Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Hauptgesichtspunkte des Entwurfs:

1. Im Bereich der RAO soll das bisherige Institut der mittlerweiligen Stellvertretung insgesamt neu geregelt werden. Die Bestellung eines mittlerweiligen Stellvertreters für einen Rechtsanwalt ist bislang dann vorgesehen, wenn die Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft erlischt oder ruht oder der Rechtsanwalt erkrankt oder abwesend ist und nicht selbst einen Substituten nach § 14 RAO namhaft gemacht hat. Regelungen dazu enthält insbesondere § 34 Abs. 4 RAO, wobei sich der genauere Inhalt und Umfang der konkreten Rechte und Pflichten des mittlerweiligen Stellvertreters erst in der Praxis herauskristallisiert haben. Ungeachtet der dazu zwischenzeitig bereits existierenden Judikatur stellen sich bei der Tätigkeit des mittlerweiligen Stellvertreters immer wieder Zweifelsfragen, die zu Unsicherheiten sowohl auf Seiten des mittlerweiligen Stellvertreters bzw. des von diesem Vertretenen (und dessen Personal) als auch auf Seiten der Parteien führen. Für den mittlerweiligen Stellvertreter stellen sich im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit gerade in den Fällen, in denen er im Bereich einer in „Schieflage“ geratenen Kanzlei einschreiten muss, zudem auch immer wieder weitreichende Haftungsfragen, die eine genauere gesetzliche Determinierung dieses Rechtsbereichs angezeigt erscheinen lassen.

Zurückgehend auf einen Vorschlag des Österreichischen Rechtsanwaltskammertags soll künftig in den Fällen des Erlöschens oder des Ruhens der Rechtsanwaltschaft ein Kammerkommissär bestellt werden, der als Organ der Rechtsanwaltskammer tätig wird (sodass die Kammer für vom Kammerkommissär rechtswidrig und schuldhaft verursachte Schäden im Rahmen der Amtshaftung einzustehen hat). Anders als bisher soll ein solche Bestellung aber nicht in jedem Fall erfolgen, sondern dann unterbleiben, wenn ein anderer Rechtsanwalt innerhalb von einer Woche der Rechtsanwaltskammer gegenüber erklärt, die sonst einem Kammerkommissär zukommenden Aufgaben wahrzunehmen.

Ist der Rechtsanwalt dagegen aufgrund einer Erkrankung oder einer Abwesenheit nur vorübergehend an der Berufsausübung gehindert, so soll die Rechtsanwaltskammer für die Dauer der Verhinderung einen mittlerweiligen Substituten bestellen, wenn der Rechtsanwalt nicht selbst einen solchen namhaft gemacht hat.

2. Rechtsanwälte und Notare wurden auf europäischer Ebene erstmals mit der Richtlinie 2001/97/EG zur Änderung der Richtlinie 91/308/EWG zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche, ABl. Nr. L 344 vom 28.12.2001 S. 76, in das Regime zur Verhinderung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung einbezogen. Die den rechtsberatenden Berufen in diesem Kontext auferlegten Pflichten wurden in der Folge mit der Richtlinie 2005/60/EG zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung (im Folgenden: Dritte Geldwäsche-Richtlinie), ABl. Nr. L 309 vom 25.11.2005 S. 15, substanziell ausgeweitet. Insbesondere die im Jahr 2012 erfolgte eingehende Überarbeitung der „40 Empfehlungen“ der “Financial Action Task Force (FATF)“ haben zwischenzeitig weitere Änderungen des Unionsrechts in diesem bedeutsamen Bereich erforderlich gemacht. Die dazu ergangene Richtlinie (EU) 2015/849 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 und zur Aufhebung der Richtlinie 2005/60/EG und der Richtlinie 2006/70/EG (im Folgenden: Vierte Geldwäsche-Richtlinie), ABl. Nr. L 141 vom 05.06.2015 S. 73, erfordert nunmehr wiederum umfangreiche Anpassungen im Bereich des Berufsrechts der Rechtsanwälte und Notare.

Ein zentraler Aspekt ist dabei die noch stärkere Akzentuierung und Ausweitung der (auch) vom einzelnen Rechtsanwalt und Notar für seine konkrete Tätigkeit vorzunehmenden Risikoanalysen, die anhand spezifischer, nach den eigenen Verhältnissen zu beurteilenden Faktoren zu erfolgen haben. Detaillierter und differenzierter geregelt werden sollen ferner die Sorgfaltspflichten für Notare und Rechtsanwälte, die diese im Fall des Vorliegens eines „geldwäschegeneigten“ Geschäftes einzuhalten haben. Neu (und weiter) gefasst und definiert werden daneben (unter anderem) die Begriffe des „wirtschaftlichen Eigentümers“ und der „politisch exponierten Personen“ (wohl wesentlichste inhaltliche Neuerung ist hier, dass die damit im Zusammenhang bestehenden verstärkten Sorgfaltspflichten des Rechtsanwalts/Notars künftig auch bei im Inland ansässigen politisch exponierten Personen Anwendung finden). Anpassungen sind schließlich auch im Sanktionenregime des anwaltlichen und notariellen Disziplinarrechts bei Verstößen gegen die Bestimmungen zur Verhinderung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung erforderlich; hier muss aufgrund des Unionsrechts künftig – abhängig von den konkreten Umständen des Falls – die Verhängung einer Geldbuße von bis zu 1 000 000 Euro möglich sein.

3. Die Rechtsanwaltskammern sind nach § 49 Abs. 1 RAO verpflichtet, Einrichtungen zur Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung der Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter einzurichten und aufrechtzuerhalten. Die von den Rechtsanwaltskammern dazu zu beschließenden Satzungen der Versorgungseinrichtungen sind nunmehr bereits seit einiger Zeit weitestgehend gleichlautend, dies auf der Grundlage der vom Österreichischen Rechtsanwaltskammertag dazu erarbeiteten und in regelmäßigen Abständen angepassten „Mustersatzungen“. Um dieser Entwicklung auch auf gesetzlicher Ebene Rechnung zu tragen und solcherart auch die Funktionsfähigkeit dieses bedeutsamen Versorgungsinstruments sicherzustellen, soll in Hinkunft die Kompetenz zur Erlassung der Satzung der Versorgungseinrichtungen generell dem Österreichischen Rechtsanwaltskammertag zukommen, und zwar sowohl im Bereich des auf dem Umlage- als auch dem auf dem Kapitaldeckungsverfahren beruhenden Teils der Versorgungseinrichtungen. Nichts ändern soll sich aber aktuell an der Zuständigkeit der Rechtsanwaltskammern zur Erlassung der für die konkrete Beitrags- wie Leistungshöhe maßgeblichen Umlagen- und Leistungsordnungen.

4. Der Rechnungshof hat ihm Rahmen seines Prüfberichts (Reihe Bund 2012/9) betreffend „Pensionsvorsorge der Architekten, Ingenieurkonsulenten und Rechtsanwälte“ verschiedene Empfehlungen für den Bereich der anwaltlichen Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung abgegeben, dies unter anderem betreffend die Verfügbarkeit von versicherungstechnischen Informationen für die Kammermitglieder und die wiederkehrende Evaluierung der versicherungsmathematischen Berechnungen durch einen Sachverständigen. Diesen Empfehlungen soll durch entsprechende Änderungen in der RAO Rechnung getragen werden.

5. Im Bereich der NO werden Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit zwischen der Tätigkeit als Notariatskandidat/in und den Aufgaben in der Familie vorgeschlagen. Der Entwurf statuiert dazu zum einen die Möglichkeit der Anrechnung auch solcher „beschäftigungsloser Zeiten“ auf die Dauer der praktischen Verwendung, die nicht zwingend als Notariatskandidat/in zu verbringen ist, die aus einer zwischen Notar und Notariatskandidatin/Notariatskandidaten getroffenen Teilzeitvereinbarung im Zusammenhang mit einer notwendigen Kinderbetreuung resultieren (die aufgrund einer solchen Vereinbarung tatsächlich als Notariatskandidat/in absolvierten Beschäftigungszeiten sind im vollen Ausmaß der tatsächlichen Ausbildungszeit im Rahmen der praktischen Verwendung zu berücksichtigen). Zum anderen soll gleichzeitig die Möglichkeit der Anrechnung „beschäftigungsloser Zeiten“ im Sinn des § 6 Abs. 3 Z 4 NO insgesamt erweitert werden, und zwar von bisher maximal einem Jahr auf künftig höchstens zwei Jahre, wobei pro Kind eine Anrechnung im Höchstausmaß von einem Jahr möglich sein soll.

Eine ähnliche Zielsetzung hat auch der neu vorgeschlagene § 53 Abs. 2 Z 4 RAO, nach dem Rechtsanwältinnen und Rechtsanwaltsanwärterinnen über Antrag für die Dauer eines Beschäftigungsverbots nach dem Mutterschutzgesetz 1979 (oder des einem solchen Beschäftigungsverbot für werdende Mütter entsprechenden Zeitraums) zur Gänze von der Entrichtung der (der Aufbringung der Mittel für die Versorgungseinrichtung dienenden) Umlage befreit werden können sollen, soweit dies in der von der Plenarversammlung der Rechtsanwaltskammer zu beschließenden Umlagenordnung entsprechend vorgesehen wird.

6. Im rechtsanwaltlichen Disziplinarrecht soll es auf Anregung des Österreichischen Rechtsanwaltskammertags zum einen zu einer Änderung der Anzahl der Mitglieder des Disziplinarrats, zum anderen zu einer (grundsätzlichen) Verkleinerung der im Einzelfall zur Verhandlung und Entscheidung berufenen Senate des Disziplinarrats von fünf auf drei Mitglieder kommen.

7. Im Sachverständigen- und Dolmetschergesetz sollen (einem dahingehenden Vorschlag des Hauptverbands der Gerichtssachverständigen folgend) die gesetzlichen Voraussetzungen für eine vorübergehende „Ruhendstellung“ der Eigenschaft als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger (bzw. Dolmetscher) geschaffen werden.

8. Der Entwurf enthält darüber hinaus verschiedene weitere Änderungen im Berufsrecht der Rechtsanwälte und Notare sowie im Recht der Sachverständigen und Dolmetscher.

Kompetenzgrundlage:

Die Zuständigkeit des Bundes ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG (Angelegenheiten der Justizpflege, Angelegenheiten der Notare und der Rechtsanwälte sowie Zivilrechtswesen).


Besonderer Teil

Zu Art. 1 (Änderung der Rechtsanwaltsordnung)

Zu Z 1 (§ 8a Abs. 1 Z 3 RAO)

In § 8a Abs. 1 RAO sind diejenigen Geschäfte angeführt, bei deren Vorliegen den Rechtsanwalt die besonderen Pflichten zur Verhinderung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung treffen. Der entsprechende Katalog nach Art. 2 Abs. 1 Z 3 der „Vierten Geldwäsche-Richtlinie“ (EU) 2015/849 entspricht weitestgehend der bisherigen Rechtslage. Eine – im Wesentlichen terminologische – Änderung ergibt sich in diesem Kontext allerdings im Bereich des Art. 2 Abs. 1 Z 3 lit. b sublit. v dieser Richtlinie, die in § 8a Abs. 1 Z 3 RAO entsprechend nachzuvollziehen ist.

Zu Z 2 und 3 (§ 8a Abs. 2 bis 4 RAO)

Ein wesentliches Anliegen der Vierten Geldwäsche-Richtlinie ist die verstärkte Identifizierung und Sensibilisierung der nach der Richtlinie Verpflichteten für die eigenen Risiken, dass ihre Dienstleistungen für das Waschen von Erträgen aus kriminellen Tätigkeiten oder für die Zwecke der Terrorismusfinanzierung missbraucht werden. Den Rechtsanwalt trifft in diesem Zusammenhang nach § 8a Abs. 2 RAO schon bisher die Verpflichtung, angemessene und geeignete Strategien und Verfahren zur Erfüllung der ihm im Rahmen der Bekämpfung von Geldwäscherei (§ 165 StGB) und Terrorismusfinanzierung (§ 278d StGB) auferlegten Sorgfaltspflichten einzuführen und aufrechtzuerhalten, um Transaktionen, die mit Geldwäscherei (§ 165 StGB) oder Terrorismusfinanzierung (§ 278d StGB) zusammenhängen, vorzubeugen und diese zu verhindern. Diese Pflichten betreffen die Themen Parteien, Verdachtsmeldungen, Aufbewahrung von Aufzeichnungen, interne Kontrolle, Risikobewertung, Risikomanagement sowie Einhaltung der Vorschriften und Kommunikation in der Kanzlei. Sie sollen ausgedehnt und präzisiert werden, nämlich

– durch eine Erweiterung des § 8a Abs. 2 RAO über die maßgeblichen Strategien, Kontrollen und Verfahren zur Minimierung und Steuerung dieser Risiken (Umsetzung von Art. 8 Abs. 3 und 4 der Richtlinie [EU] 2015/849) einschließlich der Klarstellung, dass die bei Rechtsanwalts-Gesellschaften vorzusehenden Maßnahmen abhängig von der konkreten Geschäftstätigkeit und Art und Größe der Kanzlei gegebenenfalls auch die Bestellung eines Compliance-Beauftragten für den Bereich der Verhinderung von Geldwäscherei (§ 165 StGB) und Terrorismusfinanzierung (§ 278d StGB) zu umfassen haben,

– durch einen neuen § 8a Abs. 3 RAO über die Risikobewertung (Umsetzung von Art. 8 Abs. 1 und 2 der Richtlinie [EU] 2015/849) und

– durch einen neuen § 8a Abs. 4 RAO (Umsetzung von Art. 20 lit. a der Richtlinie) über das Vorhandensein angemessener Risikomanagementsysteme, um feststellen zu können, ob es sich bei dem Kunden oder dem wirtschaftlichen Eigentümer des Kunden um eine politisch exponierte Person handelt (siehe dazu auch die zu § 8f RAO vorgeschlagenen Änderungen).

Künftig soll der Rechtsanwalt unter Bedachtnahme auf seine konkrete Geschäftstätigkeit sowie auf Art und Größe seiner Kanzlei und unter Berücksichtigung bestimmter Risikofaktoren eine individuelle Analyse und Bewertung des Risikos vornehmen. Er soll dabei prüfen, ob und inwieweit seine Leistungen zu Zwecken der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung missbraucht werden können. Zu berücksichtigen sind dabei auch die Ergebnisse jener Risikoanalysen, die im Bereich der Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung auf Unionsebene und auf innerstaatlicher Ebene vorgenommen werden und die von Bedeutung für den Bereich der rechtsanwaltlichen Tätigkeit sind; auf innerstaatlicher Ebene ist hier insbesondere an die (auch auf der Website des Bundesministeriums für Finanzen veröffentlichte) „Nationale Risikoanalyse“, daneben aber auch und insbesondere an die von der Standesvertretung der Rechtsanwälte (gegebenenfalls) vorgenommenen Bereichsanalysen, zu denken.

Um diese Bewertungen und deren Ergebnisse auch entsprechend sicht- und nachvollziehbar zu machen, soll sie der Rechtsanwalt schriftlich aufzeichnen und regelmäßig aktualisieren bzw. auf ihre Aktualität überprüfen. Im Rahmen der Aufsicht kann die Rechtsanwaltskammer zum Zweck der Überprüfung der Einhaltung der Bestimmungen, die der Verhinderung oder Bekämpfung der Geldwäscherei (§ 165 StGB) oder der Terrorismusfinanzierung (§ 278d StGB) dienen (vgl. die vorgeschlagene Erweiterung des § 23 Abs. 2 zweiter Satz RAO), auch verlangen, dass ihr der Rechtsanwalt diese Bewertungen zur Verfügung stellt. Um hier Widersprüche zu der – auch in der Vierten Geldwäsche-Richtlinie (und hier insbesondere in den Art. 14 Abs. 4 und 34 Abs. 2 sowie im Erwägungsgrund 9) ausdrücklich anerkannten – anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht zu vermeiden, wird im vorgeschlagenen § 8a Abs. 3 letzter Satz ausdrücklich klargestellt, dass Tatsachen, die der Rechtsanwalt unter den in § 8c Abs. 1 zweiter Satz RAO genannten Voraussetzungen erfahren hat, jedenfalls nicht in die schriftlichen Risikobewertungen aufgenommen werden müssen. Dies steht auch im Einklang mit der Regelung des § 9 Abs. 4 RAO. Ganz generell ist zu betonen, dass in die Risikobewertung zwar die konkreten Kenntnisse des Rechtsanwalts über seine Geschäftstätigkeit einzufließen haben, er darin aber nicht Daten seiner Klienten in identifizierbarer Weise anzugeben braucht.

Zu Z 4 (§ 8b Abs. 3 RAO)

Hierbei handelt es sich um eine Zitatanpassung.

Zu Z 5 und 6 (§ 8b Abs. 4 RAO)

Der Feststellung des „wirtschaftlichen Eigentümers“ als jener Person, in deren Eigentum oder Kontrolle die Partei letztlich steht oder in deren Auftrag sie handelt, kommt im Bereich der Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung, wo immer wieder versucht wird, durch entsprechend komplexe gesellschaftsrechtliche Konstruktionen und Verflechtungen die wahre Identität der dahinterstehenden Personen zu verschleiern, besondere Bedeutung zu. Um dem verstärkt Rechnung zu tragen, sieht Art. 13 Abs. 1 lit. b und Abs. 6 der Richtlinie (EU) 2015/849 eine Intensivierung der Überprüfungspflichten (unter anderem) des Rechtsanwalts in Bezug auf juristische Personen, Trusts, Gesellschaften, Stiftungen und vergleichbar vereinbarten Strukturen vor. Dies soll durch die zu § 8b Abs. 4 RAO vorgeschlagenen Änderungen umgesetzt werden. Entsprechend Art. 3 Abs. 6 lit. a sublit. ii letzter Satz der Vierten Geldwäsche-Richtlinie soll der Rechtsanwalt über die von ihm zur Ermittlung der wirtschaftlichen Eigentümer nach § 8d Z 1 lit. a und b RAO gesetzten Maßnahmen Aufzeichnungen führen, die entsprechend den zeitlichen Vorgaben des § 12 Abs. 3 RAO aufzubewahren sind.

Zu Z 7 (§ 8b Abs. 6 erster und zweiter Satz RAO)

Mit der vorgeschlagenen Neuformulierung soll Art. 13 Abs. 1 lit. c und d der Richtlinie (EU) 2015/849 umgesetzt werden. Die Ermittlung und Bewertung des Zwecks und der Art der Geschäftsbeziehung sind Voraussetzungen dafür, dass der Rechtsanwalt das Risiko, dass seine Dienste für Zwecke der Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung missbraucht werden, entsprechend fundiert und einzelfallbezogen beurteilen und bewerten kann. Die dazu bereits bisher in § 8b Abs. 6 erster Satz RAO vorgesehene Verpflichtung des Rechtsanwalts soll an die neuen unionsrechtlichen Vorgaben in diesem Bereich angepasst werden.

Einer darüber hinausgehenden Umsetzung bedarf Art. 13 Abs. 1 lit. d der Vierten Geldwäsche-Richtlinie im Bereich des anwaltlichen Berufsrechts dagegen nicht. Das danach bestehende Erfordernis einer kontinuierlichen Überwachung der Geschäftsbeziehung (einschließlich der in ihrem Verlauf ausgeführten Transaktionen) findet sich bereits bisher in § 8b Abs. 6 vorletzter und letzter Satz RAO; dieser entspricht auch den aktuellen unionsrechtlichen und internationalen Vorgaben in diesem Bereich.

Keine gesonderten weiteren Umsetzungsmaßnahmen sind auch in Bezug auf Art. 13 Abs. 1 letzter Satz der Richtlinie (EU) 2015/849 erforderlich; die hier enthaltene Verpflichtung zur Identitätsfeststellung bzw. zur Feststellung der hinreichenden Befugnis eines Vertreters findet sich bereits in § 8b Abs. 2 vorletzter und letzter Satz RAO.

