1756 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie

über die Regierungsvorlage (1669 der Beilagen): Bundesgesetz über die Wirtschaftstreuhandberufe (Wirtschaftstreuhandberufsgesetz 2017 – WTBG 2017)

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll eine umfassende Überarbeitung des Wirtschaftstreuhandberufsgesetzes erfolgen. Damit soll dieses Bundesgesetz an geänderte Erfordernisse des Marktes und der Ausbildung angepasst werden. Die Berufsgruppen innerhalb der Berufsvertretung sollen gestärkt werden und Bestimmungen modernisiert und entbürokratisiert werden.

Seit 1999 blieb das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz in weiten Teilen unverändert und wurde lediglich partiell angepasst – in erster Linie in Hinblick auf die Befugnisse der Buchhaltungsberufe oder an Anforderungen verschiedener EU-Richtlinien.

Neuordnung der Berufsgruppen

Traditionell sind die Wirtschaftstreuhandberufe stufenmäßig aufgebaut. Die Befugnisse werden nacheinander erworben. Die Wirtschaftsprüferbefugnis umfasst bisher sämtliche Steuerberater-Befugnisse. Zwar bestand schon bisher die Möglichkeit, die Wirtschaftsprüferbefugnis bei entsprechender Praxiszeit direkt zu erwerben, ohne zuvor zum Steuerberater bestellt worden zu sein, jedoch war es bisher dafür zwingend erforderlich sämtliche Prüfungsteile – Steuerberater und Wirtschaftsprüfer – in einem Verfahren zu absolvieren. Der damit verbundene enorme Aufwand führte zu einer geringen Zahl an Direktantritten zur Fachprüfung für Wirtschaftsprüfer. Für Kandidaten, die als Berufsanwärter in Prüfungskanzleien tätig sind, stellt dies eine große Hürde dar, was sich auch in den Zahlen der Neubestellungen von Wirtschaftsprüfer in den letzten Jahren statistisch zeigte. Gleichzeitig zeigte sich in den vergangenen Jahren ein zunehmendes Spezialisierungserfordernis beider Berufsgruppen. Beiden Aspekten wird nunmehr dadurch Rechnung getragen, dass der bisherige Stufenbau Steuerberater – Wirtschaftsprüfer aufgehoben wird und an dessen Stelle zwei Wirtschaftstreuhandberufe treten, die durch eine gemeinsame Basis in Ausbildung und Berechtigungsumfang verbunden bleiben.

Als gemeinsame Basis dient beiden Berufen die Rechnungslegung. Steuerberater und Wirtschaftsprüfer sind auch künftig gleichermaßen zur Erstellung des Rechnungswesens (Buchhaltung, Lohnverrechnung, Erstellung von Jahresabschlüssen) berechtigt.

Der Steuerberater ist unverändert der Spezialist in allen Angelegenheiten des Steuerrechts, sowohl als Berater als auch als Parteienvertreter. Der Wirtschaftsprüfer hingegen ist künftig der Spezialist in allen Prüfungsangelegenheiten; die Beratung und Vertretung in steuerrechtlichen Angelegenheiten kommt ihm nicht mehr zu. Wie bisher wird der Steuerberater allerdings Bestätigungen, sachverständige Aussagen erteilen können. Die Abgrenzung zur Prüfungstätigkeit im engeren Sinn stellt die Zusicherungsleistung durch einen unabhängigen Prüfer dar – diese sind ausschließlich durch Wirtschaftsprüfer möglich.

Mit dieser Neuordnung wird nicht zuletzt auch eine Anpassung an international übliche Ausgestaltungen der Berufe vorgenommen. Ein stufenmäßiger Erwerb der Befugnisse und Steuerberater und Wirtschaftsprüfer ist international in dieser Form nur noch in Österreich zu finden. Ziel der Maßnahme ist es auch, beide Berufe, attraktiver zu gestalten und den Zugang zum Wirtschaftsprüfer zu vereinfachen. Wie bisher ist es auch künftig möglich beide Befugnisse zu erwerben, allerdings in beliebiger Reihenfolge.

Neugestaltung der Fachprüfungen

Mit der Neuordnung der Berufsgruppen erfolgt auch eine Neugestaltung der Prüfungsverfahren. Anstelle der bisher getrennten Prüfungsverfahren tritt ein einheitliches Verfahren, welches modulartig aufgebaut wird. Der Eintritt in das Prüfungsverfahren ist für alle Kandidaten bereits nach eineinhalb Jahren als Berufsanwärter möglich, wodurch diese deutlich früher mit dem Verfahren beginnen können. Für die Bestellung ist wie bisher eine zumindest dreijährige Praxiszeit erforderlich, davon jeweils zwei berufsspezifische Jahre.

Im Prüfungsverfahren steht es den Kandidaten frei, welche Klausuren sie in welcher Reihenfolge absolvieren. So können die Prüfungsteile von den Kandidaten individuell gewählt und auf die persönliche Situation besser abgestimmt werden. Bei den schriftlichen Teilen sind nunmehr drei Klausuren vorgesehen, die für den Erwerb beider Berufsbefugnisse gleichermaßen erforderlich sind. Als berufsspezifische Klausur ist eine jeweils sechsstündige Klausur vorgesehen – Abgaben- und Abgabenverfahrensrecht für den Steuerberater, Abschlussprüfung für den Wirtschaftsprüfer. Im Rahmen der mündlichen Prüfung wird wie bisher der gesamte Prüfungsstoff mit Schwerpunkt auf die jeweilige Befugnis geprüft.

Insgesamt wird durch die vorgeschlagenen Maßnahmen das Prüfungsverfahren flexibler gestaltet und die für den Erwerb der Befugnis erforderliche Zeit verkürzt, ohne dabei jedoch die erforderliche Praxiserfahrung zu verringern. Der schnellere Berufszugang stellt eine wesentliche Liberalisierung dar.

Anpassung der Befugnisse

Während sich das Beratungsumfeld und die an Wirtschaftstreuhänder gestellten Anforderungen der Klienten in den vergangenen Jahren stark weiterentwickelt haben, sind die Befugnisse der Wirtschaftstreuhänder unverändert geblieben. Demgegenüber stehen neu geschaffene Bestimmungen, Behörden und Verfahren im Tätigkeitsbereich der Wirtschaftstreuhänder, die aus Unternehmersicht zweifellos in die Agenden ihrer Wirtschaftstreuhänder fallen, jedoch aufgrund der gesetzlichen Rahmenbedingungen zu Unsicherheit führten (beispielsweise die in Querschnittsmaterien auftretende Finanzpolizei). Durch die vorgeschlagenen Anpassungen werden die Befugnisse der Wirtschaftstreuhänder insbesondere in Hinblick auf ihre Funktion als umfassender Berater und Vertreter der Unternehmer erstmals angepasst. Aus Sicht der Unternehmen ist es essentiell, dass Wirtschaftstreuhänder als Spezialisten sämtliche zur laufenden Betreuung gehörenden Agenden effizient abwickeln können.

Umsetzung der 4. Geldwäsche-Richtlinie

Die bereits bestehenden Regelungen zur Verhinderung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung werden an die Anforderung der 4. Geldwäsche-Richtlinie angepasst. Für Aufsichtszwecke wird innerhalb der Kammer der Wirtschaftstreuhänder ein eigenes Aufsichtsverfahren eingeführt.

Umsetzung der Abschlussprüfungs-RL

Die Abschlussprüfungs-RL wurde im Wesentlichen durch das APRÄG und das APAG bereits umgesetzt. Einzelne Bestimmungen der RL betreffen das Berufsrecht. Dabei werden im Wesentlichen für den Berufsstand bereits geltende fachliche Regelungen (Fachgutachten der Kammer der Wirtschaftstreuhänder) auf gesetzliche Ebene gestellt bzw. auf Regelungen im Rahmen von Ausübungsrichtlinien (VO der Kammer der Wirtschaftstreuhänder) verwiesen.

Disziplinarrecht

Im Disziplinarrecht werden die Organisation verschlankt, die Berufsvergehen ergänzt und die Strafandrohungen erstmals angehoben. Weiters werden in den Verfahrensbestimmungen Adaptierungen aufgrund der Vollzugserfahrungen vorgenommen.

Sonstiges

Weiters enthält das Gesetzesvorhaben zahlreiche Adaptierungen aufgrund von Vollzugserfahrungen im behördlichen Bereich, Klarstellungen, Modernisierungen und Entbürokratisierungen.

 

Der Ausschuss für Wirtschaft und Industrie hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 22. Juni 2017 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter die Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger und Mag. Birgit Schatz sowie der Ausschussobmann Abgeordneter Peter Haubner.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Peter Haubner und Dr. Christoph Matznetter einen Abänderungsantrag eingebracht.

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des gerade erwähnten Abänderungsantrages mit Stimmenmehrheit (dafür: S, V, F, N, T, dagegen: G) beschlossen.

 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Wirtschaft und Industrie somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2017 06 22

                        Dr. Christoph Matznetter                                                          Peter Haubner

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann