1608 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

Volksbegehren

„Gegen TTIP / CETA“

1.

Die Unterstützer dieses Volksbegehrens haben die Einleitung eines Verfahrens für ein Volksbegehren mit folgendem Wortlaut beantragt:

„Gegen TTIP / CETA

Der Nationalrat möge ein Bundesverfassungsgesetz beschließen, das Österreichischen Organen untersagt, die Handelsabkommen mit den USA (TTIP) und Kanada (CETA) oder das plurilaterale Dienstleistungsabkommen (TiSA) zu unterzeichnen, zu genehmigen oder abzuschließen.

 

Begründung:

 

Handels- und Investitionsabkommen hatten immer schon direkte Auswirkungen auf das alltägliche Leben der einzelnen BürgerInnen, ArbeitnehmerInnen und KonsumentInnen. Das Ausmaß dieser Auswirkungen ist vom jeweiligen Partnerstaat oder Staatengemeinschaft sowie vom Umfang der Handelsbeziehungen abhängig. Weiters von den Prozessen des Zustandekommens. Dabei steht Offenheit und Transparenz im Mittelpunkt.

Trotzdem führt die Europäische Kommission entsprechende Verhandlungen hinter verschlossenen Türen. Gewerkschaften und VertreterInnen der nationalen Politik wurden hingegen weder an Verhandlungen zwischen der EU und den USA zum „Transatlantischen Handels- und Investitionsabkommen (TTIP)“ beteiligt noch beim „Comprehensive Economic and Trade- Abkommen (CETA)“ mit Kanada. Es sind die bisher umfangreichste Vorhaben dieser Art. Das CETA-Abkommen, das dem TTIP-Abkommen mit den USA als Vorbild dienen soll, weist das gleiche Procedere auf. Auch die Verhandlungen mit Kanada werden hinter verschlossenen Türen geführt.

Aufgrund des großen Handelsvolumens zwischen der EU und den USA würde dieses TTIP-Abkommen die weltgrößte Freihandelszone schaffen. Gleichzeitig würde das Abkommen nicht nur traditionelle Marktzugangsvorschriften, sondern auch lnvestitionsschutz, Dienstleistungen, öffentliche Auftragsvergabe, nichttarifäre Handelshemmnisse und handelsbezogene Regelungen umfassen.

Ein besonders heikles Kapitel des geplanten Abkommens ist das sogenannte „Investor-Staat-Streitbeilegungsverfahren (ISDS)“. ISDS bietet ausländischen InvestorInnen die Möglichkeit, Staaten, in denen sie investiert haben, bei internationalen, aber geheimen Schiedsgerichten zu klagen. Damit können sie juristisch gegen jene Gesetze und Verordnungen vorgehen, die zuvor von souveränen Staaten beschlossen worden sind, aber nun aus Sicht der InvestorInnen den Erfolg ihrer Investitionen (oder bloß die Gewinnaussichten) gefährden.

Auf diese Art und Weise werden die Möglichkeiten von Demokratien beschnitten, wichtige Anliegen der Bevölkerung, wie etwa ArbeitnehmerInnenrechte, Gesundheits- und Umweltschutz oder Menschenrechte ausreichend zu schützen.

Die Modellberechnungen des Centre of Economic Policy Research (CEPR) für die Europäische Kommission, welche kleine positive Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum prognostizieren, rechnen in ihrer Untersuchung damit, dass 430.000 bis 1,1 Millionen Personen in der EU temporäre Arbeitsplatzverluste aufgrund der TTIP erfahren. Die damit einhergehenden Anpassungskosten wie z.B. Arbeitslosenunterstützung werden in den Studien über die Effekte der TTIP ignoriert.

Österreich steht dem Thema Fracking sehr skeptisch gegenüber und macht sich für ein Verbot dieser schmutzigen Fördermethode von Schiefergas stark. Bei Fracking geht es überdies um die hochriskante Gewinnung fossiler Brennstoffe - das glatte Gegenteil von Österreichs Bemühungen in Richtung Energiewende, bei der auf erneuerbare Energien gesetzt wird. TTIP könnte Energieriesen die Chance bieten, die schmutzige Fördermethode Fracking zu erzwingen. So gäbe es durch die Sonderklagsrechte die Möglichkeit, gegen ein allfälliges Fracking-Verbot zu klagen - und zwar vorbei an öffentlichen Gerichten bei einer Paralleljustiz.

Nach dem TiSA-Abkommen wären wichtige Maßnahmen zur Regulierung und Stabilisierung der Finanzmärkte künftig nur erlaubt, wenn sie nicht den Vorgaben von TiSA widersprechen. Hypogesetz, die Sanierungs- und Abwicklungsmaßnahmen nach dem neuen Bankensanierungsgesetz und alle anderen Maßnahmen, die verhindern sollen, dass die SteuerzahlerInnen wieder für die Verluste von Banken gerade stehen müssen, wären künftig nicht mehr umsetzbar.

Das aktuellste Beispiel, wohin ein Sonderklagsrecht für Konzerne führen kann, ist die Meinl-Bank, die Klage gegen die Republik Österreich eingereicht hat. Österreich wird von Meinl vor ein Schiedsgericht gezerrt und auf 200 Millionen Euro geklagt, weil die Republik ihrer Pflicht nachgeht und wegen Untreue und Abgabenhinterziehung ermittelt. Hintergrund ist die angekündigte Anklage gegen den Banker Julius Meinl V. und weitere Bank-Verantwortliche, die von der Staatsanwaltschaft Wien in einem Vorhabensbericht und auch vom Weisenrat des Justizministeriums gefordert wird. De facto klagt Julius Meinl die Republik auf 200 Mio. Euro, weil das der Schaden sei, der durch die seit sieben Jahren andauernden Ermittlungen wegen einer Reihe von vermuteten Vergehen im Zusammenhang mit Meinl European Land, wie etwa Untreue, Betrug oder Abgabenhinterziehung, „angerichtet“ worden sei. Die Eigentümerin der Meinl Bank, die Beleggingsmaatschappij Far East B.V., stützt sich dabei auf ein Investitionsschutzabkommen mit Malta, wohin sie kürzlich übersiedelt ist.

Die EU-Kommission plant die Etablierung eines „Regulierungsrates“, in dem EU- und US-Behörden mit Konzern-Lobbyisten zusammenarbeiten, um Regulierungsmaßnahmen zu diskutieren und gegebenenfalls Standards zu lockern, lange bevor Parlamente diese Vorschläge zu sehen bekommen.

Das Abkommen soll als „lebendes Abkommen“ verabschiedet werden, was nichts anderes bedeutet, als dass sich die Verhandlungspartner auf ein allgemeines Rahmenabkommen einigen und die Details (z.B. Absenkung der Standards) dann in einem Ausschuss (im Nachhinein) weiterverhandeln. All dies geschieht am Europaparlament vorbei und entzieht sich dadurch jeglicher demokratischen Kontrolle.

Die Abkommen enthalten sowohl die Standstill- (Stillstand) wie auch die Ratchetklausel (Sperrklinke). Die Stillstandsklausel legt fest, dass nach Einigung auf einen Status der Liberalisierung dieser nie wieder aufgehoben werden darf. Die Sperrklinkenklausel besagt, dass zukünftige Liberalisierungen eines Sektors automatisch zu neuen Vertragsverpflichtungen werden. Ein staatliches Unternehmen (wie etwa die Stadtwerke), das einmal von einem privaten Investor gekauft wurde, könnte so niemals wieder rekommunalisiert werden.

Internationale Konzerne sind in Europa bereits sehr mächtig und viele nationale Regierungen können diesen oft nur wenig entgegensetzen. Den Konzernen nun auch noch zusätzliche Rechte einzuräumen, ist der falsche Weg. Die Menschen erwarten zu Recht, dass wir unsere hohen Standards schützen.

Angesichts dieser Kritik ist es daher notwendig, dass vor einer rechtlich verbindlichen Unterzeichnung dieser Abkommen durch die EU die geäußerte Kritik jedenfalls ausreichend berücksichtigt werden muss und, wo notwendig, auch noch Änderungen am Vertragstext vorgenommen werden. Vor allem aber die gravierende Intransparenz bezüglich der Ergebnisse bzw. der einzelnen Verhandlungspunkte macht es derzeit unmöglich, den Freihandelsabkommen TTIP und CETA sowie dem Abkommen über den Dienstleistungshandel TiSA in dieser Form zuzustimmen.“


 

2.

Als Bevollmächtigte wurden gemäß § 3 Abs. 3 des Volksbegehrengesetzes 1973 namhaft gemacht:

 

 

Vor-, Familien- oder Nachname

Beruf

Adresse

Bevollmächtigte(r)

Herbert Thumpser

Politiker

PerlmooserAu 2b

3160 Traisen

1. Stellvertreter(in)

Heidemarie Edelmaier

Angest.

Albert-Schweitzer-G. 8/2

3160 Traisen

2. Stellvertreter(in)

Alfred Streicher

Beamter

Vivenotstr. 38/9

3180 Lilienfeld

3. Stellvertreter(in)

Wolfgang Schädl

Angest.

Gölsensiedlung 20

3160 Traisen

4. Stellvertreter(in)

Karl Slama

Angest.

Hainfelder Str. 60/4

3160 Traisen

 

3.

Die auf der Amtstafel des Bundesministeriums für Inneres sowie im Internet am 1. März 2017 kundgemachte Ermittlung und Feststellung der Bundeswahlbehörde, es läge ein Volksbegehren im Sinn des Art. 41 Abs. 2 B-VG vor, wurde gemäߧ 18 Abs. 1 des Volksbegehrengesetzes 1973 innerhalb der vorgesehenen Frist von vier Wochen nach dem Tag der Verlautbarung von dem in Betracht kommenden Personenkreis nicht angefochten.

 

Bundeswahlbehörde

GZ.: BMI-WA1120/0013-III/6/2017                                                                 Wien, am 01. März 2017

 

Volksbegehren „Gegen TTIP / CETA“

Gemäß § 16 des Volksbegehrengesetzes 1973, BGBl. Nr. 344, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz, BGBl. I Nr. 120/2016, hat die Bundeswahlbehörde in ihrer Sitzung vom 1. März 2017 aufgrund der Berichte der Bezirkswahlbehörden folgendes Ergebnis der Eintragungen für das Volksbegehren „Gegen TTIP / CETA“ ermittelt:

 

Gebiet

Stimm-

berechtigte

Anzahl der gültigen

Eintragungen

(inkl. Unterstützungserklärungen)

Stimm-beteiligung in %

Burgenland

231.484

30.346

13,11

Kärnten

435.223

35.162

8,08

Niederösterreich

1.280.138

154.326

12,06

Oberösterreich

1.093.233

114.934

10,51

Salzburg

389.987

42.011

10,77

Steiermark

961.767

68.892

7,16

Tirol

536.564

30.340

5,65

Vorarlberg

267.412

15.937

5,96

Wien

1.141.425

70.431

6,17

Österreich

6.337.233

562.379

8,87

Da somit mehr als 100.000 gültige Eintragungen von Stimmberechtigten ermittelt worden sind, hat die Bundeswahlbehörde festgestellt, dass ein Volksbegehren im Sinn des Art. 41 Abs. 2 B‑VG vorliegt.

 

Der Stellvertreter des Bundeswahlleiters:

 

SC Mag. Dr. Mathias Vogl

4.

Ergebnis inklusive Unterstützungserklärungen

 

Gebiet

Stimm-berechtigte

Unterstützungs-erklärungen

+ gültige

Eintragungen

Stimmbeteiligung inklusive

Unterstützungs-erklärungen

gültige

Eintragungen

Stimm-beteiligung

in %

Burgenland

231.484

30.346

13,11%

27.250

11,77%

Kärnten

435.223

35.162

8,08%

34.457

7,92%

Niederösterreich

1.280.138

154.326

12,06%

134.084

10,47%

Oberösterreich

1.093.233

114.934

10,51%

108.982

9,97%

Salzburg

389.987

42.011

10,77%

39.854

10,22%

Steiermark

961.767

68.892

7,16%

65.420

6,80%

Tirol

536.564

30.340

5,65%

29.374

5,47%

Vorarlberg

267.412

15.937

5,96%

14.437

5,40%

Wien

1.141.425

70.431

6,17%

68.667

6,02%

Österreich

6.337.233

562.379

8,87%

522.525

8,25%