Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Anlass und Ziel der Reform

Das Rechtspflegergesetz regelt die Verteilung und Abgrenzung der Zuständigkeiten der Entscheidungsorgane Richter und Rechtspfleger. Mit dem Vorhaben sollen Zuständigkeiten insoweit verschoben werden, als ihre Zuordnung zum jeweils anderen Entscheidungsorgan auf Grund der Rechtsentwicklung, auf Grund von Rückmeldungen aus der Praxis oder auf Grund der Geldentwertung geboten oder wünschenswert ist. Aus diesem Anlass sollen auch Klarstellungen getroffen werden, die nach Analyse der Rechtsprechung notwendig erscheinen, und redaktionelle Änderungen in den Verweisungen durchgeführt werden.

Ziel des Vorhabens ist eine Zuständigkeitsabgrenzung, welche die Zuständigkeitsgebiete der jeweiligen Entscheidungsorgane sachlogisch besser abgrenzt und ungeplante Anfallsverschiebungen auf Grund der Geldentwertung vermeidet.

Hauptgesichtspunkte des Entwurfs

Das Vorhaben umfasst hauptsächlich folgende Maßnahmen:

- In allen Rechtspflegern zugewiesenen Tätigkeitsgebieten Ausweitung der Befugnis der Rechtspfleger zur Verhängung von Ordnungsstrafen;

- in Exekutionssachen

                die Übertragung der Entscheidung über die Aufschiebung der Exekution nach § 45a EO und nach § 264a EO an die Rechtspfleger;

                Anordnung eines Richtervorbehalts für Fälle, in denen eine Anpassung des ausländischen Exekutionstitels erforderlich ist, für die Einstellung der Exekution auf Grund ausländischer Exekutionstitel auf Grund von Versagungsgründen und für die Vollstreckbarerklärung ausländischer Exekutionstitel;

- in Insolvenzsachen

                Übertragung der Rechtshilfe in Sanierungsverfahren an die Rechtspfleger;

                Übertragung sämtlicher Schuldenregulierungsverfahren an die Rechtspfleger durch Entfall der bisherigen Wertgrenze von 50 000 Euro;

                Übertragung der Stimmrechtsentscheidungen an die Rechtspfleger;

- in Verlassenschaftsverfahren

                Anhebung der Wertgrenze für die Zuständigkeit der Rechtspfleger bei Nachlassaktiva auf 200 000 Euro;

                Entfall des Richtervorbehalts für Fälle der Nacherbschaft („fideikommissarische Substitution“);

- in Kindschafts- und Sachwalterschaftsangelegenheiten

                Anhebung der Wertgrenze für die Zuständigkeit der Rechtspfleger für Fälle der Vermögensverwaltung auf 150 000 Euro;

- in Firmenbuchsachen

                Anhebung der Wertgrenze für die Zuständigkeit der Rechtspfleger für die erste Eintragung einer GmbH auf 100 000 Euro;

                Zuständigkeit von Rechtspfleger für die Eintragung von Zweigniederlassungen von Rechtsträgern mit Hauptniederlassung in der EU sowie für das Verfahren nach § 280a UGB;

                Richterzuständigkeit für die Auswahl bestimmter gesetzlicher Vertreter auch bei bloßer Umbestellung;

                Klarstellungen der Richterzuständigkeit für Vorgänge, durch die ein Betrieb oder Teilbetrieb übertragen wird;

                Rechtspflegerzuständigkeit für die Eintragung von Prokuristen und Liquidatoren sowie von exekutions- und insolvenzrechtlichen Entscheidungen;

- redaktionelle Anpassungen (etwa: Entfall unzutreffender Verweisungen).

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union

Keine.

Finanzielle Auswirkungen

Mit der vorliegenden Novelle des Rechtspflegergesetzes sollen ausschließlich legistisch notwendig gewordene sowie inflations- und indexbedingte Anpassungen vorgenommen worden. In Summe erfolgen dadurch keine Aufgabenverschiebungen in einem Umfang, der eine veränderte Personalverteilung und damit einen Planstellentransfer rechtfertigen würde. Budgetäre Auswirkungen sind mit diesem Gesetzesvorhaben somit nicht verbunden.

Kompetenzgrundlage

Die Zuständigkeit des Bundes zur Erlassung des vorgeschlagenen Bundesgesetzes ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG („Zivilrechtswesen einschließlich des wirtschaftlichen Assoziationswesens, jedoch mit Ausschluss von Regelungen, die den Grundstücksverkehr für Ausländer und den Verkehr mit bebauten oder zur Bebauung bestimmten Grundstücken verwaltungsbehördlichen Beschränkungen unterwerfen, einschließlich des Rechtserwerbes von Todes wegen durch Personen, die nicht zum Kreis der gesetzlichen Erben gehören“).

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens

Keine.

Besonderer Teil

Zu Z 1 (§ 16 Abs. 1 Z 6):

§ 16 beschäftigt sich mit den für alle Wirkungskreise der Rechtspfleger gemeinsamen Bestimmungen. Abs. 1 legt diejenigen Tätigkeiten fest, die – in allen Wirkungskreisen – in die Zuständigkeit des Rechtspflegers fallen, Abs. 2 regelt die dem Richter vorbehaltenen Tätigkeiten in den grundsätzlich in den Wirkungsbereich des Rechtspflegers fallenden Bereichen.

§ 16 Abs. 1 Z 6 sieht vor, dass der Rechtspfleger in den ihm zugewiesenen Tätigkeitsgebieten nur Ordnungsstrafen bis zum Betrag von 200 Euro verhängen darf. In Firmenbuchsachen darf er allerdings in Vollziehung des § 24 FBG und des § 283 UGB Zwangsstrafen bis zu 3 600 Euro pro Strafe verhängen (6 Ob 100/00z); dies auch mehrmals. Diese unterschiedliche Behandlung der verschiedenen Wirkungskreise soll beseitigt werden. Der Rechtspfleger soll daher auch außerhalb des Firmenbuchverfahrens Ordnungsstrafen bis zur gesetzlich vorgesehenen Höhe verhängen dürfen.

Zu Z 2 (§ 17 Abs. 2 Z 4):

§ 17 legt den Aufgabenbereich der Rechtspfleger in Zivil und Exekutionsverfahren fest. Im Exekutionsverfahren entscheidet bereits jetzt der Rechtspfleger über Aufschiebungsanträge. Nur die Entscheidung über jene Anträge, die die Beurteilung der Erfolgsaussichten eines gegen den Titel oder die Exekution eingebrachten Rechtsbehelfs erfordern, fällt in die Zuständigkeit des Richters. Es soll daher auch die Aufschiebung nach § 45a EO, die auf Antrag des Gläubigers oder mit dessen Zustimmung bei Vorliegen einer Zahlungsvereinbarung zwischen dem betreibenden Gläubiger und dem Schuldner zu gewähren ist, in die Zuständigkeit des Rechtspflegers fallen. Gleiches gilt für die Aufschiebung nach § 264a EO. Nach dieser Bestimmung kann der im Rahmen der Fahrnisexekution angeordnete Verkauf der gepfändeten Gegenstände aufgeschoben werden, wenn die betriebene Forderung durch Exekution auf wiederkehrende Geldleistungen innerhalb eines Jahres hereingebracht werden kann. Von den Rekursgerichten wurde dies bei der Aufschiebung nach § 45a EO auch bereits so entschieden.

Zu Z 3 (§ 17 Abs. 2 Z 5):

Die Verweisung auf § 6a Abs. 2 zweiter Satz GEG ist mittlerweile unzutreffend und soll daher entfallen.

Zu Z 4 (§ 17 Abs. 3):

Während § 17 Abs. 2 die Zuständigkeit des Rechtspflegers in Exekutionssachen regelt, normiert § 17 Abs. 3 die dem Richter vorbehaltenen Aufgaben in den sonst dem Rechtpfleger zugewiesenen Exekutionsverfahren. Neben der Richterzuständigkeit für die Festsetzung des Schadens und die Auferlegung einer Mutwillensstrafe nach § 54g EO fällt auch die Vollstreckbarerklärung ausländischer Exekutionstitel, einschließlich der Bewilligung der Exekution in diesen Fällen, in die Zuständigkeit des Richters.

Gerade im Bereich der Vollstreckung ausländischer Exekutionstitel hat es in den letzten Jahren viele Veränderungen gegeben. Von dem Grundsatz, dass ausländische Titel nur dann in Österreich vollstreckt werden, wenn diese in einem eigenen Verfahren für vollstreckbar erklärt wurden (s § 79 EO), wurde mittlerweile in einigen Rechtsakten der EU abgegangen. So sehen zB die EuMahnVO und auch die EuBagatellVO kein Vollstreckbarerklärungsverfahren mehr vor. Zuletzt wurde nun aufgrund der Änderung der EuGVVO, wonach für unter deren Anwendungsbereich fallende Titel eine Vollstreckbarerklärung nicht mehr erforderlich ist, sondern gleich ein Exekutionsantrag gestellt werden kann, für so gut wie alle Exekutionstitel aus EU-Mitgliedstaaten die Vollstreckbarerklärung abgeschafft. Eine Vollstreckbarerklärung ist nur mehr in wenigen EU-Vorschriften vorgesehen (zB EuErbVO und EuUVO), sodass die Vollstreckbarerklärung in erster Linie bei Nicht-EU-Titeln greift.

Anstelle der Vollstreckbarerklärung sehen die meisten EU-Instrumente nun vor, dass die sonst im Rahmen des Vollstreckbarerklärungsverfahrens zu klärenden Einwendungen des Schuldners im Exekutionsverfahren als mit Einstellungsantrag geltend zu machende Versagungsgründe zu prüfen sind (s die in der EO-Novelle 2016 vorgeschlagene, klarstellende Regelung in § 406 Abs. 1 EO).

Es wäre daher nun für die Vollstreckung auch solcher ausländischer Titel, sofern das gewählte Exekutionsmittel in den Wirkungsbereich des Rechtspflegers fällt, der Rechtspfleger zuständig. Der einen Teil des Exekutionsverfahrens bildende Verfahrensabschnitt über die Versagungsgründe würde somit in die Zuständigkeit des Rechtspflegers fallen, dieser wäre auch für die Prüfung und Entscheidung über geltend gemachte Versagungsgründe zuständig. Nur dann, wenn es erforderlich wäre, auch materielles Recht eines anderen EU-Staates anzuwenden, würde der Richtervorbehalt greifen. Dies wird häufig der Fall sein, weil allein die Frage, ob der Titel von einer zu seiner Schaffung zuständigen Stelle stammt, schon die Anwendung materiellen ausländischen Rechts erfordert. So hat auch bereits das LG Klagenfurt zu 1 R 267/15g ausgesprochen, dass zur Beantwortung der Frage der Zuständigkeit eines deutschen Notars zur Bestätigung einer Urkunde als Europäischer Vollstreckungstitel nach der EuVTVO deutsches Recht, somit ausländisches Recht anzuwenden ist, und daher der Richtervorbehalt greift.

Dagegen hat der OGH bereits in den Entscheidungen 6 Ob 152/12i und 10 Ob 2/14p ausgesprochen, dass das Recht der Europäischen Union nicht ausländisches Recht ist. Damit ist klargestellt worden, dass Entscheidungen, bei denen Rechtsvorschriften anzuwenden sind, die sich aus in Österreich unmittelbar anwendbaren Rechtsakten der EU ergeben, wie zB der EuUVO oder der EuErbVO, kein ausländisches, sondern (auch) inländisches Recht sind und daher in die Zuständigkeit des Rechtspflegers fallen.

Damit hat eine Verschiebung von Zuständigkeiten stattgefunden, die rückgängig gemacht werden soll. Die im Wesentlichen gleich gebliebenen Versagungsgründe, insbesondere auch der ordre-public-Vorbehalt, wurden bisher vom Richter (nämlich im Rahmen des Vollstreckbarerklärungsverfahrens) geprüft. Durch die vorgeschlagene Änderung (§ 17 Abs. 3 Z 2) soll der bisherige status quo wieder hergestellt werden. Im Übrigen wird der Richtervorbehalt bereits dann wirksam, wenn die Notwendigkeit der Berücksichtigung einer ausländischen Rechtsvorschrift zumindest in Betracht kommt (RS0125906), also bereits dann, wenn bloß Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ausländisches Recht relevant sein wird (10 Ob 2/14p). Die Anordnung des Richtervorbehalts für die Prüfung der Versagungsgründe dient daher auch der Vermeidung von Unklarheiten und Unsicherheiten in dieser wichtigen Frage, stellt doch die fälschliche Behandlung durch den Rechtspfleger anstelle des Richters einen Nichtigkeitsgrund dar.

Die zuletzt genannten Argumente treffen auch auf die weitere, nun in die Z 1 des § 17 Abs. 3 aufgenommene neu vorgesehene Ausnahme zu. Der Richtervorbehalt soll nicht nur für die Vollstreckbarerklärung ausländischer Titel sowie die Behandlung von Versagungsgründen vorgesehen sein, sondern auch für die Fälle, in denen eine Anpassung des ausländischen Exekutionstitels erforderlich ist, weil dieser eine Maßnahme oder Anordnung enthält, die in der österreichischen Exekutionsordnung nicht vorgesehen ist (s den im Entwurf einer EO-Novelle 2016 vorgeschlagenen § 404 EO). Auch ausländische Bruchteilstitel bedürfen einer Anpassung zur Vollstreckung in Österreich (s § 405); es fällt daher auch die Einleitung dieser Exekutionsverfahren unter den Richtervorbehalt.

Zu Z 5 (§ 17a):

§ 17a umschreibt den Wirkungskreis des Rechtspflegers in Insolvenzsachen. Abs. 1 legt als Aufgabenbereich des Rechtspflegers die Geschäfte in „Konkurssachen“ vor dem Bezirksgericht fest. Der Begriff der „Konkurssachen“ soll entsprechend der Terminologie des IRÄG 2010 entfallen. Damit ist aber nicht bloß eine rein sprachliche, sondern auch eine inhaltliche Änderung verbunden. Es fällt dadurch nicht nur die Rechthilfe in den vor den Landesgerichten zu führenden Konkurssachen, sondern auch die Rechtshilfe in Sanierungsverfahren in den Wirkungsbereich des Rechtspflegers.

§ 17a Abs. 2 legt die dem Richter vorbehaltenen Entscheidungen in den sonst zur Gänze in den Wirkungsbereich des Rechtspflegers fallenden Schuldenregulierungsverfahren fest. Derzeit wird bei den Bezirksgerichten das Schuldenregulierungsverfahren von den Rechtspflegern geführt, sofern die Aktiven voraussichtlich den Betrag von 50 000 Euro nicht übersteigen. Ist dies der Fall, dann fällt das Verfahren in die Zuständigkeit des Richters. Diese Wertgrenze soll entfallen, der Rechtspfleger soll in Hinkunft für alle Schuldenregulierungsverfahren zuständig sein. Auch die Stimmrechtsentscheidungen, die durch das Insolvenzrechtsänderungsgesetz 2010 ohnedies zurückgedrängt wurden, weil eine solche Entscheidung gemäß § 93 Abs. 4 IO nur dann zu treffen ist, wenn das Abstimmungsergebnis je nach Berücksichtigung verschieden ist und im Fall des § 93 Abs. 2 IO nur auf Begehren erfolgt, soll in Hinkunft der Rechtspfleger treffen können. Dieser ist mit der Sache vertraut, auch weil er die oft unvertretenen Schuldner über die Anerkennung der Insolvenzforderung belehren muss. Eine rasche Entscheidung noch in der Verhandlung ist auch wichtig und sinnvoll. Nur die Entscheidung über die Restschuldbefreiung nach Billigkeit soll beim Richter bleiben.

Zu Z 6 (§ 18 Abs. 2 Z 1 lit. a):

Diese Bestimmung legt für die Abgrenzung der Zuständigkeit in Verlassenschaftsverfahren fest, dass die Erledigung von Verlassenschaftssachen dann in die Richterzuständigkeit fällt, wenn die Aktiven der Verlassenschaft voraussichtlich einen bestimmten Wert übersteigen. Dieser Wert beträgt derzeit 150 000 Euro. Diese Wertgrenze wurde zuletzt mit dem AußStr-BegleitG, BGBl Nr.112/2003 (Inkrafttreten 1.1.2005) geändert. Laut VPI-Index ergibt sich hochgerechnet auf das Jahr 2015 ein valorisierter Betrag von rund 185 000 Euro (1.1.2005 bis September 2015). Um die weitere Preisentwicklung bereits zu berücksichtigen und damit eine alsbaldige neuerliche Anhebung der Wertgrenze zu vermeiden, soll die Wertgrenze mit 200 000 Euro festgelegt werden.

Zu Z 7 (§ 18 Abs. 2 Z 1 lit. d):

Der Richtervorbehalt bei Anordnung einer fideikommissarischen Substitution – ab 1.1.2017 durch das ErbRÄG 2015 als Nacherbschaft bezeichnet - soll entfallen. Es handelt sich vielfach um eine verwaltende Tätigkeit, die gegenüber den sonstigen Verlassenschaftsverfahren keine besonderen Schwierigkeiten mit sich bringt. Es besteht daher keine Notwendigkeit einer Differenzierung.

Zu Z 8 (§ 19 Abs. 2 Z 4):

Diese Bestimmung legt für die Abgrenzung der Zuständigkeit in Kindschafts- und Sachwalterschaftsangelegenheiten fest, dass die Überwachung der Anlegung, der Verwaltung und der Veränderung am Stand des Vermögens eines Minderjährigen oder sonstigen Pflegebefohlenen dann in die Richterzuständigkeit fällt, wenn der Wert des Vermögens voraussichtlich einen bestimmten Betrag übersteigt. Dieser Betrag beträgt derzeit 100 000 Euro. Diese Wertgrenze wurde zuletzt mit dem 1. Euro-Umstellungsgesetz-Bund (= 2. Euro-Justiz-Begleitgesetz), BGBl. Nr. 98/2001, geändert. Damals wurde der Betrag von 500 000 Schilling durch den Betrag von 100 000 Euro ersetzt, also eine weit über eine bloße Euro-Anpassung hinausgehende Erhöhung vorgenommen. Laut VPI-Index ergibt sich hochgerechnet auf das Jahr 2015 ein valorisierter Betrag von rund 130 000 Euro (1.1.2002 bis September 2015). Um die weitere Preisentwicklung bereits zu berücksichtigen und damit eine alsbaldige neuerliche Anhebung der Wertgrenze zu vermeiden, soll die Wertgrenze mit 150 000 Euro festgelegt werden.

Zu Z 9 (§ 22 Abs. 1):

§ 22 Abs. 1 bestimmt, dass der Wirkungskreis des Rechtspflegers in Firmenbuchsachen alle mit der Führung des Firmenbuchs zusammenhängenden Geschäfte umfasst. Abs. 2 listet die dem Richter vorbehaltenen Aufgaben auf.

Die Anordnung, dass auch Verfahren nach § 280a UGB (einschließlich der Zwangsstrafverfahren, siehe dazu den folgenden Absatz) in die Zuständigkeit des Rechtspflegers fallen, wenn der ausländische Rechtsträger aus dem EU-Raum stammt, stellt einen Gleichklang mit der vorgesehenen Zuständigkeit für die Ersteintragung dieser Zweigniederlassung her. Diese Ergänzung des § 22 Abs. 1 geht, wie auch § 22 Abs. 2 Z 1 lit. c, dem § 16 Abs. 2 Z 6 als speziellere Regelung vor.

Hingegen wurde von der im Begutachtungsentwurf noch vorgesehenen Bestimmung, dass die Rechtspflegerzuständigkeit in Firmenbuchsachen jeweils auch die Führung von Zwangsstrafverfahren umfasst, abgesehen, weil es sich dabei um eine Annexmaterie zur jeweiligen Eintragungszuständigkeit handelt. Eine explizite Regelung hätte daher keine zusätzliche Klarstellung bewirkt, sondern möglicherweise sogar Anlass zu nicht intendierten Gegenschlüssen gegeben.

Zu Z 10 (§ 22 Abs. 2 Z 1 lit. b):

In Firmenbuchsachen ist ua. ein Richtervorbehalt für Beschlüsse über die erste Eintragung einer GmbH ab einer Stammkapitalhöhe von 70 000 Euro vorgesehen. Dieser für die Abgrenzung der Zuständigkeit relevante Betrag wurde mit dem 1. Euro-Umstellungsgesetz-Bund (= 2. Euro-Justiz-Begleitgesetz), BGBl. Nr. 98/2001, festgelegt. Bis dahin war ein Betrag von 1 Million Schilling vorgesehen. Dieser wurde durch den Betrag von 70 000 Euro ersetzt. Die seither unveränderte Wertgrenze soll nun – angelehnt an die Geldwertentwicklung – angehoben werden.

Insgesamt sind etwa 142 500 GmbHs im Firmenbuch eingetragen. Unter den Richtervorbehalt fallen davon etwa 15 %. Mit der vorgeschlagenen Erhöhung wäre eine Richterzuständigkeit für GmbHs in Hinkunft für etwa 12 % der GmbHs gegeben.

Zu Z 11 (§ 22 Abs. 2 Z 1 lit. c):

Nach bisheriger Rechtslage war nur die erste Eintragung der inländischen Zweigniederlassung einer ausländischen GmbH explizit dem Richter vorbehalten. Dennoch war es wohl richtig, auch für die Ersteintragung der Zweigniederlassung eines sonstigen ausländischen Rechtsträgers Richterzuständigkeit anzunehmen, was sich entweder mit einer analogen Anwendung der Regelung für ausländische GmbHs oder aber mit dem generellen Richtervorbehalt des § 16 Abs. 2 Z 6 RPflG (Anwendung ausländischen Rechts) begründen ließ.

Da zur Frage, ob bei der Eintragung der inländischen Zweigniederlassung eines ausländischen Rechtsträgers tatsächlich ausländisches Recht anzuwenden ist, aber durchaus unterschiedliche Meinungen vertreten werden können, soll die Zuständigkeitsabgrenzung für diesen Bereich nunmehr gesondert geregelt werden: Nur für die Ersteintragung der inländischen Zweigniederlassung eines Rechtsträgers, der seinen Sitz nicht in der EU hat, soll in Hinkunft der Richter zuständig sein. In allen anderen Fällen besteht hingegen e contrario Rechtspflegerzuständigkeit, und zwar auch dann bzw. insoweit, als dabei ausländisches Recht anzuwenden ist. § 22 Abs. 2 Z 1 lit. c geht also § 16 Abs. 2 Z 6 RPflG vor.

Zu Z 12 (§ 22 Abs. 2 Z 2 lit. a):

Auch bei der Änderung des Gesellschaftsvertrags einer GmbH soll die Wertgrenze wie für die Ersteintragung einer GmbH erhöht werden, um den Gleichklang beizubehalten.

Zu Z 13 (§ 22 Abs. 2 Z 3 lit. b):

Z 3 ordnet die Zuständigkeit des Richters für die Entscheidung über die gerichtliche Bestellung und Abberufung von Gründungs-, Stiftungs-, Sonder- oder Abschlussprüfern, Stiftungskuratoren, Revisoren und Abwicklern an. Betrifft die Entscheidung aber ausschließlich die Auswahl einer bestimmten Person, also eine bloße Umbestellung, so ist dies nicht vom Richtervorbehalt erfasst, sondern es ist hiefür derzeit der Rechtspfleger zuständig. Dieser die bloße Umbestellung betreffende Fall soll nicht mehr dem Rechtspfleger, sondern dem Richter zugeordnet werden, weil sich auch bei einer bloßen Umbestellung Fragen der Eignung der betreffenden Person für die jeweilige Aufgabe stellen und daher vom selben Entscheidungsorgan entschieden werden sollen.

Zu Z 14 und 15 (§ 22 Abs. 2 Z 4 lit. c und d):

Lit. c wird zur besseren Lesbarkeit in lit. c und lit. d gegliedert. Gleichzeitig soll die nicht ganz unstrittige Reichweite des zweiten Falls der (alten) lit. c geklärt werden.

Alle Eintragungen, die (auch) eine Betriebs- oder Teilbetriebsübertragung zur Grundlage haben, sollen in die richterliche Zuständigkeit fallen. Die Zuständigkeit erstreckt sich also nicht nur auf Vorgänge im Zusammenhang mit einer Einbringung, einem Zusammenschluss oder einer Realteilung, sondern etwa auch auf alle Fälle der Anwachsung gemäß § 142 UGB, die im Firmenbuch als „Vermögensübernahme gemäß § 142 UGB“ eingetragen werden (vgl. Nowotny in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG, Rz 34 zu § 3). Wenn sich in diesen Fällen auch eine gesonderte Eintragung der Betriebsübertragung erübrigt, handelt es sich trotzdem um einen „Vorgang, durch den ein Betrieb oder Teilbetrieb übertragen wird“.

Zu Z 16 (§ 22 Abs. 2 Z 6):

Auch die Eintragung von Prokuristen und Liquidatoren sowie von exekutions- und insolvenzrechtlichen Entscheidungen soll in die Zuständigkeit des Rechtspflegers fallen.

Zu Z 17 und 18 (§§ 45 und 46):

Die Änderungen sollen grundsätzlich mit 1. Jänner 2018 in Kraft treten; lediglich die Änderungen, die Exekutionssachen betreffen, sollen mit der EO-Nov. 2016 gemeinsam und daher schon mit 2. Jänner 2017 in Kraft treten. Bei der Anwendung der neuen Bestimmungen wird grundsätzlich jeweils auf das Einlangen des verfahrenseinleitenden Antrags abgestellt. In den Fällen amtswegiger Entscheidungen wird auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung abgestellt. Keine Übergangsbestimmung ist für die Anwendung des § 17 Abs. 2 Z 5 sowie Abs. 3 Z 3 erforderlich.