1298 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

Bericht

des Verfassungsausschusses

über den Antrag 1809/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Dr. Peter Wittmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), die Nationalrats-Wahlordnung 1992, das Bundespräsidentenwahlgesetz 1971, die Europawahlordnung, das Europa-Wählerevidenzgesetz, das Volksabstimmungsgesetz 1972, das Volksbefragungsgesetz 1989 geändert sowie das Volksbegehrengesetz 2018 und das Wählerevidenzgesetz 2018 erlassen werden (Wahlrechtsänderungsgesetz 2017)

Die Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Dr. Peter Wittmann, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 8. Juli 2016 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Allgemeiner Teil

Die vorgeschlagenen Reformen zielen darauf ab, die Erfassung der Wahlberechtigten in Hinkunft in einer modernen, zeitgemäßen und internationalen Standards entsprechenden Datenbank vorzunehmen und unter Ausnutzung dieser Datenbank gleichzeitig der seit 1963 im wesentlichen unveränderten Unterstützung von Volksbegehren ebenfalls zeitgemäße Modalitäten zugrundezulegen.

Folgende Maßnahmen sind konkret geplant:

-       Die Unterstützung von Volksbegehren (Einleitungsverfahren und Eintragungsverfahren) soll in Zukunft auf elektronischem Weg – wie es schon bei Europäischen Bürgerinitiativen möglich ist – erfolgen können, um den Wählerinnen und Wählern zusätzlich zur Unterstützung in Papierform am Gemeindeamt bzw. Bezirksamt eine einfache Form der Unterstützung von Volksbegehren zu ermöglichen. Da das Prinzip „eine Wahlberechtigte bzw. ein Wahlberechtigter – eine Stimme“, auch für Volksbegehren gelten muss, wird auf das bestehende und bewährte System der eindeutigen Identifikation durch die Verwendung der Bürgerkarte (samt Handy-Signatur) zurückgegriffen. Da das System der qualifizierten digitalen Signatur bereits etabliert ist, entstehen durch die Erweiterung der Nutzungsmöglichkeiten der Bürgerkarte, Volksbegehren (und andere Instrumente) per Internet zu unterstützen, keine neuen Kosten.

-       Als technische Voraussetzung für die Einführung der elektronischen Unterstützung von Volksbegehren ist es notwendig, ein Zentrales Wählerregister („ZeWaeR“) beim Bundesministerium für Inneres zu schaffen. Dies bringt auch administrative Erleichterungen für die Gemeinden bei der Abwicklung von Wahlen, Volksbegehren, Volksbefragungen und Volksabstimmungen.

-       Das Zentrale Wählerregister ist hinsichtlich seiner Einsatzmöglichkeiten in vieler Hinsicht skalierbar. Naheliegend wäre aufgrund der bei der Bundespräsidentenwahl 2016 gemachten Erfahrungen, in naher Zukunft eine lückenlose Evidenz über die ausgestellten und – auf welcher Weise auch immer – durch die Wählerinnen und Wähler verwendeten Wahlkarten in der Datenbank zu implementieren. Mit der Änderung des B-VG werden aber auch die Weichen gestellt, dass die Länder sich durch Anpassung ihrer Wahlrechtskodifikationen ebenfalls des zentralen Wählerregisters bedienen könnten.

Bedeckungsvorschlag:

Die entstehenden Kosten sind im Bundesfinanzrahmengesetz zu berücksichtigen.

 

Besonderer Teil:

Zu Artikel 1 (Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes):

Zu Z 1 (Art. 10 Abs. 1 Z 1 B-VG):

Diese Änderung dient lediglich der Klarstellung; dass in Art. 10 Abs. 1 Z 1 B-VG nur die Volksbegehren genannt werden, hat historische Gründe.

Zu Z 2 (Art. 23a Abs. 4 B-VG), Z 3 (Entfall des Art. 26 Abs. 7 B-VG und Neubezeichnung des Art. 26 Abs. 8 B-VG) und Z 4 (Art. 26a B-VG):

Die bundesgesetzlichen Zuständigkeiten der Gemeinde in den Angelegenheiten des Wahlrechtes und der direkten Demokratie sind im B-VG derzeit nur lückenhaft geregelt. Gemäß Art. 26 Abs. 7 B-VG werden die Wählerverzeichnisse (für die Nationalratswahl) von den Gemeinden im übertragenen Wirkungsbereich angelegt. Die Wählerevidenzen werden in dieser Bestimmung nicht ausdrücklich genannt, dürften jedoch bei historischer Betrachtung als „ständige Wählerverzeichnisse“ mitgemeint sein (vgl. Schick, Wählerevidenzgesetz 1973, in Neisser/Handstanger/Schick, Bundeswahlrecht² [1994], 155 ff [156]). Durch Art. 23a Abs. 4 B-VG wird ua. Art. 26 Abs. 7 B-VG auch für die Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments in Österreich für sinngemäß anwendbar erklärt. Keine entsprechenden Bestimmungen gibt es dagegen für die Bundespräsidentenwahl und für Volksabstimmungen und Volksbefragungen. Diese Lücken sollen durch den vorgeschlagenen Art. 26a Abs. 2 erster Satz geschlossen werden.

Der erste Halbsatz des vorgeschlagenen Art. 26a Abs. 2 zweiter Satz soll die verfassungsgesetzliche Grundlage für die Schaffung eines zentralen Wählerregisters bilden, in dem die Daten der Wählerevidenzen (im Rahmen der Führung dieser Wählerevidenzen durch die Gemeinden) gespeichert werden sollen. Zu diesem Zweck sieht das vorgeschlagene Wählerevidenzgesetz 2013 die Schaffung eines im Bundesministerium für Inneres einzurichtenden „Zentralen Wählerregisters“ („ZeWaeR“) vor.

Der zweite Halbsatz des vorgeschlagenen Art. 26a Abs. 2 zweiter Satz ermöglicht, dass die Länder und Gemeinden die im zentralen Wählerregister gespeicherten Daten als Grundlage für die von ihnen anzulegenden „gleichartigen“ Verzeichnisse (also insbesondere für die vor den Landtags- und Gemeinderatswahlen anzulegenden Wählerverzeichnisse) heranziehen.

Zu Z 5 (Art. 41 Abs. 2 B-VG):

Der erste Satz des vorgeschlagenen Art. 41 Abs. 2 entspricht inhaltlich der geltenden Rechtslage. Unter „Unterstützung“ ist im gegebenen Zusammenhang sowohl die Abgabe einer Unterstützungserklärung (im Einleitungsverfahren) also auch die Eintragung in einer Eintragungsliste (im Eintragungsverfahren) zu verstehen.

Anders als nach geltender Rechtslage, soll die Stimmberechtigung nach dem zweiten Satz nicht mehr davon abhängen, ob der zum Nationalrat Wahlberechtigte einen Hauptwohnsitz in einer Gemeinde des Bundesgebietes, also im Inland hat. Dadurch wird es in Zukunft auch Auslandsösterreicherinnen und -österreichern möglich sein, Volksbegehren zu unterstützen.

Der dritte Satz entspricht der geltenden Rechtslage. Durch den letzten Satz soll die einfache Bundesgesetzgebung ermächtigt werden, die elektronische Unterstützung von Volksbegehren vorzusehen. Dabei ist zu gewährleisten, dass eine Verfälschung des Ergebnisses durch Abgabe mehrerer Unterstützungserklärungen oder Mehrfacheintragungen ausgeschlossen ist. Auch davon werden Auslandsösterreicherinnen und -österreicher in besonderem Maß profitieren. Siehe im Übrigen die Ausführungsregelungen im vorgeschlagenen Volksbegehrengesetz 2018.

Zu Z 7 (Art. 151 Abs. XX B-VG):

Wie die einschlägigen Bestimmungen, die im Zusammenhang mit der Schaffung eines Zentralen Wählerregisters in der Rechtsordnung verankert werden sollen, so sollen auch die entsprechenden Bestimmungen im B-VG mit 1. Jänner 2018 in Kraft treten.

 

Zu Artikel 2 (Volksbegehrengesetz 2018)

Das neue Volksbegehrengesetz 2018 baut hinsichtlich des Fristengefüges und der erforderlichen Unterstützungen 1 : 1 auf das geltende Recht auf. Hingegen wurde der Work- Flow mit Blick auf das Erfordernis, dass für Volksbegehren von jeder Gemeinde aus und darüber hinaus auch online sowohl Unterstützungserklärungen getätigt, als auch Unterschriften geleistet werden können, einer grundlegenden Reform unterzogen:

1.      Das Erfordernis der Möglichkeit zur Online-Unterstützung macht eine Registrierung des Volksbegehrens unerlässlich. Die Schwelle für eine Registrierung ist niedriger als für die Einbringung eines Einleitungsantrags. Aus Gründen der Rechtssicherheit muss – nicht zuletzt mit Blick auf das Erkenntnis B 191/12-10 vom 20. Juni 2012 – aber bereits bei der Registrierung der Text des Volksbegehrens feststehen. Um ein Anliegen ausführlich zu dokumentieren, bleibt es den Proponentinnen und Proponenten eines Volksbegehrens aber – wie bisher – unbenommen, eine mengenmäßig nicht begrenzte Begründung zum Volksbegehren anzubieten. Als Übereilungsschutz ist für die Registrierung eines Volksbegehrens eine Gebühr von 500 € vorgesehen. Um diesen Betrag reduziert sich allerdings der zu entrichtende Druckkostenbeitrag, der bei der Einbringung des Einleitungsantrags fällig wird, so dass die Einbringung eines Volksbegehrens sich insgesamt nicht verteuert.

2.      Mit der erfolgten Registrierung können Unterstützungserklärungen für ein Volksbegehren getätigt werden. Dies geschieht entweder online oder vor einer Organwalterin oder einem Organwalter einer beliebigen Gemeinde. In beiden Fällen führt die Tätigung einer Unterstützungserklärung zu einer – grundsätzlich für ZeWaeR-Benutzungsberechtigte in anderen Gemeinden nicht sichtbaren – Vormerkung. Für die Tätigung einer Online-Unterstützungserklärung ist die Abgabe einer digitalen Signatur (mittels Bürgerkarte oder mittels Handy-Signatur) zwingend erforderlich. Bei Tätigung in einer Gemeinde werden mittels der ZeWaeR-Applikation – nachdem der Organwalter bzw. die Organwalterin die Identität der unterstützungswilligen Person festgestellt hat und durch die Applikation keine Ablehnung wegen einer bereits vorhandenen Vormerkung angezeigt wird – zwei Ausdrucke generiert, nämlich die Unterstützungserklärung und eine Bestätigung hierüber. Die oder der Unterstützungswillige leistet eine Unterschrift (die Bestätigung dient lediglich zu Beweiszwecken und verbleibt bei der Gemeinde), die oder der Unterstützungswillige erhält eine vom Organwalter (von der Organwalterin) unterfertigte Bestätigung (ebenfalls lediglich zu Beweiszwecken). Die Proponentinnen und Proponenten – wie auch das BMI – können sich über die Zahl der bislang getätigten Unterstützungserklärungen jederzeit – online, mit entsprechenden Zugangsberechtigungen – informieren. Bei dem im Gesetzestext gewählten Begriff „Anwendung“ handelt es sich um einen technologieneutralen Begriff, mit dem die unterschiedlichsten technischen Umsetzungsformen (z.B. Formular, eigene Webseite, "App.", sonstige technische Umsetzung) abgedeckt sind. Dass es sich um eine elektronische Form der Unterstützung handeln muss, ergibt sich daraus, dass die im Gesetz normierte Anwendung eine elektronische Signatur verarbeiten können muss. Mit dem Wortlaut der Regelung ist ausgeschlossen, dass ein Volksbegehren via E-Mail oder im Weg einer nicht seitens der Behörde bereitgestellten Applikation unterstützt wird.

3.      Wurde eine ausreichende Zahl an Unterstützungserklärungen getätigt, so können die Proponentinnen und Proponenten eines Volksbegehrens jederzeit einen Einleitungsantrag einbringen. Danach ist die Möglichkeit, weitere Unterstützungserklärungen zu tätigen, automatisch gesperrt. Wie nach geltendem Recht setzt der Bundesminister für Inneres einen Eintragungszeitraum fest. Das Fristengefüge wurde an sich nicht geändert; mit Blick auf die Möglichkeit, für das Volksbegehren online eine Unterschrift zu leisten, wurde lediglich auf das obligate Offenhalten des Eintragungslokales am Sonntag verzichtet.

4.      Während des Eintragungszeitraums können Unterschriften in gleicher Weise geleistet werden, wie dies für Unterstützungserklärungen unter Punkt 2 beschrieben ist. Auch das Abfragen der Zahl der geleisteten Unterschriften ist in gleicher Weise jederzeit möglich.

5.      Unmittelbar nach Ende des Eintragungszeitraums kann im BMI die vorläufige Zahl der Unterstützungserklärungen „auf Knopfdruck“ ermittelt werden. Den Bezirkswahlbehörden kommt hierbei keine Rolle mehr zu. Die Feststellung des amtlichen Ergebnisses wird wie bisher von der Bundeswahlbehörde vorgenommen, etwa drei Wochen nach Ende des Eintragungszeitraums. Die Proponentinnen und Proponenten haben in der diesbezüglichen Sitzung – wie bisher – Parteistellung und können ggf. Unzukömmlichkeiten bei der Administration des Volksbegehrens ins Treffen bringen. Allenfalls könnte die Bundeswahlbehörde um stichprobenweise Vorlage von Bestätigungen und um Vorlage von unterschriebenen Formularen ersuchen.

6.      Weiterhin unterliegt ein Volksbegehren einer nachprüfenden Kontrolle durch den Verfassungsgerichtshof. Wird das Verfahren nicht angefochten, so wird ein ausreichend unterstütztes Volksbegehren – wie bisher – dem Nationalrat zu weiteren Behandlung zugeführt.

Die moderat angepassten Sätze für die Pauschalvergütungen für durchzuführende Volksbegehren stellen einen verhältnismäßigen Ausgleich für die durch den Betreib des Zentralen Wählerregisters bei den Gemeinden in Zukunft zu verzeichnenden Kosteneinsparungen dar.

Durch eine Übergangsbestimmung ist sichergestellt, dass Volksbegehren, für die seit 1. Jänner 2017 Unterstützungserklärungen gesammelt worden sind, zum 1. Jänner 2018 in das neue System übergeführt werden. Auch für Volksbegehren, für die im Jahr 2018 ein Eintragszeitraum im Jahr 2018 festgelegt worden ist, ist durch eine entsprechende Regelung klargestellt, dass das Eintragungsverfahren aufgrund des Volksbegehrengesetzes 2018 abzuwickeln wäre.

Zu Artikel 3 (Wählerevidenzgesetz 2018)

In jeder Gemeinde ist eine ständige Wählerevidenz zu führen. Diese Evidenz dient als Grundlage für die vor einer Wahl des Bundespräsidenten oder des Nationalrates sowie bei Volksbegehren, Volksabstimmungen und Volksbefragungen anzulegenden Verzeichnisse der Wahlberechtigten. Für Europawahlen besteht in jeder Gemeinde daneben eine ständig zu führende Europa-Wählerevidenz. Die Wählerevidenz und die Europa-Wählerevidenz werden derzeit lediglich lokal von den 2.100 Gemeinden im übertragenen Wirkungsbereich geführt. Es besteht keinerlei Verknüpfung dieser örtlichen Register und somit auch keine permanente zentrale Online-Applikation, wie sie etwa bereits 2002 mit dem Zentralen Melderegister geschaffen worden ist. Wahlberechtigte Bürgerinnen und Bürger müssen daher in allen wahlrechtlichen Angelegenheiten (sei es die Unterstützung eines Volksbegehrens, die Beantragung einer Wahlkarte oder die Einsichtnahme in die Wählerevidenz) ihre Hauptwohnsitz-Gemeinde aufsuchen, da nur dort die Wählerevidenz geführt wird bzw. einsehbar ist. Auslandsösterreicherinnen und Auslandsösterreicher haben derzeit keinerlei Möglichkeit, ein Volksbegehren zu unterstützen.

Die Schaffung eines im Bundesministerium für Inneres einzurichtenden „Zentralen Wählerregisters“ („ZeWaeR“) beinhaltet insbesondere folgende Ziele:

-       Möglichkeit, Unterstützungserklärungen und Eintragungen für Volksbegehren in Papierform in jeder Gemeinde zu tätigen.

-       Möglichkeit, online (mittels qualifizierter digitaler Signatur, auch mit Handy-Signatur) Unterstützungserklärungen und Eintragungen für Volksbegehren zu tätigen.

-       Möglichkeit, dass Auslandsösterreicher(innen) online (mittels qualifizierter digitaler Signatur) Unterstützungserklärungen und Eintragungen für Volksbegehren tätigen könnten.

-       Verbesserung des „Clearings“ aller Wahlberechtigten, insbesondere im Hinblick auf allfällige Doppelregistrierung von vermeintlichen Auslandsösterreichern (Auslandsösterreicherinnen).

-       Verbesserte Datenqualität bei der Weitergabe der Wählerevidenz-Daten an die im Nationalrat vertretenen Parteien.

-       Zielsichere Zuordnung von Häftlingen zu einer Wählerevidenz während der Haft (im Sinne des Art. 6 Abs. 4 B-VG)

-       Stark vereinfachte Beauskunftung anderer EU-Mitgliedstaaten im Sinne der Richtlinie 93/109/EG bezüglich wahlberechtigter Unionsbürgerinnen und Unionsbürger bei Europawahlen.

-       Wegfall des bestehenden Verfahrens für die Ermittlung des Ergebnisses von Volksbegehren (Niederschriften, Sofortmeldungen und dergleichen wären obsolet).

-       Wesentliche Vereinfachungen für Gemeinden bei Amtshandlungen im Zusammenhang mit der Wählerevidenz und der Europa-Wählerevidenz.

-       Skalierungsmöglichkeit durch Implementierbarkeit einer Evidenz der ausgestellten und der rücklangenden Wahlkarten durch Anpassung der einschlägigen Wahlrechtskodifikationen.

Beim ZeWaeR handelt es sich um eine durch Bundesgesetz eingerichtete Datenbank-Applikation, mit Hilfe welcher die Gemeinden die örtlichen Wählerevidenzen sowie die örtlichen Europa-Wählerevidenzen ab 2018 zu administrieren haben werden. Aus datenverarbeitungstechnischer Sicht erscheint es naheliegend, das ZeWaeR im Umfeld des Zentralen Melderegisters (ZMR) anzusiedeln (auch die örtlichen Wählerevidenzen werden auf Basis des ZMR generiert). Das ZeWaeR soll – durchaus analog zum ZMR – ein Werkzeug für die Gemeinden darstellen, um insbesondere auch Vorgänge im Zusammenhang mit der Administration von Volksbegehren (sowohl im Einleitungsverfahren als auch im Eintragungsverfahren) vornehmen zu können. Darüber hinaus soll mit dem neuen ZeWaeR die faktische Berücksichtigung des Art. 6 Abs. 4 B-VG (Zuordnung von wahlberechtigten Häftlingen zur verfassungskonform zuständigen Gemeinde) wesentlich verbessert werden.

Gleichzeitig soll das ZeWaeR ein Werkzeug für das Bundesministerium für Inneres sein, um bestehende Aufgaben, wie z.B. die Weitergabe der Daten der Unionsbürgerinnen und -bürger entsprechend Richtlinie 93/109/EG (bisherige „Zentrale Europa-Wählerevidenz“) und neue Aufgaben (insb. Administration eines Volksbegehrens mit der Möglichkeit der Online-Unterstützung) noch besser zu bewerkstelligen, als mit den schon mit dem Wahlrechtsänderungsgesetz 2015 getroffenen Maßnahmen.

Sämtliche – in die einschlägigen Materien (bundesweite Wahlereignisse, Volksbegehren) hineinragenden – Grundfunktionen der Wählerevidenz, um die sich die Gemeinden derzeit selbst zu kümmern haben oder bezüglich welcher sie sich Providern zu bedienen haben, werden in Form von gesetzlich definierten „use cases“ durch das ZeWaeR erfüllt. Darunter fallen Vorgänge des Berichtigungs- und Beschwerdeverfahrens ebenso wie das Erstellen von Wählerverzeichnissen und die Vornahme von Vormerkungen nach dem neuen Volksbegehrengesetz 2018. Spezielle gemeindespezifische Erfordernisse (z.B. das Erstellen der amtlichen Wahlinformationen in einer ortsüblichen Form) sollen durch eine Export-Schnittstelle des ZeWaeR unterstützt werden.

Die moderat angepassten Sätze für die Pauschalvergütungen für die Wählerevidenzen stellen einen verhältnismäßigen Ausgleich für die durch den Betrieb des Zentralen Wählerregisters bei den Gemeinden in Zukunft zu verzeichnenden Kosteneinsparungen dar.

Zu Artikel 4 (Änderung der Nationalrats-Wahlordnung 1992)

Mit den zu ändernden Bestimmungen wird die Nationalrats-Wahlordnung 1992 im Hinblick auf das neue Wählerevidenzgesetz 2018 angepasst. Hierbei werden insbesondere die so genannten „use cases“, die sich auf das ZeWaeR beziehen, einzeln definiert. Dies ist notwendig, weil alle zulässigen „use cases“ dieser Web-Applikation positiv in der Rechtsordnung verankert sein müssen. So wird z.B. in § 27 Abs. 4 NRWO festgelegt, dass Ausdrucke des Wählerverzeichnisses mit Hilfe des ZeWaeR hergestellt werden können.

Zu Artikel 5 (Änderung des Bundespräsidentenwahlgesetzes 1971)

Auch das Bundespräsidentenwahlgesetz 1971 wird dem neuen Wählerevidenzgesetz 2018 angepasst; hierbei wird den durch das neue ZeWaeR geschaffenen Rahmenbedingungen Rechnung getragen.

Zu Artikel 6 (Änderung der Europawahlordnung)

Mit den zu ändernden Bestimmungen wird die Europawahlordnung dem Wählerevidenzgesetz 2018 angepasst. Auch in der EuWO werden die „use cases“, die sich auf das ZeWaeR beziehen, einzeln definiert.

Zu Artikel 7 (Änderung des Europa-Wählerevidenzgesetzes)

Durch die Schaffung des ZeWaeR, verankert im Wählerevidenzgesetz 2018, ist eine umfangreiche und korrespondierende Umgestaltung des Europa-Wählerevidenzgesetzes notwendig. Da sich das ZeWaeR aber auch auf die Daten der Europa-Wählerevidenz erstreckt, ist eine Neukodifikation des Europa-Wählerevidenzgesetzes entbehrlich, zumal eine nochmalige Definition der ZeWaeR-Datenbank in diesem Gesetz nicht erforderlich ist.

Die für den Datenaustausch gemäß der Richtlinie 93/109/EG erforderlichen Maßnahmen wurden schon mit dem Wahlrechtsänderungsgesetz 2015 neu geregelt. Für die Gemeinden wie auch für die Ämter der Landesregierungen sind sämtliche nach dem bis dahin geltenden Europa-Wählerevidenzgesetz in diesem Zusammenhang anfallenden Aufgaben weggefallen. BMI-seitig wird die Bewältigung dieser Aufgaben aber durch das ZeWaeR wesentlich vereinfacht.

Die moderat angepassten Sätze für die Pauschalvergütungen für die Europa-Wählerevidenzen stellen einen verhältnismäßigen Ausgleich für die durch den Betreib des Zentralen Wählerregisters bei den Gemeinden in Zukunft zu verzeichnenden Kosteneinsparungen dar.

Zu Artikel 8 (Änderung des Volksabstimmungsgesetzes 1972)

Auch das Volksabstimmungsgesetz 1972 wird dem neuen Wählerevidenzgesetz 2018 angepasst, hierbei wird den durch das neue ZeWaeR geschaffenen Rahmenbedingungen Rechnung getragen.

Zu Artikel 9 (Änderung des Volksbefragungsgesetzes 1989)

Auch das Volksbefragungsgesetz 1989 wird dem neuen Wählerevidenzgesetz 2018 angepasst; hierbei wird insbesondere den durch das neue ZeWaeR geschaffenen Rahmenbedingungen Rechnung getragen.“

 

Der Verfassungsausschuss hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 17. Oktober 2016 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen des Berichterstatters Abgeordneten Johann Singer die Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Albert Steinhauser, Mag. Harald Stefan, Dieter Brosz, MSc, Mag. Günther Kumpitsch und Dr. Josef Cap sowie der Bundesminister für Inneres Mag. Wolfgang Sobotka und der Ausschussobmann Abgeordneter Dr. Peter Wittmann.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl und Dr. Peter Wittmann einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Mit dem Abänderungsantrag zum Initiativantrag soll noch in den zur Beschlussfassung anstehenden Gesetzesentwurf eine erste „Skalierung“ der zukünftigen Applikation „Zentrales Wählerregister“ einfließen. Wie in der Begründung zum Initiativantrag in Aussicht genommen, könnten zu einem späteren Zeitpunkt weitere Erweiterungen der Anwendungsmöglichkeiten des „ZeWaeR“ folgen.

Mit der jetzt geplanten Maßnahme soll die Ausstellung von Wahlkarten im ZeWaeR zentral erfasst werden. Zu diesem Zweck werden die Gemeinden Anträge auf Ausstellung von Wahlkarten in Hinkunft nicht mehr – oftmals in Papierform – in ihren Wählerverzeichnissen, sondern in ihrer Wählerevidenz zu vermerken haben. Nach Ablauf der Frist für die Ausstellung von Wahlkarten (Freitag vor dem Wahltag, 12.00 Uhr) wird der Bundesminister für Inneres die Möglichkeit haben, die Zahl der ausgestellten Wahlkarten anhand des ZeWaeR festzustellen und – gegliedert nach Ländern und Stimmbezirken – zu veröffentlichen, ohne auf Übermittlungen der nachgeordneten Wahlbehörden angewiesen zu sein. Hierbei handelt es sich um eine Verwendung der Daten des ZeWaeR, die bereits in § 4 Abs. 1 letzter Satz des laut Entwurf geplanten Wählerevidenzgesetzes 2018 grundsätzlich vorgesehen worden ist.

Unter Zurückgreifen auf die im Bereich der Applikation „Zentrales Wählerregister“ implementierte Wählerevidenz wird eine Gemeinde nach Ende der Frist für die Ausstellung der Wahlkarten automationsunterstützt den Ausdruck der Wählerverzeichnisse generieren können, in denen verlässlich die Namen aller Wahlberechtigter, für die eine Wahlkarte ausgestellt worden sind, hervorgehoben worden sind. Ein Vergessen des Anbringens des Vermerks über die Ausstellung einer Wahlkarte, der bislang vielerorts noch händisch in die Papierlisten eingetragen oder eingestempelt worden ist, wird wegen der automationsunterstützten Generierung der Wählerverzeichnisse in Zukunft nicht mehr möglich sein. Auch die Beauskunftung einer Person hinsichtlich der Frage, ob für sie die Ausstellung einer Wahlkarte – allenfalls durch eine unbefugte Person – beantragt worden ist, wird mit der vorgeschlagenen Änderung wesentlich erleichtert.

Mit der geplanten zentralen Speicherung der Anträge auf Ausstellung von Wahlkarten ersparen sich Gemeinden, Bezirke und Länder die bislang gesetzlich vorgesehene Weitergabe dieser Daten an das Bundesministerium für Inneres an den beiden Tagen vor der Wahl. Dies wird zu einer wesentlichen Entlastung der betroffenen Gebietskörperschaften führen.

Mit einer neuen Anordnung der Spalten im Wählerverzeichnis soll das Risiko eines versehentlichen Nicht-Beachtens des Vermerks über die Ausstellung einer Wahlkarte auch in jenen Fällen verhindert werden, in denen die Wählerverzeichnisse während der Wahlhandlung vor einer Beisitzerin oder einem Beisitzer nicht nebeneinander, sondern „aufgefächert“ liegen und dadurch auf der Drucksorte die bislang rechts liegende Spalte „Anmerkung“ möglicherweise verdeckt wäre.

Spätestens zum Zeitpunkt, zu dem das Wahlergebnis unanfechtbar feststeht, werden die Vermerke über die Ausstellung von Wahlkarten durch den Bundesminister für Inneres ohne Zutun der Gemeinden amtswegig gelöscht. Um zu verhindern, dass eine Bürgerin oder ein Bürger zweimal oder mehrmals eine Unterstützungserklärung bestätigt erhält, bringen Gemeinden in der Wählerevidenz oder auch auf andere Weise so genannte Sperrvermerke an. Der Abänderungsantrag wurde zum Anlass genommen, die Gemeinden in Hinkunft dazu zu veranlassen, solche Vermerke unverzüglich zu jenem Zeitpunkt zu löschen, zu dem das Ergebnis einer bundesweiten Wahl (Nationalratswahl, Europawahl, Bundespräsidentenwahl) unanfechtbar feststeht.

Neben der beschriebenen Skalierung des ZeWaeR soll mit dem gegenständlichen Abänderungsantrag eine Reihe von Präzisierungen vorgenommen werden:

-     Mit der Anpassung des letzten Satzes des geplanten Artikel 26a Abs. 2 des Entwurfs soll klargestellt werden, dass im Fall einer Ausdehnung des Funktionsbereichs des ZeWaeR auf Regelungen aufgrund von Landesgesetzen ausschließlich Evidenzen verknüpft werden dürfen, die mit der Wählerevidenz nach dem Wählerevidenzgesetz 2018 vergleichbar sind, nicht jedoch Datenanwendungen, die z.B. für Meinungsumfragen oder Bürgerbefragungen außerhalb des Vollzugsbereichs von Wahlbehörden eingerichtet worden sind.

-     Mit einer Anpassung in § 4 Abs. 2 des geplanten Volksbegehrengesetzes 2018 – VoBeG soll klargestellt werden, dass die oder der Bevollmächtigte die Zugangsdaten für die Datenanwendung per E-Mail nur dann übermittelt erhält, wenn sie oder er dieser Vorgangweise ausdrücklich zugestimmt hat. Die Zulässigkeit einer E-Mail-Zusendung kommt deshalb in Betracht, da keine personenbezogenen, sensiblen Daten übermittelt werden.

-     Das im Antrag bislang wiederholt verwendete Wort „Datenbank“ scheint bei genauer Betrachtung der Funktionalitäten nicht den beabsichtigten Gegebenheiten zu entsprechen. Vielmehr erscheint es sachadäquat, von einer „Datenanwendung“ zu sprechen. Hierbei handelt es sich um einen im DSG 2000 definierten Begriff. Gleichzeitig findet eine klare Abgrenzung der im gegenständlichen Entwurf verankerten Datenanwendungen zu einem „Informationsverbundsystem“ statt. Mit dem ZeWaeR soll keinesfalls ein Informationsverbundsystem geschaffen werden, da die Gemeinden weiterhin ihre lokalen Evidenzen führen, dies jedoch auf einer einheitlichen technischen Plattform, die vom Bundesministerium für Inneres zur Verfügung gestellt wird und erstmals eine Gesamtsicht auf die Wählerdaten ermöglicht.

-     Auch wenn hinsichtlich einer geplanten Wahlrechtsreform vor der für 2018 vorgesehenen Nationalratswahl keine Einigung erzielt werden sollte, erscheint nach den bei der Bundespräsidentenwahl 2016 aufgetretenen Problemen mit den Wahlkarten-Vordrucken, die zu einer Verschiebung der Wiederholung des zweiten Wahlgangs geführt haben, eine Anpassung der zu verwendenden Vordrucke bei Europawahlen und Nationalratswahlen unerlässlich. Auch bei diesen Wahlen sollten daher hinkünftig jene Vordrucke zur Verwendung gelangen, die für die Wiederholungswahl am 4. Dezember 2016 bereits mit BGBl. I Nr. 86/2016 gesetzlich verankert worden sind.

-     Aus dem gleichen Grund werden – mit Blick auf das den zweiten Wahlgang der Bundespräsidentenwahl 2016 aufhebende Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Juli 2016 – jene Bestimmungen sachadäquat angepasst, die unmittelbar auf die Behandlung von bei einer Bezirkswahlbehörde einlangenden Wahlkarten Bezug haben. In Entsprechung der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs sollen die Rollen der Bezirkswahlleiterinnen und Bezirkswahlleiter, der Beisitzerinnen und Beisitzer sowie der Hilfsorgane zum Zeitpunkt des Eintreffens der Wahlkarten beim Sitz der Bezirkswahlbehörde, aber auch bei der Auswertung der Wahlkarten am Tag nach der Wahl um 9.00 Uhr im Bundespräsidentenwahlgesetz 1971, in der Europawahlordnung und in der Nationalrats-Wahlordnung 1992 klar definiert werden. In der Nationalrats-Wahlordnung 1992 soll auch bei der Auswertung der Briefwahl-Wahlkarten am 4. Tag nach der Wahl im Bereich der Landeswahlbehörden eine der Judikatur konforme Anpassung vorgenommen werden.

-     Die für Bundespräsidentenwahlen bereits umgesetzte Regelung, die es ermöglicht, dass primär die Wählerin oder der Wähler das Wahlkuvert in die Urne zu werfen hat und dieses Recht der Wahlleiterin oder dem Wahlleiter nur in dem Fall zukommt, in dem eine Wählerin oder ein Wähler von diesem Recht nicht Gebrauch machen möchte, wird auf Nationalratswahlen und Europawahlen ausgedehnt.

-     Der Wegfall des niederösterreichischen Verwaltungsbezirks „Wien-Umgebung“ mit Wirkung vom 1. Jänner 2017 macht eine Anpassung der Einteilung der Regionalwahlkreise in der Nationalrats-Wahlordnung 1992 – NRWO zwingend erforderlich. Die nunmehr festgelegte Einteilung stellt eine sachadäquate Verteilung der Statutarstädte und Verwaltungsbezirke auf weiterhin sieben niederösterreichische Regionalwahlkreise dar. Zeitgleich mit dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes wird der Bundesminister für Inneres mit einer Kundmachung gemäß § 5 Abs. 1 NRWO die Mandatszahlen neu zu verlautbaren haben. Die Verlegung von § 127 Z 5 NRWO zu § 5 NRWO ermöglicht die zweifelsfreie Anwendbarkeit dieser Bestimmung auch bei Gegebenheiten, bei denen ein Wahlereignis nicht unmittelbar bevorsteht und der Stichtag noch in dem dem Wahlereignis vorangehenden Jahr zu liegen kommt. Die sprachliche Anpassung macht ein gleichzeitiges Inkrafttreten von Gesetz und Mandatskundmachung möglich.

-     Bei bundesweit stattfindenden Wahlereignissen ist es seit Einführung der Pauschalierungsregelung vorgesehen, dass die Gemeinden die ihnen bei der Durchführung der Wahl entstehenden Kosten, hierbei handelt es sich insbesondere um Überstundenentgelte, Auszahlung von Aufwandsentschädigungen und Portokosten für den Versand von Wahlkarten, zu tragen haben und vom Bund eine Pauschalentschädigung pro wahlberechtigter Person erhalten. Vor Schaffung der Pauschalierungsregelung mussten die Gemeinden ihre Kosten belegen und erhielten die Kosten für Drucksorten zur Gänze, die übrigen Kosten zu einem Drittel ersetzt. Sämtliche Pauschalierungsregelungen in den Wahlrechtskodifikationen des Bundes enthalten Valorisierungsautomatismen, aufgrund welcher eine Anpassung nach dem Verbraucherpreisindex stattfindet, wenn dieser – auf einen Stichtag bezogen – um zehn Prozent gestiegen ist. Bei einer Bundespräsidentenwahl mit zwei Wahlgängen ist derzeit ein Vergütungssatz von 0,92 Euro pro wahlberechtigter Person gesetzlich verankert. Eine zusätzliche Vergütung im Fall einer Wiederholungswahl ist nicht vorgesehen. Dies würde bedeuten, dass bei der nunmehrigen Wiederholung der Bundespräsidentenwahl 2016 die Gemeinden nicht nur für den ihnen zustehenden Anteil, sondern für alle bei ihnen anfallenden Kosten zur Gänze aufzukommen hätten. Unter Beleuchtung des Umstandes, dass keine einzige Gemeindewahlbehörde oder Sprengelwahlbehörde die Aufhebung der Bundespräsidentenwahl 2016 mitverursacht hat, sondern vielmehr insbesondere Gesetzesverletzungen im Bereich von einigen Bezirkswahlbehörden zu dem in der Geschichte Österreichs bisher einzigartigen Schritt einer bundesweiten Wiederholungswahl geführt haben, erscheint es unbillig, dass die Gemeinden für die Wiederholungswahl jegliche zusätzliche Kosten zu tragen hätten. Vielmehr sollten sie die bei ihnen anfallenden Auslagen – ausnahmsweise – vollständig ersetzt bekommen. Ebenso erscheint es unbillig, dass die Gemeinden für die Verschiebung der Wiederholungswahl auf den 4. Dezember 2016 (BGBl. I Nr. 86/2016) insbesondere jene Kosten zu tragen hätten, die durch die Festlegung eines neuen Stichtags und das damit verbundene neuerliche Berichtigungs- und Beschwerdeverfahren anfallen. Durch den vorgeschlagenen, einmalig zu gewährenden Vergütungssatz in der Höhe von 2,35 Euro pro wahlberechtiger Person, zusätzlich zur gesetzlich verankerten Pauschalentschädigung, sollten die bei den Gemeinden anlässlich der Wiederholungswahl, inklusive ihrer notwendig gewordenen Verschiebung, anfallenden Kosten zur Gänze abgegolten sein. Die Länder haben zu diesem zusätzlich zu gewährenden Vergütungssatz 0,86 Euro beizusteuern.

      Schließlich wird in allen Wahlrechtskodifikationen eine Regelungslücke beseitigt. Konkret war bisher in Wien nicht verankert, bei welcher Wahlbehörde die schriftlich gestellten Anträge auf Ausstellung von Wahlkarten, die Empfangsbestätigungen und Aktenvermerke sowie eine Zusammenstellung der auf elektronischem Weg eingelangten Anträge einem Wahlakt zugeführt werden sollten, ist doch in Wien eine Gemeindewahlbehörde gesetzlich nicht verankert. Nunmehr übernimmt diese Aufgabe in Statutarstädten, somit auch in Wien, einheitlich die Bezirkswahlbehörde.“

 

Weiters hat der Abgeordnete Mag. Harald Stefan einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Wenn von „löschen“ im Alltag bei der Nutzung von Datenträgern gesprochen wird, ist das ein Überschreiben der Daten und keine endgültige und unwiderrufliche Löschung.

Daher sollte der Begriff „löschen“ nicht alleine in der Norm stehen, sondern durch „unwiderruflich“ ergänzt werden.

„Unwiderruflich“ bedeutet, dass die Daten, wie Unterstützungserklärungen, nicht durch irgendwelche technischen Mittel wieder hergestellt werden können. Da mit dem ZeWaeR die Möglichkeit geschaffen werden soll, dass Stimmberechtigte nicht nur in ihrer Gemeinde ihre Unterstützungserklärungen, sondern auch von zuhause oder in einer anderen Gemeinde abgeben können, dürfen auch die Daten nicht mehr wiederhergestellt werden können.“

Bei der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf unter Berücksichtigung der oben erwähnten Abänderungsanträge der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl und Dr. Peter Wittmann sowie des Abgeordneten Mag. Harald Stefan mit wechselnden Mehrheiten (dafür: S, V, F, N, T, dagegen: G bzw. dafür: S, V, F, G, dagegen: N, T bzw. einstimmig) beschlossen.

 

Ein weiterer im Zuge der Debatte vom Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak eingebrachter Abänderungsantrag betreffend Unterstützungserklärungen von Volksbegehren fand keine Mehrheit (dafür: F, G, N, T, dagegen: S, V).

 

Ferner haben die Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Dr. Peter Wittmann, Mag. Harald Stefan, Mag. Albert Steinhauser und Dr. Nikolaus Scherak einen selbständigen Entschließungsantrag gem. § 27 Abs. 3 GOG-NR betreffend Datenschutz bei Wahlkarten eingebracht, der einstimmig beschlossen wurde.

Dieser selbständige Entschließungsantrag war wie folgt begründet:

„Die Wiederholung der engeren Wahl des Bundespräsidenten musste verschoben werden, da Produktionsfehler bei den Wahlkartenkuverts aufgetreten sind, welche die betroffenen Stimmen ungültig gemacht hätten. Wie sich gezeigt hat, ist die zuletzt benutzte Form des Wahlkartenkuverts relativ komplex herzustellen.

Die technische Anforderung bestand seit der Wahlrechtsnovelle 2010 darin, dass die personenbezogenen Daten der WahlkartenwählerInnen (Name, Geburtsjahr, Unterschrift) beim Postversand unter einer Klebelasche verborgen werden sollten.

Um eine kurzfristige Verschiebung der Wiederholung der engeren Wahl des Bundespräsidenten zu ermöglichen, wurde mit BGBl. I Nr. 86/2016 auf die vorherige Form der Wahlkarten zurückgegriffen, bei welchen die genannten personenbezogenen Daten außen auf dem Wahlkartenkuvert frei lesbar eingetragen werden. Damit wurde jedoch auch jene datenschutzrechtliche Problematik wieder virulent, welche der Datenschutzrat in seiner Stellungnahme vom 15. Juli 2009 kritisiert hatte:

„Der Vor- und Familienname, das Geburtsjahr und die Unterschrift auf der Wahlkarte stellen personenbezogene Daten im Sinne des § 4 Z 1 DSG 2000 dar. Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind gemäß § 1 Abs. 2 DSG 2000 Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.

Die Anführung des Namens und des Geburtsjahres sowie die Unterschriftsleistung des Wählers auf der Wahlkarte ist zwar für die Wahlbehörde notwendig, um die Identität des Wählers überprüfen zu können. Problematisch erscheint jedoch, dass diese personenbezogenen Daten des Wählers bei der Übermittlung der Wahlkarte an die Wahlbehörde außen auf dem Umschlag (und somit auch auf dem gesamten Postweg) offen ersichtlich sind.

Aufgrund des von § 1 Abs. 2 DSG 2000 vorgesehenen Verhältnismäßigkeitsgebots wäre es sohin geboten, dass für die Übermittlung der Wahlkarte an die Wahlbehörde bei der Briefwahl ein neutraler Umschlag mit der Adresse der Wahlbehörde als Empfänger bereitgestellt wird und darüber hinaus von der zwingenden Anführung personenbezogener Daten des Wählers auf dem Umschlag Abstand genommen wird.

Der Datenschutzrat regt an, dass die Verwendung eines Überkuverts geprüft werden soll. Falls diesem Vorschlag aus verwaltungstechnischen Gründen nicht näher getreten werden kann, soll geprüft werden, ob auf der Wahlkarte ein Hinweis zur Möglichkeit der Verwendung eines Überkuverts angebracht werden kann und/oder die Allonge so gestaltet werden kann, dass die für die Erstprüfung durch Wahlbehörde notwendigen Daten nicht abgedeckt werden.

Mit dem Antrag 1809/A soll die vorläufige Lösung des BundespräsidentenwahlG auch in die Nationalratswahlordnung und die Europawahlordnung übertragen werden. Dies erfolgt aus Gründen der Vorsicht, um allfällige zukünftige Wahlgänge auch kurzfristig abwickeln zu können. Da jedoch beabsichtigt ist, in naher Zukunft eine umfassendere Reform des Wahlrechts durchzuführen, soll bei dieser Gelegenheit möglichst auch eine datenschutzrechtlich bessere Variante der Wahlkartenübermittlung gefunden werden. Zur Vorbereitung dieser weiteren notwendigen Reform werden der Bundesminister für Inneres sowie der Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt ersucht, mögliche Optionen für die Gestaltung der Wahlkarten (Überkuverts, Beilagezettel, …) zu sammeln und dem Nationalrat über ihre Vor- und Nachteile zu berichten, damit die Ergebnisse in die parlamentarischen Beratungen einfließen können.“

 

Ferner beschloss der Verfassungsausschuss einstimmig folgende Feststellungen:

„1.    Wahlkreiseinteilung Neu

Der Verfassungsausschuss hält ausdrücklich fest, dass sich durch die Veränderung in der Einteilung der Regionalwahlkreise keine Auswirkungen auf die Mandatsverteilung der XXV. GP ergeben.

2.      Systematik

Der Verfassungsausschuss nimmt in Aussicht, bei den weiteren Beratungen zu einer Wahlrechtsreform unter Beiziehung von Verfassungsrechtsexperten die Frage grundsätzlich zu beraten, welche Determinierungsvorgaben für die Wahlabläufe sich aus der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ergeben.“

 

„Der Verfassungsausschuss hält zu der in § 17 Abs. 3 Volksbegehrengesetz vorgesehenen Verpflichtung zur Löschung der Registrierung des Volksbegehrens im Zentralen Wählerregister fest, dass diese Löschungsanordnung so zu verstehen ist, dass sie unwiderruflich erfolgt. Dies bedeutet, dass Daten wie Unterstützungserklärungen nicht mehr durch irgendwelche technischen Mittel wiederhergestellt werden können. Weiters hält der Ausschuss fest, dass diese Löschung auch in dem Sinne nachvollziehbar erfolgt, als der tatsächliche Löschungsvorgang zeitlich protokolliert wird. Diesbezüglich wird im Zentralen Wählerregister ein Löschungsprotokoll implementiert.“

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verfassungsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle

1.      dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen;

2.      die angeschlossene Entschließung annehmen.

Wien, 2016 10 17

                                  Johann Singer                                                               Dr. Peter Wittmann

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann