1404 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

Bericht

des Justizausschusses

über die Regierungsvorlage (1346 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem die Rechtsanwaltsordnung, die Notariatsordnung, das Ausbildungs- und Berufsprüfungs-Anrechnungsgesetz, das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter, das EIRAG, das Rechtsanwaltsprüfungsgesetz, das Rechtsanwaltstarifgesetz und das Sachverständigen- und Dolmetschergesetz geändert werden (Berufsrechts-Änderungsgesetz 2016 – BRÄG 2016)

Das insbesondere für die Fälle des Erlöschens oder Ruhens der Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft bzw. einer längeren Abwesenheit/Krankheit eines Rechtsanwalts vorgesehene Institut der mittlerweiligen Stellvertretung für Rechtsanwälte wirft aufgrund seiner derzeit nur sehr allgemein gehaltenen gesetzlichen Regelung in der Praxis immer wieder Zweifelsfragen auf, die im Besonderen den Umfang der Befugnisse und Pflichten des mittlerweiligen Stellvertreters betreffen.

Die im Berufsrecht der Rechtsanwälte und Notare vorgesehenen Bestimmungen zur Verhinderung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung entsprechen nicht mehr den aktuellen Vorgaben der Richtlinie (EU) 2015/849 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 und zur Aufhebung der Richtlinie 2005/60/EG und der Richtlinie 2006/70/EG (im Folgenden: Vierte Geldwäsche-Richtlinie), ABl. Nr. L 141 vom 5.6.2015 S. 73, sowie den vor einiger Zeit überarbeiteten Empfehlungen der Financial Action Task Force zur Bekämpfung von Geldwäsche sowie Terrorismus- und Proliferationsfinanzierung.

Ungeachtet dessen, dass die Satzungen der anwaltlichen Versorgungseinrichtungen zur Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung bereits seit längerer Zeit weitestgehend wortgleich den vom Österreichischen Rechtsanwaltskammertag dazu erarbeiteten „Mustersatzungen“ entsprechen, werden diese aktuell von jeder der neun Rechtsanwaltskammern einzeln durch deren Plenarversammlungen erlassen.

Vom Rechnungshof wurden im Bereich des anwaltlichen Pensionsrechts einige Verbesserungsvorschläge insbesondere betreffend die Transparenz und die Verfügbarkeit von Unterlagen und Informationen unterbreitet.

Im Bereich des notariellen und anwaltlichen Berufsrechts besteht Bedarf nach weiteren Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Für in die Gerichts- und Sachverständigenliste eingetragene Personen besteht im Fall der vorübergehenden Unterbrechung ihrer Tätigkeit aktuell keine Möglichkeit, auch ihre Eigenschaft als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger bzw. Dolmetscher befristet ruhend zu stellen.

Mit einer Neuordnung des bisherigen Bereichs der mittlerweiligen Stellvertretung in der RAO soll mehr Rechtsklarheit und -sicherheit sowohl für die beteiligten Rechtsanwälte als auch die betreffenden Mandanten gewährleistet werden.

Die eingehende Überarbeitung der Bestimmungen zur Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in RAO, DSt und NO bewirkt unter anderem eine weitere Steigerung der Sensibilität der Berufsträger in diesem wichtigen Bereich und trägt damit zu einem insgesamt effizienteren System bei.

Durch die vom Österreichischen Rechtsanwaltskammertag für ganz Österreich erlassene Satzung der Versorgungseinrichtungen wird eine einheitliche Systematik der Versorgungssysteme der Rechtsanwaltskammern gewährleistet, gleichzeitig wird die Funktionsfähigkeit der anwaltlichen Altersversorgung durch die weiteren getroffenen Maßnahmen zusätzlich gestärkt.

Die zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf getroffenen Maßnahmen bewirken eine Steigerung der Attraktivität des Berufs des Notars und des Rechtsanwalts.

Die vorübergehende „Ruhendstellung“ der Eigenschaft als Gerichtssachverständiger bzw. -dolmetscher ermöglicht es den betreffenden Personen, auf gewisse berufliche oder private Umstände oder Veränderungen auch im Zusammenhang mit ihrer gerichtlichen Sachverständigentätigkeit flexibel zu reagieren.

Das Vorhaben umfasst hauptsächlich folgende Maßnahmen:

In der RAO sollen an die Stelle der mittlerweiligen Stellvertretung die Institute des mittlerweiligen Substituten und des Kammerkommissärs treten, wobei letzterer als ein Organ der Rechtsanwaltskammer mit einem gesetzlich geregelten Aufgabenfeld tätig werden soll.

Die nach der NO, der RAO und dem DSt bestehenden Pflichten der Berufsträger zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung werden an die aktuellen unionsrechtlichen und internationalen Anforderungen angepasst, dies unter gleichzeitiger Beachtung der besonderen Rolle und Funktion der Rechtsanwälte und Notare.

Die Satzungskompetenz im Bereich der anwaltlichen Versorgungseinrichtungen wird von den Rechtsanwaltskammern hin zum Österreichischen Rechtsanwaltskammertag übertragen; beibehalten wird aber die Zuständigkeit der Rechtsanwaltskammern zur Erlassung der für die konkrete Beitrags- und Leistungshöhe maßgeblichen Umlagen- und Leistungsordnungen.

Im Bereich des anwaltlichen Pensionsrechts werden verpflichtend vorzunehmende regelmäßige Evaluierungen der zugrunde liegenden versicherungsmathematischen Berechnungen sowie Regelungen zur verstärkten Aufklärung und Information der Kammermitglieder über diese Daten vorgesehen.

In der NO werden die Möglichkeiten zur Berücksichtigung von Kinderbetreuungszeiten im Rahmen der Zeiten der praktischen Verwendung als Notariatskandidat ausgebaut. Im anwaltlichen Bereich werden die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass Rechtsanwältinnen und Rechtsanwaltsanwärterinnen künftig für die Dauer eines Beschäftigungsverbots für werdende Mütter (bzw. den einem solchen Beschäftigungsverbot entsprechenden Zeitraum) von der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen für die Versorgungseinrichtung (Umlage) befreit werden können.

Im Sachverständigen- und Dolmetscherbereich wird die Möglichkeit einer bis zu zwölfmonatigen Ruhendstellung der Eigenschaft als Gerichtssachverständiger/-dolmetscher geschaffen.

 

Der Justizausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 6. Dezember 2016 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Dr. Georg Vetter die Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Mag. Philipp Schrangl und Dr. Johannes Jarolim sowie der Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter.

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf mit Stimmenmehrheit (dafür: S, V, F, G, T, dagegen: N) beschlossen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Justizausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (1346 der Beilagen) die verfassungs­mäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2016 12 06

                                Dr. Georg Vetter                                                       Mag. Michaela Steinacker

                                   Berichterstatter                                                                            Obfrau