu, in dem der Künstler oder Sportler persönlich auftritt (Abs. 1).

Dieses Quellenbesteuerungsrecht geht auch dadurch nicht verloren, dass die Einkünfte nicht unmittelbar dem Künstler oder Sportler, sondern einem zwischengeschalteten Rechtsträger zufließen (Abs. 2).

Eine Ausnahme besteht für öffentlich geförderte Tätigkeiten im anderen Vertragsstaat, die der Besteuerung im Ansässigkeitsstaat unterliegen (Abs. 3). Diese Bestimmung entspricht nicht dem OECD-MA, wird allerdings im OECD-Kommentar (Anm. 14 zu Art. 17) explizit erläutert. In Übereinstimmung mit den Protokollbestimmungen gelten die Bestimmungen des Abs. 3 auch für die Trägerkörperschaften von Orchestern, Theatern, Balletten sowie für die Mitglieder solcher Kulturträger, wenn diese Trägerkörperschaften auf Dauer im Wesentlichen ohne Gewinnerzielung tätig sind und dies durch die zuständige Behörde im Ansässigkeitsstaat bestätigt wird.

Zu Art. 17:

Art. 17 weist in OECD-konformer Weise dem Ansässigkeitsstaat das Besteuerungsrecht an Ruhebezügen für frühere unselbständige Arbeit zu. Ruhgehälter frühere Tätigkeiten im öffentlichen Dienst unterliegen den Zuteilungsregeln des Art. 18. Andere Ruhegehälter, wie etwa Pensionen für frühere gewerbliche Tätigkeiten, werden von Art. 20 Abs. 1 erfasst (Ansässigkeitsprinzip).

Zu Art. 18:

Aktiv- und Ruhebezüge, die aus öffentlichen Kassen an öffentlich Bedienstete gezahlt werden, dürfen gemäß den in Art. 18 übernommenen OECD-Grundsätzen im Allgemeinen nur in jenem Vertragsstaat besteuert werden, in dem sich die auszahlende öffentliche Kasse befindet. Diese Regelung steht unter Ortskräftevorbehalt (Abs. 1 lit. b und Abs. 2 lit. b) und unter dem Vorbehalt erwerbswirtschaftlicher Betätigungen der öffentlichen Hand (Abs. 3).

Abweichend vom OECD-MA vor dem Update 2005 bezieht sich Art. 18 auch auf Körperschaften des öffentlichen Rechts auf, wodurch für Bezüge Bediensteter österreichischer Kammern das Kassenstaats­prinzip gilt.

Zu Art. 19:

Durch diese Bestimmung werden auf OECD-Basis die den Auslandsstudenten aus dem Ausland (in Bezug auf den Studienort) zufließenden Zuwendungen steuerfrei gestellt. Diese Regelung gilt ebenso für Praktikanten und Lehrlinge.

Zu Art. 20:

Dieser Artikel sieht in OECD-konformer Weise grundsätzlich vor, dass dem Staat das Besteuerungs­recht an allen Einkünften zugewiesen wird, in dem die Person, die die Einkünfte bezieht, ansässig ist, sofern im Abkommen keine besondere Zuteilungsregel vorgesehen ist.

Zu Art. 21:

Es wird in OECD-konformer Weise vorgesehen, dass unbewegliches Vermögen (Abs. 1) und bewegliches Betriebsvermögen (Abs. 2) in dem Vertragsstaat besteuert werden darf, in dem dieses Vermögen liegt bzw. in der sich die Betriebstätte befindet, der das Vermögen zugehört.

Abs. 3 stellt eine korrespondierende Bestimmung zu Art. 8 dar, derzufolge Seeschiffe und Luftfahrzeuge, die im internationalen Verkehr eingesetzt sind, sowie zugehörige bewegliche Vermögenswerte nur in dem Staat, in dem sich die Geschäftsleitung des Unternehmens befindet, besteuert werden dürfen.

Alle übrigen Vermögensteile (Abs. 4) einer Person sind ausschließlich in dem Vertragsstaat zu besteuern, in dem diese Person ansässig ist.

Zu Art. 22:

In diesem Artikel werden die Methoden festgelegt, nach denen die Doppelbesteuerung vermieden wird. Island wendet auf OECD-Grundlage die Anrechnungsmethode an. Österreich wendet auf OECD-Grundlage die Befreiungsmethode unter Progressionsvorbehalt in Bezug auf steuerfreizustellende Einkünfte an.

Zu Art. 23:

Dieser Artikel enthält die OECD-konformen Regelungen über das Verbot von Diskriminierungen aus Gründen der Staatsangehörigkeit (Abs. 1) oder der Kapitalbeteiligung (Abs. 4). Desgleichen ist eine Diskriminierung von Betriebstätten ausländischer Unternehmen gegenüber inländischen Unternehmen untersagt (Abs. 2).

Zu Art. 24:

Die Vorschriften über das in Streit- oder Zweifelsfällen durchzuführende Verständigungsverfahren entsprechen dem OECD-MA vor dem Update 2008.

Zu Art. 25:

Durch diesen Artikel verpflichten sich die beiden Vertragsstaaten, alle Auskünfte auszutauschen, die für die richtige Durchführung des Abkommens oder des nationalen Rechts der Vertragsstaaten betreffend die vom persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich des Abkommens erfassten Steuern erforderlich sind („großer“ Auskunftsverkehr).

Der letzte Satz in Abs. 2 wurde aufgrund einer OECD-Empfehlung vom 14. Oktober 2010 eingefügt. Diese Bestimmung ermöglicht, dass Steuerinformationen in bestimmten Fällen (z. B. im Kampf gegen Geldwäsche, Korruption oder Terrorismusfinanzierung) an andere Behörden und Gerichten weitergegeben werden können.

Dem Verweis auf die Grundrechte und im Besonderen auf den Datenschutz in Abs. 3 lit. c kommt ein überwiegend klarstellender Charakter zu.

Die im Protokoll zu Art. 25 vereinbarten Durchführungsbestimmungen sind zu beachten.

Zu Art. 26:

Das Abkommen sieht die Amtshilfe bei der Vollstreckung von Steuern vor, wobei abweichend vom OECD-MA eine sachliche Einschränkung auf Steuern im Sinne des Art. 2 vereinbart wurde.

In den Abs. 3, 4 und 8 findet sich die sich die Formulierung „endgültig fällig“, während die Text­passage „von einer Person geschuldet wird, die berechtigt ist, die Vollstreckung zu verhindern“ ausgelassen wurde. Die Vertragsstaaten sind sich einig, dass die gewählte Formulierung zu keinen inhaltlichen Unterschieden im Verhältnis zum OECD-MA führen soll.

Abs. 6 dient dem Rechtsschutz. Beispielsweise sollen, wenn infolge eines Zustellmangels die Festsetzung der Steuer nicht rechtmäßig erfolgt ist, die Abgabenansprüche nicht ohne vorhergehende Beratungen (im Rahmen eines Verständigungsverfahrens) Gegenstand der Vollstreckungsamtshilfe werden.

Durch die Klarstellung in Abs. 7, wonach durch Art. 26 keine Ansprüche auf Verfahren bei Gerichten oder Verwaltungsbehörden des anderen Vertragsstaats geschaffen werden, wird lediglich die Aussage des vorhergehenden Satzes unterstrichen.

Zu Art. 27:

Dieser Artikel regelt OECD-konform in klarstellender Weise das Verhältnis des Doppelbesteuerungs­abkommens zu den völkerrechtlich privilegierten Personen.

Zu Art. 28 und 29:

Diese Bestimmungen betreffen den zeitlichen Anwendungsbereich des Doppelbesteuerungs­abkommens.


 

Protokoll:

Zu Z 1:

Diese Bestimmung legt fest, dass auch Trägergesellschaften von Orchestern, Theatern oder Balletten unter Art. 16 Abs. 3 fallen sollen.

Zu Z 2:

Im dieser Protokollbestimmung werden die verwaltungstechnischen Auslegungsgrundsätze betreffend die Durchführung des steuerlichen Informationsaustausches entsprechend dem international üblichen Standard geregelt.

Die Darstellung der voraussichtlichen Erheblichkeit der Auskünfte wird im Protokoll analog zu Art. 5 Abs. 5 des OECD-Musters für Abkommen über den Informationsaustausch in Steuersachen (“TIEA”) geregelt.

Es wird auch klargestellt, dass die in Art. 26 vorgesehene Amtshilfe nicht Maßnahmen, die lediglich der Beweisausforschung dienen (“fishing expeditions” oder „Streifzüge“), und auch nicht den spontanen oder automatischen Informationsaustausch einschließt.

Zu Z 3:

Durch das Protokoll soll klargestellt werden, dass für die Auslegung des Abkommens die Grundsätze des OECD-Kommentars zum OECD-MA maßgebend sind. Dieser Kommentar kann von Zeit zu Zeit überarbeitet werden.