1703 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

Bericht

des Außenpolitischen Ausschusses

über den Antrag 2248/A(E) der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Dr. Reinhold Lopatka, Kolleginnen und Kollegen betreffend drohender Völkermord und Hungersnot im Südsudan

Die Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Dr. Reinhold Lopatka, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 07. Juni 2017 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Im Südsudan wird seit Dezember 2013 ein bewaffneter innerstaatlicher Konflikt ausgetragen, der bereits zehntausende Menschenleben gefordert hat. Mindestens 3,5 Mio. Menschen wurden aus ihrer Heimat vertrieben, ca. 2 Mio. leben als Binnenflüchtlinge, über 1,5 Mio. haben in den Nachbarländern Zuflucht gefunden.

Nachdem der Konflikt im Sommer 2015 kurzfristig durch ein Friedensabkommen befriedet werden konnte, brachen die Kämpfe im Juli 2016 wieder aus und haben seitdem erneut weite Teile des Landes erfasst.

Am 16. Dezember 2016 verabschiedete der UN-Sicherheitsrat Resolution 2327 (2016) zur Verlängerung und Vergrößerung der UNMISS-Mission. In der Resolution äußerte sich der Sicherheitsrat beunruhigt darüber, dass sich der ursprünglich politisch begründete Konflikt zunehmend zu einem ethnischen Krieg zu entwickeln droht und forderte alle Konfliktparteien dazu auf, sich an das unterzeichnete Friedensabkommen zu halten. Die Abstimmung über einen weiteren Resolutionsentwurf, der ein Waffenembargo, das Einfrieren von Vermögenswerten und die Einschränkung der Reisfreiheit wichtiger Akteure in dem Konflikt vorsah, fand aufgrund zu vieler Enthaltungen nicht die benötigte Mehrheit von 9 Stimmen im VN-Sicherheitsrat.

Im März 2017 konstatierte die UN-Menschenrechtskommission in ihrem Bericht zur Situation im Südsudan die Zunahme schwerster Menschenrechtsverletzungen und gegen ethnische Gruppen gerichtete Gewalt. Es fände keine Unterscheidung mehr zwischen KämpferInnen und Zivilbevölkerung statt. Menschen würden aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit systematisch Ziel von willkürlicher Inhaftierung, sexueller Gewalt, Folter und Tötungen. Mit der Entmenschlichung des Gegenübers durch Hassreden, dem Niederbrennen ganzer Dörfer und gewaltsamen Vertreibungen seien weitere wichtige Indikatoren für einen Genozid erfüllt. Auch der Sonderberater des UN-Generalsekretärs für die Verhütung von Völkermord Adama Dieng und der UN-Koordinator der humanitären Hilfe im Südsudan, Eugene Owusu, warnen aufgrund der zunehmend ethnisch motivierten Gewalt vor dem Potential eines Völkermordes.

Der jahrelange gewaltsame Konflikt und die Vertreibung von bis zu 3,5 Mio. Menschen aus ihrer Heimat haben im Zusammenspiel mit einer langen Dürreperiode dazu geführt, dass der Südsudan heute unter einer extremen Nahrungsmittelknappheit leidet, weil Ernten ausfallen und selbst in fruchtbaren Regionen die Felder brachliegen.

Im Februar haben die Vereinten Nationen bereits für zwei Regionen des Bundestaates Unity eine Hungersnot ausrufen müssen. Das bedeutet, dass dort 100.000 Menschen unmittelbar vom Hungertod bedroht sind und bereits Menschen täglich wegen mangelnder Ernährung sterben. Der Landesdirektor der Welthungerhilfe, Stefano Temporin, geht davon aus, dass sich die Hungersnot auf weite Teile des Südsudans ausweiten wird, wenn nicht rechtzeitig gehandelt werde. In einer gemeinsamen Stellungnahme erklärten das WFP, die FAO und UNICEF im Februar, dass im gesamten Südsudan bereits fast 5 Mio. Menschen auf Nahrungsmittelhilfen angewiesen sind. Darunter befinden sich laut UNICEF 1 Mio. Kinder, 250.000 davon seien schwer mangelernährt. Die Zahl der auf Nahrungsmittelhilfen Angewiesenen könne bis zum Sommer auf 5,5 Mio. und somit auf knapp die Hälfte der südsudanesischen Bevölkerung ansteigen.

Die internationale Hilfe kommt jedoch nur zögerlich in Gang. Die Vereinten Nationen rechnen mit 1,6 Mrd. Euro, die benötigt werden, um die Hungerkrise im Südsudan in diesem Jahr wirksam bekämpfen zu können. Bis April waren jedoch lediglich ein Viertel der Gelder zusammengekommen. Österreich hat im März dem IKRK 1,5 Mio. Euro aus dem Auslandskatastrophenfonds für die Hilfe im Südsudan zur Verfügung gestellt.

Für die Arbeit der Hilfsorganisationen kommt erschwerend hinzu, dass viele Krisengebiete im Südsudan nur schwer zu erreichen sind und die Sicherheit der HelferInnen nicht gewährleistet ist. Es kommt immer wieder zu Angriffen und Vergewaltigungen. Seit 2013 sind bereits 83 HelferInnen bei Einsätzen ums Leben gekommen. Auch die Arbeit der UNMISS-Mission, die eigentlich sichere Bedingungen für humanitäre Hilfsleistungen schaffen soll, wird sowohl von der südsudanesischen Regierung als auch von der bewaffneten Opposition vielfach behindert und eingeschränkt. Sie kann sich entgegen den getroffenen Vereinbarungen nicht frei im Südsudan bewegen, Mitarbeiter der Mission wurden attackiert, kritischem Personal wurde die Aufenthaltserlaubnis entzogen.

Am 16. Juli 2016 beschlossen die ostafrikanischen Mitgliedstaaten der Intergovernmental Authority on Development (IGAD), die Kommission der AU, China, die EU, Norwegen, Großbritannien und die USA (IGAD-Plus) eine regionale Schutztruppe zur Stärkung von UNMISS in der Hauptstadt Juba zu entsenden. Seither hat die südsudanesische Regierung, deren Zustimmung benötigt wird, die Entsendung mehrfach zunächst gebilligt und dann wieder abgelehnt, so dass die Schutztruppe bis heute nicht zum Einsatz gekommen ist.

Die UN-Menschenrechtskommission für den Südsudan hat Vorschläge erarbeitet, wie die Situation im Südsudan verbessert werden kann. Der UN-Sicherheitsrat hat diese Vorschläge in seiner Resolution 2327 vom 16. Dezember 2016 zum Teil übernommen.

Im September 2015 ermächtigte der Friedens- und Sicherheitsrat der Afrikanischen Union die Kommission der Afrikanischen Union, das im Friedensabkommen vorgesehene Hybridgericht für den Südsudan einzurichten, um Personen mit strafrechtlicher Verantwortlichkeit für Verletzungen des Völkerrechts und / oder anwendbare südsudanesische Gesetze zu untersuchen und zu verfolgen. Es zeichnet sich trotz laufender Bemühungen jedoch noch nicht ab, wann der Gerichtshof oder ein Beweissicherungsmechanismus ihre Arbeit aufnehmen werden können.

Der VN-Menschenrechtsrat behandelte bei seiner 34. Sitzung im März 2017 den Bericht der Untersuchungskommission und verabschiedete am 24. März 2017 ohne Abstimmung die von Österreich und der EU miteingebrachte Resolution 34/25, die unter anderem das Mandat der Untersuchungskommission um ein weiteres Jahr verlängerte.“

 

Der Außenpolitische Ausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 13. Juni 2017 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Dr. Harald Troch, Tanja Windbüchler-Souschill und Dr. Johannes Hübner.

 

Bei der Abstimmung wurde der gegenständliche Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag.a Christine Muttonen, Dr. Reinhold Lopatka, Kolleginnen und Kollegen einstimmig beschlossen.

 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Außenpolitische Ausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle die angeschlossene Entschließung annehmen.

Wien, 2017 06 13

                                Dr. Harald Troch                                                                  Dr. Josef Cap

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann