1531 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

Bericht

des Justizausschusses

über die Regierungsvorlage (1504 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsorganisationsgesetz geändert wird

Hauptgesichtspunkte dieser Novelle sind eine Reihe von Anpassungen, die sich aus der gerichtlichen Praxis ergeben haben, ohne dabei grundsätzliche Aspekte der Gerichtsorganisation zu berühren:

1.      Die derzeitigen Regelungen zur Hausordnung sind in einzelnen Bereichen geeignet, Missverständnisse bzw. Fehlinterpretationen hervorzurufen.

2.      Anders als für die Präsidentinnen und Präsidenten der Gerichtshöfe erster Instanz sieht das GOG für die Vorsteherinnen und Vorsteher der Bezirksgerichte keine Quote für die Wahrnehmung von Justizverwaltungsangelegenheiten vor.

3.      Nach der geltenden Rechtslage kann für eine ganze Richter/innen-Planstelle nur eine Gerichtsabteilung eingerichtet werden, was in der Praxis nicht unerhebliche Probleme aufwirft. Für Sprengelrichterinnen und Sprengelrichter sowie Vertretungsrichterinnen und Vertretungsrichter kann keine eigene Gerichtsabteilung eröffnet werden.

4.      Bei der Zuweisung von Sprengelrichterinnen und -richtern sowie Vertretungsrichterinnen und ‑richtern ist unklar, ob das ein von den Außensenaten gar nicht intendiertes "Einfrieren" der Geschäftsverteilung für die Dauer des Vertretungsfalls bewirkt, womit den tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten nicht Rechnung getragen würde.

5.      In § 73a GOG sind zwar die faktisch gehandhabten Mitwirkungsrechte der Vereinigung der österreichischen Richterinnen und Richter gesetzlich verankert, nicht aber die der gelebten Praxis entsprechende Ausrichtung von richterlichen Fortbildungsveranstaltungen.

6.      Die mit der Dienstrechts-Novelle 2010, BGBl. I Nr. 111/2010, beabsichtigte Straffung des Dienstwegs in Angelegenheiten der Justizverwaltung brachte in der Praxis nicht die gewünschten Effizienzsteigerungen, sondern im Gegenteil Informationsverluste.

7.      Im Rahmen eines Pilotprojekts wird in der Justiz derzeit bei einzelnen Gerichten in ausgesuchten Sparten und Gerichtsabteilungen die elektronische Aktenführung erprobt. Ein Ziel des Projekts ist es, die Anzahl der physischen Aktenstücke möglichst gering zu halten. In der Zivilprozessordnung ist jedoch die Überprüfung der Unterschriftlichkeit von Eingaben durch das Entscheidungsorgan vorgesehen. Dies würde die Vorlage des Originals physischer Eingaben an das Entscheidungsorgan in jedem einzelnen Fall vorsehen und dem letztlich angestrebten elektronischen Workflow entgegenlaufen.

 

Der Entwurf verfolgt nachstehende Ziele:

1.      Klarstellungen im Zusammenhang mit der Hausordnung;

2.      Sicherstellung einer einheitlichen, sich ausschließlich an objektiven Kriterien orientierenden Heranziehung von Richterinnen und Richtern für die Justizverwaltungsangelegenheiten der Bezirksgerichte;

3.      Schaffung einer klaren Zuordnung der Gerichtsabteilungen zu den bei einem Gericht tätigen Richterinnen und Richtern;

4.      Klarstellung, wer für Änderungen der Geschäftsverteilung bei der Zuweisung von Sprengelrichterinnen und -richtern sowie Vertretungsrichterinnen und -richtern zuständig ist;

5.      Verankerung der Beteiligung der Vereinigung der österreichischen Richterinnen und Richter am richterlichen Fortbildungsprogramm durch eigene Fortbildungsveranstaltungen;

6.      Anpassung des Dienstwegs an die tatsächlichen Gegebenheiten;

7.      Übertragung der routinemäßigen Überprüfung des Vorhandenseins einer Unterschrift auf physischen Eingaben der Parteien an die Geschäftsstelle.

 

Das Vorhaben umfasst hauptsächlich folgende Maßnahmen:

1.      Einerseits soll für eine hinreichende Publizität der Hausordnung Sorge getragen sowie andererseits klargestellt werden, dass Sicherheitsmaßnahmen aus besonderem Anlass unabhängig davon angeordnet werden dürfen, ob diese Möglichkeit ausdrücklich in der Hausordnung eröffnet wird oder nicht.

2.      Durch die Verankerung einer Justizverwaltungsquote, die die im Rahmen der Personalanforderungsrechnung ohnehin schon herangezogenen Ansätze für die Verwendung von Richterinnen und Richtern in den Justizverwaltungsangelegenheiten der Bezirksgerichte übernimmt, wird ein objektivierter Personaleinsatz sichergestellt.

3.      Es soll die Möglichkeit eröffnet werden, für jede/n Richter/in, die/der eine systemisierte Richter/innen-Planstelle auch nur zum Teil bekleidet sowie für die bei einem Gericht tätigen Sprengelrichterinnen und Sprengelrichter sowie Vertretungsrichterinnen und Vertretungsrichter, eine eigene Gerichtsabteilung zu eröffnen.

4.      Der Außensenat bestimmt auch weiterhin im Entsendungsbeschluss Ort, Umfang und Dauer des Vertretungseinsatzes. Jede nachfolgende Änderung obliegt grundsätzlich dem Personalsenat des Gerichtshofs erster Instanz, wobei der Außensenat dieses Änderungsrecht in einem entsprechend begründeten Grundsatzbeschluss (§ 48 Abs. 2 RStDG) an sich ziehen kann. Der Personalsenat hat den Außensenat von allen Geschäftsverteilungsänderungen zu informieren.

5.      Die tatsächlich gelebte Praxis, dass die Vereinigung der österreichischen Richterinnen und Richter vielfältige Aufgaben im Bereich der richterlichen Fortbildung übernommen hat, soll auch im GOG Niederschlag finden.

6.      Der Berichtsweg führt nach wie vor an oder – bei Berichten an das Bundesministerium für Justiz – über die Dienstbehörde erster Instanz, allerdings werden die Präsidentinnen und Präsidenten der Gerichtshöfe erster Instanz zwischengeschaltet.

7.      Die Entscheidungsorgane sollen nunmehr die Möglichkeit erhalten, die routinemäßige Überprüfung des Vorhandenseins einer Unterschrift auf physischen Eingaben der Parteien an die Geschäftsstelle zu übertragen. Dies ermöglicht es, dass physische Eingaben der Parteien vor einer elektronischen Erfassung nicht stets dem Entscheidungsorgan vorgelegt werden müssen.

Aus den gegenständlichen Maßnahmen ergeben sich keine finanziellen Auswirkungen auf den Bund, die Länder, die Gemeinden oder auf die Sozialversicherungsträger.

 

Der Justizausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 14. März 2017 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneten Mag. Dr. Beatrix Karl die Abgeordneten Hermann Brückl, Dr. Harald Walser, Mag. Elisabeth Grossmann; Dr. Nikolaus Scherak, Dr. Johannes Hübner, Christoph Hagen und Dr. Johannes Jarolim sowie der Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter.

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf einstimmig beschlossen.

 

 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Justizausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (1504 der Beilagen) die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2017 03 14

                           Mag. Dr. Beatrix Karl                                                  Mag. Michaela Steinacker

                                 Berichterstatterin                                                                           Obfrau