Der neu formulierte § 8b Abs. 6 zweiter Satz RAO dient der Umsetzung von Art. 18 Abs. 2 und 3 der Vierten Geldwäsche-Richtlinie. Bei Geschäften, die der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung dienen sollen, wird von „Geldwäscherseite“ in aller Regel versucht, nicht nur die Herkunft des Geldes zu verschleiern, sondern durch besondere Konstruktionen auch einen Rückschluss auf die tatsächlichen Hintermänner zu verhindern. Besonders gilt dies in solchen Fällen, in denen die Dienste eines Rechtsanwalts zu solchen verbotenen Zwecken missbraucht werden sollen, weil hier ein besonders hohes Risiko besteht, dass der wahre Hintergrund des Geschäfts aufgedeckt wird und die Geldwäsche-Bemühungen scheitern.

In der Praxis können komplexe oder solche Geschäftsbeziehungen und Geschäfte, die der Abwicklung ungewöhnlich großer oder aufgrund ihrer Konstruktion oder ihres Musters ungewöhnlicher Transaktionen ohne offensichtlichen wirtschaftlichen oder rechtmäßigen Zweck dienen, ein Hinweis auf das Vorliegen eines Geldwäsche-Geschäfts sein. Demgemäß soll der Rechtsanwalt – wie im Wesentlichen schon wie bisher – gehalten sein, solcherart charakterisierten Geschäften oder Geschäftsbeziehungen erhöhte Aufmerksamkeit zu widmen. Dies gilt natürlich auch für den Fall, dass sich eine entsprechende Entwicklung erst im Verlauf einer schon bestehenden Geschäftsbeziehung ergibt.

Zu Z 8 (§ 8b Abs. 6 dritter Satz RAO)

Den Rechtsanwalt trifft nach § 8b Abs. 6 dritter Satz RAO bereits derzeit eine Pflicht zu erhöhter Aufmerksamkeit und verstärkter Sorgfalt, wenn die Partei oder der wirtschaftliche Eigentümer den Sitz oder den Wohnsitz in einem Land hat, das die 40 FATF-Empfehlungen nicht oder nur ungenügend umgesetzt hat (und als Folge daraus in der von der FMA gemäß § 40b Abs. 1 BWG erlassenen Geldwäscherei- und Terrorismusfinanzierungsrisiko-Verordnung 2016 [GTV 2016] als Staat angeführt ist, in dem laut glaubwürdiger Quelle ein erhöhtes Risiko der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung besteht).

Eine entsprechende Verpflichtung zur Anwendung verstärkter Sorgfaltspflichten sieht Art. 18 Abs. 1 der Vierten Geldwäsche-Richtlinie dann vor, wenn die Partei oder der wirtschaftliche Eigentümer den Sitz oder Wohnsitz in einem von der Europäischen Kommission ermittelten „Drittland mit hohem Risiko“ hat. Der Kommission ist insofern durch Art. 9 Abs. 2 der Richtlinie die Befugnis zur Erlassung delegierter Rechtsakte übertragen, in denen solche Drittländer mit hohem Risiko zu identifizieren und anzuführen sind.

Der Rechtsanwalt muss nach dem geänderten § 8b Abs. 6 dritter Satz RAO die Aufzählung eines Staates in einem solchen von der Europäischen Kommission erlassenen delegierten Rechtsakt künftig in gleicher Weise wie die Anführung eines Landes in der GTV 2016 zum Anlass für eine Verstärkung seiner Sorgfaltspflichten nehmen. Da Art. 9 Abs. 2 der Vierten Geldwäsche-Richtlinie als maßgebliches Kriterium für die Einordnung eines Staates als Drittland mit hohem Risiko verschiedene strategische Mängel bei der Bekämpfung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung im jeweiligen Land vorsieht, werden sich hier zwischen den in der GTV 2016 angeführten Ländern und den in den delegierten Rechtsakten genannten Staaten absehbarerweise doch weitgehende Überschneidungen ergeben.

Zu Z 9 (§ 8b Abs. 6 letzter Satz RAO)

Aus § 8b Abs. 6 RAO folgt, dass die den Rechtsanwalt treffenden Identifizierungs- und Überwachungspflichten auch für bereits bestehende Geschäftsbeziehungen gelten. Im Rahmen der jüngsten FATF-Länderprüfung Österreichs wurde von Prüferseite aber darauf hingewiesen, dass zweifelhaft sei, ob dies auch für solche Konstellationen gelte, bei denen die Geschäftsbeziehung noch vor der Einbeziehung der Rechtsanwälte und der Notare in das Regime zur Verhinderung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung begründet worden sei. Mit der vorgeschlagenen Ergänzung des § 8b Abs. 6 RAO soll dieser Punkt ausdrücklich in die Richtung klargestellt werden, dass (bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 8b Abs. 1 RAO) die Pflichten des Rechtsanwalts unabhängig davon bestehen, zu welchem Zeitpunkt die konkrete, noch aufrechte Geschäftsbeziehung eingegangen worden ist.

Zu Z 10 (§ 8b Abs. 8 bis 11 RAO)

Der in der Vierten Geldwäsche-Richtlinie (ebenso wie in den überarbeiteten FATF-Empfehlungen) besonders betonte Ansatz, dass jeder aus der Richtlinie Verpflichtete gerade auch in seinem unmittelbaren Bereich und anhand seiner konkreten Verhältnisse eine risikoorientierte Beurteilung vornehmen muss, die dann unmittelbare Auswirkungen auf Umfang und Intensität der von ihm anzuwendenen Sorgfalt beim Umgang mit dem Geschäft oder der Geschäftsbeziehung haben soll, kommt besonders im neu vorgeschlagenen § 8b Abs. 8 RAO zum Ausdruck. In Umsetzung von Art. 13 Abs. 2, 3 und 4 in Verbindung mit Anhang I, Art. 16 und Art. 18 Abs. 3 sowie von Art. 48 Abs. 6 lit. b und c der Richtlinie (EU) 2015/849 soll sich der Umfang der den Rechtsanwalt nach § 8b RAO insgesamt treffenden Pflichten nach den Ergebnissen einer von ihm (auch) bezogen auf den konkreten Geschäftsvorgang vorzunehmenden risikoorientierten Beurteilung richten. Einzufließen haben in diese Beurteilung jedenfalls gewisse im Gesetz genannte Faktoren (Zweck des Geschäfts oder der Geschäftsbeziehung; Höhe der von einem Kunden aufgewendeten Vermögenswerte; [betraglicher oder wirtschaftlicher] Umfang der ausgeführten Transaktionen; Regelmäßigkeit oder Dauer der Geschäftsbeziehung); diese Aufzählung ist aber nicht abschließend. Jedenfalls mitzuberücksichtigen sind vielmehr auch die in den Anhängen II und III des aktuell vorgeschlagenen neuen Finanzmarkt-Geldwäschegesetzes (die den Anhängen II und III der Richtlinie [EU] 2015/849 entsprechen) genannten Umstände für ein potenziell geringeres oder höheres Risiko von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung. Diese Beurteilung und die vom Rechtsanwalt daraus gezogenen Schlüsse müssen insofern transparent und nachvollziehbar sein, als der (in Umsetzung von Art. 13 Abs. 4 der Richtlinie) vorgeschlagene § 8b Abs. 8 letzter Satz RAO den Rechtsanwalt verpflichtet, die Angemessenheit seiner Maßnahme über entsprechende Aufforderung der Rechtsanwaltskammer im Rahmen ihrer Aufsicht entsprechend (und in geeigneter Form) darzulegen. Um auch hier (siehe schon die Ausführungen zu § 8a Abs. 3 RAO) Widersprüche zur anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht zu vermeiden, wird im vorgeschlagenen § 8b Abs. 8 letzter Satz klargestellt, dass Tatsachen, die der Rechtsanwalt unter den in § 8c Abs. 1 zweiter Satz RAO genannten Voraussetzungen erfahren hat, nicht von dieser Darlegungspflicht umfasst sind.

Nach Kriterium 10.20 der „FATF-Methodologie zur Bewertung der Einhaltung der FATF-Empfehlungen und der Effektivität der Systeme zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung“ muss es Finanzinstituten gestattet sein, bei Vorliegen eines Verdachts, dass ein Geschäft der Geldwäscherei oder der Terrorismusfinanzierung dient, und eines gleichzeitigen Grundes zur Annahme, dass die Partei durch die in Entsprechung der besonderen Sorgfaltspflichten gesetzten Maßnahmen Kenntnis von dem gegen sie bestehenden Verdacht erhalten würde („tipping-off“), diese Maßnahmen nicht fortzusetzen. Dies setzt aber eine gleichzeitige Verpflichtung voraus, dass das Finanzinstitut eine Verdachtsmeldung an die Geldwäschemeldestelle erstattet.

Im aktuellen FATF-Länderbericht Österreich wird das Fehlen einer entsprechenden gesetzlichen Regelung für den Bereich der Rechtsanwälte ausdrücklich aufgezeigt. Dieser Kritik soll mit dem vorgeschlagenen § 8b Abs. 9 RAO Rechnung getragen werden.

Auch in den vom neuen § 8b Abs. 9 RAO erfassten Fällen soll der Rechtsanwalt aber nicht zur Verdachtsmeldung hinsichtlich solcher Tatsachen verpflichtet sein, die er von einer oder über eine Partei im Rahmen der Rechtsberatung oder im Zusammenhang mit ihrer Vertretung vor einem Gericht oder einer diesem vorgeschalteten Behörde oder Staatsanwaltschaft erfahren hat, es sei denn, dass die Partei für den Rechtsanwalt erkennbar die Rechtsberatung offenkundig zum Zweck der Geldwäscherei oder der Terrorismusfinanzierung in Anspruch nimmt. Für die weitere Vorgehensweise im Fall der Erstattung einer Verdachtsmeldung gilt § 8c Abs. 2 RAO.

In Umsetzung von Art. 25 ff. der Vierten Geldwäsche-Richtlinie werden im vorgeschlagenen § 8b Abs. 10 und 11 die gesetzlichen Voraussetzungen dafür geschaffen, dass der Rechtsanwalt zur Erfüllung der ihn nach Art. 13 Abs. 1 lit. a bis c der Richtlinie (EU) 2015/849 treffenden, in § 8b RAO umgesetzten Sorgfaltspflichten auf einen Dritten zurückgreifen kann. Dahinter steht die Überlegung, dass durch eine wiederholte Feststellung und Überprüfung der Identität von Kunden bedingte Verzögerungen und Ineffizienzen vermieden werden sollen (siehe Erwägungsgrund 35 der Vierten Geldwäsche-Richtlinie).

Als Dritte, derer sich der Rechtsanwalt in diesem Zusammenhang bedienen darf, kommen nach dem vorgeschlagenen § 8b Abs. 10 Z 1 RAO Kredit- und Finanzinstitute mit Sitz im Inland, sofern sie nicht ausschließlich über eine Berechtigung für die Durchführung des Wechselstubengeschäfts (§ 1 Abs. 1 Z 22 BWG) verfügen, sowie Rechtsanwälte, Notare, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater mit Sitz im Inland in Betracht. Diese unterliegen allesamt dem Regime der Richtlinie (EU) 2015/849 und dessen Umsetzung in Österreich, sodass bei ihnen jedenfalls von einer Gleichwertigkeit im Sinn von Art. 26 Abs. 1 der Vierten Geldwäsche-Richtlinie ausgegangen werden kann.

Darüber hinaus sollen nach § 8b Abs. 10 Z 2 RAO aber auch Kredit- und Finanzinstitute nach Art. 3 Z 1 und 2 der Vierten Geldwäsche-Richtlinie sowie Rechtsanwälte, Notare, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater jeweils mit Sitz in einem anderem EU-Mitgliedstaat und diesen entsprechende Verpflichtete mit Sitz in einem Drittland herangezogen werden dürfen; dies unter der Voraussetzung, dass deren Sorgfaltspflichten den in der Richtlinie (EU) 2015/849 festgelegten entsprechen und bei denen die Einhaltung dieser Sorgfaltspflichten in einer Weise beaufsichtigt wird, die mit den Art. 47 und 48 der Vierten Geldwäsche-Richtlinie im Einklang steht. Jedenfalls unzulässig ist aber die Heranziehung von Dritten, die in Drittländern mit erhöhtem Risiko (siehe dazu § 8b Abs. 6 dritter Satz RAO) niedergelassen sind.

Unabhängig von der Zulässigkeit einer solchen „Auslagerung“ der unmittelbaren Verpflichtungen an einen Dritten verbleibt die endgültige Verantwortung für die Erfüllung der Sorgfaltspflichten beim Rechtsanwalt. Daneben bleibt aber auch der Dritte, soweit er eine unter das Regime der Richtlinie (EU) 2015/849 fallende Beziehung zum Kunden unterhält, selbst für die Erfüllung der für ihn maßgeblichen Bestimmungen zur Verhinderung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung verantwortlich, dies einschließlich der Verdachtsmeldepflicht und der Pflicht zur Aufbewahrung von Aufzeichnungen.

Zu Z 11 (§ 8c Abs. 1 erster Satz RAO)

Eine der zentralen Verpflichtungen der nach den unionsrechtlichen und internationalen Regelungen zur Verhinderung der Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung Verpflichteten ist die (auch bei Rechtsanwälten unter bestimmten Voraussetzungen bestehende) Pflicht der Verdachtsmeldung gegenüber der zuständigen Meldestelle. Liegen die Voraussetzungen für eine solche Meldung vor, so hat diese gemäß § 8c Abs. 1 RAO unmittelbar an die Geldwäschemeldestelle gemäß § 4 Abs. 2 Bundeskriminalamt-Gesetz zu erfolgen. Von der in Art. 23 Abs. 1 der Dritten Geldwäsche-Richtlinie damit im Zusammenhang vorgesehenen Möglichkeit, eine geeignete Selbstverwaltungseinrichtung – in concreto: die Rechtsanwaltskammer – dazwischen zu schalten, die die Meldung entgegennimmt und dann ihrerseits an die Geldwäschemeldestelle weiterzuleiten hat, wurde nicht Gebrauch gemacht; dies soll auch im Zusammenhang mit den neuen Vorgaben der Vierten Geldwäsche-Richtlinie (wo Art. 34 Abs. 1 eine solche „Zwischenschaltung“ ermöglichen würde) so beibehalten werden.

Die konkrete Ausgestaltung der Meldepflicht in § 8c Abs. 1 RAO bedarf aber im Lichte der Vorgaben des Art. 33 Abs. 1 der Vierten Geldwäsche-Richtlinie einer Überarbeitung. Die Verpflichtung des Rechtsanwalts geht nunmehr dahin, dass dieser bei Vorliegen eines in § 8a RAO genannten Geschäfts eine Verdachtsmeldung immer dann zu erstatten hat, wenn er im Rahmen (der Anknüpfung) eines Geschäfts oder einer Geschäftsbeziehung oder einer Transaktion, in die er eingebunden ist oder werden soll, Kenntnis davon erlangt oder den Verdacht oder berechtigten Grund zur Annahme hat, dass die mit dem Geschäft oder der Transaktion im Zusammenhang stehenden Gelder aus kriminellen Tätigkeiten stammen oder mit Terrorismusfinanzierung in Verbindung stehen. Die in Art. 22 Abs. 1 lit. a der Dritten Geldwäsche-Richtlinie 2005/60/EG in diesem Kontext noch bestehende Einschränkung, dass sich die Kenntnis bzw. der Verdacht/der berechtigte Grund zur Annahme darauf zu beziehen hat, dass eine Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung begangen oder zu begehen versucht wurde, ist mit der Neuformulierung der entsprechenden Verpflichtung in Art. 33 Abs. 1 lit. a der Richtlinie (EU) 2015/849 entfallen.

Unverändert beibehalten werden kann demgegenüber die zur Sicherstellung der Rechte nach Art. 6 EMRK und des notwendigen Schutzes des besonderen Vertrauensverhältnisses zwischen Rechtsanwalt und Mandant bei der Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung in Zivil- und Strafverfahren, aber auch vor Verwaltungsbehörden zentrale Regelung der Ausnahme von der Meldepflicht in § 8c Abs. 1 zweiter Satz RAO; diese Bestimmung steht im Einklang mit Art. 34 Abs. 2 der Richtlinie (EU) 2015/849.

Was die konkret meldepflichtigen Sachverhalte angeht, so sieht der Entwurf die sinngemäße Anwendbarkeit des § 16 Abs. 1 Z 1, 2 und 4 FM-GwG vor (der Fall des § 16 Abs. 1 Z 3 FM-GwG ist bereits durch § 8b Abs. 7 dritter Satz RAO abgedeckt).

Nach dem neuen § 8c Abs. 1 zweiter Satz ist die Verdachtsmeldung in einem geläufigen elektronischen Format unter Verwendung der durch die Geldwäschemeldestelle festzulegenden, sicheren Kommunikationskanäle zu übermitteln. Damit soll – in Entsprechung von Art. 42 der Vierten Geldwäsche-Richtlinie – die Übermittlung strukturierter Informationen gewährleistet und gleichzeitig die Grundlage für die nachfolgende Erfassung in einer Datenanwendung geschaffen werden.

Zu Z 12 (§ 8c Abs. 1a RAO)

Der mit dem BRÄG 2008 eingeführte § 8c Abs. 1a RAO regelt in Entsprechung des Art. 28 der Dritten Geldwäsche-Richtlinie die Weitergabe von Informationen über eine Verdachtsmeldung nach § 8c Abs. 1 RAO oder eine Meldung nach § 8b Abs. 7 RAO an die Geldwäschemeldestelle. Das insofern vorgesehene grundsätzliche Verbot der Informationsweitergabe ist auf unionsrechtlicher Ebene nunmehr in Art. 39 der Richtlinie (EU) 2015/849 geregelt. Abgesehen von einer notwendigen Zitatanpassung in § 8c Abs. 1a vierter Satz RAO entspricht die aktuelle innerstaatliche Ausgestaltung dieses Verbots aber auch diesen neuen unionsrechtlichen Vorgaben.

Zu Z 13 (§ 8c Abs. 2 letzter Satz RAO)

§ 8c Abs. 2 letzter Satz RAO, mit dem Art. 35 Abs. 2 der Vierten Geldwäsche-Richtlinie umgesetzt wird, ist dahin zu ergänzen, dass von einem an sich gebotenen Verzicht auf die Durchführung des Geschäfts ausnahmsweise auch dann abzusehen ist, wenn durch einen solchen Verzicht die Verfolgung der Begünstigten eines verdächtigen Geschäfts behindert werden könnte. Diesfalls hat der Rechtsanwalt der Geldwäschemeldestelle unmittelbar danach die nötige Information zu erteilen.

Zu Z 14 (§ 8c Abs. 5 RAO)

Mit dem neu gefassten § 8c Abs. 5 RAO wird in Umsetzung von Art. 32 der Richtlinie (EU) 2015/849 sowie entsprechend der FATF-Empfehlung 29 die Voraussetzung für die Führung einer Analysedatenbank durch die Geldwäschemeldstelle auch (vgl. die korrespondierende Regelung des § 16 Abs. 5 FM-GwG bzw. den vorgeschlagenen § 36c Abs. 5 NO) in Bezug auf solche Daten geschaffen, die diese zur Wahrnehmung der ihr nach § 8b sowie § 8c Abs. 1 bis 4 RAO zukommenden Aufgaben zur Verhinderung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung benötigt.

Zu Z 15 (§§ 8d und 8e RAO)

Die Verpflichtung des Rechtsanwalts, bei Vorliegen eines der in § 8a genannten Geschäfte gegebenenfalls auch die Identität des „wirtschaftlichen Eigentümers“ festzustellen, soll verhindern, dass im Weg komplexer Gesellschaftsstrukturen und -verflechtungen die wahre Herkunft von Geldmitteln verschleiert und die tatsächlichen (wirtschaftlichen) Nutznießer eines Geschäfts unbekannt bleiben. In der Vierten Geldwäsche-Richtlinie wird der Begriff des wirtschaftlichen Eigentümers in Art. 3 Z 6 umfangreich definiert, wobei sich im Vergleich zur entsprechenden bisherigen Begriffsdefinition in Art. 3 Z 6 der Dritten Geldwäsche-Richtlinie die eine oder andere Änderung ergibt.

Wie schon bisher empfiehlt es sich, die Terminologie der aktuellen unionsrechtlichen Begriffsdefinition auch (weitestgehend) in das innerstaatliche Recht zu übernehmen, weil letztlich nur so sichergestellt werden kann, dass der Richtlinie ausreichend Rechnung getragen wird. Der Nachteil dieser Regelungen, nämlich ihre Komplexität, ist dabei in Kauf zu nehmen. Dies soll mit dem insgesamt neugefassten § 8d RAO erfolgen. Konkret wird im vorgeschlagenen § 8d Z 1 RAO der Personenkreis, der bei Gesellschaften jedenfalls als wirtschaftlicher Eigentümer anzusehen ist, festgelegt; im ebenfalls neu gefassten § 8d Z 2 und 3 RAO finden sich entsprechende (im Vergleich zur geltenden Rechtslage erweiterte) Definitionen des wirtschaftlichen Eigentümers bei Trusts oder trustähnlich vereinbarten Strukturen sowie juristischen Personen.

§ 8e RAO, wonach der Rechtsanwalt unter bestimmten Voraussetzungen auch bei Vorliegen eines „geldwäschegeneigten Geschäfts“ im Sinn des § 8a RAO vereinfachte Sorgfaltspflichten anwenden kann, bedarf angesichts der gerade in diesem Bereich substanziell geänderten unionsrechtlichen und internationalen Vorgaben einer eingehenden Überarbeitung.

Ausgangspunkt der Überlegungen ist auch hier, dass der einzelne Rechtsanwalt das Risiko des Missbrauchs seiner Tätigkeit für Zwecke der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung bei entsprechender Analyse anhand seiner konkreten Geschäftstätigkeit und -verhältnisse selbst am verlässlichsten bewerten und beurteilen kann. Kommt er daher entsprechend der von ihm nach dem vorgeschlagenen § 8a Abs. 3 vorzunehmenden Risikoanalyse zum Ergebnis, dass bezogen auf ein konkretes Geschäft oder eine konkrete Geschäftsbeziehung nur ein geringeres Risiko der Geldwäscherei oder Terrorismusfinanzierung besteht, so entfallen die ihn an sich nach dem vorgeschlagenen § 8b Abs. 6 erster Satz RAO treffenden Verpflichtungen.

Soweit im geltenden § 8e RAO bestimmte Konstellationen angeführt sind, bei deren Vorliegen es bereits ex lege und ohne weitere Analyseschritte zur Anwendung vereinfachter Sorgfaltspflichten kommt, ist eine Übernahme dieses Regimes im Lichte der Anforderungen der aktuellen FATF-Empfehlungen und der Richtlinie (EU) 2015/849 nicht möglich. Aufgrund der Ergebnisse der von Österreich erstellten Nationalen Risikoanalyse erscheint es aber jedenfalls legitim, einzelne der bisher in diesem Kontext genannten Fälle (bei der Partei handelt es sich um ein den Anforderungen der Vierten Geldwäsche-Richtlinie oder einem vergleichbaren Regime unterliegendes Kredit- oder Finanzinstitut, um eine inländische Behörde oder eine sonstige, bestimmte Voraussetzungen erfüllende Behörde oder öffentliche Einrichtung) als „Indikatoren“ für die Zulässigkeit der Anwendung bloß vereinfachter Sorgfaltspflichten auch weiterhin ausdrücklich im Gesetz zu nennen.

Voraussetzung vereinfachter Sorgfaltspflichten ist, dass der Rechtanwalt anhand der ihm zur Verfügung stehenden oder von ihm einzuholenden Erhebungsergebnisse auch tatsächlich in der Lage ist, eine hinreichende Risikoanalyse vorzunehmen. Dies stellt – in Umsetzung von Art. 15 Abs. 2 der Vierten Geldwäsche-Richtlinie – der vorgeschlagene § 8e Abs. 2 ausdrücklich klar.

Auch dann, wenn es zulässigerweise zur Anwendung von vereinfachten Sorgfaltspflichten durch den Rechtsanwalt kommt, trifft diesen zufolge Art. 15 Abs. 3 der Richtlinie (EU) 2015/849 die Verpflichtung, sowohl die betreffenden Transaktionen als auch die Geschäftsbeziehung insgesamt entsprechend zu überwachen, um solcherart die Aufdeckung ungewöhnlicher oder verdächtiger Transaktionen zu ermöglichen. Diese Richtlinienvorgabe soll mit dem vorgeschlagenen § 8e Abs. 3 umgesetzt werden (siehe dazu auch die ganz allgemeine Pflicht des Rechtsanwalts zur laufenden Überwachung der Geschäftsbeziehung nach dem mit dem Vorschlag neu gefassten § 8b Abs. 6 erster Satz RAO).

Zu Z 16 bis 21 (§ 8f RAO)

§ 8f RAO sieht bereits bisher bestimmte verstärkte Sorgfaltspflichten des Rechtsanwalts gegenüber so genannten „politisch exponierten Personen“ („PEPs“) vor, wenn diese in einem anderen Mitgliedstaat oder in einem Drittstaat ansässig sind. Die Umsetzung der Vorgaben der Richtlinie (EU) 2015/849 erfordert aber eine eingehende Überarbeitung dieser Bestimmung. Wohl wesentlichster Punkt ist dabei, dass die verstärkten Sorgfaltspflichten vom Rechtsanwalt künftig auch bei im Inland ansässigen PEPs anzuwenden sind; die Einschränkung auf in einem anderem Mitgliedstaat oder in einem Drittstaat ansässige PEPs hat aufgrund der geänderten unionsrechtlichen Vorgaben zu entfallen.

Entsprechend den Vorgaben in Art. 3 Z 9 der Richtlinie (EU) 2015/849 insgesamt zu überarbeiten sind auch die in § 8f Abs. 2 RAO enthaltenen Festlegungen, unter welchen Voraussetzungen eine Person als eine PEP anzusehen ist. Dabei gilt gemäß dem vorgeschlagenen neuen § 8f Abs. 5 letzter Satz RAO auch derjenige als PEP, der innerhalb des letzten Jahres vor Anknüpfung der Geschäftsbeziehung eine PEP war. Der Entwurf übernimmt dabei mit den vorgesehenen zwölf Monaten als maßgeblichem Zeitraum für die entsprechende Rückwirkung die Mindestfrist des Art. 22 der Vierten Geldwäsche-Richtlinie und knüpft insofern an die bisherige Regelung in § 8f Abs. 2 Z 1 RAO an.

Um angesichts der nunmehrigen Anwendbarkeit der verstärkten Sorgfaltspflichten auch auf inländische PEPs eine möglichst einheitliche Anwendung sicherzustellen, werden in § 8f Abs. 2 RAO – ebenso wie in § 2 Z 6 FM-GwG – bestimmte Kategorien von im Inland ansässigen PEPs angeführt, die jedenfalls unter die Definition von Art. 3 Z 9 der Richtlinie (EU) 2015/849 zu subsumieren sind. Wenngleich damit keine taxative Aufzählung verbunden ist, kann zu Z 1 und 2 doch hervorgehoben werden, dass Funktionsträger auf Gemeindeebene von diesen Kategorien grundsätzlich nicht erfasst sind.

Familienmitglieder (worunter – wie schon bisher gemäß § 8f Abs. 2 Z 2 RAO – nach der Definition im vorgeschlagenen § 8f Abs. 3 RAO der Ehegatte, eine dem Ehegatten rechtlich gleichgestellte Person oder der Lebensgefährte im Sinn von § 72 Abs. 2 StGB, die Kinder und deren Ehegatten, den Ehegatten rechtlich gleichgestellte Personen oder Lebensgefährten sowie die Eltern der politisch exponierten Personen zu verstehen sind) von PEPs und PEPs bekanntermaßen nahestehende Personen sind nach der Systematik der Vierten Geldwäsche-Richtlinie nunmehr nicht mehr selbst als PEPs einzuordnen; allerdings gelten die für PEPs vorzusehenden Maßnahmen gemäß (dem in § 8f Abs. 6 umgesetzten) Art. 23 der Richtlinie (EU) 2015/849 ausdrücklich auch für sie, sodass sich hinsichtlich der vom Rechtsanwalt auch bei diesem Personenkreis einzuhaltenden Pflichten im Ergebnis nichts ändert.

Auch weiterhin (siehe bereits die ErläutRV 303 BlgNR 23. GP 21) wird man dann von einer einer PEP „bekanntermaßen“ nahestehenden Person sprechen können, wenn die entsprechende, nunmehr in § 8f Abs. 4 näher definierte Beziehung öffentlich bekannt ist oder der Rechtsanwalt Grund zur Annahme hat, dass eine derartige Beziehung besteht. Diese Kategorie erfordert insofern keine aktive Nachforschung durch den Rechtsanwalt.

Die den Rechtsanwalt im Fall einer Geschäftsbeziehung zu einer PEP zusätzlich treffenden Sorgfaltspflichten finden sich in Art. 20 lit. b der Richtlinie (EU) 2015/849. Diese Pflichten decken sich mit den bereits bisher in § 8f Abs. 3 RAO normierten Erfordernissen, sodass – sieht man vom Wegfall der Einschränkung ab, dass es sich um eine in einem anderen Mitgliedstaat oder einem Drittstaat ansässige PEP handeln muss – sich hinsichtlich der nunmehr in § 8f Abs. 5 RAO geregelten Verpflichtungen kein inhaltlicher Änderungsbedarf ergibt.

Zu Z 22 (§ 9a RAO)

§ 9a erster Satz RAO, der eine Sonderregelung für anwaltliche Anderkonten betreffend die Identitätsfeststellung vorsieht, bedarf schon insofern einer Überarbeitung, als der vereinfachte Sorgfaltspflichten für anwaltliche Konten regelnde § 40a Abs. 4 BWG im Zuge der aktuell vorgeschlagenen Neuerlassung eines Finanzmarkt-Geldwäschegesetzes entfallen soll (und eine Bezugnahme darauf somit nicht mehr in Betracht kommt). Entsprechende vereinfachte Sorgfaltspflichten für solche Konten sollen aber auch künftig – auf der Grundlage des vorgeschlagenen § 8 Abs. 5 FM-GwG – in einer Verordnung der FMA vorgesehen werden. Demgemäß besteht gleichzeitig auch die Notwendigkeit der grundsätzlichen Beibehaltung der Regelung des § 9a RAO, bedarf es doch aufgrund der den Rechtsanwalt treffenden Verschwiegenheitspflicht auch einer berufsrechtlichen Grundlage dafür, dass der Rechtsanwalt dem Kreditinstitut Auskünfte über jene Personen erteilen darf, auf deren Rechnung Gelder auf einem anwaltlichen Anderkonto erliegen.

Ein wesentliches Anliegen bei der Überarbeitung dieser Bestimmung im Lichte der Vorgaben der Vierten Geldwäsche-Richtlinie ist es daneben, die in der Praxis aufgekommenen Unklarheiten über das Verhältnis zwischen den die Rechtsanwälte in diesem Zusammenhang treffenden Pflichten (und Rechte) einerseits und den den Kreditinstituten zur Verhinderung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung auferlegten Verpflichtungen andererseits verlässlich auszuräumen.

Zur Erfüllung der unionsrechtlichen Vorgaben sieht der Vorschlag vor, dass die Anforderungen des Art. 27 der Vierten Geldwäsche-Richtlinie betreffend die „Ausführung durch Dritte“ analog übernommen werden. Wie bisher soll der Rechtsanwalt bei anwaltlichen Anderkonten die Identität der Personen, auf deren Rechnung die Gelder erliegen, entsprechend § 8b Abs. 2 RAO festzustellen haben. Der Rechtsanwalt ist ebenso wie das kontoführende Kreditinstitut Verpflichteter im Sinn der Vierten Geldwäsche-Richtlinie mit gleichgelagerten Identifizierungs- und Sorgfaltspflichten, deren Einhaltung zudem im Rahmen des Disziplinarrechts streng überwacht wird. Bei der daran erforderlichenfalls anschließenden Informationserteilung gegenüber dem betreffenden Kreditinstitut über die tatsächliche Identität der Personen, auf deren Rechnung die Gelder erliegen, ist zu unterscheiden: Handelt es sich um ein Sammelanderkonto oder ein Verlassenschafts-, Pflegschafts- oder Insolvenzanderkonto, so hat eine entsprechende Bekanntgabe gegenüber dem Kreditinstitut nur über dessen Anforderung zu erfolgen. Der Vorschlag orientiert sich hier an den anwaltlichen Meldepflichten im Bereich des Kontenregister- und Konteneinschaugesetzes, wo nach § 3 Abs. 3 letzter Satz KontRegG-DV eine Ausnahme von der Meldepflicht eben für diese Konten statuiert ist. Ihre Rechtfertigung findet diese Sonderbehandlung da wie dort in dem durch entsprechende Risikoanalysen für den anwaltlichen und notariellen Bereich belegten geringeren Risiko, dass solche Konten für Zwecke der Geldwäscherei oder Terrorismusfinanzierung missbraucht werden. Bei den sonstigen anwaltlichen Anderkonten soll der Rechtsanwalt dagegen schon von sich aus zu einer entsprechenden Informationserteilung über die Identität der betreffenden Personen verpflichtet sein, ohne dass es eines dahingehenden vorherigen Ersuchens des Kreditinstituts bedarf.

Was den Inhalt und Umfang der den Rechtsanwalt im Zusammenhang mit der Verhinderung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung treffenden Identifizierungspflichten angeht, so ergeben sich diese auch weiterhin aus § 8b Abs. 1 RAO. Demgemäß besteht in den Fällen des § 8b Abs. 1 Z 1 bis 4 RAO auch bei über Sammelanderkonten abgewickelten Geschäften eine Identifizierungspflicht des Rechtsanwalts.

Entsprechend der bisherigen Regelung hat der Rechtsanwalt auch in Hinkunft die zum Nachweis der Identität vorgelegten Unterlagen aufzubewahren. Dabei erscheint es unverändert gerechtfertigt, dass der Rechtsanwalt nicht bei jedem Kontoeingang auf einem Anderkonto, hinsichtlich dessen sich der Rechtsanwalt selbst ja bereits legitimiert und seine Identität nachgewiesen hat, auch Unterlagen über die Identität und die von ihm dazu vorgenommene Prüfung in Ansehung des jeweiligen Auftraggebers zu übermitteln hat. Im Gleichklang mit der Anforderung des Art. 27 Abs. 2 der Richtlinie (EU) 2015/849 soll der Rechtsanwalt aber dem Kreditinstitut über dessen Ersuchen Kopien dieser Unterlagen sowie gegebenenfalls vorhandener anderer maßgeblicher Unterlagen über die Identität dieser Personen oder des wirtschaftlichen Eigentümers weiterzuleiten haben.

Was die gebotene Abstimmung mit den für die Kreditinstitute maßgeblichen Vorgaben angeht, so ist in Aussicht genommen, korrespondierende vereinfachte Sorgfaltspflichten für Kreditinstitute in einer von der FMA zu erlassenden Verordnung nach § 8 Abs. 5 FM-GwG vorzusehen.

Klargestellt sei in diesem Zusammenhang schließlich auch noch, dass § 9a RAO allfälligen abweichenden, spezielleren gesetzlichen Auskunfts- und Meldepflichten der Rechtsanwälte in Bezug auf (bestimmte) anwaltliche Anderkonten (wie sie etwa im GMSG vorgesehen sind) nicht entgegensteht und der Rechtsanwalt dahingehende Auskünfte nicht unter Verweis auf die Regelung des § 9a RAO verweigern kann.

Zu Z 23 bis 25 (§ 12 Abs. 3 RAO)

Der Rechtsanwalt ist gemäß § 12 Abs. 3 RAO verpflichtet, die (zur Feststellung der Identität vorgelegten) Unterlagen nach § 8b Abs. 4 RAO für die Dauer von mindestens fünf Jahren aufzubewahren; die Frist wird von dem Zeitpunkt an gerechnet, in dem das Auftragsverhältnis mit der Partei beendet worden ist. Das Gleiche gilt für Belege und Aufzeichnungen über die von § 8a Abs. 1 RAO erfassten Geschäfte. Diese Regelung bedarf im Lichte der geänderten Vorgaben des Art. 40 der Richtlinie (EU) 2015/849 insofern einer Erweiterung, als zwar weiterhin eine fünfjährige Mindest-Aufbewahrungsfrist vorzusehen ist; gleichzeitig ist für sämtliche im Kontext der Verhinderung der Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung verarbeitete personenbezogenen Daten aber eine Maximalfrist vorzusehen, nach der diese zu löschen sind. Hier soll von der den Mitgliedstaaten nach Art. 40 Abs. 1 der Vierten Geldwäsche-Richtlinie eingeräumten Möglichkeit, die an sich zeitlich mit fünf Jahren begrenzte Aufbewahrungsfrist um (bis zu) fünf weitere Jahre zu verlängern, Gebrauch gemacht werden. Aufgrund der regelmäßig gegebenen wirtschaftlichen Relevanz der in § 8a Abs. 1 RAO angeführten „geldwäschegeneigten“ Geschäfte erscheint es geboten, dass die betreffenden Daten zum Zweck der Verhinderung, Aufdeckung und Ermittlung von Geldwäsche und/oder Terrorismusfinanzierung hinreichend lange zur Verfügung stehen. Die Pflicht zur Löschung der Daten nach Ablauf von fünf Jahren stünde zudem in einem beträchtlichen Spannungsverhältnis zu den den Rechtsanwalt in anderem Zusammenhang (etwa im Bereich des Steuerrechts) treffenden Verpflichtungen.

Ausdrücklich klarzustellen ist, dass es sich bei den verpflichtend zu löschenden personenbezogenen Daten ausschließlich um solche handelt, die der Rechtsanwalt in Erfüllung der ihm im Rahmen der Bekämpfung der Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung auferlegten Sorgfaltspflichten verarbeitet, nicht aber beispielsweise um die Vertragsurkunde selbst oder damit im Zusammenhang stehende Unterlagen.

Die Verpflichtung zur Löschung besteht zudem dann nicht, wenn der Rechtsanwalt aufgrund einer anderen gesetzlichen oder einer vertraglichen Verpflichtung zu einer längeren Aufbewahrung der Daten verpflichtet ist. Eine Löschung hat jedenfalls auch dann zu unterbleiben, wenn sich die betreffenden Daten auf einen Sachverhalt beziehen, der Gegenstand eines Ermittlungs-, Haupt- oder Rechtsmittelverfahrens wegen § 165, § 278a, § 278b, § 278c, § 278d oder § 278e StGB ist und der Rechtsanwalt sowohl von diesem Zusammenhang als auch vom anhängigen Verfahren nachweislich Kenntnis erlangt hat. Diesfalls dürfen die betreffenden Daten bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens nicht gelöscht werden.

Im aktuellen FATF-Länderbericht Österreich wird das Fehlen einer gesetzlichen Regelung kritisiert, nach der die von Rechtsanwälten (und Notaren) über einzelne Transaktionen, die im Kontext eines Geschäfts oder einer Geschäftsbeziehung im Sinn des § 8a Abs. 1 RAO (bzw. § 36a Abs. 1 NO) vorgenommen werden, aufbewahrten Unterlagen geeignet sein müssen, um – erforderlichenfalls – eine Rekonstruktion im Nachhinein durch die zur Verhinderung der Geldwäscherei (§ 165 StGB) und Terrorismusfinanzierung (§ 278d StGB) berufenen Behörden zu ermöglichen. Dieser Kritik soll mit der vorgeschlagenen Erweiterung des § 12 Abs. 3 entsprechend Rechnung getragen werden. Selbstverständlich besteht die dahingehende Verpflichtung nur solange, als die betreffenden Daten noch vorhanden sind (und diese nicht in Entsprechung der Löschungsverpflichtung nach § 12 Abs. 3 dritter Satz RAO berechtigterweise gelöscht wurden).

