1419 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

Bericht

des Verkehrsausschusses

über die Regierungsvorlage (1299 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Seeschifffahrts-Erfüllungsgesetz – SSEG geändert wird

Zur innerstaatlichen Umsetzung der zahlreichen Übereinkommen der International Maritime Organisation (IMO), die Österreich im Gefolge des im Jahre 1975 erfolgten IMO-Beitrittes ratifiziert hat, und der die Seeschifffahrt betreffenden EU-Richtlinien wurde im Jahre 1996 mit BGBl. Nr. 387/1996 das Seeschifffahrts-Erfüllungsgesetz – SSEG beschlossen. Dieses ist als Rahmengesetz konzipiert und sieht zahlreiche Verordnungsermächtigungen vor, die die Grundlage für die innerstaatliche Umsetzung der oben angeführten Seeschifffahrtsvorschriften für die Großschifffahrt bilden.

Mit Novelle BGBl. I Nr. 46/2012 des Seeschifffahrtsgesetzes – SeeSchFG hat Österreich sein Register geschlossen. Seither ist Österreich in der Großschifffahrt nicht mehr Flaggenstaat und sind die oben erwähnten IMO-Übereinkommen und die zahlreichen einschlägigen EU-Richtlinien für Österreich mit ganz wenigen Ausnahmen nicht mehr relevant und anwendbar und daher auch nicht umzusetzen.

-       Eine dieser Ausnahmen betrifft eine mit 1. Juli 2016 in Kraft getretene Änderung des IMO-Übereinkommens „Internationales Übereinkommens von 1974 zum Schutz des menschlichen Lebens auf See“ („International Convention for the Safety of Life at Sea, 1974“ – SOLAS), BGBl. Nr. 435/1988.

Die neue Bestimmung in Kapitel VI, Teil A, Regel 2 der Anlage des SOLAS-Übereinkommens ver-pflichtet den Befrachter eines Hochseeschiffes, die Bruttomasse seines Containers vor dessen Stauung an Bord nach festgelegten Methoden festzustellen und zu dokumentieren, und zwar so rechtzeitig, dass die Angaben hierüber vor dem Beladen des Schiffes verfügbar sind, andernfalls der Container nicht auf das Seeschiff verladen werden darf.

Von dieser Regelung ist Österreich konkret betroffen, da Österreichs verladende Wirtschaft als Befrachter eine Vielzahl von Gütern via Container über Seehäfen exportiert und Wettbe-werbsnachteile befürchtet, wenn diese Regelung nicht umgesetzt bzw. ausgeführt wird.

Um diese Umsetzung vornehmen zu können, ist der sachliche Geltungsbereich des SSEG zu erweitern und eine entsprechende Verordnungsermächtigung zu schaffen.

-       Eine weitere Ausnahme bildet das IMO-Übereinkommen „Internationales Übereinkommen von 1978 über Normen für die Ausbildung, die Erteilung von Befähigungszeugnissen und den Wachdienst von Seeleuten“ („International Convention on Standards of Training, Certification and Watchkeeping for Seafarers, 1978“ – STCW), BGBl. III Nr. 27/1997, und die dieses Übereinkommen begleitende Richtlinie 2008/106/EG über Mindestanforderungen für die Ausbildung von Seeleuten, ABl. Nr. L 323 vom 03.12.2008, S. 30.

Diese Regelungen sehen eine Vielzahl von Vorschriften vor, die nur Flaggenstaaten betreffen und von Österreich daher nicht mehr umzusetzen sind, aber auch eigene Bestimmungen für Ausbildungs-einrichtungen für Seeleute, die theoretisch auch in einem Binnenland eingerichtet und betrieben werden können. Diese Bestimmungen wurden in Österreich durch Teil 3 der Verordnung über die Ausbildung, Erteilung von Befähigungszeugnissen und den Wachdienst von Seeleuten (STCW-Verordnung), BGBl. II Nr. 228/2000, umgesetzt.

Wenn gleich auch diesen Bestimmungen keinerlei Relevanz zukommt, da praktisch auszuschließen ist, dass sich in einem Binnenland, in dem eine Praxisausbildung nicht durchgeführt und eine im Ausland erfolgende praktische Ausbildung nicht überwacht werden kann, Ausbildungseinrichtungen für Seeleute ansiedeln werden, sind allfällige diesen Themenkreis betreffende Änderungen der Richtlinie 2008/106/EG weiterhin innerstaatlich umzusetzen.

Bis.dato wurde für die Umsetzung der Vorschriften von Übereinkommen und Richtlinie die Verordnungsermächtigung des § 11 Abs. 3 SSEG herangezogen, die sich allerdings nur auf die Erlassung von Besatzungsvorschriften bezieht. Anlässlich der erforderlichen Änderung des SSEG wegen des oben angeführten SOLAS-Amendments ist Gelegenheit, diese Verordnungsermächtigung genauer zu fassen.

-       Ein Gleiches gilt für die Verordnung über die Ausrüstung von Seeschiffen (Schiffsausrüstungs-verordnung), BGBl. II Nr. 139/1999. Grundlage dieser Verordnung ist die Richtlinie 96/98/EG über Schiffsausrüstung, ABl. Nr. L 46 vom 17.02.1997, die mit Vorschriften, die die Ausrüstung an Bord von Seeschiffen betreffen, ebenfalls einen für Österreich nicht mehr anwendbaren Teil, und mit 1299 der Beilagen XXV. GP - Regierungsvorlage - Erläuterungen 1 von 3

Vorschriften, die die Zulassung von Konformitätsbewertungsstellen für Ausrüstungsgegenstände und -teile für Seeschiffe betreffen, Regelungen enthalten, die auch für ein Binnenland anwendbar sind. Die Richtlinie wurde als Richtlinie 2014/90/EU über Schiffsausrüstung und zur Aufhebung der Richtlinie 96/98/EG, ABl. Nr. L 257 vom 28.08.2014, S. 146, jüngst neu erlassen.

In Österreich gibt es zwar – einige wenige – Hersteller von zertifizierungspflichtigen Aus-rüstungsgegenständen und -teilen, doch haben sich seit Inkrafttreten der Verordnung keine Konformitätsbewertungsstellen etabliert und ist auch in Zukunft nicht damit zu rechnen, da die wenigen österreichischen Hersteller ihre Produkte im Ausland zertifizieren lassen und sich in Österreich daher kein Markt für derartige Konformitätsbewertungsstellen etablieren wird.

Die Umsetzung der Richtlinie und deren Änderungen erfolgte bisher auf Grundlage der Ver-ordnungsermächtigung des § 7 Abs. 4 SSEG und auch hier gilt es eine Präzisierung durch eine spezielle Verordnungsermächtigung vorzunehmen.

 

Der Verkehrsausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 7. Dezember 2016 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen des Berichterstatters Abgeordneten Dietmar Keck die Abgeordneten Johannes Schmuckenschlager, Christoph Hagen, Georg Willi sowie der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Jörg Leichtfried.

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf einstimmig beschlossen.

 

Ferner beschloss der Verkehrsausschuss einstimmig folgende Feststellung:

„Im Seeschifffahrts-Erfüllungsgesetz - SSEG wird in Umsetzung des SOLAS-Übereinkommens (Internationales Übereinkommen von 1974 zum Schutz des menschlichen Lebens auf See) eine Verpflichtung für den Befrachter eines Hochseeschiffes aufgenommen, die Bruttomasse seines Containers vor dessen Stauung an Bord nach festgelegten Methoden festzustellen und zu dokumentieren, und zwar so rechtzeitig, dass die Angaben hierüber vor dem Beladen des Schiffes verfügbar sind, andernfalls der Container nicht auf das Seeschiff verladen werden darf.

Im KFG 1967 werden in § 101a KFG die Vorgaben des Artikel 10f der Richtlinie 96/53/EG in der Fassung der Richtlinie (EU) 2015/719 betreffend Angaben über das Gewicht von transportierten Containern umgesetzt. Demnach hat der Spediteur bei der Beförderung von Containern und Wechselaufbauten mit Kraftfahrzeugen auf der Straße dem Transportunternehmen, dem er die Beförderung eines Containers oder eines Wechselaufbaus anvertraut, eine Erklärung auszuhändigen, in der das Gewicht des transportierten Containers oder Wechselaufbaus angegeben ist.

Es wurden nunmehr Befürchtungen geäußert, dass es zu Doppelbestrafungen der Befrachter bzw. Spediteure sowohl nach den Vorschriften des SSEG als auch des KFG 1967 kommen könnte, wenn sich herausstellt, dass eine solche Erklärung über das Containergewicht unrichtig ist.

Die Unrichtigkeit einer solchen Erklärung wird nur bei entsprechenden Überprüfungen der Container im Hafengebiet oder bei Verwiegung eines Fahrzeuges im Rahmen einer Straßenkontrolle festgestellt werden können.

Da eine Verwaltungsstrafe an ein und demselben Betretungsort nur nach der jeweils in Frage kommenden Rechtsvorschrift (Straße: KFG 1967, Hafen bzw. Schiff: SSEG) verhängt werden kann, kommt eine Doppelbestrafung nicht in Frage.

Die Kontrollinstanz, die eine solche Übertretung feststellt, muss dieses Ergebnis nicht an eine andere Behörde weiterleiten.

Der Verkehrsausschuss geht daher - auch aufgrund des unterschiedlichen Geltungsbereiches des Seeschifffahrts-Erfüllungsgesetzes und des Kraftfahrgesetzes 1967 - davon aus, dass es zu keinen Doppelbestrafungen von Spediteuren kommt.“

 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verkehrsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (1299 der Beilagen) die verfassungs­mäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2016 12 07

                                   Dietmar Keck                                                                     Anton Heinzl

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann