Erläuterungen

 

Zu § 169c Abs. 2a bis 2c und § 175 Abs. 79 bis 79b GehG und § 100 Abs. 70 bis 70b VBG:

Die jüngste Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs hat aufgezeigt, dass im Hinblick auf die Übergangsbestimmungen zur Bundesbesoldungsreform 2015 und die Bestimmungen über die Überleitung Präzisierungen durch den Gesetzgeber erforderlich sind.

Aus diesem Grund wird nunmehr klargestellt, dass das Anwendungsverbot für die Bestimmungen über den Vorrückungsstichtag und über die Vorrückung in allen früheren Fassungen für ausnahmslos alle Verfahren gelten soll. Unter einem „Verfahren“ ist dabei jede Form hoheitlichen Tätigwerdens zur rechtsverbindlichen Entscheidung in der Sache zu verstehen, also Verwaltungs- und Gerichtsverfahren gleichermaßen. Daher sind alle im Zeitpunkt der Kundmachung der Bundesbesoldungsreform 2015 am 11. Februar 2015 bereits bei Gericht anhängigen Verfahren, welche die Feststellung eines Vorrückungsstichtages, die Feststellung einer besoldungsrechtlichen Stellung oder eine Leistung auf Grundlage einer behaupteten besoldungsrechtlichen Stellung zum Gegenstand haben, vom Anwendungsverbot für Altrecht nunmehr expressis verbis erfasst. Dabei wird auch ausdrücklich festgehalten, dass es keinen Unterschied macht, ob es um Bezüge für Zeiten vor Kundmachung der Bundesbesoldungsreform 2015 oder für Zeiten danach geht. In all diesen Fällen ist ausnahmslos das nunmehrige System des Besoldungsdienstalters zur Anwendung zu bringen – also entweder ein pauschal durch Überleitung festgesetztes oder ein individuell bei Neueintritt neu bemessenes Besoldungsdienstalter.

Um dies zusätzlich zu verdeutlichen, wurden auch die entsprechenden Bestimmungen nunmehr rückwirkend mit 1. Februar 1956 (Tag des Inkrafttretens der Stammfassung des Gehaltsgesetzes 1956) bzw. mit 1. Juli 1948 (Tag des Inkrafttretens der Stammfassung des Vertragsbedienstetengesetzes 1948) in Kraft gesetzt und damit der „Vorrückungsstichtag“ aus dem historischen Rechtsbestand der zweiten Republik vollständig entfernt. Dies hat freilich auf die im Ruhestand befindlichen Beamtinnen und Beamten, über deren besoldungs- oder pensionsrechtliche Stellung bereits rechtskräftig bescheidmäßig abgesprochen wurde, keine Auswirkungen. Es verdeutlicht lediglich die umfassende Rückwirkung des neuen Besoldungssystems, die bisher nicht datumsmäßig, sondern hinsichtlich des sachlichen Anwendungsbereichs umschrieben war (vergleiche etwa § 169c Abs. 6a und 6b GehG).

Dabei greift der Gesetzgeber aber auch die Bedenken des Verwaltungsgerichtshofs hinsichtlich des Rechtsschutzes bei der Überleitung und bei der Bemessung der für die Überleitung maßgebenden Beträge auf und führt sie einer Lösung zu. So wird in § 169c Abs. 2a GehG nunmehr ausdrücklich die tatsächliche Gestion bei der Lohnverrechnung im Überleitungsmonat für rechtlich maßgebend erklärt, d.h. Ausgangspunkt für die Überleitung sind stets die tatsächlichen historischen Bezüge. Um die vom Verwaltungsgerichtshof befürchteten grob unsachlichen Effekte hintanzuhalten, wird aber zugleich die Verpflichtung der Dienstbehörden ausdrücklich festgehalten, die Berichtigungen bloßer Eingabefehler auch bei der Überleitung zu berücksichtigen. Ergänzend wird in § 169c Abs. 2b GehG auch eine rechtliche Definition des nach dem Willen des Gesetzgebers zu schützenden Besitzstandes (die „gesetzlich geschützte Einstufung“) gesetzlich verankert und den Bediensteten damit eine gerichtliche Überprüfung der Gestion der Lohnverrechnung im Überleitungsmonat ermöglicht. Die gesetzlich geschützte Einstufung muss dabei nicht in allen Fällen völlig ident sein mit den Ergebnissen, zu denen das umfangreiche Regelwerk zum Vorrückungsstichtag in seinen verschiedensten historischen Fassungen und denkbaren Auslegungen geführt hätte. Vielmehr hat der Gesetzgeber hier einen Entscheidungsspielraum, welchen Zustand er für schützenswert erachten will. So hat der Verfassungsgerichtshof etwa auch jüngst festgehalten: „Eine Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union, die eine Gesetzesänderung auslöst, begründet kein vom Gleichheitssatz geschütztes Vertrauen. Der Verfassungsgerichtshof geht in seiner Rechtsprechung davon aus, dass eine Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union für sich allein genommen noch kein verfassungsrechtlich geschütztes Vertrauen auf den künftig unveränderten Fortbestand der sich aus dieser Entscheidung ergebenden Rechtslage, wie der Verfassungsgerichtshof für Entscheidungen von Höchstgerichten ganz allgemein schon im Erkenntnis VfSlg 15.319/1998 ausgesprochen hat, begründet (vgl. auch VfSlg 16.764/2002)“ (Erkenntnis vom 2. Juli 2016, G 450/2015 ua).

Nachdem auf die vom Europäischen Gerichtshof durch die Rechtsprechung in den Rechtssachen Hütter und Schmitzer vorübergehend geschaffene Rechtslage – also auf eine volle Anrechnung der vor dem 18. Geburtstag zurückgelegten Vordienstzeiten bei gleichzeitiger Beibehaltung des bisherigen Vorrückungsrhythmus von zwei Jahren – kein berechtigtes Vertrauen besteht, werden die vor dem 18. Geburtstag zurückgelegten Vordienstzeiten bewusst und ausdrücklich von einer Berücksichtigung bei der Überleitung bzw. bei der Bemessung der geschützten Einstufung ausgeschlossen. Bedienstete, denen die Zeiten vor dem 18. Geburtstag in Folge des ersten Sanierungsversuchs mit dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 82/2010 bereits angerechnet wurden, können daraus keinen Nachteil erleiden: Zum einen kommt die Regelung ohnehin nur auf Antrag des oder der Bediensteten zur Anwendung (ansonsten bleibt die faktische Gestion der Lohnverrechnung im Überleitungsmonat maßgebend), zum anderen sieht die Regelung über die geschützte Einstufung einen zweijährigen Vorrückungsrhythmus vor, d.h. die in der alten Rechtslage vorgesehene Verlängerung der für die erste Vorrückung erforderlichen Zeit von zwei auf fünf Jahre kommt in diesem Fall für diese Bediensteten nicht zur Anwendung. Im Ergebnis wird mit dieser Regelung die sozialpolitische Zielsetzung verfolgt, die bisher faktisch zugeflossenen Einkommen der Bediensteten weiterhin zu wahren und damit jene Alimentierung sicherzustellen, auf die sie zu Recht vertrauen dürfen.

Der ausdrückliche Ausschluss der vor dem 18. Geburtstag zurückgelegten Vordienstzeiten bei der Bemessung der vom Gesetzgeber geschützten Einstufung ist auch unionsrechtlich nicht zu beanstanden: Letztlich wird damit nur der bisherige faktische Besitzstand, der den Bediensteten bei der Überleitung gewahrt werden soll, im Gesetz klar und unmissverständlich geregelt. Dabei wird zur Vermeidung von Auslegungsschwierigkeiten in § 169c Abs. 2c GehG ausdrücklich gesetzlich festgehalten, dass der Gesetzgeber bewusst die Zielsetzungen einer pauschalen Überleitung zur Wahrung des bisherigen faktischen Besitzstandes verfolgt: Der Gesetzgeber wählt diesen Modus der Überleitung somit bewusst und er perpetuiert damit auch bewusst und ausdrücklich die Diskriminierung, um Einbußen für die Bestandsbediensteten zu vermeiden und ihnen jene Einkommenshöhe und jene Erwerbsperspektive zu wahren, auf die sie über viele Jahre vertraut haben. Ohne eine pauschale Überleitung auf Grundlage der bisherigen Gehälter – also bei einer individuellen Überleitung durch Neufeststellung aller Vordienstzeiten – würde es in zahlreichen Fällen zu deutlichen Gehaltseinbußen kommen: Zwar ist das mit der Bundesbesoldungsreform 2015 geschaffene Besoldungssystem im Grundsatz für die Bediensteten weder besser noch schlechter, es würde jedoch wegen seiner materiell völlig anderslautenden Bestimmungen in den meisten Fällen zu einer anderen Einstufung und anderen Vorrückungsterminen – und damit auch zu einer anderen Erwerbsperspektive – führen als jenes alte Besoldungssystem, in welches die Bediensteten ursprünglich eingetreten sind. Die Abweichungen würden sich dabei je nach individuellem Lebenslauf auf bis zu mehreren Gehalts- bzw. Entlohnungsstufen – also betragsmäßig bis zu mehreren hundert Euro monatlich – belaufen. Um derartige Einbußen beim Besitzstand der Bestandsbediensteten zu vermeiden, hat sich der Gesetzgeber für eine pauschale Überleitung auf Grundlage der bisherigen Gehälter entschieden, bei der eine individuelle Betrachtung der Vordienstzeiten nach der neuen Rechtslage unterbleibt.

Anders als beim im Rahmen des ersten Sanierungsversuchs geschaffenen „Optionsmodells“ kommt es durch diese Vorgangsweise auch zu keiner Bildung von diskriminierten und nicht diskriminierten Gruppen innerhalb des Bestandspersonals: Nach den Bestimmungen über den Vorrückungsstichtag hatten im alten Besoldungssystem alle Bediensteten Vordienstzeiten vor Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegt (allenfalls unter dem Titel „sonstige Zeiten“ nach § 12 Abs. 1 Z 2 GehG alter Fassung, falls die Zeiten unter keinen anderen Tatbestand subsumierbar waren). Daher sind auch alle Bestandsbediensteten von einer Diskriminierung potentiell betroffen. Im Ergebnis also wurde erst mit dem Inkrafttreten der Bundesbesoldungsreform 2015 ein aus unionsrechtlicher Sicht gültiges Bezugssystem geschaffen, in welches alle Bediensteten in weiterer Folge überzuleiten waren.

Diese Vorgangsweise erfolgt auf Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (etwa in den Rechtssachen Specht, Unland u.a.), der eine solche Vorgangsweise ausdrücklich für zulässig erkannt hat. Ausgehend vom Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung muss es unionsrechtlich also auch zulässig sein, zur Verfolgung eines unionsrechtlich legitimen Ziels wie etwa der pauschalen Überleitung ausnahmsweise im Gesetzeswortlaut ausdrücklich auf das Kriterium des Alters abzustellen.

Die Wortfolge der „rechtskräftig angerechneten Zeiten“ ist bei Beamtinnen und Beamten als Abstellen auf die Zeiten zu verstehen, die in den letzten in Rechtskraft erwachsenen Bescheid über die Festsetzung des Vorrückungsstichtags eingeflossen sind (also das Ausmaß der vor den Tag der Anstellung vorangestellten Zeiten, soweit sie nach Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegt wurden). Bei Vertragsbediensteten sind die „rechtskräftig angerechneten Zeiten“ jene, welche die Personalstelle durch eine entsprechende Mitteilung anerkannt hat. Die Vordienstzeiten werden also keiner neuerlichen rechtlichen Beurteilung zugeführt und sind in einem Verfahren nicht als Vorfrage zu prüfen, sondern der Inhalt der Bescheide bzw. Mitteilungen wird als historisches Faktum vom Gesetzgeber für rechtlich maßgebend erklärt. Wenn auf diese Weise die „rechtskräftig angerechneten Zeiten“ nicht bestimmbar sind, ist von einer bloß vorläufigen Einstufung im Überleitungsmonat auszugehen und die oder der Bedienstete nach § 169d Abs. 5 GehG einzustufen. Unsachliche Ergebnisse im Einzelfall sind damit ausgeschlossen.

Maßgebend ist daher in allen Fällen – ob bei einer pauschalen Überleitung oder bei einer Neuaufnahme – stets das mit der Bundesbesoldungsreform 2015 geschaffene Besoldungssystem.