Zu Z 26 und 27 (§ 21b RAO)

Nach § 21b Abs. 2 RAO hat der Rechtsanwalt den bei ihm beschäftigten Rechtsanwaltsanwärter sowie die sonstigen bei ihm Beschäftigten durch geeignete Maßnahmen mit den Bestimmungen, die der Verhinderung oder der Bekämpfung der Geldwäscherei oder der Terrorismusfinanzierung dienen, vertraut zu machen. In Intensität und Umfang sollen diese Maßnahmen nach Art. 46 Abs. 1 der Vierten Geldwäsche-Richtlinie in einem angemessenen Verhältnis zu der konkreten Geschäftstätigkeit und der Art und Größe seiner Kanzlei stehen. Dies wird mit der vorgeschlagenen Ergänzung des § 21b Abs. 2 erster Satz RAO entsprechend klargestellt.

Dass als solche Maßnahme insbesondere auch die Teilnahme an besonderen Fortbildungsprogrammen anzusehen ist, ist im Gesetz bislang nur für Rechtsanwaltsanwärter ausdrücklich angeführt. Der Besuch entsprechender Fortbildungsprogramme kann daneben aber selbstverständlich auch für die sonstigen vom Rechtsanwalt beschäftigten Personen angezeigt sein; dies ist freilich vom konkreten Risiko der Inanspruchnahme der Tätigkeit des Rechtsanwalts zu Zwecken der Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung abhängig und unter Bedachtnahme auf die tatsächliche Geschäftstätigkeit und die Art und Größe der Kanzlei zu beurteilen. Eine der wesentlichen Grundlagen dieser Beurteilung wird insbesondere die vom Rechtsanwalt nach dem vorgeschlagenen § 8a Abs. 3 RAO vorzunehmende Risiko-Analyse und -Bewertung sein. Mit der dahingehenden Ergänzung des § 21b Abs. 2 RAO wird zugleich den Vorgaben des Art. 46 Abs. 1 zweiter Unterabsatz der Richtlinie (EU) 2015/849 entsprochen.

Zu Z 28 (§ 21c Z 9 RAO)

Mit dem Berufsrechts-Änderungsgesetz 2013, BGBl. I Nr. 159/2013, wurde in der RAO die Möglichkeit der Ausübung der Rechtsanwaltschaft in Form einer Rechtsanwalts-GmbH & Co KG geschaffen. Die gesetzliche Konzeption geht dabei dahin, dass einziger Komplementär einer solchen Gesellschaft eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung sein darf, deren Geschäftsgegenstand auf die Wahrnehmung der Aufgaben als Gesellschafter der Kommanditgesellschaft und die Verwaltung des Gesellschaftsvermögens einschließlich der dazu erforderlichen Hilfstätigkeiten beschränkt ist (und die daher als Gesellschaft nicht selbständig zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft befugt ist). Geschäftsführer der Komplementär-GmbH darf nur ein Rechtsanwalt sein, der gleichzeitig auch Kommanditist ist (§ 21c Z 11 RAO). Gleichzeitig dürfen Rechtsanwälte einer solchen Rechtsanwalts-GmbH & Co KG (ausnahmsweise) aber auch „nur“ als Kommanditisten angehören, und zwar unabhängig davon, ob sie gleichzeitig auch Geschäftsführer der Komplementär-GmbH sind oder nicht.

In Umsetzung dieses Konzepts wurde seinerzeit auch § 21c Z 2 RAO (wonach Rechtsanwälte einer Rechtsanwalts-Gesellschaft nur als persönlich haftende Gesellschafter oder bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung als zur Vertretung und Geschäftsführung befugte Gesellschafter angehören dürfen) entsprechend geändert. Bislang nicht angepasst wurde aber § 21c Z 9 erster Satz RAO, wo derzeit weiterhin vorgesehen ist, dass alle der Gesellschaft angehörenden Rechtsanwälte allein zur Vertretung und zur Geschäftsführung befugt sein müssen (siehe dazu Engelhart/Hoffmann/Lehner/Rohregger/Vitek, RAO9 § 21c Rz 18), was mit der dargestellten Beteiligungsmöglichkeit auch als bloßer Kommanditist einer GmbH & Co KG nicht vereinbar ist. Mit der vorgeschlagenen Änderung wird daher in § 21c Z 9 RAO klargestellt, dass die verpflichtende Einzelvertretungsbefugnis für sämtliche der Gesellschaft angehörenden Rechtsanwälte für einen als Kommanditist einer Rechtsanwalts-GmbH & Co KG angehörenden Rechtsanwalt nicht gilt.

Zu Z 29 und 30 (§ 23 Abs. 2 RAO)

Unter die von den Rechtsanwaltskammern nach § 23 Abs. 2 zweiter Satz RAO bzw. im Rahmen des Disziplinarrechts zu überwachenden Pflichten der Rechtsanwälte fallen bereits jetzt auch die Verpflichtungen zur Verhinderung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung. In Umsetzung von Art. 48 Abs. 1 der Vierten Geldwäsche-Richtlinie soll dies nach der vorgeschlagenen Ergänzung von § 23 Abs. 2 zweiter Satz RAO nun aber auch im Gesetz nochmals explizit klargestellt werden.

Ferner wird herausgestrichen, dass die Rechtsanwaltskammern dabei auch auf die auf Unionsebene, innerstaatlicher Ebene und auf Ebene der Rechtsanwälte ermittelten Risiken von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung besonders Bedacht zu nehmen haben. Hier werden die vom Bundesministerium für Finanzen gemäß § 3 FM-GwG zu veröffentlichende Nationale Risikoanalyse, daneben aber insbesondere auch die von den einzelnen Rechtsanwälten vorzunehmenden Risikobewertungen (siehe den vorgeschlagenen § 8a Abs. 3 RAO) eine wichtige Rolle spielen. Angezeigt wird es ferner sein, dass auch der Österreichische Rechtsanwaltskammertag eine entsprechende Risikoanalyse für den anwaltlichen Bereich erstellt und diese den Rechtsanwaltskammern zur Erfüllung ihrer Aufgaben zur Verfügung stellt.

Nach dem neu vorgeschlagenen § 23 Abs. 2 letzter Satz RAO soll künftig auch die Rechtsanwaltskammer ausdrücklich (und in sinngemäßer Anwendung des § 8c Abs. 1 RAO) zu einer Verdachtsmeldung an die Geldwäschemeldestelle verpflichtet sein, wenn sie bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben auf Tatsachen stößt, die mit Geldwäscherei oder Terrorismusfinanzierung zusammenhängen; Entsprechendes soll gleichzeitig auch im Bereich des Disziplinarstatuts, konkret in dessen neu vorgeschlagenem § 23 Abs. 3 vorgesehen werden. Mit diesen Änderungen wird gleichzeitig Art. 48 Abs. 1 der Richtlinie (EU) 2015/849 umgesetzt. Keiner entsprechenden Änderung mehr bedarf es dagegen im Bereich der Notariatsordnung, wo eine dahingehende Verpflichtung der Notariatskammer bereits jetzt in § 154 Abs. 2 letzter Satz NO vorgesehen ist.

Zu Z 31 bis 33, 35 bis 37, 46, 49, 51, 52, 54 bis 60, 63 bis 65, 67 und 68 (§ 23 Abs. 5 Z 1 und 2, § 27 Abs. 1 lit. a, Abs. 4 und 6, § 36 Abs. 1 Z 6, § 40 Abs. 3 Z 1a, § 49 Abs. 1, Abs. 1a, 2 und 3 sowie § 50 Abs. 2 Z 2 lit. a erster Halbsatz, Abs. 3 und 3a RAO)

Die bisher jeder einzelnen Rechtsanwaltskammer für ihren Bereich zukommende Kompetenz zur Erlassung der Satzungen für die auf dem Umlage- und dem Kapitaldeckungssystem beruhenden Versorgungseinrichtungen für die Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung (Teil A und Teil B [Zusatzpension] der Satzung) sowie die Versorgungseinrichtungen für den Fall der Krankheit (regelmäßig Teil C der Satzung) soll über ausdrücklichen Wunsch der Rechtsanwaltschaft künftig dem Österreichischen Rechtsanwaltskammertag – und bei diesem der Vertreterversammlung – zukommen. Bereits seit längerer Zeit werden vom Österreichischen Rechtsanwaltskammertag in diesem Bereich sowohl für den Bereich des auf dem Umlageverfahren basierenden Teils A der Versorgungseinrichtung als auch den auf dem Kapitaldeckungsverfahren beruhenden Teil B der Versorgungseinrichtung (siehe dazu im Detail § 50 RAO) „Mustersatzungen“ ausgearbeitet, die in der Folge von allen Rechtsanwaltskammern nachvollzogen werden. Zu Abweichungen ist es – sieht man von einzelnen Übergangsbestimmungen ab – im Wesentlichen (vorübergehend) nur dann gekommen, wenn im Bereich einzelner Rechtsanwaltskammern das für die entsprechende Beschlussfassung erforderliche Präsenzquorum nach § 27 Abs. 4 RAO nicht erreicht werden konnte.

Bei dieser Ausgangslage und mit Blick auf die besondere Bedeutung eines funktionierenden Systems der anwaltlichen Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung sowie der Krankenversicherung für den einzelnen Rechtsanwalt erscheint es legitim und jedenfalls zweckmäßig, die in diesem Bereich dem Österreichischen Rechtsanwaltskammertag de facto bereits zukommende Regelungskompetenz auf eine eindeutige gesetzliche Grundlage zu stellen. Wie bisher soll dabei in § 49 Abs. 1 letzter Satz RAO auch klargestellt werden, dass bei Änderungen der Satzung (wie auch bei ihrer erstmaligen Erlassung) wohlerworbene Rechte zu berücksichtigen und der Vertrauensschutz zu wahren ist.

In entsprechend modifizierter Form beizubehalten ist die in § 49 Abs. 3 RAO vorgesehene „Notkompetenz“ des Bundesministers für Justiz, wonach dieser dann, wenn – nunmehr – der Österreichische Rechtsanwaltskammertag seiner Pflicht zur Schaffung und Aufrechterhaltung der (jeweiligen) Versorgungseinrichtungen durch Erlassung einer entsprechenden Satzung nicht oder nur unzureichend nachkommt, diese durch Verordnung zu erlassen hat.

Gleichzeitig ist zu betonen, dass – jedenfalls aktuell – eine weitergehende Vereinheitlichung der Versorgungseinrichtungen der einzelnen Rechtsanwaltskammern in der Form, dass auch die von den Rechtsanwälten und Rechtsanwaltsanwärtern zu bezahlenden Beiträge sowie die an sie aus der Versorgungseinrichtung zur Auszahlung gelangenden Leistungen österreichweit der Höhe nach gleich sind, nicht in Betracht kommt. Hier sind die Verhältnisse und Ausgangslagen im Bereich der einzelnen Rechtsanwaltskammern gerade beim „herkömmlichen“, auf dem Umlagesystem beruhenden Teil A der Versorgungseinrichtungen aktuell so, dass ein entsprechender Schritt nicht sinnvoll ist. Auch weiterhin obliegt es daher den Plenarversammlungen der Rechtsanwaltskammern, sowohl die Höhe der Beiträge für die Versorgungseinrichtung als auch die aus dieser zu erbringenden Leistungen im Rahmen der nach den §§ 51 ff. RAO jährlich zu beschließenden Umlagen- und Leistungsordnung festzusetzen.

Zu Z 38 (§ 28 Abs. 1 lit. b RAO)

Mit der Gerichtsgebühren-Novelle 2015, BGBl. I Nr. 156/2015, wurde in § 2 Abs. 3 RAO eine Verpflichtung des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer zur Erlassung von Leitlinien dazu, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Ausmaß praktische rechtsberufliche Verwendungen im In- und Ausland auf die so genannte „Nicht-Kernzeit“ der praktischen Ausbildung des Berufsanwärters (also jene Zeiten, die nicht zwingend bei Gericht, einer Staatsanwaltschaft oder einem Rechtsanwalt im Inland zu verbringen sind) angerechnet werden, vorgesehen. Die Erlassung dieser Leitlinien wurde gleichzeitig in § 28 Abs. 1 lit. b RAO als dem Wirkungskreis des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer zugehörige Aufgabe angeführt.

Diese Einordnung in § 28 Abs. 1 lit. b RAO hat bei größeren Rechtsanwaltskammern (mit mehr als zehn Ausschussmitgliedern) zur Folge, dass die entsprechende Beschlussfassung gemäß § 26 Abs. 2 RAO grundsätzlich durch eine Abteilung des Ausschusses zu erfolgen hat. Dies war angesichts der Notwendigkeit einer zeitgerechten Umsetzung der Vorgaben der Richtlinie 2013/55/EU zur Änderung der Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen und der Verordnung (EU) Nr. 1024/2012 über die Verwaltungszusammenarbeit mit Hilfe des Binnenmarkt-Informationssystems („IMI-Verordnung“), ABl. Nr. L 354 vom 28.12.2013 S. 132, in der Fassung der Berichtigung ABl. Nr. L 95 vom 09.04.2016 S. 20, (zu denen eben auch das Vorhandensein entsprechender Leitlinien zählt) bis längstens 18.1.2016 erforderlich und sinnvoll, weil solcherart auch bei größeren Rechtsanwaltskammern zeitgerechte Beschlussfassungen sichergestellt werden konnten. Nunmehr erscheint es angesichts der Bedeutung dieser Richtlinien aber geboten, diese Beschlussfassungen auch bei größeren Rechtsanwaltskammern als Aufgabe des Plenums des Ausschusses vorzusehen. Gesetzestechnisch genügt es dazu, diese Aufgabe wieder aus dem Katalog des § 28 Abs. 1 lit. b RAO zu streichen (dass der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer zu einer entsprechenden Beschlussfassung berufen ist, ergibt sich unmittelbar aus § 2 Abs. 3 RAO).

Zu Z 34, 39, 45 und 47 (§§ 27 Abs. 1 lit. g, 28 Abs. 1 lit. h, 34a, 34b, 37 Abs. 1 RAO)

Zur vorgeschlagenen Neuregelung des Instituts der mittlerweiligen Stellvertretung darf zunächst auf die Ausführungen dazu im Allgemeinen Teil der Erläuterungen verwiesen werden.

Augenfälligster Punkt ist hier zunächst der Wegfall des Begriffs des „mittlerweiligen Stellvertreters“ unter gleichzeitiger Neueinführung des „mittlerweiligen Substituten“ und des „Kammerkommissärs“.

Der mittlerweilige Substitut soll für den Fall, dass der zu vertretende Rechtsanwalt aus Krankheitsgründen oder wegen einer Abwesenheit vorübergehend an der Berufsausübung gehindert ist und nicht selbst einen anderen Rechtsanwalt substitutiert hat, für den vertretenen Rechtsanwalt tätig werden. Ebenso wie dem in diesen Fällen bisher nach § 34 Abs. 4 letzter Satz RAO zu bestellenden mittlerweiligen Stellvertreter (vgl. dazu auch ausdrücklich § 54 RL-BA 2015) soll auch dem vom Ausschuss der Rechtsanwaltskammer zu bestellenden mittlerweiligen Substituten die Stellung eines Substituten nach § 14 RAO zukommen. (Auch) der mittlerweilige Substitut tritt insofern aber nicht in die Vollmachtsverhältnisse zu den Mandanten ein (so schon zur bisherigen Rechtslage OGH 14 Os 186/96); anders als der Kammerkommissär ist er auch kein Organ der Rechtsanwaltskammer.

Diese Organstellung des Kammerkommissärs (vgl. den vorgeschlagenen § 34a Abs. 2 RAO) ist eine der wesentlichen Neuerungen bei der Neustrukturierung der Regeln der Vertretung eines Rechtsanwalts wegen Erlöschens oder Ruhens der Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft. Dieser hat als Organ der Rechtsanwaltskammer im Interesse der Mandanten des Rechtsanwalts wie auch überhaupt der rechtssuchenden Bevölkerung den geordneten Rechtsverkehr sicherzustellen. Für ein allfälliges rechtswidriges und schuldhaftes Fehlverhalten des Kammerkommissärs hat die Rechtsanwaltskammer im Rahmen der Amtshaftung einzustehen. Diese Konstruktion erklärt sich auch aus der besonderen Bedeutung des Rechtsinstituts sowohl für die Funktionsfähigkeit der Rechtsanwaltschaft als Ganzes als auch die (potenzielle) Förderung der Interessen jedes einzelnen Rechtsanwalts, kann sich die Notwendigkeit der Bestellung eines Kammerkommissärs letztlich doch bei allen Kammerangehörigen ergeben. Da zudem dem zum Kammerkommissär bestellten Rechtsanwalt auch nicht die unmittelbare Erbringung anwaltlicher Leistungen gegenüber Dritten auferlegt ist, handelt es sich im Ergebnis um eine im überwiegenden Interesse der Kammerangehörigen liegende Aufgabe, die dem eigenen Wirkungsbereich der Rechtsanwaltskammer zuzurechnen ist.

Anders als bisher soll bei Vorliegen der gesetzlichen, in § 34 Abs. 1 und 2 RAO geregelten Erlöschens- und Ruhetatbestände aber nicht mehr in jedem Fall ein Kammerkommissär durch den Ausschuss der Rechtsanwaltskammer bestellt werden. Dies soll dann unterbleiben, wenn innerhalb einer Woche nach dem Eintritt des Erlöschens oder Ruhens der Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft ein anderer Rechtsanwalt die Erklärung gegenüber der Rechtsanwaltskammer abgibt, dass die ansonsten von einem Kammerkommissär zu besorgenden Aufgaben von ihm wahrgenommen werden. Grundlage für einen solchen „Eintritt“ wird dabei etwa eine entsprechende zivilrechtliche Vereinbarung zwischen dem auf die Ausübung der Rechtsanwaltschaft verzichtenden Rechtsanwalt und dem „eintretenden“ Rechtsanwalt oder eine dahingehende vorkehrende Regelung im Gesellschaftsvertrag einer Rechtsanwalts-Gesellschaft sein. Der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer muss eine entsprechende Erklärung eines anderen Rechtsanwalts aber nicht vorbehaltlos akzeptieren; liegen vielmehr Gründe vor, die gegen die Besorgung der Aufgaben durch diesen sprechen, so hat der Ausschuss ungeachtet der erklärten Bereitschaft mit der Bestellung eines Kammerkommissärs vorzugehen.

Wurde wegen der Dringlichkeit der zu besorgenden Aufgaben ein Kammerkommissär bereits vor Ablauf der Ein-Wochen-Frist bestellt, so ist dieser für den Fall einer entsprechenden (zeitgerechten) Erklärung durch einen anderen Rechtsanwalt von seiner Funktion zu entheben.

Die vom Kammerkommissär zu besorgenden Aufgaben sind im vorgeschlagenen § 34a Abs. 2 geregelt. Zu betonen ist, dass auch der Kammerkommissär nicht in die bestehenden Vollmachtsverhältnisse des Rechtsanwalts eintritt. Daraus folgt gleichzeitig die Verpflichtung, die Mandanten des Rechtsanwalts nicht nur über seine Bestellung, die Gründe dafür und die daran geknüpften (Rechts-)Folgen (insbesondere auch in Bezug auf anhängige Gerichtsverfahren einschließlich der Aufklärung über den allfälligen Verjährungseinritt bei nicht ordnungsgemäßer Fortsetzung eines ruhenden oder unterbrochenen Verfahrens; siehe dazu OGH 6 Ob 345/97x) zu belehren, sondern diese – gegebenenfalls und soweit erforderlich – auch bei der Überleitung von Aufträgen an andere Rechtsanwälte zu beraten (wobei insofern auch eine Übernahme des Mandats durch den Kammerkommissär möglich ist, der dann aber nicht mehr als Kammerkommissär, sondern als frei gewählter Rechtsanwalt tätig wird).

Ein ganz wesentlicher Punkt ist dabei die weitere Besorgung von durch den Rechtsanwalt übernommenen Treuhandschaften. Auch hier soll der Kammerkommissär nicht ex lege in die Funktion des Rechtsanwalts eintreten. Vielmehr sollen – soweit dafür nicht ohnedies bereits vertraglich Vorsorge getroffen wurde – die Parteien des Treuhandverhältnisses erforderlichenfalls einen „Ersatz-Treuhänder“ bestellen. Auch in diesem Kontext soll der Kammerkommissär – nach Feststellung der Treuhandschaften des Rechtsanwalts – die daran beteiligten Personen über die Folgen des Erlöschens/Ruhens der Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft und über die mögliche weitere Vorgehensweise informieren. Allfällige Unsicherheiten bis zur Bestellung eines neuen Treuhänders durch die Parteien sollten im Bereich der anwaltlichen Treuhandschaft dadurch beseitigt bzw. jedenfalls entschärft sein, dass die Treuhandgelder ohnedies in aller Regel im Rahmen der Treuhand-Schutzeinrichtung der betreffenden Rechtsanwaltskammern gesichert sind und damit auch die Gefahr allfälliger missbräuchlicher Verfügungen während der „Schwebephase“ gebannt ist. Im Anwendungsbereich des Bauträgervertragsgesetzes (wo den zwingend zu bestellenden Treuhänder noch besondere, in § 12 Abs. 3 BTVG geregelte Pflichten treffen) bietet dessen § 12 Abs. 6 noch insofern eine zusätzliche Absicherung, als danach – so dafür nicht bereits im Bauträgervertrag vorgesorgt wurde oder sich die Beteiligten nicht in angemessener Frist einigen – die Bestellung eines „Ersatz-Treuhänders“ durch das Bezirksgericht, in dessen Sprengel die Liegenschaft liegt, zu erfolgen hat.

Schon bisher umfasst die gesetzliche Vollmacht des mittlerweiligen Stellvertreters alles, was die Fortführung des Unternehmens „Rechtsanwaltskanzlei“ selbst erfordert und was gewöhnlich damit verbunden ist; dazu zählt etwa auch die Einziehung unternehmensbezogener Forderungen (OGH 2 Ob 13/02d; 8 Ob 75/15k), sodass mit schuldbefreiender Wirkung an den mittlerweiligen Stellvertreter bezahlt werden kann. Der mittlerweilige Stellvertreter verwaltet das Unternehmen des Rechtsanwalts als Sondervermögen (OGH 1 Ob 218/58), wozu auch Forderungen aus Anderkonten des Rechtsanwalts zählen.

Diese grundlegende Konzeption soll auch im Rahmen der Neugestaltung dieses Bereichs beibehalten werden. Demgemäß muss der Kammerkommissär nach dem vorgeschlagenen § 34a Abs. 2 RAO Fremdgelder des Rechtsanwalts nicht nur feststellen, sondern diese auch verwalten; § 34b Abs. 2 stellt in diesem Kontext klar, dass der Kammerkommissär für die Dauer seiner Bestellung über Anderkonten sowie Konten des Rechtsanwalts, die im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit stehen (wie insbesondere das oder die Kanzleikonten), allein verfügungsberechtigt ist, dies mit Ausnahme der Fälle des § 34 Abs. 1 Z 2 und 4 erster Fall RAO (in denen ein Sachwalter [in Hinkunft: ein gesetzlicher Vertreter im Sinn des § 1034 ABGB] bzw. ein Insolvenzverwalter bestellt ist). Die Kreditinstitute sollen verpflichtet sein, dem Kammerkommissär Auskünfte über alle bei ihnen geführte Konten des Rechtsanwalts zu geben und Zugang zu Anderkonten sowie Konten des Rechtsanwalts, die im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit stehen, zu gewähren.

Der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer soll dem Kammerkommissär (wie auch dem mittlerweiligen Substituten) eine Amtsbestätigung über seine Bestellung auszustellen haben (siehe den vorgeschlagenen § 34a Abs. 3 RAO). Damit können sich diese Personen legitimieren.

Die erfolgte Bestellung (wie auch die Enthebung) eines Kammerkommissärs bzw. eines mittlerweiligen Substituten soll ferner auf der Website der Rechtsanwaltskammer unverzüglich und allgemein zugänglich bekannt gemacht werden. Ist der betreffende Rechtsanwalt im Firmenbuch eingetragen, so soll – über Mitteilung der Rechtsanwaltskammer – bei diesem Eintrag auch die Bestellung eines Kammerkommissärs (nicht aber eines mittlerweiligen Substituten) einzutragen (und nach dessen Enthebung wieder zu löschen) sein. Dies entspricht der geltenden Rechtslage im Bereich der mitterweiligen Stellvertretung (vgl. den bisherigen § 34 Abs. 4 zweiter Satz RAO).

Nach dem vorgeschlagenen § 34a Abs. 7 RAO ist jeder der betreffenden Rechtsanwaltskammer angehörende Rechtsanwalt grundsätzlich zur Übernahme der Funktion eines mittlerweiligen Substituten bzw. eines Kammerkommissärs verpflichtet, es sei denn, es liegt einer der in § 10 Abs. 1 erster Satz zweiter Halbsatz oder zweiter Satz RAO angeführten Gründe oder Befangenheit des zu Bestellenden vor. Diese Verpflichtung der Rechtsanwälte ist dabei verfassungsrechtlich unbedenklich, weil es sich um ein Rechtsinstitut handelt, das potenziell jedem Kammerangehörigen zugute kommt und bei dem dem bestellten Rechtsanwalt nicht die Erbringung anwaltlicher Leistungen gegenüber Dritten auferlegt ist. Ferner geht mit den vorgeschlagenen Regeln auch kein Zwang zur Erbringung unentgeltlicher Leistungen einher: Nach dem neuen § 34b Abs. 3 RAO soll der Kammerkommissär gegenüber dem Rechtsanwalt, im Fall seines Todes gegen dessen Rechtsnachfolger einen Anspruch auf Ersatz der notwendigen Barauslagen und auf angemessene Entlohnung für seine Mühewaltung haben. Kann er diesen Anspruch nicht innerhalb angemessener Frist einbringlich machen, so soll er gegenüber der ihn bestellenden Rechtsanwaltskammer einen Anspruch auf einen vom Ausschuss anhand der konkreten Umstände des Falles pauschal zu bestimmenden Kostenbeitrag haben. Bei der Festsetzung soll der Ausschuss Art, Umfang und Schwierigkeit der Tätigkeit sowie den vom Kammerkommissär zu bescheinigenden Aufwand zu berücksichtigen haben; auf der anderen Seite soll aber auch auf allfällige mit der Bestellung für den Kammerkommissär verbundene Vorteile Bedacht zu nehmen sein (hier wird etwa an die Übernahme verschiedener Mandate zu denken sein). Um die für die Rechtsanwaltskammer mit dieser „Auffangregelung“ verbundene finanzielle Belastung in einem kalkulier- und finanzierbaren Ausmaß zu halten, darf der vom Ausschuss festzusetzende Pauschalbeitrag den von der Plenarversammlung der Rechtsanwaltskammer für solche Beiträge festzusetzenden Höchstbetrag nicht überschreiten. Die von der Rechtsanwaltskammer zu leistenden Pauschalbeiträge sind aus den für Verwaltungsauslagen der Kammer zur Verfügung stehenden Mitteln aufzubringen. § 34 Abs. 4 letzter Satz RAO sieht damit im Zusammenhang auch noch vor, dass der Ersatzanspruch des Kammerkommissärs gegen den Rechtsanwalt bzw. dessen Rechtsnachfolger im Umfang der Zahlung ex lege auf die Kammer übergeht (ohne dass es dazu eines entsprechenden Verlangens bei der Zahlung bedürfte).

An die neuen Gegebenheiten anzupassen ist auch die entsprechende Richtlinien-Kompetenz des Österreichischen Rechtsanwaltskammertags. Nach dem in diesem Punkt umformulierten § 37 Abs. 1 Z 2a soll der ÖRAK künftig zur Erlassung von Richtlinien für die Ausübung der Tätigkeit eines Kammerkommissärs, insbesondere über seine Rechte und Pflichten dem Rechtsanwalt, dem ehemaligen Rechtsanwalt oder dessen Rechtsnachfolger und den betroffenen Parteien gegenüber, sowie über seinen Anspruch auf Entlohnung und über die Führung der Kanzlei ermächtigt sein.

Zu Z 40 (§ 28 Abs. 1 lit. m RAO)

Entsprechend der EuGH-Entscheidung in der Rs C-313/01 (Morgenbesser) können auch Ausbildungsveranstaltungen, die im Ausland absolviert worden sind, im Rahmen der von den Rechtsanwaltsanwärterinnen und Rechtsanwaltsanwärtern verbindlich zu absolvierenden Ausbildungsveranstaltungen (vgl. § 1 Abs. 2 lit. f RAO) berücksichtigt werden. Entsprechend der aktuellen Praxis soll mit der vorgeschlagenen Änderung dazu auch im Gesetz klargestellt werden, dass die Entscheidung über die Anerkennung einer solchen im Ausland absolvierten Ausbildungsveranstaltung dem Ausschuss jener Rechtsanwaltskammer zukommt, bei der der die Anerkennung beantragende Anwärter in die Liste der Rechtsanwaltsanwärter eingetragen ist.

Zu Z 41 bis 44 (§ 34 RAO)

§ 34 Abs. 1 RAO führt die Fälle an, in denen die Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft erlischt. Hier soll sich mit der vorgeschlagenen Neufassung zwar inhaltlich nichts an den Erlöschens-Tatbeständen ändern; klargestellt werden soll allerdings, dass bei deren Vorliegen die Berufsberechtigung ex lege erlischt bzw. – im Fall der Z 5 – Folge eines rechtskräftigen Disziplinarerkenntnisses ist, sodass es keiner besonderen Entscheidung des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer darüber bedarf. Diesem kommt aber die konkrete Anordnung der Streichung von der Liste der Rechtsanwälte (auch) in diesen Fällen zu. Diese Streichung kann – gegebenenfalls – angefochten werden.

Überarbeitet werden soll auch der die Fälle des Ruhens der Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft regelnde § 34 Abs. 2 RAO. Anders als im Bereich des Abs. 1 bedarf es bei den Tatbeständen des Abs. 2 einer entsprechenden ausdrücklichen Entscheidung des Ausschusses, mit der das Ruhen der Berechtigung ausgesprochen wird, dies freilich wiederum mit einer Ausnahme: Ergeht nämlich ein Beschluss auf Untersagung der Ausübung der Rechtsanwaltschaft in einem Disziplinarverfahren, so ist das Ruhen der Berechtigung zur Ausübung der Anwaltschaft automatische Konsequenz daraus, ohne dass der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer nochmals einen ausdrücklichen dahingehenden Beschluss zu fassen hätte.

Hintergrund der vorgeschlagenen engeren Fassung des Ruhenstatbestands des § 34 Abs. 2 Z 1 RAO (statt generell auf die Fälle des § 20 zu verweisen, soll eine Einschränkung auf dessen lit. a und b erfolgen) ist, dass die Frage, ob und inwieweit ein „Betrieb solcher Beschäftigungen“, welcher „dem Ansehen des Rechtsanwaltsstandes zuwiderlaufen“ vorliegt, gegebenenfalls im Rahmen eines Disziplinarverfahrens zu beurteilen ist. Sollte es damit im Zusammenhang zum Ausspruch der Untersagung der Ausübung der Rechtsanwaltschaft kommen, so folgt der Umstand des Ruhens der Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft aus dem vorgeschlagenen § 34 Abs. 2 Z 2 RAO.

Bei der Änderung in § 34 Abs. 3 handelt es sich um eine aufgrund der Neustrukturierung des § 34 Abs. 2 RAO notwendig gewordene Zitatanpassung.

Durch die umfassende Neuregelung des bisherigen Instituts der mittlerweiligen Stellvertretung in den neu vorgeschlagenen §§ 34a und 34b RAO kann der die mittlerweilige Stellvertretung bislang regelnde § 34 Abs. 4 RAO zur Gänze entfallen.

Zu Z 48 (§ 39 RAO)

Neben den Präsidenten der Rechtsanwaltskammern und den den Ausschüssen der jeweiligen Rechtsanwaltskammern angehörenden Rechtsanwaltsanwärtern, die jeweils kraft Gesetzes Delegierte zur Vertreterversammlung des Österreichischen Rechtsanwaltskammertags sind, gehören der Vertreterversammlung auch die weiteren, in der Plenarversammlung aus dem Kreis der anwaltlichen Ausschussmitglieder gewählten (und auch weiterhin dem Ausschuss angehörenden) Rechtsanwälte an; bislang kommt auf je angefangene 100 Kammermitglieder aus dem Kreis der Rechtsanwälte ein Delegierter. § 39 Abs. 1 Z 2 RAO soll in diesem Punkt dahin geändert werden, dass diese Schwelle künftig bei jeweils 150 anwaltlichen Kammermitgliedern liegt. Damit soll auf in der Praxis bei einzelnen Rechtsanwaltskammern aufgetretene Schwierigkeiten bei der Erfüllung dieses gesetzlichen Kriteriums reagiert werden.

Zu Z 50 (§ 45 Abs. 2 RAO)

Mit dem am 1.1.2017 in Kraft tretenden § 8a VwGVG wird die Verfahrenshilfe nach dem VwGVG (also in Verfahren des Bundesverwaltungsgerichts und der Landesverwaltungsgerichte) umfassend neu geregelt. Nicht mehr enthalten ist dabei eine Regelung, die anordnet, welchen Ausschuss das Verwaltungsgericht von der Bewilligung der Verfahrenshilfe zu benachrichtigen hat. Die Zuständigkeit der Bestellung eines Rechtsanwalts zum Vertreter soll sich künftig vielmehr auch in diesem Bereich (einheitlich) nach § 45 RAO richten. Nach dieser Bestimmung obliegt die Bestellung dem Ausschuss der nach dem Sitz des Gerichts zuständigen Rechtsanwaltskammer. Da dies für alle Bestellungen von Rechtsanwälten zum Vertreter, die vom Bundesverwaltungsgericht bewilligt werden, zu einer Zuständigkeit der Wiener Rechtsanwaltskammer führen würde, soll vorgesehen werden, dass sich in diesen Fällen die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt der Partei richtet (wie dies auch für Bestellungen von Rechtsanwälten zum Vertreter durch den Verfassungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof vorgesehen ist).

Zu Z 53, 66 und 69 (§§ 49 Abs. 1, 50 Abs. 3 und 51 RAO)

Der Rechnungshof hat in seinem Prüf-Bericht (Reihe Bund 2012/9) über die „Pensionsvorsorge der Architekten, Ingenieurkonsulenten und Rechtsanwälte“ die Versorgungseinrichtung der Rechtsanwaltskammer Wien eingehend evaluiert und sich dabei auch mit dem Gesamtkonzept der anwaltlichen Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung im Detail auseinandergesetzt. Die Prüfung hat dabei insgesamt die volle Funktionsfähigkeit dieses Systems ergeben. Der Rechnungshof hat aber verschiedene Empfehlungen an die Rechtsanwaltskammer Wien gerichtet, mit deren Umsetzung (insbesondere) in operativen Teilbereichen der Versorgungseinrichtung Verbesserungen erreicht werden sollten. In Entsprechung dieser Empfehlungen hat die Rechtsanwaltskammer Wien auch bereits verschiedene Anpassungen vorgenommen bzw. kammerintern zur Diskussion gestellt.

Darüber hinaus hat sich aber auch das Bundesministerium für Justiz mit den ihm erteilten Empfehlungen eingehend auseinandergesetzt. Dabei hat sich gezeigt, dass im Bereich der Verfügbarkeit von Informationen für die Kammermitglieder über jene Berechnungen und versicherungstechnischen Gutachten, die Grundlage für die Beschlussfassungen in der Plenarversammlung über die Leistungs- und Umlagenordnung (mit denen die Höhe der von den Kammermitgliedern zu leistenden Beiträge und der von der Versorgungseinrichtung zu erbringenden Leistungen jährlich festgelegt werden) sind, Änderungen angezeigt sein dürften. Weiters hat sich ergeben, dass – auch wenn die aktuell bei der Festsetzung der Satzung und ihrer verschiedenen Aspekte und Komponenten zur Anwendung kommenden versicherungsmathematischen Grundlagen valide und auch nachhaltig erscheinen – eben diese Grundlagen in regelmäßigen Abständen von einem unabhängigen versicherungsmathematischen Sachverständigen überprüft werden sollten.

Schließlich fehlt es bislang – auch wenn eine entsprechende Sonderbehandlung der beiden Vermögensmassen (soweit ersichtlich) ohnedies in allen Rechtsanwaltskammern erfolgt bzw. erfolgen dürfte – an einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung, dass es sich bei den Vermögen der (auf dem Umlagesystem beruhenden) Versorgungseinrichtung Teil A und der (auf dem Kapitaldeckungsverfahrens basierenden) Versorgungseinrichtung Teil B jeweils um zweckgebundene Sondervermögen handelt, die getrennt zu verwalten und zu verwahren sind.

Diesem Regelungsbedarf wird mit den in §§ 49 Abs. 1, 50 Abs. 3 und 51 RAO vorgeschlagenen Änderungen Rechnung getragen.

Soweit im neuen § 51 zweiter Satz angeordnet wird, dass die Rechtsanwaltskammer den Kammermitgliedern die Ergebnisse der in Vorbereitung der Beschlussfassungen angestellten versicherungsmathematischen Berechnungen und gegebenenfalls erstellten versicherungstechnischen Gutachten spätestens drei Wochen vor dem Tag der Plenarversammlung auf der Website der Rechtsanwaltskammer zugänglich zu machen und diese dauerhaft verfügbar zu halten hat, ist zu betonen, dass daraus keine Verpflichtung zur Vornahme von Neuberechnungen oder Einholung entsprechender Gutachten vor jeder einzelnen Plenarversammlung resultiert. Beruhen die konkret in Aussicht genommenen Beschlussfassungen auf früheren Berechnungen bzw. Gutachten, so reicht es vielmehr aus, dass diese den Kammermitgliedern zur Verfügung gestellt werden.

Zu Z 60, 61, 71 und 72 (§ 50 Abs. 2 Z 2 lit. a und § 53 Abs. 2 Z 4 und 5 RAO)

Zur Förderung der besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf wurde der die Aufbringung der Beiträge für die Versorgungseinrichtung regelnde § 53 Abs. 2 mit dem BRÄG 2013, BGBl. I Nr. 159/2013, zuletzt dahin geändert, dass die Umlagenordnung für einen Zeitraum von höchstens zwölf Monaten eine Beitragsreduktion für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte auf den für Rechtsanwaltsanwärter maßgeblichen Beitrag vorsehen kann, wenn dies innerhalb des ersten Jahres nach der Geburt oder Adoption des Kindes beantragt wird.

Als weitere Maßnahme in diesem Kontext sollen die Rechtsanwaltskammern auf der Grundlage des vorgeschlagenen § 53 Abs. 2 Z 4 lit. b RAO künftig eine Regelung vorsehen können, nach der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwaltsanwärterinnen auf Antrag für die Dauer eines Beschäftigungsverbots nach dem Mutterschutzgesetz 1979 zur Gänze von der Leistung der Umlage zu befreien sind. Da diese Möglichkeit (natürlich) auch für selbständig tätige Rechtsanwältinnen vorgesehen werden soll, auf die das Mutterschutzgesetz 1979 aber nicht anzuwenden ist, soll diese Befreiung auch ganz generell für Zeiträume vorgesehen werden, die von ihrer zeitlichen Lage und Dauer einem solchen Beschäftigungsverbot für werdende Mütter (siehe dazu im Detail § 3 Mutterschutzgesetz 1979) entsprechen. Gleichzeitig soll mit einer Begleitregelung in den Satzungen der Versorgungseinrichtung dafür vorgesorgt werden (können), dass der entsprechende Befreiungszeitraum zur Gänze als Beitragszeit in der Versorgungseinrichtung angerechnet wird. Die dafür erforderliche gesetzliche Grundlage findet sich im vorgeschlagenen § 50 Abs. 2 Z 2 lit. a zweiter Halbsatz RAO.

Zu Z 62 (§ 50 Abs. 2 Z 6 RAO)

§ 53 Abs. 2 Z 4 RAO sieht in seiner derzeitigen Fassung unter anderem vor, dass in der von der Plenarversammlung der Rechtsanwaltskammer zu beschließenden Umlagenordnung die Möglichkeit der Aufrechnung von Umlagenrückständen mit den Leistungen aus der Versorgungseinrichtung vorgesehen werden kann. Thematisch richtig ist eine solche Regelung aber nicht in der im Wesentlichen der Festsetzung der Höhe der Beiträge für die Versorgungseinrichtung dienenden Umlagenordnung, sondern im Rahmen der Satzung der Versorgungseinrichtung zu treffen. Die Grundlage dafür soll mit dem vorgeschlagenen § 50 Abs. 2 Z 6 RAO (und der gleichzeitigen Überarbeitung des § 53 Abs. 2 Z 4 RAO) geschaffen werden. Inhaltlich soll sich an der (allfälligen) Aufrechnungsmöglichkeit im Vergleich zur bisherigen Regelung aber nichts ändern.

Zu Z 70 (§ 53 Abs. 2 erster Satz RAO)

Schon bisher wird in den Umlagenordnungen regelmäßig ein von den der betreffenden Rechtsanwaltskammer angehörenden Rechtsanwälten zu leistender „Normbeitrag“ für die Versorgungseinrichtung festgelegt. Diese Bezugsgröße soll nun auch ausdrücklich gesetzlich verankert werden. Gleichzeitig soll dieser Normbeitrag künftig auch als Grundlage für die Ermittlung der Höhe der Beiträge der Rechtsanwaltsanwärter heranzuziehen sein. Grund dafür ist, dass nach Mitteilung des Österreichischen Rechtsanwaltskammertags die aktuelle Regelung, nach der bei der Ermittlung der Höhe der Beiträge der Rechtsanwaltsanwärter auf den Beitragsteil abzustellen ist, der von den in die Liste der Rechtsanwälte eingetragenen Rechtsanwälten tatsächlich zu leisten ist, praktische Probleme bei der Vornahme der insofern nach § 50 Abs. 2 Z 2 lit. a RAO in den Satzungen jeweils vorgesehenen Aliquotierungen der Beitragszeiten zur Folge hat. Die nunmehrige Neuregelung soll eine österreichweit einheitliche Vorgehensweise bei diesen Aliquotierungen ermöglichen bzw. sicherstellen, bei der Höhe der tatsächlich zu leistenden Beiträge sollte sich dagegen im Ergebnis nichts ändern.

Zu Z 73 bis 75 (§ 56a Abs. 1, Abs. 2 zweiter Satz und Abs. 3 bis 5 RAO):

Der die gesetzliche Grundlage für die Erlassung der Pauschalvergütungsverordnung Verwaltungsgerichte bildende § 56a RAO geht in seinem wesentlichen Inhalt auf das Berufsrechts-Änderungsgesetz 2008 – BRÄG 2008, BGBl. I Nr. 111/2007, zurück. Zweck dieser Novelle war es, durch eine Änderung des Berechnungsmodus (Übergang auf eine mehrjährige Durchschnittsbetrachtung) möglichst zu vermeiden, dass die Pauschalvergütung lediglich auf Grund von statistischen Zufälligkeiten wiederholt neu festgesetzt werden muss (siehe näher ErläutRV 303 BlgNR 23. GP 25 f.).

Dieser gesetzliche Zweck ist in den vergangenen Jahren allerdings abermals nicht erreicht worden, denn seit dem 1. Jänner 2009 (Zeitpunkt des Inkrafttretens der neuen Fassung des § 56a RAO) mussten insgesamt vier neue Pauschalvergütungsverordnungen erlassen werden (BGBl. II Nr. 138/2010, BGBl. II Nr. 407/2013 bzw. BGBl. II Nr. 408/2013, BGBl. II Nr. 256/2014 und BGBl. II Nr. 61/2016).

Vor diesem Hintergrund sollen die Tatbestände des § 56a Abs. 3 RAO als Indikatoren für die Notwendigkeit einer Anpassung der Höhe der Pauschalvergütung insoweit modifiziert werden, als auf einen längeren Vergleichszeitraum (sieben Jahre) und auf Überschreitungen der Schwankungsbreite von 20% in zwei aufeinanderfolgenden Kalenderjahren abgestellt werden soll. Dadurch sollen Auswirkungen von auf statistischen Zufälligkeiten beruhenden Schwankungen auf die Berechnung der Höhe der Pauschalvergütung effektiver ausgeschlossen werden. Anders als nach der geltenden Rechtslage soll der Vergleichszeitraum aber das abgelaufene Kalenderjahr (also den Berichtszeitraum selbst) nicht mehr umfassen. Im Übrigen soll die Berechnung der Höhe der Pauschalvergütung weiterhin so wie bisher erfolgen.

Im Interesse der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis sollen die in § 56a Abs. 2 zweiter Satz RAO vorgesehenen Einvernehmensbindungen entfallen. Dies erscheint schon deswegen gerechtfertigt, weil sich die Notwendigkeit einer Neufestsetzung (in der Regel: einer Erhöhung) der Pauschalvergütung nach § 56a Abs. 3 Z 2 RAO (Neufestsetzungen nach Z 1 leg. cit. sind bisher nicht erfolgt) aus einem gesetzlich vorweg festgelegten mathematischen Algorithmus ergibt, ohne dass in dieser Frage ein Ermessensspielraum bestünde. Für eine sich nach anderen (zB budgetären oder politischen) Kriterien richtende Einvernehmensbindung besteht daher im Grunde kein Raum, würde eine Verweigerung des Einvernehmens doch lediglich dazu führen, dass eine gesetzliche Verpflichtung nicht erfüllt werden könnte.

Zu den sonstigen vorgeschlagenen Änderungen ist Folgendes zu bemerken:

–      Der vorgeschlagene § 56a Abs. 2 zweiter Satz enthält eine präzisierende Nachfolgeregelung zu § 56a Abs. 3 erster Satz RAO.

–      Die neuen Formulierungen der vorgeschlagenen § 56a Abs. 3 Einleitung und § 56a Abs. 3 Z 1 RAO orientieren sich an § 47 Abs. 3 Einleitung und § 47 Abs. 3 Z 1 RAO.

–      Der vorgeschlagene § 56a Abs. 4 entspricht inhaltlich § 56a Abs. 5 RAO. Entsprechend § 8a Abs. 10 VwGVG und anders als nach geltender Rechtslage soll sich die Kostentragung künftig nach funktionellen Kriterien richten (vgl. damit im Zusammenhang auch den vorgeschlagenen § 56a Abs. 1 Z 2).

–      Der vorgeschlagene § 56a Abs. 5 übernimmt den Inhalt des geltenden § 56a Abs. 4 RAO und ergänzt ihn um eine – bisher fehlende – Kostentragungsregelung für die Fälle der Erbringung von Verfahrenshilfeleistungen von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten in überlang dauernden Verfahren vor den Verwaltungsgerichten. Die Formulierung orientiert sich an § 47 Abs. 6 RAO. Da eine gesonderte Festsetzung einer angemessenen Pauschalvergütung für nach § 16 Abs. 4 erster Satz RAO erbrachte Leistungen der nach § 45a RAO bestellten Rechtsanwälte bisher nicht erfolgt ist, kommt dieser Bestimmung derzeit nur theoretische Bedeutung zu.

Bei der erstmaligen Neufestsetzung nach der neuen Rechtslage soll als „bei der letzten Festsetzung berücksichtigter Durchschnittswert“ im Sinn des § 56a Abs. 3 Z 2 der Durchschnittswert jener fünf Kalenderjahre gelten, der der letzten Neufestsetzung zugrunde liegt, die noch nach dem geltenden § 56a Abs. 3 Z 2 RAO erfolgt ist (also der Neufestsetzung der Pauschalvergütung mit Verordnung BGBl. II Nr. 61/2016).

Zu Art. 2 (Änderung der NO)

Zu Z 1 bis 3, 34, 35 und 44 (§ 6 Abs. 3 Z 4 und Abs. 3a, § 117 Abs. 4 und 5 sowie § 189 Abs. 5 NO)

Eine der Voraussetzungen für die Ernennung zum Notar ist nach § 6 Abs. 1 Z 5 NO eine „siebenjährige praktische Verwendung in der gesetzlichen Art“. Zumindest drei Jahre dieser siebenjährigen Praxiszeit sind gemäß § 6 Abs. 2 NO als Notariatskandidat nach Ablegung der Notariatsprüfung zu verbringen. Die übrige Zeit kann als Notariatskandidat, Rechtspraktikant, Richteramtsanwärter, Richter, Staatsanwalt, Rechtsanwaltsanwärter, Rechtsanwalt, als rechtskundiger Beamter beim Bundesministerium für Justiz oder bei der Finanzprokuratur oder als rechtskundiger Angestellter der Österreichischen Notariatskammer, einer Notariatskammer oder der Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates verbracht werden. Auf diese nicht zwingend als Notariatskandidat zu verbringende Zeiten sind auf Antrag des/der Notariatskandidaten/in verschiedene in § 6 Abs. 3 NO taxativ aufgezählte Zeiten anzurechnen. § 6 Abs. 3 Z 4 NO sieht dabei auch die Anrechnung gewisser „beschäftigungsloser Zeiten“ nach dem Mutterschutzgesetzes 1979, dem Väter-Karenzgesetz, den §§ 14a und 14b AVRAG oder einer gleichartigen Rechtsvorschrift eines EU-Mitgliedstaats, eines anderen EWR-Vertragsstaats oder der Schweiz vor, und zwar Zeiten einer als Notariatskandidat/in angetretenen Karenz oder Freistellung bzw. im Fall einer Teilzeitbeschäftigung oder Herabsetzung der Normalarbeitszeit jene Zeiten, um die die Normalarbeitszeit herabgesetzt wurde. Insgesamt ist eine solche Anrechnung in den Fällen der Z 4 bislang aber – unabhängig von der Anzahl der Kinder – nur im Gesamtausmaß von einem Jahr möglich.

Jene Zeiten, in denen die/der Notariatskandidat/in eine Teilzeitbeschäftigung nach dem Mutterschutzgesetz oder dem Väter-Karenzgesetz tatsächlich ausübt oder im Fall der Herabsetzung der Normalarbeitszeit nach den §§ 14a und 14b AVRAG (oder für einen nach dem Behinderteneinstellungsgesetz begünstigten Behinderten) Ausbildungszeit absolviert wird, sind nach § 6 Abs. 3a NO in vollem Ausmaß („tatsächlich geleistete Ausbildungszeit“) als „praktische Verwendung in der gesetzlichen Art“ zu berücksichtigen. Das bedeutet, dass in Bezug auf die Behandlung als Praxiszeiten für das aufgrund der genannten Bestimmungen in Teilzeit vereinbarungsgemäß als Notariatskandidat geleistete Stundenausmaß (20-Stunden-Beschäftigung, 35-Stunden-Beschäftigung, …) keine Einschränkung besteht. Diese Stunden werden gemäß § 6 Abs. 3a NO in vollem Ausmaß („tatsächlich geleistete Ausbildungszeit“) als „praktische Verwendung in der gesetzlichen Art“ berücksichtigt. Sofern die Zeiten nach Ablegung der Notariatsprüfung absolviert werden, finden sie auch als Zeiten gemäß § 6 Abs. 2 NO Berücksichtigung.

Zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie werden in diesem Kontext zwei substanzielle Erweiterungen vorgeschlagen. Zum einen soll die Anrechnungsmöglichkeit für „beschäftigungslose Zeiten“ nach § 6 Abs. 3 Z 4 NO dahin erweitert werden, dass insgesamt bis zu zwei Jahre entsprechende Zeiten angerechnet werden können sollen, wobei aber pro Kind eine Anrechnung im Höchstausmaß von einem Jahr möglich sein soll. Demgemäß sollen sich NotariatskandidatInnen mit zwei (oder mehr) Kindern künftig insgesamt zwei Jahre „beschäftigungsloser Zeiten“ (Karenzzeiten und/oder „herabgesetzte Zeiten“) anrechnen lassen können.

Zum anderen sollen gleichzeitig auch die Möglichkeiten der Vereinbarung einer Teilzeitbeschäftigung über die bislang gesetzlich vorgesehenen Fälle hinaus erweitert werden. Übt ein/e Notariatskandidat/in nach Erlangung der Substitutionsfähigkeit (siehe dazu § 119 Abs. 3 NO) eine wegen der Notwendigkeit der Betreuung des eigenen minderjährigen Kindes (bzw. Adoptiv- oder Pflegekindes) mit dem ihn/sie beschäftigenden Notar vereinbarten, zumindest die Hälfte der Normalarbeitszeit umfassende Teilzeitbeschäftigung aus, so soll dies künftig nicht nur keine Unterbrechung der praktischen Verwendung der/des Notariatskandidaten/in gemäß § 117 Abs. 5 NO mehr bedeuten. Vielmehr sollen auch solche Zeiten zum einen im Rahmen des § 6 Abs. 3 Z 4 NO als „beschäftigungslose Zeiten“ anrechenbar sein; zum anderen soll das Stundenausmaß, welches nach der vorgeschlagenen erweiterten Teilzeitmöglichkeit als Notariatskandidat vereinbarungsgemäß gearbeitet wird, als tatsächlich geleistete Ausbildungszeit gemäß § 6 Abs. 3a NO berücksichtigt werden.

Nach dem vorgeschlagenen § 189 Abs. 4 NO soll die nunmehr erweiterte Anrechnung von Zeiten nach § 6 Abs. 3 Z 4 NO über entsprechenden Antrag des Notars/des Notariatskandidaten auch dann stattfinden, wenn solche Zeiten auf der Grundlage der bis dahin geltenden Rechtslage vor dem 1.1.2017 zurückgelegt worden sind. Im Zusammenhang mit § 6 Abs. 3a NO erübrigt sich dagegen eine dahingehende Anordnung, weil es hier bereits jetzt kein Höchstausmaß für die Berücksichtigung der im Rahmen von gesetzlich anerkannten Teilzeitbeschäftigungen tatsächlich geleisteten Ausbildungszeit als Notariatskandidat/in gibt. Notwendig ist eine Übergangsregelung in diesem Kontext aber noch insofern, als mit § 117 Abs. 5 Z 6 NO eine über die bisher gesetzlich geregelten Fälle hinausgehende Möglichkeit der Vereinbarung einer (keine Unterbrechung der praktischen Verwendung der/des Notariatskandidaten/in darstellenden) Teilzeitbeschäftigung überhaupt erst neu geschaffen wird. Angesichts dessen kommt die rückwirkende Anordnung der Anrechnung entsprechender Zeiten weder im Zusammenhang mit § 6 Abs. 3 Z 4 noch mit § 6 Abs. 3a NO in Betracht.

Zu Z 4 (§ 36a Abs. 1 Z 3 NO)

Siehe die Erläuterungen zu § 8a Abs. 1 Z 3 RAO.

Zu Z 5 und 6 (§ 36a Abs. 2 bis 4 NO)

Siehe die Erläuterungen zu § 8a Abs. 2 bis 4 RAO.

Zu Z 7 (§ 36b Abs. 3 NO)

Hierbei handelt es sich um eine Zitatanpassung.

Zu Z 8 und 9 (§ 36b Abs. 4 NO)

Siehe die Erläuterungen zu § 8b Abs. 4 RAO.

Zu Z 10 (§ 36b Abs. 6 erster und zweiter Satz NO)

Siehe die Erläuterungen zu § 8b Abs. 6 erster und zweiter Satz RAO.

Zu Z 11 (§ 36b Abs. 6 dritter Satz NO)

Siehe die Erläuterungen zu § 8b Abs. 6 dritter Satz RAO.

Zu Z 12 (§ 36b Abs. 6 letzter Satz NO)

Siehe die Erläuterungen zu § 8b Abs. 6 letzter Satz RAO.

Zu Z 13 (§ 36b Abs. 8 bis 11 NO)

Siehe die Erläuterungen zu § 8b Abs. 8 bis 11 RAO.

Zu Z 14 (§ 36c Abs. 1 erster Satz NO)

Siehe die Erläuterungen zu § 8c Abs. 1 erster Satz RAO.

Zu Z 15 (§ 36c Abs. 1a NO)

Siehe die Erläuterungen zu § 8c Abs. 1a RAO.

Zu Z 16 (§ 36c Abs. 2 letzter Satz NO)

Siehe die Erläuterungen zu § 8c Abs. 2 letzter Satz RAO.

Zu Z 17 (§ 36c Abs. 5 NO)

Siehe die Erläuterungen zu § 8c Abs. 5 RAO.

Zu Z 18 (§§ 36d und 36e NO)

Siehe die Erläuterungen zu §§ 8d und 8e RAO.

Zu Z 19 bis 24 (§ 36f NO)

Siehe die Erläuterungen zu § 8f RAO.

Zu Z 25 (§ 37a NO)

Siehe die Erläuterungen zu § 9a RAO.

Zu Z 26 bis 28 (§ 49 Abs. 3 NO)

Siehe die Erläuterungen zu § 12 Abs. 3 RAO.

Zu Z 29 bis 31 (§§ 62 Abs. 1, 63 Abs. 2 und 78 Abs. 1 NO)

Derzeit stellen sowohl § 62 Abs. 1 NO (der die Zulässigkeit und die Vorgehensweise bei der Aufnahme eines Notariatsakts in fremder Sprache regelt) als auch § 63 Abs. 2 NO (nach dem bei fremdsprachigen Parteien unter bestimmten Voraussetzungen von der in solchen Konstellationen bei der Errichtung eines Notariatsakts grundsätzlich bestehenden Notwendigkeit der Beiziehung eines Dolmetschers abgesehen werden kann) darauf ab, dass der – die Verhandlung leitende – Notar (bzw. sein Substitut) als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Dolmetscher in der betreffenden Sprache bestellt ist oder die Diplomprüfung für Dolmetscher oder die Fachprüfung für Übersetzer bestanden hat. Bei Erfüllung dieser Voraussetzungen ist ein Notar bzw. sein Substitut gemäß § 78 NO ferner berechtigt, die Richtigkeit von Übersetzungen notariell zu beurkunden.

Aufgrund der geänderten universitären und studienrechtlichen Rahmenbedingungen wird das genannte Diplomstudium bzw. auch die angeführte Fachprüfung nicht mehr (bzw. nicht mehr in dieser Form) angeboten. Künftig soll daher in diesem Kontext darauf abgestellt werden, dass der Notar (sein Substitut) an einer (in- oder ausländischen) Universität ein Studium der Translationswissenschaft in der betreffenden Sprache mit einem Arbeitsaufwand von zumindest 120 ECTS-Anrechungspunkten (§ 51 Abs. 2 Z 26 Universitätsgesetz 2002) zurückgelegt und mit einem akademischen Grad abgeschlossen hat. Mit dieser Systematik soll auch der unterschiedlichen Gestaltung der in Betracht kommenden Studien durch die Universitäten Rechnung getragen werden. Die gesetzlichen Voraussetzungen der §§ 62 Abs. 1, 63 Abs. 2 und 78 Abs. 1 NO werden künftig insoweit sowohl durch ein dreijähriges translationswissenschaftliches Bachelor-Studium als auch ein zweijähriges translationswissenschaftliches Master-Studium erfüllt werden, auch wenn dieses Master-Studium auf ein nicht spezifisch translationswissenschaftliches Bachelor-Studium aufsetzt. Eine gesonderte Übergangsbestimmung für Absolventen der Diplomprüfung für Dolmetscher erübrigt sich in diesem Zusammenhang, weil das von diesen abgelegte Studium ohnedies auch die in den genannten Bestimmungen neu geregelten Anforderungen erfüllt.

Als Kriterium im Gesetzestext weiter angeführt werden soll (und kann) dagegen die Fachprüfung für Übersetzer, weil es diese (oder eine unmittelbar vergleichbare) Prüfung nicht mehr gibt, für Absolventen dieser früheren Fachprüfung aber auch weiterhin die Besonderheiten der angeführten Bestimmungen gelten sollen. Inhaltlich soll sich an den dem Notar/seinem Substituten bei Erfüllung der studienmäßigen Voraussetzungen zukommenden Befugnissen nichts ändern.

Zu Z 32 und 33 (§ 117 Abs. 1 NO)

Siehe die Erläuterungen zu § 21b RAO.

Zu Z 36 bis 38 (§ 141b Abs. 1 und 2 NO)

Entsprechend einer Forderung des Notariats soll in § 141b Abs. 1 NO die Möglichkeit geschaffen werden, dass der Delegiertentag der Österreichischen Notariatskammer aus seiner Mitte – neben den von ihm ex lege zu bestellenden drei Stellvertretern des Präsidenten der Österreichischen Notariatskammer – optional einen vierten Präsidenten-Stellvertreter bestellen kann, der den Präsidenten der Österreichischen Notariatskammer in bestimmten, vom Delegiertentag festzulegenden Bereichen vertreten kann. Begründet wird dieses Anliegen mit den sowohl auf nationaler Ebene wie auch (und insbesondere) im EU- und internationalen Kontext mannigfaltigen Vertretungs- und Repräsentationsaufgaben für den Präsidenten und seine Stellvertreter und dem damit verbundenen hohen Zeit- und auch Reiseaufwand. Aufgrund seines auf bestimmte Bereiche beschränkten Tätigkeitsfeldes soll ein allenfalls bestellter vierter Präsidenten-Stellvertreter aber nicht auch Mitglied des Ständigen Ausschusses der Österreichischen Notariatskammer sein; dies soll mit dem dem § 141 Abs. 2 anzufügenden Satz klargestellt.

Bei dieser Gelegenheit soll auch eine terminologische Ungereimtheit in § 141b Abs. 1 vorletzter Satz NO beseitigt werden, weil – wie eine Gesamtschau der §§ 124 Abs. 1, 128 Abs. 1 und 3 sowie 141a Abs. 1 und 2 NO ergibt – die Delegiertentagsmitglieder zwar dem Notariatskollegium angehören müssen, dessen Notariatskammer sie entsendet, sie aber nicht zwingend selbst auch Mitglied der betreffenden (vom Notariatskollegium zu wählenden) Notariatskammer sein müssen; aus diesem Grund ist in diesem Kontext der Begriff der Notariatskammer durch den des Notariatskollegiums zu ersetzen.

Zu Z 39 (§ 154 Abs. 1 NO)

Die Notariatskammern sind nach § 154 Abs. 1 NO bereits jetzt verpflichtet, im Rahmen der bei den Notaren sowohl regelmäßig als auch anlassbezogen vorzunehmenden Revisionen auch zu überwachen, ob die Notare die Bestimmungen einhalten, die der Verhinderung oder der Bekämpfung der Geldwäscherei oder der Terrorismusfinanzierung dienen. Mit der nunmehr vorgeschlagenen Ergänzung wird klargestellt, dass die Notariatskammern dabei auch auf die auf Unionsebene, innerstaatlicher Ebene und auf Ebene der Notare ermittelten Risiken von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung besonders Bedacht zu nehmen haben. Hier werden die vom Bundesministerium für Finanzen gemäß § 3 FM-GwG zu veröffentlichende Nationale Risikoanalyse, daneben aber insbesondere auch die von den einzelnen Notaren vorzunehmenden Risikobewertungen (siehe den vorgeschlagenen § 36a Abs. 3 NO) eine wichtige Rolle spielen. Angezeigt wird es ferner sein, dass auch die Österreichische Notariatskammer eine entsprechende Risikoanalyse für den notariellen Bereich erstellt und diese den Notariatskammern zur Erfüllung ihrer Aufgaben zur Verfügung stellt.

Zu Z 40 (§ 158 Abs. 1 Z 2 NO)

Siehe die Erläuterungen zu § 16 Abs. 1 Z 2 DSt. Einer entsprechenden Anpassung auch des die Ordnungsstrafen bei Ordnungswidrigkeiten regelnden § 158 Abs. 5 Z 3 NO bedarf es in diesem Zusammenhang nicht, weil ein schwerwiegender, wiederholter oder systematischer Verstoß (oder eine Kombination davon) gegen die Bestimmungen der Notariatsordnung, die der Verhinderung oder Bekämpfung der Geldwäscherei oder der Terrorismusfinanzierung dienen, nicht mehr als bloße Ordnungswidrigkeit sanktioniert werden kann.

Zu Z 41 (§ 159 Abs. 3 NO)

Siehe die Erläuterungen zu § 70 Abs. 3 DSt.

Zu Z 42 (§ 162 Abs. 1 NO)

Siehe die Erläuterungen zu § 23 Abs. 3 DSt. In Ansehung der Notariatskammer findet sich eine entsprechende Verpflichtung bereits bisher ausdrücklich in § 154 Abs. 2 letzter Satz NO, sodass insoweit kein Anpassungsbedarf besteht.

Zu Art. 3 (Änderung des ABAG)

Die Änderung dient der Beseitigung eines Redaktionsversehens.

Zu Art. 4 (Änderung des DSt)

Zu Z 1 bis 7 (§ 5 Abs. 2 und 3, § 7, § 15 Abs. 1 bis 4 und 6 DSt)

Die Mitgliederzahl des Disziplinarrats einer Rechtsanwaltskammer richtet sich nach der Anzahl der in die Liste der Rechtsanwälte dieser Kammer eingetragenen Rechtsanwälte. Derzeit sind hier fünf Staffeln vorgesehen, und zwar bei nicht mehr als 50, bei 51 bis 100, bei 101 bis 200, bei 201 bis 800 und bei mehr als 800 eingetragenen Rechtsanwälten. Der Disziplinarrat verhandelt und entscheidet in Senaten, die sich aus dem Vorsitzenden und vier weiteren Disziplinarratsmitgliedern aus dem Kreis der Rechtsanwälte zusammensetzen. Dem Senat gehört ferner ein Disziplinarratsmitglied aus dem Kreis der Rechtsanwaltsanwärter an, das an den Verhandlungen und Entscheidungen des Senats dann mitzuwirken hat, wenn der Beschuldigte Anwärter ist.

In den letzten Jahren hat es nun nicht nur eine Steigerung bei der Anzahl der Rechtsanwälte, sondern auch einen Anstieg der Anfallszahlen sowohl bei Disziplinaranzeigen als auch bei Disziplinarverfahren gegeben. Angesichts der erheblichen zeitlichen Mehrbelastung, die für die Mitglieder des Disziplinarrats und den Kammeranwalt und dessen Stellvertreter mit ihrer Tätigkeit verbunden sind, wird es zusehends schwieriger, eine ausreichende Zahl an Kammermitgliedern zu einer Übernahme dieser Tätigkeit zu motivieren. Diese Entwicklung ist – ungeachtet des Umstands, dass jedes Mitglied der Rechtsanwaltskammer nach § 11 DSt verpflichtet ist, die Wahl in den Disziplinarrat oder zum Kammeranwalt (bzw. dessen Stellvertreter) anzunehmen – unbefriedigend und bereitet gerade bei kleineren Rechtsanwaltskammern Probleme. Gleichzeitig besteht ein gewisses Missverhältnis zwischen der Größe der in anwaltlichen Disziplinarsachen entscheidenden Senate in erster Instanz (fünf Mitglieder) und zweiter Instanz (die beim Obersten Gerichtshof zur Entscheidung in berufs- und disziplinarrechtlichen Angelegenheiten der Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter zur Entscheidung berufenen Senate bestehen aus vier Mitgliedern).

Auf Anregung des Österreichischen Rechtsanwaltskammertags wird daher zum einen eine Änderung der Anzahl der Mitglieder des Disziplinarrats und zum anderen eine (grundsätzliche) Verkleinerung der im Einzelfall zur Verhandlung und Entscheidung berufenen Senate des Disziplinarrats von fünf auf drei Mitglieder vorgesehen.

Der Disziplinarrat soll dann, wenn in die Liste der betreffenden Rechtsanwaltskammer nicht mehr als 100 Rechtsanwälte eingetragen sind, in Hinkunft aus 11 Mitgliedern bestehen. Bei 101 bis 200 eingetragenen Rechtsanwälten sollen es 14, bei 201 bis 800 eingetragenen Rechtsanwälten 21, bei 801 bis 1 600 eingetragenen Rechtsanwälten 35 und bei mehr als 1 600 eingetragenen Rechtsanwälten 42 Disziplinarratsmitglieder sein. Maßgeblicher Stichtag für die Ermittlung der in die Liste der Rechtsanwälte eingetragenen Personen ist dabei – wie bisher – der 31. Dezember des der Wahl des Disziplinarrats vorangegangenen Kalenderjahrs. Entsprechende Anpassungen soll es auch hinsichtlich der Anzahl der für den Kammeranwalt zu bestellenden Stellvertreter geben.

Den Senaten des Disziplinarrats sollen künftig neben dem Vorsitzenden nur mehr zwei weitere Mitglieder aus dem Kreis der Rechtsanwälte angehören. Unverändert sollen den Senaten zwei weitere Mitglieder aus dem Kreis der Rechtsanwaltsanwärter angehören, von denen einer (anstelle eines Mitglieds aus dem Kreis der Rechtsanwälte) dann an den Verhandlungen und Entscheidungen des Senats mitzuwirken hat, wenn Beschuldigter ein Rechtsanwaltsanwärter ist. Die Verteilung der Geschäfte an die Senate im Vorhinein hat ebenso wie die Festlegung der Regeln über die Zusammensetzung der Senate weiterhin vorab in einer nach (nunmehr) § 15 Abs. 4 zu erlassenden Geschäftsverteilung zu erfolgen.

Falls dies vom Beschuldigten oder vom Kammeranwalt binnen sieben Tagen ab Zustellung des Einleitungsbeschlusses schriftlich beantragt wird, hat eine Erweiterung des Senats um zwei Mitglieder des Disziplinarrats aus dem Kreis der Rechtsanwälte zu erfolgen. Eine Entscheidung im so genannten „erweiterten Senat“ soll ferner – nach dem neu gefassten § 15 Abs. 3 DSt – dann zu ergehen haben, wenn es sich um eine Beschlussfassung über die Verhängung einstweiliger Maßnahmen handelt und eine Erweiterung entweder vom Kammeranwalt zugleich mit seinem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Maßnahme gemäß § 19 DSt oder vom Rechtsanwalt innerhalb der ihm dazu offenstehenden Stellungnahmefrist beantragt wird oder dem Rechtsanwalt wegen Gefahr im Verzug keine Stellungnahmemöglichkeit nach § 19 Abs. 2 DSt eingeräumt wird. In den genannten Fällen soll die erweiterte Senatsbesetzung auch für die Aufhebung, Änderung oder den Ersatz einer einstweiligen Maßnahme gemäß § 19 Abs. 4 DSt gelten.

Auch die Vorgehensweise bei der Erweiterung des Senats ist in der Geschäftsverteilung vorab zu regeln (vgl. dazu die entsprechende Ergänzung im nunmehrigen § 15 Abs. 4 DSt).

Zu Z 8 (§ 16 Abs. 1 Z 2 DSt)

Die in Art. 59 Abs. 2 der Richtlinie (EU) 2015/849 angeführten, von den Mitgliedstaaten für den Fall eines schwerwiegenden, wiederholten oder systematischen (oder eine Kombination davon) Verstoßes gegen die Bestimmungen zur Verhinderung oder Bekämpfung der Geldwäscherei oder der Terrorismusfinanzierung auch im Bereich der Rechtsanwälte (und Notare) vorzusehenden verwaltungsrechtlichen Sanktionen sind bereits jetzt weitestgehend durch den Strafenkatalog des § 16 Abs. 1 abgedeckt; lediglich Art. 59 Abs. 2 lit. a (siehe zu diesem den vorgeschlagenen neuen § 70 Abs. 3 DSt) und lit. e erfordern eine Anpassung, wobei letztere in § 16 Abs. 1 Z 2 erfolgen soll. Danach soll in Fällen, in denen der Rechtsanwalt wegen eines schwerwiegenden, wiederholten oder systematischen (oder eine Kombination davon) Verstoßes gegen die Bestimmungen der Rechtsanwaltsordnung, die der Verhinderung oder Bekämpfung der Geldwäscherei (§ 165 StGB) oder der Terrorismusfinanzierung (§ 278d StGB) dienen, verurteilt wird, abhängig von den konkreten Umständen des Falls eine Geldstrafe bis zum Betrag von 1 000 000 Euro verhängt werden können.

Zu Z 9 (§ 19 Abs. 2 DSt)

Nach § 19 Abs. 2 DSt muss der betroffene Rechtsanwalt (außer bei Gefahr im Verzug) vor der Beschlussfassung über eine einstweilige Maßnahme Gelegenheit zur Stellungnahme zu den gegen ihn erhobenen Anschuldigungen sowie zu den Voraussetzungen für die Anordnung einer einstweiligen Maßnahme gehabt haben. Dagegen war bislang – im Einklang mit der höchstgerichtlichen Judikatur (VfGH B 1822/08; OGH 27 Os 7/14b) – die Durchführung einer mündlichen Verhandlung in diesem Verfahrensstadium nicht erforderlich.

Diese Rechtslage bedarf im Lichte der jüngsten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte einer Überarbeitung, ist der EGMR in seinem Urteil vom 5.4.2016, Beschwerde Nr. 33060/10, Blum/Österreich, doch zum Ergebnis gelangt, dass die Nichtdurchführung einer vom Beschuldigten ausdrücklich beantragten mündlichen Verhandlung ohne besondere Dringlichkeit der einstweiligen Maßnahme einen Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 EMRK darstellt.

Mit der vorgeschlagenen Ergänzung des § 19 Abs. 2 erster Satz DSt soll in Umsetzung der Vorgaben dieser Entscheidung künftig vor der Beschlussfassung über eine einstweilige Maßnahme eine mündliche Verhandlung dann stattfinden, wenn dies vom Disziplinarrat für erforderlich erachtet oder vom betroffenen Rechtsanwalt beantragt wird. Keine mündliche Verhandlung (ebenso wie keine Möglichkeit zur Stellungnahme) soll es bei Gefahr im Verzug geben, wobei dem Rechtsanwalt aber nach der entsprechenden Beschlussfassung unverzüglich Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben ist (vgl. den unverändert beibehaltenen § 19 Abs. 2 zweiter Satz DSt).

Zu Z 10 (§ 23 Abs. 3 DSt)

In Umsetzung von Art. 36 Abs. 1 der Vierten Geldwäsche-Richtlinie soll mit dem vorgeschlagenen § 23 Abs. 3 DSt vorgesehen werden, dass der Disziplinarrat, der Kammeranwalt oder der Untersuchungskommissär eine Verdachtsmeldung an die Geldwäschemeldestelle erstatten muss, wenn er im Rahmen seiner Tätigkeiten auf Tatsachen stößt, die mit Geldwäscherei (§ 165 StGB) oder Terrorismusfinanzierung (§ 278d StGB) zusammenhängen.

Zu Z 11 (§ 70 Abs. 1 DSt)

Die Änderung dient einer begrifflichen Richtigstellung bzw. Präzisierung.

Zu Z 12 (§ 70 Abs. 3 DSt)

Nach Art. 60 Abs. 1 der Richtlinie (EU) 2015/849 haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass unanfechtbare Entscheidungen, mit denen eine verwaltungsrechtliche Sanktion oder Maßnahme wegen des Verstoßes gegen die nationalen Vorschriften zur Umsetzung der Vierten Geldwäsche-Richtlinie verhängt wird, von den zuständigen Behörden unverzüglich, nachdem die von der Sanktion betroffene Person über diese Entscheidung unterrichtet wurde, auf ihrer offiziellen Website zu veröffentlichen sind. Dabei sind mindestens Art und Wesen des Verstoßes und die Identität der verantwortlichen Personen bekanntzugeben. Eine dahingehende Veröffentlichungspflicht ergibt sich ferner aus Art. 59 Abs. 1 der Richtlinie (EU) 2015/849. Entsprechend diesen Vorgaben soll nach dem vorgeschlagenen neuen § 70 Abs. 3 DSt der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer im Fall einer rechtskräftigen Disziplinarverurteilung eines Kammermitglieds wegen eines Verstoßes gegen eine der Verhinderung der Bekämpfung der Geldwäscherei oder der Terrorismusfinanzierung dienenden Bestimmung Art und Wesen des Verstoßes und die verhängte Disziplinarstrafe unverzüglich und allgemein zugänglich auf der Website der Rechtsanwaltskammer bekanntzumachen haben. Die Bekanntmachung der Identität des Rechtsanwalts soll dabei aber dann unterbleiben, wenn der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer nach einer fallbezogenen Prüfung zum Ergebnis gelangt, dass eine solche Veröffentlichung unverhältnismäßig wäre. Diesfalls hat eine anonymisierte Bekanntmachung (unter sinngemäßer Anwendung des § 15 Abs. 4 OGH-Gesetz) zu erfolgen.

Zu Z 13 (§ 80 DSt)

Im DSt fehlt es bislang an einer eigenständigen Inkrafttretens- und Übergangsbestimmung unmittelbar im Gesetz. Dies soll mit dem vorgeschlagenen neuen dreizehnten Abschnitt samt neuem § 80 DSt nachgeholt werden.

Zu Art. 5 (Änderung des EIRAG)

Auf das zu Art. 6 Z 1 (Änderung des § 13 Z 2 RAPG) Gesagte darf verwiesen werden.

Zu Art. 6 (Änderung des RAPG)

Zu Z 1 bis 5 und 7 (§§ 3, 4, 11 und 24 RAPG)

Nach § 3 RAPG gehören den bei den Oberlandesgerichten für den jeweiligen Oberlandesgerichtssprengel bestehenden Rechtsanwaltsprüfungskommissionen neben dem Präsidenten des Oberlandesgerichts als Präses (sowie dessen/deren Stellvertreter/in) die erforderliche, durch den Präses im Einvernehmen mit den beteiligten Rechtsanwaltskammern zu bestimmende Anzahl von Richtern und die gleiche Anzahl von Rechtsanwälten an. Mit den vorgeschlagenen Änderungen soll dazu klargestellt werden, dass – entsprechend dem bisherigen Verständnis – der Begriff des „Richters“ in diesem Zusammenhang dahin zu verstehen ist, dass es sich um „zum Richteramt befähigte Personen“ handeln muss (vgl. auch § 17 RStDG). Neben damit einhergehenden terminologischen Anpassungen (in §§ 4, 11 und 24) erfordert dies auch die Anordnung, dass des Präses hinsichtlich der Personen, die nicht dem Personalstand des jeweiligen Oberlandesgerichts angehören (wie etwa StaatsanwältInnen), das Einvernehmen mit deren Dienstbehörde zu pflegen hat.

Zu Z 6 (§ 13 Z 2 RAPG)

Nach Art. 139 Abs. 1 Z 4 B-VG in der Fassung der Bundes-Verfassungsgesetz-Novelle BGBl. I Nr. 114/2013 erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auf Antrag einer Person, die als Partei einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, aus Anlass eines gegen diese Entscheidung erhobenen Rechtsmittels. Entsprechendes gilt gemäß Art. 139a B-VG für die Anfechtung von Kundmachungen über die Wiederverlautbarung eines Gesetzes (Staatsvertrages), gemäß Art. 140 Abs. 1 Z 1 lit. d B-VG in der seit 1. Jänner 2015 geltenden Fassung für die Anfechtung von Gesetzen und gemäß Art. 140a B-VG für die Anfechtung von Staatsverträgen. Ein solcher „Parteiantrag auf Normenkontrolle“ kann von einer Person erhoben werden, die als Partei einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache rechtzeitig ein zulässiges Rechtsmittel erhebt und wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet.

Nach den ersten Erfahrungen mit dem „Parteiantrag auf Normenkontrolle“ lässt sich sagen, dass von diesem Instrument in der Praxis immer wieder Gebrauch gemacht wird. Angesichts dessen erscheint es entsprechend einer Anregung des Österreichischen Rechtsanwaltskammertags sinnvoll, diesen Antrag auch zum (möglichen) Inhalt des schriftlichen Prüfungsteils der Rechtsanwaltsprüfung im Bereich des Verwaltungsrechts zu machen.

Bei dieser Gelegenheit soll in § 13 Z 2 RAPG auch noch klarer den im Gefolge der Neuordnung der Verwaltungsgerichtsbarkeit geänderten Gegebenheiten Rechnung getragen werden (und insbesondere auch die Erstattung einer Revision gegen eine Entscheidung eines Verwaltungsgerichts möglicher Prüfungsinhalt sein).

Zu Z 8 (§ 29 RAPG)

Im RAPG fehlt es bislang an einer eigenständigen Inkrafttretens- und Übergangsbestimmung unmittelbar im Gesetz. Dies soll mit dem vorgeschlagenen § 29 RAPG nachgeholt werden.

Zu Art. 7 (Änderung des RATG)

Zu Z 1 (§ 10 RATG)

Dabei handelt es sich um eine terminologische Anpassung.

Zu Z 2 (§ 23 Abs. 5 RATG)

§ 23 Abs. 5 RATG regelt, in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen der Rechtsanwalt den doppelten Einheitssatz ansprechen kann. Bei der Aufzählung der insoweit für die Verrechnung des doppelten Einheitssatzes in Betracht kommenden Leistungen sind bislang zwar die unter Tarifpost 3 A Abschnitt II fallenden Leistungen, nicht aber jene nach Tarifpost 3 A Abschnitt III (Teilnahme an der Befundaufnahme durch Sachverständige, sofern die Beiziehung der Parteienvertreter über ausdrücklichen Auftrag des Gerichts erfolgt) ausdrücklich angeführt. Grund für die seinerzeit mit dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 68/2005 erfolgte Einführung der TP 3 A Abschnitt III war der Umstand, dass die Beteiligung von Rechtsanwälten an Befundaufnahmen durch Sachverständige von ihrer Schwierigkeit häufig der Intervention bei einer kontradiktorischen Verhandlung vor Gericht gleichsteht und daher so wie diese entlohnt werden soll. Durch den im Abschnitt III enthaltenen Verweis auf die in TP 3 A Abschnitt II festgesetzte Entlohnung sollte gleichzeitig auch erreicht werden, dass in diesen Fällen gegebenenfalls auch der doppelte Einheitssatz nach § 23 Abs. 5 RATG zur Anwendung kommen kann. Da dieser Punkt in der Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt wird (siehe dazu Obermaier, Kostenhandbuch2 Rz 694), soll dies nunmehr in § 23 Abs. 5 RATG ausdrücklich klargestellt werden.

Zu Z 3 (Tarifpost 1 Abschnitt IV RATG)

Forderungsanmeldungen in Insolvenzverfahren sind nach der ausdrücklichen Anordnung in Tarifpost 1 Abschnitt IV aktuell – so sie nicht unter Tarifpost 3 fallen – nach Tarifpost 1 zu honorieren. Diese kostenmäßige Einordnung erscheint angesichts der an die Forderungsanmeldung gestellten Anforderungen – diese hat die anspruchsbegründenden Tatsachen zu enthalten und hat ähnliche Aufgaben wie eine Klage, sodass ihr Inhalt den Erfordernissen des § 226 ZPO ähnlich ist (RIS-Justiz RS0089657) – zu kurz gegriffen. Ihre aus diesem Grund vorgeschlagene Streichung aus TP 1 Abschnitt IV hat zur Folge, dass diese – so nicht die Voraussetzungen für eine Honorierung nach Tarifpost 3 erfüllt sind – eine Abgeltung nach Tarifpost 2 zu erfolgen hat (vgl. Tarifpost 2 Abschnitt I Z 4 RATG).

Zu Z 4 (Tarifpost 3 A Abschnitt Ia RATG)

Für Parteianträge auf Prüfung der Gesetzmäßigkeit von Verordnungen und Kundmachungen über die Wiederverlautbarung eines Gesetzes (Staatsvertrages), der Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen und der Rechtmäßigkeit von Staatsverträgen (Art. 139 Abs. 1 Z 4, Art. 139a, Art. 140 Abs. 1 Z 1 lit. d und Art. 140a B-VG) fehlt es bislang an einer entsprechenden Kostenregelung im Bereich des RATG. Dies soll mit der vorgeschlagenen Regelung nachgeholt werden. Angesichts der inhaltlichen Anforderungen an solche Anträge, deren Bedeutung und der damit erfolgenden Befassung eines Höchstgerichts wird eine Entlohnung nach Tarifpost 3 C Abschnitt I RATG vorgeschlagen.

Zu Z 5 (§ 26a RATG)

Im RATG fehlt es bislang an einer eigenständigen Inkrafttretens- und Übergangsbestimmung unmittelbar im Gesetz. Dies soll mit dem vorgeschlagenen § 26a RATG nachgeholt werden.

Zu Art. 8 (Änderung des SDG)

Zu Z 1 (§ 2 Abs. 2 Z 1 lit. c und d SDG)

Mit der vorgeschlagenen Neuformulierung des § 2 Abs. 2 Z 1 lit. c SDG soll die bisherige Eintragungsvoraussetzung der „vollen Geschäftsfähigkeit“ an die neue Systematik und Terminologie des Erwachsenenschutzrechts angepasst werden. Dementsprechend sollen künftig nur solche Personen in die Gerichtssachverständigen- und Gerichtsdolmetscherliste eingetragen werden können, die in allen Belangen geschäftsfähig sind und für die kein gesetzlicher Vertreter im Sinn des (durch das 2. Erwachsenenschutz-Gesetz neu gefassten) § 1034 ABGB aufrecht eingesetzt ist.

Eine der Voraussetzungen für die Eintragung in die Gerichtssachverständigen- und Gerichtsdolmetscherliste ist nach § 2 Abs. 2 Z 1 lit. d SDG die „körperliche und geistige Eignung“ des Bewerbers. Dieser behinderte Menschen (potenziell) benachteiligende Begriff soll durch den Begriff der persönlichen Eignung ersetzt werden, wie sie für die Erfüllung der mit der Ausübung der Tätigkeit des Sachverständigen verbundenen Aufgaben erforderlich ist.

Zu Z 2 bis 7, 9 und 13 (§ 4 Abs. 2 und 3, § 4a Abs. 2, § 4b Abs. 1 samt Paragrafenüberschrift, § 6 Abs. 3 und § 10 Abs. 4 erster Halbsatz SDG)

Das SDG sieht derzeit in verschiedenem Zusammenhang vor, dass der für die Führung der Gerichtssachverständigen- und Gerichtsdolmetscherliste zuständige Präsident des Landesgerichts vor seiner Entscheidung ein Gutachten der Kommission nach § 4a SDG einzuholen hat oder ein solches einholen kann. Der Begriff des Gutachtens ist dabei als fachkundige kommissionelle Einschätzung im Sinn eines Werturteils über das Vorliegen von Kenntnissen und Fähigkeiten (oder über die Reichweite des Zertifizierungsumfangs; vgl. § 4b SDG) zu verstehen; nicht gemeint ist damit das Gutachten im Sinn des in den Verfahrensgesetzen geregelten Beweismittels des (Sachverständigen-)Beweises, im Rahmen dessen aus gegebenen oder ermittelten Tatsachen („Befund“) unter Anwendung besonderer Fachkunde Schlussfolgerungen gezogen werden („Gutachten“). Gerade die insofern bestehende begriffliche Parallelität hat aber in der Praxis zuletzt dazu geführt, dass bei der Überprüfung entsprechender kommissioneller Bewertungen sowohl in formaler wie auch in inhaltlicher Hinsicht die Maßstäbe für die Würdigung eines Gutachtens als Beweismittel herangezogen wurden (BVerwG 3.9.2015, W106 2109256-1/2E; 27.4.2016, W213 2111294-1). Eine solche Sichtweise entspricht aber nicht dem tatsächlichen Charakter der entsprechenden Äußerung der Kommission nach § 4a SDG als Werturteil der fachkundigen Prüfer. Aus diesem Grund soll dort, wo im SDG die Möglichkeit der Befassung der Zertifizierungskommission zur Abgabe einer entsprechenden Bewertung vorgesehen ist, anstelle des „Gutachtens“ künftig von einer „begründeten Stellungnahme“ gesprochen werden, um die bestehenden Unterschiede auch begrifflich deutlich zu machen.

Zu Z 8 (§ 6 Abs. 1 SDG)

Aktuell ist die Eintragung in die Gerichtssachverständigen- und Gerichtsdolmetscherliste mit dem Ende des fünften auf die Eintragung für das jeweilige Fachgebiet folgenden Kalenderjahres befristet (und kann danach auf Antrag um jeweils fünf Jahre verlängert werden). Dies führt in der Praxis dazu, dass sich die Anträge auf Rezertifzierung jeweils zum Jahresende hin häufen, was wieder zu gewissen Engpässen bei deren Erledigung führt. Es wird daher vorgeschlagen, die Eintragungsfrist in Hinkunft exakt fünf Jahre nach dem Tag der Eintragung des Sachverständigen für das betreffende Fachgebiet enden zu lassen. Damit soll gleichzeitig ein (weitestgehender) Gleichklang mit dem Ende der Gültigkeitsdauer der Sachverständigen-Ausweiskarte hergestellt werden (siehe dazu die zu § 8 Abs. 3 SDG vorgeschlagene Änderung).

Zu Z 10 (§ 6 Abs. 4 SDG)

Mit dem vorgeschlagenen neuen § 6 Abs. 4 SDG soll den für die Führung der Gerichtssachverständigen- und Gerichtsdolmetscherliste zuständigen Präsidenten der Landesgerichte aus Anlass eines Rezertifizierungs-Antrags eines in mehrere Fachgebiete eingetragenen Sachverständigen die Möglichkeit gegeben werden, auch bereits über die Rezertifizierung für eines oder mehrere der übrigen Fachgebiete, bei denen die zeitlichen Voraussetzungen für eine Antragstellung nach § 6 Abs. 1 SDG an sich noch nicht erfüllt sind, in einem Verfahren zu entscheiden, wenn dies aus Gründen der Verwaltungsökonomie und
-vereinfachung zweckmäßig erscheint. Die in § 6 Abs. 2 und 3 SDG angeführten Voraussetzungen und Prüfkriterien für die Rezertifizierung gelten diesfalls für alle einbezogenen Fachgebiete. Die Verlängerung der Frist nach § 6 Abs. 1 SDG gilt für alle betroffenen Fachgebiete, soweit das Rezertifizierungsverfahren positiv abgeschlossen wird.

Eine solche vorgezogene einheitliche Rezertfizierung, mit der vermieden werden soll, dass sich Sachverständige, die nach und nach in mehrere Fachgebiete eingetragen wurden, laufend Rezertifizierungsverfahren unterziehen müssen, soll aber dann nicht stattfinden, wenn sich der Sachverständige dagegen ausspricht.

Zu Z 11 (§ 6a SDG)

Die in die Gerichtssachverständigenliste eingetragenen Personen können ungeachtet der in ihrem jeweiligen Beruf allenfalls bestehenden Möglichkeiten für eine Unterbrechung ihrer Berufstätigkeit aktuell keine Ruhendstellung ihrer Eigenschaft als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger erwirken.

Hintergrund der geltenden Rechtslage ist die Überlegung, dass Sinn der Eintragung in die Gerichtssachverständigenliste die verlässliche Verfügbarkeit und leichte Auffindbarkeit entsprechend geeigneter Sachverständiger durch die Gerichte und Staatsanwaltschaften ist. Gleichzeitig soll sich der Sachverständige auch – nach Möglichkeit – durch einen regelmäßigen Einsatz in gerichtlichen/staatsanwaltschaftlichen Verfahren bewähren und dafür während seiner aufrechten Zertifizierung auch tatsächlich zur Verfügung stehen.

Der Hauptverband der Gerichtssachverständigen hat aber darauf hingewiesen, dass die aktuelle Gesetzeslage dazu führt, dass ein Sachverständiger bei jeglicher vorübergehender Nichtverfügbarkeit von gewisser Dauer im Ergebnis von der Gerichtssachverständigenliste zu streichen ist und für seine Wiedereintragung das (Erst-)Zertifizierungsverfahren durchlaufen muss. Dies würde in der Praxis immer wieder zu unbefriedigenden Situationen führen, und zwar sowohl für die Sachverständigen als auch für die Gerichte und Staatsanwaltschaften.

Angesichts dieser Ausgangslage wird mit dem neu eingefügten § 6a SDG die Schaffung einer maßhaltenden „Auszeitregelung“ für Gerichtssachverständige vorgeschlagen. Demnach soll der Sachverständige bei dem für seine Eintragung zuständigen Präsidenten des Landesgerichts die vorübergehende, an keine weiteren Voraussetzungen geknüpfte Ruhendstellung seiner Eigenschaft als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger begehren können. Gutachtensaufträge, die dem Sachverständigen bereits vor einer entsprechenden Antragstellung erteilt wurden, sollen von einem solchen Antrag aber unberührt bleiben.

Der Antrag soll, soweit er für einen Zeitraum von maximal sechs Monaten gestellt wird, keiner weiteren Begründung bedürfen. Erst wenn die Ruhendstellung verlängert werden soll (oder der Antrag von vornherein auf eine über sechs Monate dauernde Ruhendstellung gerichtet ist), bedarf es der Angabe eines wichtigen Grundes; diesfalls ist über den Antrag vom Präsidenten des Landesgerichts mit Bescheid zu entscheiden, wobei die Ruhendstellung aber insgesamt den Zeitraum von zwölf Monaten nicht überschreiten darf.

In jeder fünfjährigen Eintragungsperiode soll ein entsprechendes Begehren auf Ruhendstellung der Eigenschaft im Maximalausmaß von zwölf Monaten zudem nur einmal gestellt werden können, wobei die Ruhendstellung keine Auswirkungen auf die laufende Eintragungsfrist haben (und diese daher nicht verlängern) soll.

Nach dem vorgeschlagenen § 6a Abs. 2 SDG sollen der Umstand der Ruhendstellung der Gerichtssachverständigen-Eigenschaft und ihre Dauer bei der konkreten Eintragung des Sachverständigen in der Gerichtssachverständigenliste eingetragen werden. Während der Ruhendstellung ist der Sachverständige nicht verpflichtet, Bestellungen in einem gerichtlichen/staatsanwaltschaftlichen Verfahren Folge zu leisten. Demgemäß können ihn während dieser Zeit auch keine nachteiligen Folgen wegen der Verweigerung der Annahme einer Bestellung (vgl. § 354 ZPO bzw. § 127 Abs. 5 und § 242 StPO) treffen. Gleichzeitig bewirkt die Ruhendstellung aber nicht, dass der Betreffende für jede gerichtliche Sachverständigentätigkeit „gesperrt“ oder ihm eine solche untersagt wäre. Vielmehr kann er mit seiner Zustimmung im Einzelfall auch während der Zeit des Ruhens der Gerichtssachverständigen-Eigenschaft durch das Gericht/die Staatsanwaltschaft zum Sachverständigen bestellt werden. Allerdings wird diesfalls die gesonderte Leistung des Sachverständigeneids im betreffenden Verfahren notwendig werden.

Während der Ruhendstellung seiner Eigenschaft soll der Sachverständige nach dem vorgeschlagenen § 6a Abs. 3 SDG nicht verpflichtet sein, die von ihm nach § 2a SDG einzudeckende Haftpflichtversicherung aufrecht zu erhalten; das gilt allerdings insoweit nicht, als sich ein entsprechendes Erfordernis aufgrund der vor der Ruhendstellung erfolgten Bestellungen und der damit im Zusammenhang abgegebenen Gutachten oder von von ihm während des aufrechten Ruhens mit seiner Zustimmung übernommenen Gutachtensaufträgen ergibt.

Klargestellt sei schließlich noch, dass § 6a SDG aufgrund der Regelung des § 14 SDG sinngemäß auch für allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Dolmetscher gilt und diesen daher gleichfalls die Möglichkeit einer vorübergehenden Ruhendstellung ihrer Eigenschaft als Gerichtsdolmetscher offensteht.

Zu Z 12 (§ 8 Abs. 3 SDG)

Die Gültigkeitsdauer der Sachverständigen-Ausweiskarte ist nach § 8 Abs. 3 zweiter Satz SDG aktuell mit dem Ende des fünften auf die Ausstellung folgenden Kalenderjahres befristet. In der Praxis bereitet dies insofern Probleme, als das Zertifikat, mit dem die Ausweiskarte nach § 8 Abs. 3 erster Satz SDG zwingend zu versehen ist, derzeit genau fünf Jahre ab Ausstellung gültig ist (wobei diese fünfjährige Gültigkeitsdauer des Zertifikats auch in Hinkunft im Rahmen des nunmehr geltenden neuen signaturrechtlichen Regimes der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/93/EG, ABl. Nr. L 257 vom 28.8.2014 S. 73, in der Fassung der Berichtigung ABl. Nr. L 155 vom 14.6.2016 S. 44, so beibehalten werden soll). Das bedeutet, dass aktuell das mit der Karte verbundene Zertifikat am fünften Jahrestag der Ausstellung abläuft, während die Karte selbst noch bis zum Ende des betreffenden Kalenderjahres gilt. Um dieses zeitliche Auseinanderfallen zu vermeiden, soll künftig auch die Gültigkeit der Ausweiskarte fünf Jahre nach dem Zeitpunkt der Ausstellung enden. Da in Hinkunft auch beim Ende des (Re-)Zertifizierungszeitraums auf den Ablauf von fünf Jahren nach dem Zeitpunkt der Eintragung für das jeweilige Fachgebiet abgestellt werden soll (vgl. die zu § 6 Abs. 1 SDG vorgeschlagene Änderung), sollte damit ein gleichförmiges Regime in allen genannten Bereichen gewährleistet sein.

Zu Z 13 (§ 10 Abs. 4 zweiter Halbsatz SDG)

Nach § 4a Abs. 2 letzter Satz SDG hat die Kommission nach § 4a SDG das Vorliegen der Eintragungsvoraussetzung der Sachkunde nach § 2 Abs. 2 Z 1 lit. a SDG bei einem Bewerber um Eintragung in die Gerichtssachverständigenliste dann nicht zu prüfen, wenn dieser eine Lehrbefugnis für das betreffende wissenschaftliche Fach an einer Hochschule eines EWR-Vertragsstaats oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft oder die Befugnis hat, einen Beruf auszuüben, dessen Zugangs- und Ausübungsvoraussetzungen in einer österreichischen Berufsordnung umfassend gesetzlich festgelegt sind und zu dem auch die Erstattung von Gutachten gehört.

Davon zu unterscheiden ist der Fall, dass ein Verfahren auf Entziehung der Eigenschaft als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger (auch) wegen des Vorwurfs unzureichender oder fehlender Sachkunde eingeleitet wird. In solchen Konstellationen hat der für die Eintragung verantwortliche Präsident des Landesgerichts auch bei Personen, die die Voraussetzungen des § 4a Abs. 2 letzter Satz SDG erfüllen, schon bisher die Möglichkeit, ein Gutachten der Kommission nach § 4a SDG oder eine Äußerung eines qualifizierten Mitglieds dieser Kommission einzuholen. Dies wird mit der vorgeschlagenen Ergänzung des § 10 Abs. 4 SDG ausdrücklich klargestellt.

Zu Z 14 (§ 14 SDG)

Zu der zu § 14 Z 1 SDG vorgeschlagenen Änderung darf zunächst auf das zu §§ 62 Abs. 1, 63 Abs. 2, 78 Abs. 1 und 189 Abs. 2 NO Gesagte verwiesen werden. Auch im Bereich des § 14 SDG wird aktuell noch auf die früheren studienrechtlichen Gegebenheiten und demgemäß auf die Absolvierung des Diplomstudiums der Studienrichtung „Übersetzer- und Dolmetscherausbildung“ (oder ein gleichwertiges ausländisches Studium) abgestellt. Dieses Diplomstudium wird aufgrund der geänderten universitären und studienrechtlichen Rahmenbedingungen nicht mehr (bzw. nicht mehr in dieser Form) angeboten. Künftig soll daher in diesem Kontext darauf abgestellt werden, dass die/der Bewerber/in an einer (in- oder ausländischen) Universität in der betreffenden Sprache ein Studium der Translationswissenschaft mit einem Arbeitsaufwand von zumindest 240 ECTS-Anrechnungspunkten (§ 51 Abs. 2 Z 26 Universitätsgesetz 2002) zurückgelegt und mit einem akademischen Grad abgeschlossen hat.