1741 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

Bericht

des Justizausschusses

über die Regierungsvorlage (1588 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem die Insolvenzordnung, das Gerichtsgebührengesetz, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz und die Exekutionsordnung geändert werden (Insolvenzrechtsänderungsgesetz 2017 – IRÄG 2017)

Das Vorhaben umfasst hauptsächlich folgende Maßnahmen:

-       Verkürzung des Abschöpfungsverfahrens

-       Entfall der Mindestquote im Abschöpfungsverfahren

-       Entfall der Verpflichtung zum Versuch eines außergerichtlichen Ausgleichs, um eine Eröffnung eines Insolvenzverfahrens auch bei Fehlen eines kostendeckenden Vermögens zu erreichen

-       Einführung von Begleitregelungen zur Verordnung (EU) Nr. 848/2015 über Insolvenzverfahren (im Folgenden: EuInsVO), ABl. Nr. 141 vom 5.6.2015 S. 19, in der Fassung der Berichtigung ABl. Nr. L 349 vom 21.12.2016 S. 6, als Neufassung der Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über Insolvenzverfahren, ABl. Nr. L 160 vom 30.6.2000 S. 1.

-       Die EuInsVO erfordert auch eine Anpassung der Bestimmungen über das internationale Insolvenzrecht jenseits der EuInsVO, um die derzeitige Rechtslage beizubehalten. Das lässt es als geboten erscheinen, Bestimmungen der IO an die Regelungen der EuInsVO anzupassen oder den Anwendungsbereich der EuInsVO auf Fälle ohne Auslandsbezug auszudehnen, um Wertungswidersprüche zu vermeiden.

-       Die Mindestentlohnung des Insolvenzverwalters wird erhöht.

-       Es werden Verfahrensvereinfachungen für die Zustellung an unvertretene Kapitalgesellschaften vorgesehen.

-       Hinsichtlich des Beschlusses über die Ablehnung der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer juristischen Person wegen Vermögenslosigkeit wird festgelegt, dass der Beschluss öffentlich bekanntzumachen ist.

-       Klarstellung, dass bevorrechteten Gläubigerschutzverbänden bei Aufhebung des Insolvenzverfahrens mit Einverständnis der Gläubiger eine Belohnung gebührt.

-       Zur örtlichen Zuständigkeit wird klargestellt, dass der Zeitpunkt der Antragstellung für die Beurteilung der Zuständigkeit maßgebend ist. Im Bereich der sachlichen Zuständigkeit wird normiert, dass der Insolvenzantrag an das sachlich zuständige Gericht zu überweisen ist, wenn die Voraussetzungen für das Schuldenregulierungsverfahren nicht vorliegen.

-       Klarstellung, dass die Frist für die Einbringung der Anfechtungsklage einvernehmlich verlängert werden kann.

 

Der Justizausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seinen Sitzungen am 30. März 2017 und am 21. Juni 2017 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneter Ing. Mag. Werner Groiß die Abgeordneten Hermann Brückl, Angela Lueger, Dr. Nikolaus Scherak, Mag. Albert Steinhauser, Christoph Hagen und Dr. Johannes Jarolim sowie die Ausschussobfrau Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker.

 

Der Verhandlungsgegenstand wurde einer Ausschussbegutachtung gemäß § 40 Abs. 1 GOG-NR unterzogen. Die eingelangten Stellungnahmen wurden auf der Homepage des Parlaments veröffentlicht.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker und Dr. Johannes Jarolim einen Abänderungsantrag eingebracht. Dieser Abänderungsantrag war wie folgt begründet:

„Zu Z 1 (§ 198 Abs. 1 IO):

Es handelt sich um eine rein formale Richtigstellung, um eine aus einer Ziffer bestehende Aufzählung zu vermeiden.

Zu Z 2 (§ 199 Abs. 2 IO):

Die in der RV vorgesehene Verkürzung der Dauer des Abschöpfungsverfahrens auf drei Jahre soll auf fünf Jahre verlängert werden.

Zu Z 3 (§ 201 Abs. 1 IO):

Aufgrund sprachlich-grammatikalischer Unklarheiten soll die Z 2a des § 201 richtig gestellt werden.

Da eine Restschuldbefreiung nur redlichen Schuldnern offenstehen soll, werden die Einleitungshindernisse um einen weiteren wichtigen Fall erweitert. In Abs. 1 Z 2b wird ein Sondertatbestand für Organe juristischer Personen und von Personengesellschaften vorgesehen. Insolvenzverfahren über das Vermögen solcher Personen sind vielfach schwer abwickelbar, weil vertretungsbefugte Organe die sie treffenden Mitwirkungs- und Auskunftspflichten nicht erfüllen. Haben vertretungsbefugte Organe ihre Pflichten in diesem Verfahren verletzt, soll ihnen der Eintritt in ein Abschöpfungsverfahren verwehrt sein. Die Verletzung muss vorsätzlich oder grob fahrlässig erfolgt sein.

Zur Redlichkeit des Schuldners gehört auch, dass er seiner Insolvenzantragspflicht nachkommt, wie dies in § 69 Abs. 2 vorgesehen ist. Nach dieser Bestimmung hat der Schuldner bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens dieses ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber sechzig Tage nach dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit zu beantragen. Trotz der eminenten Bedeutung, die dieser Verpflichtung zukommt, damit der Ausfall der Gläubiger sich nicht weiter vergrößert oder der Schuldner im Zustand der materiellen Insolvenz neue Verträge abschließt, die er nicht erfüllen kann, soll ein Verstoß gegen die Antragspflicht noch nicht im Rahmen dieses Vorhabens, sondern erst in der Reform des Vollstreckungsrechts verwirklicht werden, in der die Schnittstelle Exekutions- und Insolvenzverfahren geregelt und auch das Vorliegen einer offenkundigen Zahlungsunfähigkeit vom Gericht wahrgenommen und festgestellt werden soll. Ab diesem Zeitpunkt kann die Forderungseintreibung im Exekutionsweg nicht erfolgreich sein. Die offenkundige Zahlungsunfähigkeit soll dem Verpflichteten bekanntzugeben sein; stellt der Schuldner dennoch nicht einen – überfälligen - Insolvenzantrag, so ist es angezeigt, dem Schuldner eine Entschuldung – unabhängig vom Willen der Gläubiger – nicht zukommen zu lassen.

Zu Z 4 (§ 210 Abs. 1 IO):

Dem Schuldner obliegt es nach Abs. 1 Z 2 Vermögen, das er von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht oder durch unentgeltliche Zuwendung erwirbt, herauszugeben. Unklar ist, ob Gewinne aus Glücksspielen unentgeltliche Zuwendungen im Sinne dieser Bestimmung darstellen. Mit der Änderung soll festgelegt werden, dass der Gewinn in einem Glücksspiel von Abs. 1 Z 2 erfasst ist.

Bereits derzeit sieht Abs. 1 Z 5 vor, dass der Schuldner, wenn er ohne Beschäftigung ist, dem Gericht und dem Treuhänder auf Verlangen Auskunft um seine Bemühungen um eine Erwerbstätigkeit zu erteilen hat. Da eine Restschuldbefreiung künftig unabhängig vom Erreichen einer bestimmten Mindestquote nach Ende der Laufzeit der Abtretungserklärung zu erteilen ist, erscheint es sachgerecht, die Obliegenheiten von Schuldnern, die keinen, einen unpfändbaren oder keinen die unpfändbaren Beträge übersteigenden Bezug haben, zu erweitern. In Abs. 1 Z 5a wird daher geregelt, dass der Schuldner dem Treuhänder zu bestimmten Zeitpunkten Auskunft über seine Bemühungen um eine Erwerbstätigkeit zu erteilen hat. Die Zeitpunkte soll das Gericht nach den Umständen des Einzelfalls bestimmen, wobei mindestens einmal im Jahr eine Auskunft über die Bemühungen um eine Erwerbstätigkeit zu erteilen ist. Unterbleibt die Auskunft, so liegt noch keine Obliegenheitsverletzung vor, sondern erst nach erfolglosem Ablauf einer vom Gericht dem Schuldner eingeräumten Nachfrist von zwei Wochen. Durch diese Obliegenheit soll dem Insolvenzgericht und dem Treuhänder ermöglicht werden, das Verhalten des Schuldners ohne eigenen Untersuchungsaufwand zu überwachen und das Kriterium der Redlichkeit in regelmäßigen Abständen zu überprüfen.

Zu Z 5 (§§ 279 und 280 IO):

Um den Gerichten und den Rechtsanwendern eine ausreichende Vorbreitungsphase zu gewähren, sollen die Änderungen des „Privatinsolvenzrechts“ erst mit einer Übergangsphase in Kraft treten. Weiters wurden die Änderungen in der Z 1 (§ 198 IO) und Z 2 (§ 199 IO) berücksichtigt. Bei der Änderung in § 279 Abs. 2 erster Halbsatz handelt es sich um eine rein formale Anpassung, welche mit der Richtigstellung in § 198 Abs. 1 einhergeht. Die Bestimmung des § 280 wird an die Änderung des § 199 Abs. 2 angepasst.

Zu Z 6 (§ 281 IO):

Es handelt sich um eine Klarstellung.

Zu Z 6a und 6b (TP 14 GGG):

Für die Abfrage wird eine Gerichtsgebühr vorgesehen.

Zu Z 7 (Art. VI GGG):

Z 64 ist mittlerweile vergeben. Art. VI soll daher auf die noch nicht vergebene Z 66 richtiggestellt werden.

Zu Z 8 (§§ 427 bis 432 EO):

Mit der Novelle zum Bezirksgerichts-Organisationsgesetz für Wien, BGBl. Nr. 756/1992, wurde die elektronische Einsicht in die Geschäftsbehelfe des Exekutionsverfahrens ermöglicht (§ 73a). Hintergrund dafür waren die Auflassung des Exekutionsgerichts Wien, die Schaffung von Vollbezirksgerichten in Wien und die damit drohende Erschwerung für die Parteien und den Amtsbetrieb. Daher wurde den Parteien die Einsicht in das auf ADV umgestellte Register ohne besondere Förmlichkeit, also auch ohne den Nachweis eines Exekutionstitels oder eines sonstigen rechtlichen Interesses, ermöglicht (siehe JAB 780 BlgNR 18. GP 2). Dies erschien im Hinblick auf den Datenschutz vertretbar, weil die Verzeichnisse, in die computergestützt Einsicht genommen werden konnte, noch keine inhaltlichen Aufschlüsse über die Situation des Schuldners gaben, wohl aber die Suche nach einem bestimmten Schuldner ermöglichten und Identitätsprobleme, vor allem Verwechslungen, vermeiden helfen sollten (vgl. JAB 780 BlgNR 18. GP 2).

Mit dem Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl. Nr. 201/1996, wurde die Einsicht an ein rechtliches Interesse gekoppelt und damit den wegen der Unbeschränktheit der Einsicht geäußerten Bedenken Rechnung getragen. Mit der Zivilverfahrens-Novelle 2004, BGBl. I Nr. 128/2004, wurde schließlich in Anpassung an die Vorgaben des Datenschutzrechts zum Schutz vor Missbrauch die Strafbestimmung des § 403 (nunmehr § 431) eingefügt.

Gehäufte Beschwerden über den vermuteten Abfluss von Daten aus den Geschäftsbehelfen des Exekutionsverfahrens, insbesondere zu Unternehmen, die auf dieser Basis Bonitätsauskünfte erteilten, führten zur Aufhebung des § 73a mit 1. April 2009 durch die Zivilverfahrens-Novelle 2009, BGBl. I Nr. 30/2009. Ein weiterer Grund war, dass der Ausschluss von Rechtsanwälten aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht als bedenklich angesehen wurde.

Das Fehlen einer Regelung über die Einsicht in die Geschäftsbehelfe des Exekutionsverfahrens hat dazu geführt, dass Gläubiger vor gerichtlicher Geltendmachung eines Anspruchs oder Einleitung eines Exekutionsverfahrens nicht anhand von Daten aus Exekutionsverfahren, die von anderen Gläubigern geführt werden, überprüfen können, ob es wirtschaftlich sinnvoll ist, eine Klage einzubringen oder – bei Vorliegen eines Exekutionstitels – Exekution zu beantragen. Der Gläubiger kann nur versuchen, seinen Anspruch gerichtlich durchzusetzen und bei Erlangen eines Exekutionstitels selbst die Bewilligung eines Exekutionsverfahrens zu beantragen, damit er seine Forderung hereinbringt oder im Rahmen dieses Verfahrens zumindest Informationen über die Bonität des Schuldners erhält. Ist das Exekutionsverfahren nicht erfolgreich, so haben ihm dieses und das vorangegangene Titelverfahren weitere Kosten verursacht, wobei unklar ist, ob und wann er diese vom Schuldner ersetzt erhält. Aber auch für den vermögenslosen Schuldner führen diese weiteren Kosten zu einer erheblichen Belastung und zu einer Kostenspirale, sodass es für ihn schwieriger wird, die Forderung selbst bei Verbesserung seiner wirtschaftlichen Situation abzutragen. All diese Argumente sprechen dafür, die elektronische Einsicht wiederum zu ermöglichen, allerdings völlig neu zu gestalten und hiebei die für die Aufhebung der Bestimmung maßgebenden Gründe zu berücksichtigen. Um dies zum Ausdruck zu bringen, wird die Bestimmung, die nicht die Durchführung des Exekutionsverfahrens betrifft, sondern eine Begleitregelung dazu ist, nach dem Vorbild der Insolvenzordnung in einen eigenen neuen Teil der Exekutionsordnung übernommen. Die Einsichtsmöglichkeit hat auch Auswirkungen auf den Kostenersatz. Rechtsanwälte, die ohne Einsicht erfolglose Exekutionsanträge stellen, werden ihre Kosten nicht vom Gläubiger verlangen können; auch sind diese nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig, sodass ein Kostenersatz gegenüber dem Verpflichteten nicht in Betracht kommt.

Es ist – anders als bei der Vorgängerbestimmung – nicht mehr Zweck der Bestimmung, die Adresse des Schuldners zu ermitteln. Dies ist auch nicht geboten, weil einerseits der Gläubiger diese von den Meldebehörden erhalten kann und andererseits im Rahmen eines Exekutionsverfahrens die Gerichtsvollzieher die Adresse zu ermitteln haben. Die Vollstreckungsorgane dürfen hiebei sogar die Grenzen ihres Gebiets sowie die Grenzen des Bezirksgerichtssprengels überschreiten (§ 25b Abs. 3). Auch soll es dem Gläubiger nicht mehr möglich sein, im Namensverzeichnis zu suchen, ob sein Schuldner einer der in den Exekutionsregistern enthaltenen Verpflichteten sein könnte, weil dies eine erhebliche Gefahr mit sich brächte, dass der Gläubiger Daten eines Dritten erhält und Schritte gegen einen Dritten einleitet. Dem Gläubiger werden nach dem Entwurf nur Daten einer bestimmten Person zur Verfügung gestellt, die er nicht nur mit deren vollem Namen, sondern auch mit einem weiteren Kriterium anzugeben hat. Überdies erhält der Gläubiger nicht alle Daten aus den Exekutionsverfahren, etwa nicht über abgewiesene Exekutionsanträge, wie dies früher der Fall war, sondern nur Informationen über solche Exekutionsverfahren, die länger als ein Monat anhängig sind und bei denen somit die Vermutung nahe liegt, dass eine erhebliche Zahlungsstockung oder sogar Zahlungsunfähigkeit vorliegt. Ein wichtiger Aspekt ist auch die Missbrauchsverhinderung. Der Entwurf legt nicht nur fest, dass eine Abfrage nur zur Beurteilung, ob ein Rechtsstreit oder eine Exekution eingeleitet oder sonst ein gerichtliches Verfahren geführt werden soll, zulässig ist, sondern regelt auch die Kontrolle durch Stichproben, ob der im Gesetz geforderte Zweck der Abfrage gegeben war. Um dies beurteilen zu können, hat der Abfrageberechtigte Angaben zur hereinzubringenden Forderung, insbesondere zu den Tatsachen, auf die sie sich stützt und zur Höhe der Forderung, in seiner Abfrage zu machen. Überdies hat jede Person ein Einsichtsrecht in die sie selbst betreffenden Abfragen, um zu beurteilen, ob die Abfrage zu Recht erfolgte. Diese Maßnahmen werden auch präventiv wirken, weil der Abfrageberechtigte, der missbräuchlich abgefragt hat, erwarten kann, dass dies aufgedeckt wird. Der Verhinderung von Missbrauch dienen auch die Bestimmung, dass pro Tag eine abfragende Person nicht mehr als 25 Abfragen tätigen darf, die Festlegung eines Entzugs der Abfrageberechtigung und die Verschärfung der Verwaltungsstrafbestimmung.

In der Diskussion wurde auch die Einsicht durch einen unbeschränkten Personenkreis, wie das im Ausland zum Teil bereits möglich ist, vorgeschlagen. Verwiesen wurde hiebei auf das in Deutschland nach §§ 915 ff. dZPO eingerichtete Schuldnerverzeichnis. In dieses Verzeichnis werden durch das Amtsgericht Schuldner eingetragen, die eine eidesstattliche Versicherung über ihre Vermögensverhältnisse abgegeben haben oder gegen die zur Erzwingung der Abgabe dieser Versicherung Haft angeordnet wurde. Aus dem Schuldnerverzeichnis kann jeder Person Auskunft erteilt werden. Personenbezogene Informationen dürfen allerdings nur für Zwecke der Zwangsvollstreckung verwendet werden sowie um gesetzliche Pflichten zur Prüfung der wirtschaftlichen Zuverlässigkeit zu erfüllen, um Voraussetzungen für die Gewährung von öffentlichen Leistungen zu prüfen oder um wirtschaftliche Nachteile abzuwenden, die daraus entstehen können, dass Schuldner ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen, oder soweit dies zur Verfolgung von Straftaten erforderlich ist. Einen Ansatz in diese Richtung gab es seinerzeit auch in Österreich, nämlich die an der Amtstafel des Gerichts bekannt gemachte Ladung zum Offenbarungseid.

Der Vorschlag ist keine Alternative zu den vorgeschlagenen Bestimmungen, sondern könnte die elektronische Abfrage nur ergänzen; er wird derzeit nicht verwirklicht. Es ist jedoch in Aussicht genommen zu prüfen, inwieweit einem unbeschränkten Personenkreis – inhaltlich weiter eingeschränkte – Informationen geboten werden können.

Zu § 427 EO:

Abs. 1 legt fest, welche Daten abgefragt werden können. Voraussetzung hiefür ist, dass der Gläubiger diese Daten zur Beurteilung, ob er einen konkreten Rechtsstreit oder ein konkretes Exekutionsverfahren einleiten soll, benötigt. Weitere Voraussetzung ist, dass an der Bonität des Schuldners berechtigte Zweifel bestehen.Die Abfrage aufgrund allfälliger künftiger nur abstrakt möglicher Verfahren ist unzulässig.

Der Gläubiger kann nicht in sämtliche Daten der Exekutionsregister Einsicht nehmen, sondern nur in solche, die zur Erreichung des genannten Zwecks geboten sind. Daher werden nur Daten über länger als ein Monat seit der Bewilligung anhängige und weder eingestellte noch beendete Exekutionsverfahren, die zur Hereinbringung von Geldforderungen geführt werden, bekannt gegeben. Nicht ausgeworfen werden weiters Exekutionsverfahren, in denen zwei Jahre seit dem letzten in die Daten aufgenommenen Exekutionsschritt abgelaufen sind (vgl. § 45a). Damit soll die Aussagekraft des Abfrageergebnisses insofern erhöht werden, als nicht bereits jedes anhängige Exekutionsverfahren Aufschlüsse über die mögliche Einbringlichkeit von Forderungen mit sich bringen muss. Erst bei etwas länger anhängigen und „aktiven“ Verfahren steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die wirtschaftliche Lage des Schuldners den Gläubiger zur Vorsicht mahnen könnte. Hat der Schuldner die Zahlung einer Schuld bloß übersehen und die im Exekutionstitel genannte Zahlungsfrist irrtümlich verstreichen lassen, so wird er dies unverzüglich nach Zustellung der Exekutionsbewilligung nachholen. Macht er dies innerhalb eines Monats nicht, so ist anzunehmen, dass zumindest eine erhebliche Zahlungsstockung, wenn nicht gar Zahlungsunfähigkeit vorliegt. Nach Einschätzung der Praxis wird von Schuldnern, die ihre Schulden bereinigen können und wollen, die Forderung meist innerhalb kurzer Zeit nach Erhalt der Exekutionsbewilligung gezahlt.

Aus der Regelung, dass nur ein Monat anhängige Exekutionsverfahren angegeben werden, ergibt sich, dass die abgewiesenen Exekutionsanträge nicht mehr – wie früher – aufscheinen. Es ist nämlich nicht einzusehen, dass den Gläubigern Fälle bekannt gegeben werden, in denen der Exekutionsantrag zu Unrecht gestellt wurde.

Da die Auskunft nur diejenigen Daten enthält, die geboten sind, damit der Gläubiger beurteilen kann, ob er ein Verfahren führen soll, erhält der Gläubiger Auskunft über das Exekutionsgericht, die Aktenzahl, die Höhe der betriebenen Forderungen, den Hinweis auf eine Aufschiebung der Exekution und die Art der Exekutionsmittel (Z 1), die Tatsache, dass innerhalb eines Jahres vor der Abfrage ein Vermögensverzeichnis abgegeben wurde (Z 3), und die bei Fahrnisexekutionsverfahren erfolgten Pfändungen und ergebnislosen Vollzugsversuche (Z 2). Die Angabe der Aktenzahl und des Exekutionsgerichts dient vor allem dazu, dass der Gläubiger die Daten mit früheren Abfragen vergleichen kann und somit weitere Einsichten darüber gewinnt, ob das Einbringen einer Klage oder die Führung eines Exekutionsverfahrens wirtschaftlich sinnvoll ist.

Der Kreis der abfrageberechtigten Personen und Stellen wird in Abs. 2 festgelegt. Abfragebefugt sollen Rechtsanwälte und Notare als Gläubigervertreter sowie bestimmte inländische Körperschaften des öffentlichen Rechts als Gläubiger sein. Unter die abfragebefugten Rechtsanwälte fallen sowohl Rechtsanwälte, die in die Liste der Rechtsanwälte oder der niedergelassenen europäischen Rechtsanwälte einer österreichischen Rechtsanwaltskammer eingetragen sind, als auch dienstleistende europäische Rechtsanwälte im Sinn des § 2 EIRAG. Bei ausländischen Notaren kommt ein grenzüberschreitender Dienstleistungsverkehr dagegen nicht in Betracht.

Im Vergleich zur früheren Regelung wird der Kreis der abfrageberechtigten Stellen insoweit eingeschränkt, als nicht mehr sämtliche – sehr zahlreiche und beinahe unüberschaubare – Körperschaften des öffentlichen Rechts erfasst werden, sondern nur die Gebietskörperschaften (Z 1) und die Sozialversicherungsträger (§§ 23 bis 25 ASVG, § 15 GSVG, § 13 BSVG, § 9 B-KUVG, § 4 NVG 1972); letzterer Begriff ist weit auszulegen, sodass auch die Insolvenz-Entgelt-Fonds-Service GmbH darunter fällt. Einerseits besteht gegenüber den Gebietskörperschaften schon aus dem Titel der Amtshilfe nach Art. 22 B-VG die Verpflichtung, Abfrageergebnisse zu übermitteln. Durch einen eigenen Zugang zu den Registern kann somit eine möglichst ökonomische Vollziehung ermöglicht werden. Andererseits soll durch die Eingrenzung der abfragebefugten Stellen deren Anzahl überschaubar gehalten werden, was eine Kontrolle erleichtert. Andere als die in Abs. 2 genannten Körperschaften des öffentlichen Rechts können sich selbstverständlich – wie andere Gläubiger – der Hilfe eines Rechtsanwalts oder Notars bedienen. Die Finanzprokuratur ist als Rechtsvertretung der Republik Österreich abfrageberechtigt (§§ 2 und 3 ProkG), sodass sie nicht ausdrücklich erwähnt wird.

Zu § 428 EO:

Diese Bestimmung behandelt die Durchführung der Abfrage. Die Abfrage soll nach Abs. 1 über die vom Bundesminister für Justiz beauftragten Verrechnungsstellen erfolgen, wobei diese sicherzustellen haben, dass nur dem abfrageberechtigten Personenkreis Einsicht gewährt wird.

Abs. 2 sieht dazu ergänzend vor, dass Rechtsanwälte und Notare unter Angabe ihres Anschriftcodes, den sie zur Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr (ERV) benötigen, abfrageberechtigt sind. Dienstleistenden europäischen Rechtsanwälten erteilt das Bundesministerium für Justiz eine Abfrageberechtigung für die Dauer eines Jahres, dies nach Nachweis ihrer Berechtigung nach § 1 EIRAG. Diese Regelung basiert auf § 3 Abs. 2 EIRAG (der seine Grundlage seinerseits in Art. 7 der Richtlinie 77/249/EWG zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs der Rechtsanwälte hat), wonach dienstleistende europäische Rechtsanwälte dann, wenn sie in Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs Dienstleistungen vor einem Gericht oder einer Verwaltungsbehörde in Österreich erbringen wollen, auf Verlangen des Gerichts oder der Verwaltungsbehörde ihre Berechtigung nach § 1 EIRAG nachzuweisen haben. Das Bundesministerium für Justiz wird nach Prüfung der entsprechenden Berechtigung – erforderlichenfalls nach weiteren Erhebungen, etwa durch eine Anfrage an den Österreichischen Rechtsanwaltskammertag hinsichtlich der Zugehörigkeit zur ausländischen Berufsorganisation – die Übermittlung von Zugangsdaten, etwa durch die Bundesrechenzentrum GmbH, an den dienstleistenden europäischen Rechtsanwalt veranlassen. Die Zugangsdaten ermöglichen dem Rechtsanwalt, gegenüber sämtlichen Verrechnungsstellen als abfragebefugte Person aufzutreten (Abs. 1). Mit Erteilung der Abfrageberechtigung durch das Bundesministerium für Justiz sollen einerseits die Verrechnungsstellen von der mitunter nicht einfachen Prüfung der Abfragebefugnis aufgrund der Berechtigung im Sinn des § 3 Abs. 2 EIRAG befreit werden; andererseits sollen die dienstleistenden europäischen Rechtsanwälte, etwa bei Beanspruchung mehrerer Verrechnungsstellen, von der Last und Pflicht entbunden werden, mehrfach den Nachweis der genannten Berechtigung erbringen zu müssen. Mit der Befristung der Abfrageberechtigung auf ein Jahr soll verhindert werden, dass Personen, bei denen die Berechtigung nach § 1 EIRAG nach der Erteilung der Abfrageberechtigung wegfällt, trotz Nichtvorliegens der Voraussetzungen auch weiterhin und ohne zeitliche Beschränkung Zugang zu den sensiblen exekutionsrechtlichen Daten haben. Eine solche Befristung steht zum einen mit den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben im Einklang, weil ein entsprechender Nachweis der Berechtigung nach § 1 EIRAG durch das Gericht bzw. die Behörde letztlich sogar bei jedem Einschreiten verlangt werden könnte, und erscheint zum anderen zur Erreichung des damit angestrebten datenschutzrechtlichen Ziels auch verhältnismäßig und angemessen. Natürlich ist es aber möglich, dass das Bundesministerium für Justiz dienstleistenden europäischen Rechtsanwälten auch wiederholt eine Abfrageberechtigung erteilt.

Als Ort der inländischen Dienstleistungserbringung gilt nach Abs. 2 zweiter Satz hinsichtlich aller durch einen dienstleistenden europäischen Rechtsanwalt durchgeführten Abfragen der Sitz der von diesem zuerst in Anspruch genommenen Verrechnungsstelle. Damit wird die zur Kontrolle zuständige Kammer eindeutig bestimmt und eine effektive Aufsicht und Disziplinarbehandlung im Sinn des § 7 EIRAG gewährleistet. Diese Anordnung bringt auch für den dienstleistenden europäischen Rechtsanwalt eine erhebliche Erleichterung mit sich, weil insofern die für ihn zuständige österreichische Rechtsanwaltskammer unabhängig davon, auf welches Exekutionsverfahren bei welchem Gericht sich seine Abfrage bezieht, eindeutig bestimmt ist und er – entsprechend der Verpflichtung nach § 4 Abs. 1 letzter Satz EIRAG – auch nur diese vor der erstmaligen Ausübung der Abfragetätigkeit schriftlich zu verständigen haben wird.

Abs. 3 legt die bei der Abfrage einzugebenden Suchbegriffe fest. Jedenfalls anzugeben ist der Name des Schuldners, also der Vor- und Zuname (§ 78 Abs. 1 EO in Verbindung mit § 75 Z 1 ZPO) oder die Firma. Anders als früher ist es somit nicht möglich, in den Exekutionsdaten nach einer Person zu suchen, die Schuldner des Abfrageberechtigten sein könnte. Der Gläubiger soll nur Zugriff auf die Daten derjenigen Person haben, die auch sein Schuldner ist. Um den Zugriff auf Daten von Datenzwillingen (auch „Doppelgänger“ genannt) zu vermeiden, soll es jedoch nicht ausreichend sein, nur Vor- und Zuname anzugeben; es wird ein weiteres Kriterium verlangt. Dies wird meist die Postleitzahl der Adresse des Schuldners, kann aber auch dessen Geburtsdatum oder die Firmenbuch-, zentrale Gewerberegister- oder Vereinsregisternummer sein. Der Abfragende kann auch mehrere dieser Suchkriterien kumulativ eingeben. Bei der Eingabe des Geburtsdatums und der Firmenbuch-, zentralen Gewerberegister- oder Vereinsregisternummer ist allerdings zu beachten, dass diese Daten nicht zwingend vorhanden sein müssen, sondern nur dann im Exekutionsregister aufscheinen, wenn sie der Gläubiger im Exekutionsantrag angegeben hat. Werden daher der Name und etwa das Geburtsdatum eines Schuldners eingegeben, so bringt die Abfrage nur dann ein Ergebnis, wenn das eingegebene Geburtsdatum auch im Exekutionsregister erfasst wurde.

Ein wesentlicher Schwerpunkt des Entwurfs ist die Verhinderung von Missbrauch. Hiezu ist vorgesehen, dass zu Dokumentationszwecken in der Abfrage der Name des Gläubigers und seine Adresse sowie der Exekutionstitel anzugeben sind. Hat der Gläubiger noch keinen Exekutionstitel erwirkt, so sind stattdessen der Rechtsgrund und die Höhe der Forderung gegen den Schuldner anzuführen. Dies soll eine Kontrolle ermöglichen, ob der Zweck gegeben war, was durch Abverlangen von Urkunden über die hereinzubringende Forderung geschehen kann.

Abs. 4 sieht vor, dass mit dem Suchergebnis die Adresse des Schuldners sowie – soweit vorhanden – dessen Geburtsdatum, Firmenbuch-, zentrale Gewerberegister- oder Vereinsregisternummer und ein Hinweis auf einen Doppelgängerfall anzuführen sind. Damit soll erreicht werden, dass die abfragende Person eine sichere Zuordnung treffen kann; schließlich muss es sich bei der abgefragten verpflichteten Partei nicht um den Schuldner des Gläubigers handeln; es kann auch eine namensgleiche Person sein. Es kann auch ausnahmsweise vorkommen, dass eine Abfrage mit Namen und Postleitzahl Ergebnisse zu mehreren verpflichteten Parteien bringt. Die zusätzlichen Informationen, insbesondere die ganze im Register gespeicherte Adresse, sollen die Einschränkung auf die tatsächlich gesuchte Person ermöglichen. Dies dient auch dem Schutz dieser Person, weil eine Zurechnung von Exekutionsverfahren anderer namensgleicher Personen (sogenannter „Doppelgänger“) unterbleibt. Sofern sich auch aus dem Register der Hinweis auf einen bereits bekannten „Doppelgängerfall“ ergibt, soll diese Information ebenfalls weitergegeben werden. Damit soll der abfragenden Person mitgeteilt werden, dass die verpflichtete Partei schon einmal als Doppelgänger in ein Exekutionsverfahren einbezogen wurde.

Zu § 429 EO:

Um datenschutzrechtlichen Erfordernissen zu genügen, soll als zentrale Regelung in Abs. 1 festgeschrieben werden, dass die abgefragte Daten und die zusätzlichen Angaben selbst nur zum Zweck des § 427 Abs. 1, also zur Prüfung, ob ein Rechtsstreit oder ein Exekutionsverfahren eingeleitet oder sonst ein gerichtliches Verfahren geführt werden soll, verwendet werden dürfen. Die Daten dürfen darüber hinaus daher nicht verarbeitet und übermittelt werden; sie sind gesondert und geschützt aufzubewahren. Unter „Verarbeiten von Daten“ ist entsprechend § 4 DSG 2000 das Erfassen, Speichern, Aufbewahren, Ordnen, Vergleichen, Verändern, Verknüpfen, Vervielfältigen, Ausgeben, Benützen und Überlassen von Daten zu verstehen; vom „Übermitteln von Daten“ ist nach § 4 Z 12 DSG 2000 die Weitergabe von Daten an andere Empfänger als den Betroffenen, den Auftraggeber oder einen Dienstleister, insbesondere auch das Veröffentlichen von Daten umfasst, darüber hinaus aber auch die Verwendung von Daten für ein anderes Aufgabengebiet des Auftraggebers. Selbstverständlich kann aber die abfrageberechtigte Person die Daten verarbeiten, um jene Schritte zu unternehmen, die vom erlaubten Zweck umfasst sind, also etwa die Verwendung der Daten für die Klage oder für sonstige gerichtliche Schritte. Ebenso wenig betroffen ist auch der Datenverkehr zwischen der abfragenden Person (etwa einem Rechtsanwalt) und dem Gläubiger (etwa dem Mandanten des Rechtsanwalts) oder eine Verwendung der Daten zu Kontrollzwecken im Sinn dieser Bestimmung. Außerdem sollen die Daten nach Wegfall des Zwecks, spätestens jedoch ein Jahr nach der Abfrage zu vernichten sein.

Wie die Kontrollen stattzufinden haben, wird genauer in § 430 geregelt; insbesondere wird festgelegt, dass regelmäßig Stichproben durchzuführen sind. Um aber eine Kontrolle durch Stichproben überhaupt zu ermöglichen, sieht Abs. 2 vor, dass die Verrechnungsstellen und die Bundesrechenzentrum GmbH die durchgeführten Abfragen sämtlicher abfragebefugter Personen zu protokollieren haben, und zwar sowohl die Angaben nach § 428 Abs. 3 und 4, also insbesondere die Suchbegriffe, den Namen des Gläubigers und seine Adresse sowie den Exekutionstitel oder den Rechtsgrund und die Höhe der Forderung gegen den Schuldner, als auch die abfragende Person oder Stelle und den Zeitpunkt der Abfrage. Die Bundesrechenzentrum GmbH hat auch das Ergebnis der Abfrage zu speichern. Sämtliche Informationen sind zehn Jahre aufzubewahren. Damit soll die Kontrolle nach § 430 Abs. 1 und 2 sowie das Einsichtsrecht nach Abs. 4 ermöglicht werden.

Abs. 3 legt ein Tageslimit von 25 möglichen Abfragen durch einen Rechtsanwalt oder Notar fest, weil bei einer großen Abfrageanzahl pro Tag im Regelfall ein Missbrauchsverdacht gegeben ist. Durch die Beschränkung wird einem derartigen Missbrauch ein Riegel vorgeschoben.

Zu § 430 EO:

Nach Abs. 1 haben die Rechtsanwalts- und Notariatskammern sowie die Körperschaften öffentlichen Rechts durch geeignete Maßnahmen, insbesondere durch regelmäßige Stichproben, sicherzustellen, dass die Einsicht nur unter den gesetzlich bestimmten Voraussetzungen durchgeführt wird. Diese Stichproben sollen nicht an irgendwelche Verdachtsmomente des Missbrauchs geknüpft werden, sondern nach dem Zufallsprinzip erfolgen. Überdies dürfen die Abstände zwischen den Stichproben nicht zu lange sein, um einen effektiven Schutz gewährleisten zu können. Über die getroffenen Maßnahmen haben die Rechtsanwalts- und Notariatskammern jährlich und alle abfragebefugten Stellen auf Anfrage dem Bundesministerium für Justiz umgehend zu berichten. Damit soll erreicht werden, dass eine effektive und präventive Kontrolle bei allen abfragebefugten Stellen stattfindet. Zur Unterstützung der Kontrolle wird das Bundesministerium für Justiz als Teil eines Sicherheitskonzepts eine Statistik über die Abfragen führen, die Auffälligkeiten im Abfrageverhalten aufzeigt und den abfragebefugten Stellen zur Verfügung gestellt werden wird, um ihnen eine effektive Kontrolle zu erleichtern.

Ein weiterer wichtiger Punkt zur Vermeidung von Missbrauch sind Sanktionen bei Verstößen gegen die gesetzlichen Regelungen. Bei Verstößen hat nach Abs. 2 die jeweilige Rechtsanwalts- oder Notariatskammer einzelnen Rechtsanwälten bzw. Notaren ungeachtet weiterer disziplinarrechtlicher Folgen die Befugnis zur Einsicht vorübergehend oder unbefristet zu untersagen. Die Untersagung ist somit zwingend, die Schwere des Verschuldens wird bei der Dauer der Untersagung zu berücksichtigen sein. Jede Untersagung ist sämtlichen Verrechnungsstellen zur Kenntnis zu bringen, damit diese die Untersagung berücksichtigen können, wozu sie verpflichtet sind. Auch das Bundesministerium für Justiz ist von einer Untersagung zu verständigen.

Das Ergreifen von Maßnahmen ist nicht auf die Rechtsanwalts- und Notariatskammern beschränkt. Nach Abs. 5 kann das Bundesministerium für Justiz alle erforderlichen Maßnahmen zur Verhinderung von Missbrauch bei Verstößen ergreifen. Das Bundesministerium für Justiz wird hiebei zu entscheiden haben, ob es ausreichend ist, den behaupteten Verstoß an die zuständige Disziplinarbehörde und Bezirksverwaltungsbehörde weiterzuleiten und die dort getroffenen Maßnahmen bzw. Entscheidungen im Auge zu behalten, oder ob es – dies wird jedenfalls in krassen oder evidenten Missbrauchsfällen gegeben sein – selbst Maßnahmen zur Verhinderung (weiteren) Missbrauchs zu ergreifen hat. Die Maßnahmen können etwa im vorübergehenden oder dauerhaften Entzug von Berechtigungen zur Einsicht bestehen, aber auch – etwa bei Verstößen gegen § 429 Abs. 1 – Maßnahmen gegenüber den Verrechnungsstellen betreffen.

Abs. 3 regelt als Voraussetzung für eine effektive Durchführung der Kontrolle, wem die Verrechnungsstellen und die Bundesrechenzentrum GmbH Einsicht in die Protokolle zu gewähren hat. Zentraler Punkt ist das Einsichtsrecht der Rechtsanwalts- und Notariatskammern; diese bedürfen der Einsicht, um die gebotenen Kontrollen durchführen zu können. Die Kontrolle wird aber nicht auf die Rechtsanwalts- und Notariatskammern beschränkt. Zur Einsicht sind auch das Bundesministerium für Justiz sowie die Gerichte und Bezirksverwaltungsbehörden berechtigt. Damit kann sich das Bundesministerium für Justiz bei Beschwerden selbst ein Bild machen, um zu entscheiden, welche Maßnahmen nach Abs. 5 zu treffen sind. Den Gerichten und Bezirksverwaltungsbehörden soll insbesondere im Rahmen möglicher Strafverfahren Zugriff auf die Daten ermöglicht werden. Darüber hinaus muss der Zugriff durch Gerichte gewährt werden, um das Einsichtsrecht in die betreffenden Protokolle (Abs. 4) zu gewährleisten.

Nach Abs. 4 kann jede Person beim Bezirksgericht ihres Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts über die sie betreffenden, von den Verrechnungsstellen und der Bundesrechenzentrum GmbH geführten Protokolle Auskunft beantragen. Damit sollen – präventiv – Missbrauch verhindert und die Wahrnehmung des Datenschutzes ermöglicht werden. Dem Schuldner ermöglicht die Einsicht, bei einem Verstoß gegen die gesetzlichen Bestimmungen Anzeige zu erstatten und seine Rechte durchzusetzen. Ähnlich wie bei einer Registerauskunft nach § 89l GOG hat der Antragsteller dabei seine Identität (Name, Geburtsdatum, Wohnanschrift) und damit das Vorliegen der Voraussetzungen einer Auskunftserteilung nachzuweisen. Die Auskunft ist im Rahmen der Justizverwaltung bei Gericht zu erteilen. Bei der Bekanntgabe der Abfrageprotokolle handelt es sich um eine Auskunft, die keine Einsichtnahme in Verfahrensdaten darstellt und deshalb eine Entscheidungstätigkeit eines Rechtsprechungsorgans nicht erfordert.

Abs. 6 sieht vor, dass das BMJ einen jährlichen anomymisierten Kontrollbericht vorlegt. Transparenz ist ein Element der Missbrauchskontrolle. Aufgrund evidenter Missbrauchsfälle in der Vergangenheit dient dies auch der Generalprävention.

Zu § 431 EO:

Die derzeitige Strafbestimmung wird an die neue Rechtslage angepasst. Abs. 1 sanktioniert – sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet – einen Verstoß gegen §§ 427 und 429 Abs. 1 und Abs. 3 als eine Verwaltungsübertretung. Insbesondere aus generalpräventiven Gründen soll ein Strafrahmen bis zu 25 000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 50 000 Euro, vorgesehen werden.

Die zuständigen Bezirksverwaltungsbehörden haben nach Abs. 2 von jeder rechtskräftigen Verurteilung das Bundesministerium für Justiz und, wenn der Täter Rechtsanwalt oder Notar ist, die jeweils zuständige Rechtsanwalts- bzw. Notariatskammer zu verständigen. Damit soll eine funktionierende, effektive Disziplinargerichtsbarkeit ermöglicht werden.

Zu § 432 EO:

„Sonstige Begleitregelungen“ sollen in einem eigenen Abschnitt im vierten Teil geregelt werden.

Zu Z 9 (§ 448 EO):

Geregelt wird das Inkrafttreten; das im Hinblick auf die technische Entwicklung nicht vor Beginn des Jahres 2019 geschehen kann.“

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker und Dr. Johannes Jarolim mit wechselnden Mehrheiten (dafür: S, V, dagegen: F, G, N, T bzw. dafür: S, V, G, dagegen: F, N, T) beschlossen.

 

Zum Berichterstatter für den Nationalrat wurde Abgeordneter Asdin El Habbassi, BA gewählt.


 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Justizausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2017 06 21

                           Asdin El Habbassi, BA                                                  Mag. Michaela Steinacker

                                   Berichterstatter                                                                            Obfrau