Erläuterungen

I. Allgemeiner Teil

Hauptgesichtspunkte des Entwurfs:

A. Valorisierung der Mindestversicherungssummen im KHVG und Anpassung der Haftungshöchstbeträge in EKHG, ReichshaftpflichtG, RohrleitungsG und GWG 2011

Art. 9 Abs. 2 der Richtlinie 2009/103/EG über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und die Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht, ABl. Nr. L 263 vom 07.10.2009 S. 11, sieht vor, dass alle fünf Jahre ab dem 11. Juni 2005 die Mindestdeckungssummen für Personen- und Sachschäden anhand des in der Verordnung (EG) Nr. 2494/95 über harmonisierte Verbraucherpreisindizes, ABl. Nr. L 257 vom 27.10.1995 S. 1, zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 596/2009, ABl. Nr. L 188 vom 18.07.2009 S. 14, (nunmehr Verordnung [EU] 2016/792 des Europäischen Parlaments und des Rates über harmonisierte Verbraucherpreisindizes und den Häuserpreisindex sowie zur Aufhebung der Verordnung [EG] Nr. 2494/95, ABl. Nr. L 135 vom 24.05.2016 S. 11), genannten Europäischen Verbraucherpreisindex (EVPI) überprüft und die Beträge automatisch angepasst werden. Die Versicherungssummen werden um die im EVPI für den betreffenden Zeitraum angegebene prozentuale Änderung erhöht und auf ein Vielfaches von 10 000 Euro aufgerundet. Die Kommission unterrichtet das Europäische Parlament und den Rat über die angepassten Beträge und sorgt für deren Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union.

Die Europäische Kommission hat mit Mitteilung vom 10. Mai 2016 (COM [2016] 246 final) den Mitgliedstaaten bekannt gegeben, dass sich der EVPI im Zeitraum 11. Juni 2010 bis 11. Juni 2015 um 8,36 % erhöht hat, und dementsprechend folgende Beträge für die Mindestversicherungssummen vorgegeben; für Personenschäden erfolgt eine Erhöhung (von 1 120 000 Euro) auf 1 220 000 Euro je Unfallopfer bzw. (von 5 600 000 Euro) auf 6 070 000 Euro je Schadensfall sowie für Sachschäden (von 1 120 000 Euro) auf 1 220 000 Euro.

Entsprechend dieser Valorisierung sollen mit dem vorliegenden Entwurf – wie zuletzt mit der Novelle BGBl. I Nr. 138/2011 – die Pauschalversicherungssummen des § 9 Abs. 3 sowie die Summen für Personen- und Sachschäden des § 9 Abs. 4 KHVG 1994 im Sinn der unionsrechtlichen Vorgaben erhöht werden. Um die bestehenden Relationen zu wahren, sollen alle Mindestversicherungssummen in § 9 KHVG 1994 auf entsprechend runde Summen angepasst werden. Gleichzeitig ist eine Erhöhung der Haftungshöchstbeträge im EKHG sowie in denjenigen Haftpflichtgesetzen, die sich betragsmäßig an den in der Verkehrshaftpflicht maßgeblichen Summen orientieren, vorzunehmen. Dies gilt für das Reichshaftpflichtgesetz, für das Gaswirtschaftsgesetz 2011 und für das Rohrleitungsgesetz.

B. Anpassungen im VOEG

Es soll die mit der Novelle BGBl. I Nr. 12/2013 (VersRÄG 2013) vorgenommene Einschränkung von der Entschädigungspflicht des Fachverbands für Schäden, die durch einen Unfall von in § 1 Abs. 2 lit. a und b KFG 1967 angeführten Fahrzeugen im geschlossenen Bereich zwischen in den Arbeitsbetrieb eingebundenen Personen herbeigeführt wurden, im Hinblick auf in diesem Zusammenhang aktuell ergangenen Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs und des Obersten Gerichtshofs aufgehoben werden.

Kompetenzgrundlage:

Der vorliegende Entwurf stützt sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG („Zivilrechtswesen“), Art. 10 Abs. 1 Z 9 B-VG („Kraftfahrwesen“) und Art. 10 Abs. 1 Z 11 B-VG („Vertragsversicherungswesen“).

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine.


 

Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des KHVG 1994)

Zu Z 1 bis 13 (§ 9 Abs. 3 bis 6):

Entsprechend der Systematik des § 9 KHVG 1994, der als Mindestdeckungssummen Pauschalsummen vorsieht, soll die unionsrechtliche Erhöhung der Mindestversicherungssummen im österreichischen Recht nachvollzogen werden. Ausgangsbasis für die Berechnung der erhöhten Summen sind dabei nicht die Beträge, die die Kommission ihrer Mitteilung zugrunde gelegt hat, sondern die zuletzt vor fünf Jahren (BGBl. I Nr. 138/2011) valorisierten Beträge im österreichischen Recht, die schon damals etwas über den unionsrechtlich vorgegebenen Mindestsummen lagen. Die Pauschalsummen in § 9 sollen mit diesem Entwurf um die Steigerung des EVPI (8,36 %) erhöht und – wie unionsrechtlich vorgesehen – aufgerundet werden. Damit soll die schon bei der letzten Novelle angewandte Valorisierungsmethode beibehalten werden.

Um das bisherige Verhältnis der von der Erhöhung betroffenen Beträge zu wahren, sollen auch die von den unionsrechtlichen Vorgaben nicht unmittelbar betroffenen restlichen Mindestversicherungssummen des § 9 KHVG 1994, wie etwa die Beträge für bloße Vermögensschäden oder für Fahrzeuge, mit denen gefährliche Güter transportiert werden, entsprechend angehoben werden.

Zu Z 14 bis 16 (§ 31b):

Mit der Richtlinie 2009/103/EG wurden alle früheren Richtlinien über die Kfz-Haftpflichtversicherung (Richtlinie 72/166/EWG betreffend die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten bezüglich der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und der Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht, ABl. Nr. L 103 vom 02.05.1972 S. 1, Richtlinie 84/5/EWG betreffend die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten bezüglich der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung, ABl. Nr. L 8 vom 11.01.1984 S. 17, Dritte Richtlinie 90/232/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung, ABl. Nr. L 129 vom 19.05.1990 S. 33, Richtlinie 2000/26/EG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung, und zur Änderung der Richtlinien 73/239/EWG und 88/357/EWG, ABl. Nr. L 181 vom 20.07.2000 S. 65, und Richtlinie 2005/14/EG zur Änderung der Richtlinien 72/166/EWG, 84/5/EWG, 88/357/EWG und 90/232/EWG sowie der Richtlinie 2000/26/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung. ABl. Nr. L 149 vom 11.06.2005 S. 14) kodifiziert und zusammengefasst.

Daher sollen die Verweise auf Bestimmungen der Richtlinie 2000/26/EG dahingehend abgeändert werden, dass das Gesetz auf die entsprechenden Bestimmungen der Richtlinie 2009/103/EG verweist.

Zu Z 17 (§ 37a Abs. 12):

Die Änderungen sollen mit Ablauf des Jahres 2016 in Kraft treten; die erhöhten Mindestversicherungssummen gelten daher ab 1. Jänner 2017. Da es sich bei den Änderungen in § 31b nur um Zitatanpassungen handelt, ist eine Übergangsbestimmung nicht notwendig.

Zu Artikel 2 (Änderung des EKHG)

Zu Z 1 bis 7 (§§ 15 Abs. 1 Z 1 und 2, Abs. 3 Z 1 bis 3, 16 Abs. 1 Z 1 und 2):

Wie schon im Allgemeinen Teil der Erläuterungen ausgeführt, sollen auf Grund der Erhöhung der Mindestversicherungssummen im KHVG 1994 auch die Haftungshöchstbeträge des EKHG angehoben werden. Die Risiken aus der Gefährdungshaftung finden damit auch weiterhin in den Mindestversicherungssummen Deckung (vgl. das Urteil des EuGH vom 14. September 2000 in der Rs. C-348/98, Ferreira/Seguros Mundial, Slg. 2000, I-6711, wonach die Höchstsummen der Gefährdungshaftung nicht unter den Mindestversicherungssummen in der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung liegen dürfen).

Zu Z 8 (§ 21 Abs. 6):

Die nach dem Vorbild der Mindestversicherungssummen erhöhten Haftungshöchstbeträge sollen für Unfälle, die sich nach dem 31. Dezember 2016 ereignet haben, gelten.

Zu den Artikeln 3, 4 und 5 (Änderung des Gaswirtschaftsgesetzes 2011, Reichshaftplichtgesetzes und des Rohrleitungsgesetzes)

Die Haftungshöchstbeträge des § 49 Abs. 1 Z 1 GWG 2011, der §§ 7a, 7b ReichshaftpflichtG und des § 11 Abs. 1 Z 1 RohrleitungsG entsprechen den in der Verkehrshaftpflicht maßgeblichen Beträgen. Durch die Anpassungen in den §§ 15, 16 EKHG ist auch eine Anpassung der in den angeführten Bestimmungen genannten Beträgen notwendig.

In § 169 Abs. 5 GWG 2011, § 9f ReichshaftpflichtG und § 44 Abs. 1f RohrleitungsG werden jeweils nach dem Vorbild des § 21 Abs. 6 EKHG Übergangsbestimmungen vorgesehen.

Zu Artikel 6 (Änderung des Verkehrsopfer-Entschädigungsgesetzes)

Zu Z 1 und 3 bis 6:

Mit der Richtlinie 2009/103/EG wurden alle früheren Richtlinien über die Kfz-Haftpflichtversicherung (siehe Erläuterungen zu § 31b KHVG 1994) kodifiziert und zusammengefasst.

Durch die vorgeschlagenen Änderungen sollen die im Verkehrsopfer-Entschädigungsgesetz enthaltenen Verweise auf Bestimmungen der Richtlinien 72/166/EWG, 2000/26/EG und 2005/14/EG dahingehend abgeändert werden, dass das Gesetz auf die entsprechenden Bestimmungen der Richtlinie 2009/103/EG verweist.

Zu Z 2:

Durch die vorgeschlagene Änderung soll die mit BGBl. I Nr. 12/2013 (VersRÄG 2013) vorgenommene Einschränkung der Entschädigungspflicht des Fachverbands für Schäden, die durch einen Unfall von in § 1 Abs. 2 lit. a und b. KFG 1967 angeführten Fahrzeugen im geschlossenen Bereich zwischen in den Arbeitsbetrieb eingebundenen Personen herbeigeführt wurden, im Hinblick auf in diesem Zusammenhang aktuell ergangenen Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs und des Obersten Gerichtshofs aufgehoben werden. So hat der Oberste Gerichtshof mit Urteil vom 17.3.2016, 2 Ob 112/15g, ausgesprochen, dass diese Einschränkung im Hinblick auf die spätere Judikatur des Europäischen Gerichtshofs (EuGH 4.9.2014, C-162/13 Vnuk) nicht mehr anwendbar sei. Es empfiehlt sich, dieser Entscheidung des Obersten Gerichtshofs durch eine Neufassung des § 6 Abs. 3 Rechnung zu tragen.