Bundesgesetz, mit dem die Rechtsanwaltsordnung, die Notariatsordnung, das Ausbildungs- und Berufsprüfungs-Anrechnungsgesetz, das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter, das EIRAG, das Rechtsanwaltsprüfungsgesetz, das Rechtsanwaltstarifgesetz und das Sachverständigen- und Dolmetschergesetz geändert werden (Berufsrechts-Änderungsgesetz 2016 – BRÄG 2016)

 

Vereinfachte wirkungsorientierte Folgenabschätzung

 

Einbringende Stelle:

Bundesministerium für Justiz

Vorhabensart:

Bundesgesetz

Laufendes Finanzjahr:

2016

 

Inkrafttreten/

Wirksamwerden:

2017

 

Vorblatt

 

Problemanalyse

Das insbesondere für die Fälle des Erlöschens oder Ruhens der Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft bzw. einer längeren Abwesenheit/Krankheit eines Rechtsanwalts vorgesehene Institut der mittlerweiligen Stellvertretung für Rechtsanwälte wirft aufgrund seiner derzeit nur sehr allgemein gehaltenen gesetzlichen Regelung in der Praxis immer wieder Zweifelsfragen auf, die im Besonderen den Umfang der Befugnisse und Pflichten des mittlerweiligen Stellvertreters betreffen.

Die im Berufsrecht der Rechtsanwälte und Notare vorgesehenen Bestimmungen zur Verhinderung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung entsprechen nicht mehr den aktuellen Vorgaben der Richtlinie (EU) 2015/849 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 und zur Aufhebung der Richtlinie 2005/60/EG und der Richtlinie 2006/70/EG (im Folgenden: Vierte Geldwäsche-Richtlinie), ABl. Nr. L 141 vom 5.6.2015 S. 73, sowie den vor einiger Zeit überarbeiteten Empfehlungen der Financial Action Task Force zur Bekämpfung von Geldwäsche sowie Terrorismus- und Proliferationsfinanzierung.

Ungeachtet dessen, dass die Satzungen der anwaltlichen Versorgungseinrichtungen zur Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung bereits seit längerer Zeit weitestgehend wortgleich den vom Österreichischen Rechtsanwaltskammertag dazu erarbeiteten „Mustersatzungen“ entsprechen, werden diese aktuell von jeder der neun Rechtsanwaltskammern einzeln durch deren Plenarversammlungen erlassen.

Vom Rechnungshof wurden im Bereich des anwaltlichen Pensionsrechts einige Verbesserungsvorschläge insbesondere betreffend die Transparenz und die Verfügbarkeit von Unterlagen und Informationen unterbreitet.

Im Bereich des notariellen und anwaltlichen Berufsrechts besteht Bedarf nach weiteren Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Für in die Gerichts- und Sachverständigenliste eingetragene Personen besteht im Fall der vorübergehenden Unterbrechung ihrer Tätigkeit aktuell keine Möglichkeit, auch ihre Eigenschaft als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger bzw. Dolmetscher befristet ruhend zu stellen.

 

Ziel(e)

Mit einer Neuordnung des bisherigen Bereichs der mittlerweiligen Stellvertretung in der RAO soll mehr Rechtsklarheit und -sicherheit sowohl für die beteiligten Rechtsanwälte als auch die betreffenden Mandanten gewährleistet werden.

Die eingehende Überarbeitung der Bestimmungen zur Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in RAO, DSt und NO bewirkt unter anderem eine weitere Steigerung der Sensibilität der Berufsträger in diesem wichtigen Bereich und trägt damit zu einem insgesamt effizienteren System bei.

Durch die vom Österreichischen Rechtsanwaltskammertag für ganz Österreich erlassene Satzung der Versorgungseinrichtungen wird eine einheitliche Systematik der Versorgungssysteme der Rechtsanwaltskammern gewährleistet, gleichzeitig wird die Funktionsfähigkeit der anwaltlichen Altersversorgung durch die weiteren getroffenen Maßnahmen zusätzlich gestärkt.

Die zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf getroffenen Maßnahmen bewirken eine Steigerung der Attraktivität des Berufs des Notars und des Rechtsanwalts.

Die vorübergehende „Ruhendstellung“ der Eigenschaft als Gerichtssachverständiger bzw. -dolmetscher ermöglicht es den betreffenden Personen, auf gewisse berufliche oder private Umstände oder Veränderungen auch im Zusammenhang mit ihrer gerichtlichen Sachverständigentätigkeit flexibel zu reagieren.

 

Inhalt

Das Vorhaben umfasst hauptsächlich folgende Maßnahme(n):

In der RAO sollen an die Stelle der mittlerweiligen Stellvertretung die Institute des mittlerweiligen Substituten und des Kammerkommissärs treten, wobei letzterer als ein Organ der Rechtsanwaltskammer mit einem gesetzlich geregelten Aufgabenfeld tätig werden soll.

Die nach der NO, der RAO und dem DSt bestehenden Pflichten der Berufsträger zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung werden an die aktuellen unionsrechtlichen und internationalen Anforderungen angepasst, dies unter gleichzeitiger Beachtung der besonderen Rolle und Funktion der Rechtsanwälte und Notare.

Die Satzungskompetenz im Bereich der anwaltlichen Versorgungseinrichtungen wird von den Rechtsanwaltskammern hin zum Österreichischen Rechtsanwaltskammertag übertragen; beibehalten wird aber die Zuständigkeit der Rechtsanwaltskammern zur Erlassung der für die konkrete Beitrags- und Leistungshöhe maßgeblichen Umlagen- und Leistungsordnungen.

Im Bereich des anwaltlichen Pensionsrechts werden verpflichtend vorzunehmende regelmäßige Evaluierungen der zugrunde liegenden versicherungsmathematischen Berechnungen sowie Regelungen zur verstärkten Aufklärung und Information der Kammermitglieder über diese Daten vorgesehen.

