1279 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie

über die Regierungsvorlage (1254 der Beilagen): Bundesgesetz über die Qualifikationsbezeichnungen „Ingenieurin“ und „Ingenieur“ (Ingenieurgesetz 2017 – IngG 2017)

Die aufgrund des geltenden Ingenieurgesetzes 2006 verliehene Standesbezeichnung „Ingenieurin“ bzw. „Ingenieur“ bestätigt, dass die Inhaberin / der Inhaber über eine schulische Vorqualifikation, entweder eine Diplom- und Reifeprüfung einer höheren technischen und gewerblichen bzw. einer höheren land- und forstwirtschaftlichen Lehranstalt oder eine vergleichbare Qualifikation verfügt sowie eine fachbezogene (mindestens drei- bzw. sechsjährige) der Ausbildung entsprechende Praxis absolviert hat. Das Inge-nieurgesetz normiert damit ein System der Validierung informellen Lernens in der (beruflichen und au-ßerberuflichen) fachbezogenen und gehobenen Praxis. Die Standesbezeichnung ist in Europa in der vor-liegenden Form einzigartig und in der Wirtschaft anerkannt und geschätzt.

Derzeit wird die Standesbezeichnung „Ingenieurin“ bzw. „Ingenieur“ für technische und gewerbliche Fachrichtungen jährlich rund 4.500 Mal und für land- und forstwirtschaftliche Fachrichtungen jährlich rund 400 Mal verliehen.

Allerdings fehlen der Standesbezeichnung verschiedene Elemente, damit sie als Qualifikation in den Nationalen Qualifikationsrahmen und in weiterer Folge in den Europäischen Qualifikationsrahmen einge-ordnet werden kann. Dazu zählen insb. einheitliche Standards für die Beurteilung der Praxis, dh insb. die Definition von Lernergebnissen, die nach Abschluss der Schule und Absolvierung der Praxis erreicht werden (müssen), und ein valides Verfahren zur Feststellung über deren Vorliegen. Gemäß den derzeitigen Bestimmungen ist diesbezüglich die Vorlage einer Bestätigung durch die Arbeitgeberin / den Arbeitgeber ausreichend.

Hinkünftig sollen die Bewerberinnen und Bewerber mit Expertinnen und Experten aus ihrem jeweiligen Fachbereich ein Fachgespräch führen, in dem das Vorliegen fortgeschrittener Kenntnisse und Fertigkeiten im eigenen Arbeitsbereich, Innovationsfähigkeit sowie die Fähigkeit zur eigenverantwortlichen Handha-bung komplexer fachlicher oder beruflicher Tätigkeiten im entsprechenden Fachbereich und zu deren Aufsicht, auch in nicht vorhersehbaren Arbeitskontexten, festgestellt wird. Das Schema der Fachgesprä-che ist so zu strukturieren, dass eine Zuordnung zum NQR Qualifikationsniveau 6 gemäß dem Prozedere des NQR Gesetzes erfolgen kann.

Grundlage für die Feststellung der einzelnen fachbezogenen Lernergebnisse ist die kompetenzorientierte Beschreibung der einzelnen Arbeitsbereichen zugeordneten Praxistätigkeiten in den gemäß § 3 zu erlas-senden Verordnungen.

Die Durchführung der Verfahren 1. Instanz inkl. der Abwicklung der Fachgespräche soll hinkünftig durch Zertifizierungsstellen erfolgen. Die Zertifizierungsstelle für Ingenieurinnen und Ingenieure land- und forstwirtschaftlicher Fachrichtungen ist das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (§ 6 des Entwurfes). Zertifizierungsstellen für technische oder gewerbliche Fach-richtungen können alle geeigneten privatrechtlichen oder sozialpartnerschaftlichen Einrichtungen sein, die die im Gesetz definierten (Mindest)Erfordernisse erfüllen und mittels Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung Wirtschaft beliehen wurden bzw. die diese Aufgabe für ihren übertragenen Wirkungsbereich mittels Verordnung zugewiesen bekommen haben (§ 4 des Entwurfes).

Sowohl für die Qualifikationsträger als auch die österreichischen Unternehmen ergeben sich insbesondere folgende Vorteile:

-       Unterstützung von Bewerbungen am (europäischen) Arbeitsmarkt,

-       Darstellung des Qualifikationsniveaus von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Rahmen inter-nationaler Ausschreibungen,

-       Aufwertung berufspraktischer Qualifikationen, insb. im europ. Kontext,

-       Schaffung eines Instruments zur Validierung informellen Lernens (auch als österreichisches „best practice“ zur Empfehlung 2012/C 398/01 zur Validierung nichtformalen und informellen Ler-nens, ABl. Nr. C 398 vom 22.12.2012 S.1).

Um die Neugestaltung als Qualifikation entsprechend den Anforderungen des Europäischen und Nationalen Qualifikationsrahmens nachzuvollziehen, soll der Ausdruck „Standesbezeichnung“ durch den Ausdruck „Qualifikationsbezeichnung“ ersetzt werden.

 

Der Ausschuss für Wirtschaft und Industrie hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 04. Oktober 2016 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen des Berichterstatters Abgeordneten Mag. Josef Lettenbichler die Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter, Ing. Christian Höbart und Mag. Birgit Schatz sowie der Staatssekretär im Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft Dr. Harald Mahrer.

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf mit Stimmenmehrheit (dafür: S, V, F, T, dagegen: G, nicht anwesend: N) beschlossen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Wirtschaft und Industrie somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (1254 der Beilagen) die verfassungs­mäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2016 09 04

                         Mag. Josef Lettenbichler                                                          Peter Haubner

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann