1585 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

Regierungsvorlage

Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Arbeitsmarktintegration von arbeitsfähigen Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten sowie AsylwerberInnen, bei denen die Zuerkennung des internationalen Schutzes wahrscheinlich ist, im Rahmen eines Integrationsjahres (Integrationsjahrgesetz – IJG) erlassen wird und das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz geändert wird (Arbeitsmarktintegrationsgesetz)

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel 1

Bundesgesetz zur Arbeitsmarktintegration von arbeitsfähigen Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten sowie AsylwerberInnen, bei denen die Zuerkennung des internationalen Schutzes wahrscheinlich ist, im Rahmen eines Integrationsjahres (Integrationsjahrgesetz – IJG)

Zweck

§ 1. Zweck dieses Bundesgesetzes ist es, nach Maßgabe vorhandener finanzieller und organisatorischer Ressourcen Asylberechtigten, subsidiär Schutzberechtigten und AsylwerberInnen, bei denen die Zuerkennung des internationalen Schutzes unter Berücksichtigung vorliegender Erfahrungswerte sehr wahrscheinlich ist (§ 68 Abs. 1 des Asylgesetzes 2005 – AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005), durch Maßnahmen, die den Erwerb von Sprachkenntnissen beschleunigen und die Chancen einer nachhaltigen Eingliederung in den Arbeitsmarkt verbessern, die gesellschaftliche Teilhabe und die wirtschaftliche Selbsterhaltungsfähigkeit zu ermöglichen.

Zielgruppe

§ 2. Zielgruppe des Integrationsjahres sind Personen, denen nach dem 31. Dezember 2014 der Status des/der Asylberechtigten (§ 2 Abs. 1 Z 15 AsylG 2005) oder des/der subsidiär Schutzberechtigten (§ 2 Abs. 1 Z 16 AsylG 2005) zuerkannt wurde, sowie AsylwerberInnen, die nach dem 31. März 2017 internationalen Schutz beantragt haben, seit mindestens drei Monaten zum Asylverfahren zugelassen sind und bei denen die Zuerkennung des internationalen Schutzes unter Berücksichtigung vorliegender Erfahrungswerte sehr wahrscheinlich ist (§ 68 Abs. 1 AsylG 2005). Teilnahmeberechtigt sind Personen der Zielgruppe, die nicht mehr der Schulpflicht unterliegen (§ 3 des Schulpflichtgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 76/1985), Deutschkenntnisse des Sprachniveaus A1 aufweisen und arbeitsfähig (§ 8 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 – AlVG, BGBl. I Nr. 609/1977) sind.

Integrationsjahr

§ 3. (1) Das Integrationsjahr ist eine auf die Dauer von grundsätzlich einem Jahr angelegte, modular aufgebaute arbeitsmarktpolitische Förderungsmaßnahme, die vom Arbeitsmarktservice (AMS) durchgeführt wird und im Regelfall mit einem Bewerbungstraining abschließt. Bei Vorliegen besonderer Umstände, insbesondere wenn eine raschere nachhaltige Eingliederung in den Arbeitsmarkt zu erwarten ist, kann eine kürzere Dauer festgelegt werden.

(2) Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte, die nach Zuerkennung dieser Status arbeitslos sind und auf keinen geeigneten Arbeitsplatz vermittelt werden können, sind zu Maßnahmen, die im Rahmen des Integrationsjahres angeboten werden, zuzuweisen und zur Mitwirkung und Teilnahme an diesen verpflichtet, soweit nicht berücksichtigungswürdige Gründe nachgewiesen werden. Wird gegen die Mitwirkungs- und Teilnahmepflichten verstoßen, sind die für die Erbringung von Leistungen der Sozialhilfe oder Mindestsicherung zuständigen Stellen der Länder zu informieren. Bei Verstößen gegen die Pflichten aus dem Integrationsjahr haben die jeweiligen Stellen nach Maßgabe landesgesetzlicher Vorgaben entsprechende Sanktionen zu verhängen. Zuerkannte Beihilfen des AMS sind einzustellen, wenn ohne wichtigen Grund die Mitwirkung oder Teilnahme an einer Maßnahme zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt verweigert oder der Erfolg der Maßnahme vereitelt wird.

(3) AsylwerberInnen, bei denen die Zuerkennung des internationalen Schutzes unter Berücksichtigung vorliegender Erfahrungswerte sehr wahrscheinlich ist (§ 68 Abs. 1 AsylG 2005), sind zur Teilnahme an angebotenen Maßnahmen berechtigt. In der Grundversorgung befindliche AsylwerberInnen können dort während der Absolvierung der Maßnahmen verbleiben.

(4) Personen gemäß Abs. 2 und 3, die zwar nicht mehr der Schulpflicht, jedoch der Ausbildungspflicht (§ 3 des Ausbildungspflichtgesetzes – APflG, BGBl. I Nr. 62/2016) unterliegen, sowie jene Personen, die schulische Maßnahmen (oder diesen gleich zu haltende Maßnahmen der Erwachsenenbildung) oder ein Studium absolvieren, sind nicht zur Teilnahme verpflichtet oder berechtigt.

Integrationskarte

§ 4. (1) Das AMS hat für die TeilnehmerInnen am Integrationsjahr eine Integrationskarte anzulegen, in die jede Änderung einzutragen ist. Die Integrationskarte ist den TeilnehmerInnen bei Bedarf, insbesondere bei wesentlichen Änderungen und auf Verlangen der TeilnehmerInnen, auszudrucken oder auf andere geeignete Weise zur Verfügung zu stellen.

(2) In die Integrationskarte sind insbesondere einzutragen:

           1. der zeitliche Rahmen der einzelnen Module,

           2. die Ergebnisse des Kompetenzclearings gemäß § 5 Abs. 3 Z 1 oder andere vorhandene Ergebnisse einer Kompetenzfeststellung,

           3. die Absolvierung einer Maßnahme gemäß § 5 Abs. 3,

           4. der begründete Entfall einer Maßnahme gemäß § 5 Abs. 4 und

           5. sonstige, auch bei anderen Einrichtungen absolvierte Maßnahmen.

Maßnahmen

§ 5. (1) Die Maßnahmen im Rahmen des Integrationsjahres sind so zu gestalten, dass sie möglichst gute Voraussetzungen für eine nachhaltige Integration in den Arbeitsmarkt bieten.

(2) Das AMS hat nach Maßgabe vorhandener finanzieller und organisatorischer Ressourcen dafür zu sorgen, dass für alle TeilnehmerInnen ausreichend geeignete Maßnahmen im Rahmen des Integrationsjahres zur Verfügung stehen und diesen angeboten werden.

(3) Die Maßnahmen im Rahmen des Integrationsjahres umfassen, je nach Erfordernis, insbesondere folgende Module, die auch parallel absolviert werden können:

           1. Kompetenzclearing,

           2. Deutschkurse ab Sprachniveau A2,

           3. Abklärung und Unterstützung bei der Anerkennung von Qualifikationen und Zeugnissen,

           4. Werte- und Orientierungskurse in Kooperation mit dem Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF),

           5. Berufsorientierungs- und Bewerbungstraining,

           6. Arbeitsvorbereitungsmaßnahmen,

           7. Arbeitstrainings, die nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses absolviert werden, im Interesse des Gemeinwohls (im Sinne einer gemeinnützigen Tätigkeit) liegen und zugleich der Anwendung und Erweiterung von Kenntnissen und Fertigkeiten dienen, bis zu längstens zwölf Monate dauern können und bei den vom jeweiligen Landeshauptmann/von der jeweiligen Landeshauptfrau gemäß § 4 des Zivildienstgesetzes 1986 – ZDG, BGBl. Nr. 679/1986, anerkannten Trägern absolviert werden können,

           8. sonstige Maßnahmen.

(4) Weisen Personen entsprechende Vorkenntnisse oder Erfahrungen auf, so haben im Sinne des Grundsatzes der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit bestimmte Maßnahmen im Rahmen von Modulen gemäß Abs. 3 zu entfallen, wenn dadurch eine zügige und nachhaltige Eingliederung in den Arbeitsmarkt gefördert wird. Während der Teilnahme am freiwilligen Integrationsjahr gemäß Abschnitt 4a des Freiwilligengesetzes – FreiwG, BGBl. I Nr. 17/2012, besteht keine Verpflichtung zur Teilnahme an Maßnahmen im Rahmen des Integrationsjahres gemäß § 3. Die Absolvierung eines freiwilligen Integrationsjahres nach Abschluss des Integrationsjahres gemäß § 3 ist zulässig.

Übertragung von Aufgaben

§ 6. (1) Das AMS kann, soweit dies zweckmäßig ist, Aufgaben im Sinne des § 30 Abs. 3 und Dienstleistungen im Sinne des § 32 Abs. 3 des Arbeitsmarktservicegesetzes – AMSG, BGBl. Nr. 313/1994, vertraglich an dafür geeignete Einrichtungen übertragen und Förderungen insbesondere für das Arbeitstraining gemäß § 5 Abs. 3 Z 7 vorsehen.

(2) Das AMS kann die Durchführung einzelner Maßnahmen, die Koordinierung zu absolvierender Maßnahmen sowie die Festlegung der Module und der Dokumentation in einer Integrationskarte an eine oder mehrere geeignete Einrichtungen übertragen. Die Übertragung kann nach regionalen oder sonstigen zweckmäßigen Gesichtspunkten gegliedert werden.

Datenübermittlung und – verarbeitung

§ 7. (1) Das AMS ist ermächtigt, von ihm verarbeitete Daten an den ÖIF zu übermitteln, soweit diese Daten für die Vollziehung der dem ÖIF in diesem Gesetz übertragenen Aufgaben, insbesondere gemäß § 5 Abs. 3 Z 4, erforderlich sind. Der ÖIF ist ermächtigt, von ihm verarbeitete Daten an das AMS zu übermitteln, soweit diese Daten für die Vollziehung der dem AMS in diesem Gesetz übertragenen Aufgaben eine wesentliche Voraussetzung bilden.

(2) Das AMS darf die ihm gemäß § 8 des Grundversorgungsgesetzes – Bund 2005 – GVG-B 2005, BGBl. Nr. 405/1991 für die Zielgruppe (§ 2) übermittelten Daten sowie Daten gemäß § 25 AMSG zur Zielgruppe verarbeiten, soweit dies für die Vollziehung dieses Bundesgesetzes erforderlich ist, und diese auch für andere gesetzliche Aufgabenbereiche, die dem AMS zur Besorgung übertragen wurden, verwenden und verarbeiten. Hinsichtlich der Verwendung der Daten ist § 25 AMSG entsprechend anzuwenden.

(3) Das AMS hat die gemäß Abs. 1 und 2 verarbeiteten Daten drei Jahre nach Ende der Maßnahmen nach diesem Bundesgesetz zu löschen, soweit sie nicht noch für andere gesetzlich übertragene Aufgaben oder in einem anhängigen Verfahren benötigt werden.

Richtlinie

§ 8. (1) Der Verwaltungsrat des AMS hat eine Richtlinie zu erlassen, in der die Eingliederung von Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten in den Arbeitsmarkt sowie die Vorbereitung der Arbeitsmarktintegration von AsylwerberInnen, bei denen die Zuerkennung des internationalen Schutzes sehr wahrscheinlich ist, im Rahmen des Integrationsjahres geregelt werden.

(2) Die Richtlinie hat insbesondere auch die Voraussetzungen für den Erhalt einer Beihilfe zur Deckung des Lebensunterhaltes gemäß den §§ 35 bis 37 AMSG für Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte vorzusehen. Es ist sicherzustellen, dass es zu keiner Doppelversorgung mit Beihilfen des AMS und Leistungen aus der Sozialhilfe oder der bedarfsorientierten Mindestsicherung kommt.

Verweisungen

§ 9. Soweit in diesem Bundesgesetz auf andere Bundesgesetze verwiesen wird, sind diese in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden.

Vollziehung

§ 10. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist hinsichtlich des § 5 Abs. 3 Z 4 und des § 7 Abs. 1 zweiter Satz der Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres und hinsichtlich der übrigen Bestimmungen der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betraut.

Inkrafttreten

§ 11. Dieses Bundesgesetz tritt betreffend Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte mit 1. September 2017 und betreffend AsylwerberInnen mit 1. Jänner 2018 in Kraft. Vorbereitungshandlungen zur Durchführung dieses Bundesgesetzes, einschließlich des Abschlusses entsprechender Vereinbarungen und Verträge, können bereits ab dem Tag nach der Kundmachung dieses Bundesgesetzes erfolgen.

Artikel 2

Änderung des Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetzes

Das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz – AMPFG, BGBl. Nr. 315/1994, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 32/2017, wird wie folgt geändert:

1. Im § 1 Abs. 2 entfällt in der Z 16 das Wort „und“; die Z 17 erhält die Ziffernbezeichnung „18.“ und nach der Z 16 wird folgende Z 17 eingefügt:

       „17. für Ausgaben nach dem Integrationsjahrgesetz (IJG), BGBl. I Nr. xxx/2017, und“

2. § 10 wird folgender Abs. 64 angefügt:

„(64) § 1 Abs. 2 und § 13 Abs. 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2017 treten mit 1. September 2017 in Kraft.“

3. § 13 wird folgender Abs. 3 angefügt:

„(3) Ausgaben zur Eingliederung von arbeitsfähigen Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten sowie von Personen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit den Status des/der Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten erhalten werden, in den Arbeitsmarkt im Rahmen eines Integrationsjahres nach dem IJG (§ 1 Abs. 2 Z 17) sind zusätzlich zu den gemäß Abs. 2 bedeckbaren Ausgaben in den Jahren 2017 und 2018 jeweils bis zu einer Obergrenze von 100 Mio. € jährlich wie Ausgaben nach dem AlVG zu behandeln.“