In der NO werden die Möglichkeiten zur Berücksichtigung von Kinderbetreuungszeiten im Rahmen der Zeiten der praktischen Verwendung als Notariatskandidat ausgebaut. Im anwaltlichen Bereich werden die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass Rechtsanwältinnen und Rechtsanwaltsanwärterinnen künftig für die Dauer eines Beschäftigungsverbots für werdende Mütter (bzw. den einem solchen Beschäftigungsverbot entsprechenden Zeitraum) von der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen für die Versorgungseinrichtung (Umlage) befreit werden können.

Im Sachverständigen- und Dolmetscherbereich wird die Möglichkeit einer bis zu zwölfmonatigen Ruhendstellung der Eigenschaft als Gerichtssachverständiger/-dolmetscher geschaffen.

 

Finanzielle Auswirkungen und Anmerkungen zu sonstigen, nicht wesentlichen Auswirkungen:

Bereits jetzt sind Rechtsanwälten und Notaren aufgrund ihrer Einbeziehung in das Regime der Bekämpfung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung weitreichende Identifizierungs- und Sorgfaltspflichten auferlegt, ferner sind sie schon aktuell zur Erarbeitung von Strategien und Verfahren zur Erfüllung der sie treffenden Verpflichtungen einschließlich interner Kontrollen, Risikobewertungen und eines Risikomanagements verpflichtet. Ebenso haben sie schon derzeit für spezifische Schulungs- und Fortbildungsmaßnahmen auch ihrer Mitarbeiter zu sorgen und sich selbst weiterzubilden.

Die nunmehrigen, auf den Vorgaben der Vierten Geldwäsche-Richtlinie sowie den überarbeiteten FATF-Empfehlungen beruhenden Änderungen in den Berufsrechten bedeuten insofern lediglich eine Schärfung und nähere Konkretisierung dieser Pflichten (wobei insbesondere der Aspekt der Risikoanalyse und -bewertung stärker betont wird); in der Sache neue Maßnahmen werden nicht vorgesehen. Generell sollen zusätzliche Belastungen der Rechtsanwälte und Notare nach Möglichkeit vermieden werden bzw. sollen auch Maßnahmen gesetzt werden, die die Anwendung der Sorgfaltspflichten erleichtern. Verglichen mit den schon nach der geltenden Rechtslage bestehenden gleichgerichteten Verpflichtungen zur Geldwäsche- und Terrorismusfinanzierung ist nicht mit einem in Geld bewertbaren Mehraufwand für die Rechtsanwälte und Notare zu rechnen.

Auch durch die im Entwurf weiter vorgeschlagenen Änderungen sind keine wesentlichen Mehrausgaben in den jeweiligen Bereichen zu erwarten. Der vorgesehene Wegfall der mittlerweiligen Stellvertretung unter gleichzeitiger Neueinführung der Institute des mittlerweiligen Substituten und des Kammerkommissärs (wobei letzterer unter bestimmten Voraussetzungen auch einen Anspruch gegen die Rechtsanwaltskammer auf Zahlung eines pauschalen Kostenbeitrags haben soll) geht auf einen ausdrücklichen Wunsch und Vorschlag des Österreichischen Rechtsanwaltskammertags zurück, der innerhalb der Anwaltschaft auch hinsichtlich seiner möglichen finanziellen Folgen (auch aus haftungsrechtlicher Sicht) entsprechend akkordiert und abgestimmt ist.

Für den Bund, die Länder, die Gemeinden oder die Sozialversicherungsträger sind aus der gegenständlichen Maßnahme keine unmittelbaren finanziellen Auswirkungen zu erwarten.

Dies gilt auch für die Überarbeitung des § 56a RAO, mit der im Ergebnis lediglich die Parameter für eine Neuerlassung der Verordnung zur Festsetzung der vom Bund an den Österreichischen Rechtsanwaltskammertag zu zahlenden Pauschalvergütung für Leistungen der nach § 45a RAO bestellten Rechtsanwälte im Rahmen der Verfahrenshilfe vor den Verwaltungsgerichten neu gefasst werden sollen. Soweit in diesem Zusammenhang auf längere Sicht dann doch Mehrausgaben im Raum stehen, sind diese Folge der Neuregelung der Verfahrenshilfe im Verfahren nach dem VwGVG, die mit 1.1.2017 in Kraft treten soll. In den Gesetzesmaterialien zum Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, das Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 und die Rechtsanwaltsordnung geändert werden (RV 1255 BlgNR 25. GP), wurde dazu die Annahme getroffen, dass die Einführung der Verfahrenshilfe in den sonstigen Verfahren vor den Verwaltungsgerichten ungefähr dieselben finanziellen Auswirkungen haben werde wie die Verfahrenshilfe in Verwaltungsstrafsachen derzeit. Als Folge daraus wurde von zusätzlichen finanziellen Aufwendungen im Rahmen der Pauschalvergütungsverordnung Verwaltungsgerichte in der Höhe von ungefähr 31 000 Euro jährlich ausgegangen. Der Aufwand soll von jenem Rechtsträger zu tragen sein, in dessen Namen das Verwaltungsgericht in der jeweiligen Angelegenheit handelt. Die dem Bund entstehenden Mehraufwendungen können aus den Voranschlagsansätzen des jeweiligen Bundesministeriums bedeckt werden.

Verhältnis zu den Rechtsvorschriften der Europäischen Union

Das Vorhaben dient der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2015/849 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 und zur Aufhebung der Richtlinie 2005/60/EG und der Richtlinie 2006/70/EG, ABl. Nr. L 141 vom 5.6.2015 S. 73.

 

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