Erläuterungen

Allgemeiner Teil

I. Hintergrund des Biogas-Technologieabfindungsgesetz 2017 (BTAG 2017)

Nicht alle Biogasanlagen weisen die geforderte Entwicklung zur Marktreife auf. Niedrige Wirkungsgrade und hohe laufende Kosten aufgrund gestiegener Rohstoffpreise machen einen Betrieb einiger Biogasanlagen nicht mehr rentabel. Ihr Betrieb könnte auf Dauer nur durch hohe Einspeisetarife aufrechterhalten werden. Solche Biogasanlagen entsprechen daher nicht mehr den Zielen des ÖSG 2012 (effizienter Mitteleinsatz, Erreichen der Marktreife etc.); sie sollen mit einer einmaligen Abfindung aus dem Förderregime entfernt werden. In Umsetzung des Arbeitsprogramms der österreichischen Bundesregierung 2013-2018 („Sicherung von bestehenden, hocheffizienten, wärmegeführten Biogasanlagen der 2. Generation (Schwerpunkt Reststoffverwertung) durch Nachfolgetarife; für alle anderen Biogasanlagen ist eine stranded cost-Lösung anzustreben“) sowie des Arbeitsprogramms der Bundesregierung 2017/18 (vgl. Punkt 3.11 „Kleine Ökostromnovelle“) wird daher – losgelöst vom ÖSG 2012 – ein neues, eigenständiges Biogas-Technologieabfindungsgesetz geschaffen. Dieses Gesetz bedarf der Notifikation an die EU-Kommission, gestützt auf Art. 107 Abs. 3 lit. c AEUV.

II. Eckpunkte und Inhalt

1.      nur für Biogasanlagen, die seit mindestens 7 Jahren in einem Kontrahierungsverhältnis zur OeMAG stehen und maximal seit 15 Jahren betrieben werden (§ 5 Abs. 2 Z 1 und Z 2 BTAG 2017);

2.      Technologieabfindung nur für die tatsächlich für die Stilllegung angelaufenen Kosten für Biogasanlagen (inkl. entgangener Einspeisetarife) (§ 5 Abs. 3 BTAG 2017);

3.      Berechnung auf Einzelfallbasis, maximale Abfindung von 50 % der abfindbaren Kosten (§ 5 Abs. 4 und 5 BTAG 2017), dabei mehrfache Deckelung des Abfindungsvolumens;

4.      Aufbringung der für die Abfindung erforderlichen Mittel durch einen gesonderten Aufschlag (analog der Ökostrompauschale), der mit Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft festgelegt wird (§ 6 BTAG 2017).

III. Kompetenzrechtliche Grundlagen:

Der Bund kann sich bei den einzelnen Vorhaben auf folgende Kompetenztatbestände stützen:

Art. 10 Abs. 1 Z 4 (Bundesfinanzen); Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG (Zivilrechtswesen); Art. 10 Abs. 1 Z 8 B-VG (Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie), Art. 10 Abs. 1 Z 10 B-VG (Wasserrecht; Normalisierung und Typisierung elektrischer Anlagen und Einrichtungen, Sicherheitsmaßnahmen auf diesem Gebiet; Art. 12 Abs. 1 Z 5 B-VG Elektrizitätswesen, soweit es nicht unter Art. 10 fällt. Die auf diesem Kompetenztatbestand basierenden Bestimmungen sind gemäß Art. 12 Abs. 2 B-VG als solche ausdrücklich bezeichnet); Art. 17 (Privatwirtschaftsverwaltung). Darüber hinaus wird für alle Bestimmungen, die keiner Bundeskompetenz zuzuordnen sind, eine im Verfassungsrang stehende Kompetenzdeckungsklausel statuiert oder sie sind als „Verfassungsbestimmung“ ausgewiesen.

Besonderer Teil

Zu § 1:

Die im BTAG 2017 geregelte Materie ist über weite Teile dem Kompetenztatbestand des Art. 12 Abs. 1 Z 5 B-VG (Elektrizitätswesen) zuzuordnen. Daher können die im Gesetz enthaltenen Regelungen nur unter Schaffung einer Kompetenzdeckungsklausel als unmittelbar anwendbares Bundesrecht beschlossen werden. Die vorgesehene Kompetenzdeckungsklausel begründet für die Erlassung, Änderung, Aufhebung und Vollziehung des Gesetzes eine Bundeszuständigkeit.

Zu § 5:

Eine Abfindung kommt nur für jene Biogasanlagen in Betracht, deren Betreiber in einem aufrechten Vertragsverhältnis mit der Ökostromabwicklungsstelle stehen. Nach dem Ende des Vertragsverhältnisses ist eine Abfindung ausgeschlossen.

Die Abfindung wird durch Abschluss eines neuen Vertrages mit der Ökostromabwicklungsstelle vereinbart, der an die Stelle des bisherigen Vertrages tritt. Abs. 2 enthält die Voraussetzungen, unter denen Anlagenbetreiber in den Genuss einer Abfindung kommen können.

Abs. 3 zählt die abfindbaren Kostenkategorien taxativ auf. Grundsätzlich sind nur tatsächlich angefallene und der Höhe nach angemessene Kosten erstattungsfähig. Kostenanteile, die bereits in die Ermittlung des Einspeise- oder Nachfolgetarifs eingeflossen sind, dürfen nicht berücksichtigt werden. Wird eine Anlage vor dem Ende der vertraglichen Tariflaufzeit stillgelegt, sind die bis zum regulären Vertragsende gewährten Einspeisetarife (exklusive allfälliger Betriebskostenzuschläge gemäß § 22 ÖSG 2012) unter Zugrundelegung der in § 23 Abs. 5 ÖSG 2012 genannten Volllaststunden abzüglich Marktpreis mit einzubeziehen. Insgesamt darf die Höhe der Abfindung nicht die Summe der entgangenen Einspeisetarife (abzüglich Marktpreis) überschreiten.

Aus beihilferechtlichen Gründen werden die Gesamtkosten nicht zur Gänze, sondern lediglich zur Hälfte erstattet (Abs. 4). Dabei werden die mit der Stilllegung verbundenen Kosten (exklusive entgangene Einspeisetarife) mit 1.500 Euro pro kW gedeckelt und die Gesamtabfindung pro Anlage auf 100 % der entgangenen Einspeisetarife begrenzt. Insgesamt dürfen die Abfindungen nicht mehr als 120 Millionen Euro betragen.

Es ist sicherzustellen, dass nur tatsächlich und endgültig stillgelegte Anlagen(teile) eine Abfindung erhalten. Werden Anlagen(teile) veräußert, sind daraus resultierende Verwertungserlöse bei der Bemessung der Abfindung abzuziehen. Anlagen(teile), die nicht stillgelegt oder veräußert werden, können weiter genutzt bzw. anderweitig verwendet werden.

Für die Einbringung von Ansuchen auf Abfindung legt Abs. 8 eine Frist von 9 Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes fest.

Zu § 6:

Die für die Abfindung benötigten Mittel werden analog zur Ökostrompauschale gemäß § 45 ÖSG 2012 durch die an das öffentliche Netz angeschlossenen Endverbraucher aufgebracht. Sie zahlen einen einmaligen Biogas-Technologieabfindungsbeitrag in Euro pro Zählpunkt, dessen Höhe vom Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft mit Verordnung für einen Zeitraum von bis zu 2 Jahren festgelegt wird. Befreiungen gemäß § 3 Fernsprechentgeltzuschussgesetz (GIS-Gebühren-Befreiung) gelten analog zu § 46 ÖSG 2012 auch hier.

Nicht verwendete Mittel (etwa aufgrund von Vertragsauflösungen gemäß § 5 Abs. 4) sollen dem Aufbringungsmechanismus des ÖSG 2012 zufließen.

Zu § 9:

Die im gegenständlichen Gesetz vorgesehene Abfindung stellt eine staatliche Beihilfe iSd Art. 107 AEUV dar. Sie fällt weder unter die geltende Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung (Verordnung (EU) Nr. 651/2014) noch unter die Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014-2020 und unterliegt daher einer Genehmigung durch die Europäische Kommission.