1732 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

Bericht

des Finanzausschusses

über die Regierungsvorlage (1670 der Beilagen): Mehrseitiges Übereinkommen zur Umsetzung steuerabkommensbezogener Maßnahmen zur Verhinderung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung

Das Mehrseitige Übereinkommen zur Umsetzung steuerabkommensbezogener Maßnahmen zur Verhinderung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (Multilateral Convention to Implement Tax Treaty-Related Measures to Prevent Base Erosion and Profit Shifting, in Folge: „MLI“) hat gesetzändernden Inhalt und bedarf daher der Genehmigung durch den Nationalrat gemäß Artikel 50 Abs. 1 Z 1 B-VG. Das MLI hat nicht politischen Charakter. Es ist nicht erforderlich, eine unmittelbare Anwendung des Abkommens im innerstaatlichen Rechtsbereich durch einen Beschluss gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z 3 B-VG, dass dieser Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist, auszuschließen. Da durch das Abkommen Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, bedarf es überdies der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z 2 B-VG.

Das MLI dient der Umsetzung des Base Erosion and Profit Shifting (in Folge: „BEPS“) Aktionsplans in die Doppelbesteuerungsabkommen der teilnehmenden Staaten. Der Begriff „BEPS“ bezeichnet dabei Maßnahmen der aggressiven internationalen Steuerplanung, durch die Gewinne künstlich an Orte verlagert werden, an denen sie nicht oder niedrig besteuert werden. Daher zielt der BEPS-Aktionsplan der OECD/G20-Staaten darauf ab, sicherzustellen, dass Gewinne an dem Ort besteuert werden, an dem die tatsächliche wirtschaftliche Tätigkeit, durch die sie erzielt werden, ausgeübt wird und an dem die Wertschöpfung stattfindet. Damit soll letztlich der Verlust von Unternehmenssteuereinnahmen – laut Schätzungen der OECD betragen diese weltweit zwischen 100 und 240 Milliarden USD pro Jahr – verhindert werden.

Das MLI umfasst insbesondere Maßnahmen der BEPS-Aktionspunkte 2 (Hybride Gestaltungen), 6 (Verhinderung von Abkommensmissbrauch), 7 (Verhinderung der künstlichen Umgehung des Status als Betriebstätte) sowie 14 (Streitbeilegungsmechanismen). Das MLI ermöglicht eine rasche, international abgestimmte und einheitliche Umsetzung der steuerabkommensbezogenen BEPS-Maßnahmen in einem multilateralen Zusammenhang. Durch die Unterzeichnung des MLI können gleichzeitig alle Abkommen eines Staats, welche der Anwendung des MLI unterliegen, modifiziert werden. Somit ist eine zeitgleiche und effiziente Anpassung der Doppelbesteuerungsabkommen möglich, ohne umfangreiche Ressourcen für bilaterale Neuverhandlungen der einzelnen Doppelbesteuerungsabkommen zu beanspruchen.

Das MLI beinhaltet zum einen Bestimmungen, die den BEPS Mindeststandard darstellen und daher verpflichtend in die zu revidierenden Doppelbesteuerungsabkommen aufzunehmen sind. Zum anderen enthält das MLI zusätzliche, optionale und alternative Bestimmungen. Der Mindeststandard wurde vereinbart, um in besonders sensiblen Bereichen die Umsetzung der BEPS-Maßnahmen sicherzustellen. Eine Umsetzung der vereinbarten Maßnahmen in diesen Bereichen nur durch einige Staaten könnte negative Auswirkungen auf ihre Wettbewerbsfähigkeit haben. Um einheitliche Wettbewerbsbedingungen zwischen den Staaten herzustellen, haben sich alle OECD/G20-Länder daher verpflichtet, die Maßnahmen betreffend Treaty Shopping, Abkommensmissbrauch und Streitbeilegung einheitlich umzusetzen. Daneben beinhaltet das MLI eine größere Zahl an optionalen sowie alternativen Bestimmungen, welche die Staaten freiwillig und zum Teil auch einseitig in das Doppelbesteuerungsabkommen aufnehmen können, um Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung zu vermeiden. Die jeweiligen Positionen Österreichs in Bezug auf diese Optionen und Alternativen kommen in den österreichischen Vorbehalten und Notifikationen zum MLI zum Ausdruck.

Das MLI wurde als Teil des Aktionspunkts 15 des BEPS-Aktionsplans der OECD/G20 im Rahmen einer Ad Hoc Arbeitsgruppe – bestehend aus 99 Ländern, darunter auch Österreich – ausgearbeitet. Der Text wurde am 24. November 2016 finalisiert. Diese Arbeitsgruppe wurde vom Fiskalkomitee der OECD einberufen, basierend auf dem im Februar 2015 erteilten Mandat der am BEPS-Aktionsplan teilnehmenden Länder. Als Ausgangspunkt für das MLI diente der am 5. Oktober 2015 veröffentlichte Abschlussbericht für den Aktionspunkt 15.

Durch die Unterzeichnung des MLI trägt Österreich somit den jüngsten Arbeiten auf Ebene der OECD/G20 zur Bekämpfung von BEPS Rechnung und stellt sicher, dass österreichische Doppelbesteuerungsabkommen dem neuesten Stand des internationalen Steuerrechts entsprechen. Zugleich erfordert der Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen Österreichs zu seinen Vertragspartnern die Vermeidung internationaler Doppelbesteuerung durch den neuesten Entwicklungen im internationalen Steuerrecht entsprechende Doppelbesteuerungsabkommen. Es soll damit auch der Standort Österreich für den weiteren Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen gestärkt werden. Gleichzeitig wird durch die Vermeidung von BEPS das österreichische Steueraufkommen gesichert.

Das MLI führt eine Modifikation der zugrundeliegenden Doppelbesteuerungsabkommen der unterzeichnenden Staaten herbei. Durch das MLI kann ein Doppelbesteuerungsabkommen aber letztlich nur insoweit modifiziert werden, als die Vorbehalte und Notifikationen der Republik Österreich mit jenen eines Doppelbesteuerungsabkommenspartners übereinstimmen. Dies gilt nicht nur in inhaltlicher Hinsicht. Vielmehr ist auch die Anwendung des Multilateralen Übereinkommens davon abhängig, dass die jeweiligen Parteien des MLI im Hinblick auf ein bestimmtes Doppelbesteuerungsabkommen beidseitig eine Änderung dieses Abkommens wünschen und dies entsprechend erklären. Das MLI ist zugleich ein flexibles Instrument, weil mit späteren Änderungen der Vorbehalte und Notifikationen der teilnehmenden Staaten Modifikationen der jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen einhergehen. Die von Österreich gewählte Vorgehensweise ist in den Vorbehalten und Notifikationen der Republik Österreich dargestellt. Die Auswirkungen der gewählten Vorgangsweise im Lichte der einzelnen Bestimmungen des MLI werden im Besonderen Teil erläutert.

Mit dem Inkrafttreten bzw. Wirksamwerden des Staatsvertrags werden keine wesentlichen finanziellen und keine personellen Wirkungen verbunden sein. Höhere Aufwendungen sind lediglich im Bereich der Schiedsverfahren zu erwarten. Aus Erfahrungswerten der Vergangenheit heraus wird mit drei zusätzlichen Verfahren bis 2020 gerechnet, wodurch Aufwendungen von insgesamt € 45.000 Euro für den Bund entstehen würden.

 

Der Finanzausschuss hat den gegenständlichen Staatsvertrag in seiner Sitzung am 21. Juni 2017 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen des Berichterstatters Abgeordneten Kai Jan Krainer die Abgeordneten Mag. Andreas Hanger, Mag. Bruno Rossmann, MMag. DDr. Hubert Fuchs sowie der Bundesminister für Finanzen Dr. Johann Georg Schelling.

 

Bei der Abstimmung wurde einstimmig beschlossen, dem Nationalrat die Genehmigung des Abschlusses dieses Staatsvertrages zu empfehlen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Finanzausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:

Der Abschluss des Staatsvertrages: Mehrseitiges Übereinkommen zur Umsetzung steuerabkommensbezogener Maßnahmen zur Verhinderung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (1670 der Beilagen) wird gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG genehmigt.

Wien, 2017 06 21

                                 Kai Jan Krainer                                                         Ing. Mag. Werner Groiß

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann