Glücksspielgesetz

 

 

 

 

Zweiter Bericht an den Nationalrat über eine betreiberunabhängige Spielerkarte

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

November 2014

 

 

Inhaltsverzeichnis

1.      Ausgangssituation und Status 3

1.1       Zusammenfassung des ersten Berichts an den Nationalrat 3

1.2       Bestehende gesetzliche Bestimmungen zum Spielerschutz 5

1.3       Bewilligungen und Konzessionen. 6

1.3.1      Erteilte Landesbewilligungen. 6

1.3.2      Bundeskonzessionen. 7

2.      Relevante Entwicklungen am Glücksspielmarkt 8

2.1       In Österreich eingeführte Spielerkarten. 8

2.1.1      Gestaltung, Ausstellung und Datenspeicherung. 8

2.1.2      Zutrittskontrolle. 8

2.1.3      Abgestuftes Warnsystem. 9

2.1.4      Sperren und Beschränkungen. 9

2.1.5      Nutzung der Spielerkarte für Kundenbindung und Marketing. 10

2.1.6      Zusammenfassung und Erkenntnisse. 10

2.2       Internationale Entwicklung. 10

2.2.1      Nova Scotia, Kanada. 11

2.2.2      Norwegen. 12

2.2.3      Deutschland: 13

2.2.4      Griechenland. 13

2.3       Empfehlungen der Europäischen Kommission. 13

2.3.1      Ergebnisse der Studie. 14

2.3.2      Empfehlungen der EU-Kommission. 14

2.4       Internationale Beispiele für eine übergreifende Spielsperre. 15

3.      Umsetzungsszenarien für Spielerschutzmaßnahmen. 16

3.1       Relevante Spielerschutzmaßnahmen für eine Spielerkartenlösung. 16

3.2       Austauschverpflichtung. 17

3.3       Betreiberunabhängigkeit und Datenaustausch. 19

3.4       Umsetzungsszenarien. 19

3.4.1      Szenario 1: Betreiberunabhängiger Datenaustausch über die Anbindung an das BRZ  20

3.4.2      Szenario 2: Betreiberunabhängiger Datenaustausch über die Spielerkarte. 20

3.4.3      Szenario 3: Betreiberunabhängiger Datenaustausch über ein Register 21

3.4.4      Szenario 4: Betreiberabhängiger Datenaustausch durch Betreiber 22

3.5       Bewertung der Szenarien. 24

3.6       Anonymisierte Speicherung und Auswertung statistischer Daten. 25

3.7       Anwendbarkeit bei Lebendspiel, Online-Gaming und Sportwetten. 25

3.8       Herausforderungen in der Umsetzung. 25

4.      Zusammenfassung. 27

Quellenverzeichnis 30

 

1.      Ausgangssituation und Status

Das vorliegende Dokument folgt der Ankündigung des ersten Berichts an den Nationalrat, einen Folgebericht über eine betreiberunabhängige Spielerkarte zu erarbeiten. Der erste Bericht kam einem Entschließungsantrag des Nationalrats nach, der am 16. Juni 2010 im Rahmen der Glücksspielgesetz-Novelle 2010 eingebracht wurde. Er beinhaltete den Auftrag, einen Bericht über die technischen und rechtlichen Möglichkeiten einer betreiberunabhängigen österreichweiten Spielerkarte in Ergänzung der bisherigen Spielerschutzmaßnahmen als Grundlage für Maßnahmen des Gesetzgebers vorzulegen.

Der Schwerpunkt des Erst- sowie der nunmehrigen Folgeberichts liegt auf Spielerschutzmaßnahmen mit einer Spielerkarte im automatenbasierten Glücksspiel, also in den Bereichen Glücksspielautomaten in Automatensalons, in Einzelaufstellungen und in Spielbanken (Glücksspielautomaten) sowie Video Lotterie Terminals in VLT-Outlets (VLT). Die dargelegten Grundsätze können allerdings teilweise auch auf das Lebendspiel in Spielbanken, auf Elektronische Lotterien (Online-Gaming) sowie auf Sportwetten angewendet werden.

Der vorliegende Bericht fasst vorerst die Erkenntnisse des vorhergehenden Berichts zusammen und geht entsprechend des Auftrags des Finanzausschusses vom 10. Mai 2012 (Zl. 1.777 d.B. XXIV.GP) auf den Status sowie die zwischenzeitlichen österreichischen und internationalen Entwicklungen am Glücksspielmarkt hinsichtlich der für eine Spielerkarte relevanten Themen ein. In der Folge werden Umsetzungsszenarien für die möglichst betreiberübergreifende Implementierung von Spielerschutzmaßnahmen dargestellt und deren Umsetzbarkeit, Vor- und Nachteile analysiert. Eine Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse ist am Ende des Berichts zu finden.

Um die Lesbarkeit der Ausführungen zu erhöhen, fasst dieser Bericht analog zum Entschließungsantrag des Nationalrats Konzessionäre und Bewilligungsinhaber von Automatensalons, Einzelaufstellungen, VLT-Outlets und Spielbanken unter dem Begriff „Betreiber“ zusammen.

 

1.1      Zusammenfassung des ersten Berichts an den Nationalrat

Der internationale Vergleich des ersten Berichts an den Nationalrat hat gezeigt, dass nur wenige bestehende Lösungen gesetzlich vorgegebener betreiberunabhängiger Spielerkarten existieren, diese sich allerdings als ein geeignetes Instrument zum Spielerschutz mit umfassenden Anwendungsmöglichkeiten darstellen. Dabei zeigten insbesondere den Spieler unterstützende Anwendungen sowohl besonders hohe Akzeptanz bei allen Beteiligten als auch positive Wirkung in der Suchtprävention, da informierte Spieler die Möglichkeit erhalten, sich ihr Spielverhalten umfassend bewusst zu machen und informierte Entscheidungen zu treffen. Die Bedeutsamkeit dieser Art von Maßnahmen zeigt insbesondere die Tatsache, dass Spieler oft den Bezug zur Realität verlieren und ihre Ausgaben durchschnittlich um das Siebenfache unterschätzen. Aus diesem Grund wurde in dem Bericht festgehalten, dass eine allfällige Spielerkartenlösung spielerunterstützende Services in den Vordergrund stellen soll: die Bereitstellung von Informationen für einen „informierten Spieler“, das – allenfalls verpflichtende - Setzen von Selbstbegrenzungen hinsichtlich Einzahlungen und Spielzeit (ohne gesetzliche Obergrenze) sowie die Möglichkeit einer Selbstsperre.

Weiters wurde hingegen festgehalten, dass Zwangsmaßnahmen und Fremdbegrenzungen zahlreiche Fragen aufwerfen. Gesetzlichen Begrenzungen von Einzahlungen und Spielzeiten stehen unterschiedliche Expertenansichten hinsichtlich ihrer suchtpräventiven Wirksamkeit gegenüber („Kontrollillusion“). Als partielle Begrenzung der allgemeinen zivilrechtlichen Geschäftsfähigkeit sind sie zudem (verfassungs-)rechtlich äußerst sensibel. Darüber hinaus lässt sich eine allgemein gültige und auch von den Spielern selbst akzeptierte absolute monetäre Grenze nur schwer finden. Auch dem betreiberübergreifenden Ausschluss vom Spiel durch Betreiber oder Gesundheitsinstitutionen gegen den Willen des Spielers (betreiberübergreifende Fremdsperre) stehen gewichtige rechtliche und akzeptanzmäßige Gegenargumente entgegen, wobei allerdings eine indirekte Umsetzung durch die gesetzlich vorgesehene Austauschverpflichtung als möglich erachtet wurde.

Die zentrale Speicherung von Daten kann wertvolle Informationen zum Spielverhalten und für potenzielle zusätzliche Spielerschutzmaßnahmen liefern. Die übermittelten Daten sollten aus datenschutzrechtlichen aber auch aus amtshaftungsrechtlichen Gründen allerdings nicht personenbezogen sondern anonymisiert und nicht auf die Identität des Spielers rückführbar erfolgen, was wiederum zu einer höheren Akzeptanz beiträgt.

Abbildung 1 zeigt die im ersten Bericht identifizierten fünf Ebenen eines Spielerkartensystems sowie die möglichen und (in blau hervorgehoben) die empfohlenen Maßnahmen.

Gemäß dem Bericht aus 2010 solle im Jahr 2014 ein Folgebericht des Bundesministeriums für Finanzen über eine betreiberunabhängige Spielerkarte an den Nationalrat erstattet werden. Auf Basis dieses Folgeberichtes könnten sodann auch bereits allfällige nähere Umsetzungsschritte empfohlen werden. Diesem Auftrag kommt nunmehr der vorliegende Bericht nach.

 

Abbildung 1: Erster Bericht an den NR, mögliche bzw. empfohlene Maßnahmen

 

 

 

1.2      Bestehende gesetzliche Bestimmungen zum Spielerschutz

Wie im ersten Bericht an den Nationalrat bereits dargelegt ist es essenziell für die Evaluierung und Gestaltung einer Spielerkartenlösung, dass diese nicht als isolierte Maßnahme für sich, sondern im Gesamtkontext des Spielerschutzes betrachtet wird. Bestehende gesetzliche Bestimmungen wie die beschränkte Anzahl an Konzessionären, Glücksspielautomaten und –salons, die Ausweispflicht mit Alterskontrolle, die Warnsysteme durch Betreiber mit abgestuften Spielerschutzmaßnahmen vom Beratungsgespräch bis zur Spielersperre, die unmittelbare Schadenersatzpflicht von Betreibern von Automatensalons und VLT-Outlets bei Nichteinhaltung der Warn- und Sperrpflicht sowie die Austauschverpflichtung von Daten über Besuchs- bzw. Spielsperren oder -begrenzungen zwischen Betreibern müssen berücksichtigt werden.

Detaillierte Informationen zu diesen gesetzlichen Bestimmungen können dem gleichzeitig vorgelegten Evaluierungsbericht zur Glücksspielgesetz-Novelle 2010 entnommen werden.

Als Grundlage für eine Spielerkartenlösung könnte unter anderem die in der Glücksspielgesetz-Novelle 2010 festgelegte Anbindung von Glücksspielautomaten und Video Lotterie Terminals an das Datenrechenzentrum der Bundesrechenzentrum GmbH (BRZ) herangezogen werden. Seit 1. August 2013 sind die ersten Glücksspielautomaten angebunden und erweitert sich die Geräteanzahl mit den landesrechtlich statuierten Inbetriebnahmeverpflichtungen. Nach Ablauf der Übergangsfrist mit 31. Dezember 2014 bzw. in der Steiermark wegen der hohen Anzahl von Altgeräten mit 31. Dezember 2015 werden alle bewilligten Glücksspielautomaten mit Landesbewilligungen nach neuer Rechtslage und alle Video Lotterie Terminals sowie neue Glücksspielautomaten in Spielbanken an das BRZ angebunden sein. Vor dem 1. Juli 2014 bereits betriebene Glücksspielautomaten in Spielbanken müssen aufgrund der späteren gesetzlichen Festlegung der Anbindung (Abgabenänderungsgesetz 2012) und des Vertrauensschutzes erst mit 1. Jänner 2017 an das BRZ angebunden sein.

 

1.3      Bewilligungen und Konzessionen

1.3.1       Erteilte Landesbewilligungen

Zum Zeitpunkt der Erstellung des gegenständlichen Berichts haben drei Bundesländer mittels rechtskräftiger Bescheide Bewilligungen für Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten erteilt. Dabei handelt es sich sowohl um Bewilligungen für Automatensalons (mindestens zehn und höchstens 50 Glücksspielautomaten) als auch für Einzelaufstellungen (höchstens drei Glücksspielautomaten).

§ Niederösterreich erteilte nur eine Bewilligung für den Betrieb von 1.339 Glücksspielautomaten in Automatensalons.

§ Burgenland erteilte zwei Bewilligungen für den Betrieb von jeweils 63 Glücksspielautomaten in Einzelaufstellung sowie eine Bewilligung für den Betrieb von 110 Glücksspielautomaten in Automatensalons.

§ Oberösterreich erteilte eine Bewilligung für den Betrieb von 450 Glücksspielautomaten in Einzelaufstellung sowie zwei Bewilligungen zum Betrieb jeweils 363 Glücksspielautomaten in Automatensalons.

 

Tabelle 1 gibt einen Überblick zu den in den Bundesländern genehmigten Glücksspielautomaten.


 

Niederösterreich

Burgenland

Oberösterreich

 

1.339
in Automatensalons

110
in Automatensalons

363
in Automatensalons

 

-

63
in Einzelaufstellung

450
in Einzelaufstellung

 

-

63
in Einzelaufstellung

363
in Automatensalons

Summe

1.339 Automaten

236 Automaten

1.176 Automaten

Tabelle 1: Anzahl der Glücksspielautomaten mit Landesbewilligungen

 

Weiters ist in Kärnten und der Steiermark die Erteilung von Bewilligungen geplant, eine Erteilung allerdings zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Berichts ausständig:

§  Kärnten erteilte im Jahr 2013 per Bescheid zwei Bewilligungen zum Betrieb von insgesamt 465 Glücksspielautomaten. Ein erfolgloser Mitbewerber hat dagegen Beschwerde erhoben, welcher vom unabhängigen Verwaltungssenat stattgegeben wurde. Die Bescheide wurden aufgehoben. Die bisherigen Anträge und Bewerbungsunterlagen sind erneut zu bewerten.

§  Steiermark hat (anders als die anderen Bundesländer) eine Übergangsfrist zur Neugestaltung der Landesbewilligungen bis zum 31. Dezember 2015. Das Steiermärkische Glücksspielautomaten- und Spielapparategesetz in der neuen Fassung sieht die Aufstellung von maximal 1.012 Glücksspielautomaten in Automatensalons vor.

 

Die Bundesländer Tirol, Vorarlberg, Salzburg und Wien planen keine Erteilung neuer Landesbewilligungen zum Betrieb von Glücksspielautomaten. Daher ist in diesen Bundesländern bzw. wird mit Ablauf des 31. Dezember 2014 in Wien das automatenbasierte Glücksspiel außerhalb von Spielbanken und VLT-Outlets rechtswidrig.

 

1.3.2       Bundeskonzessionen

Das Bundesministerium für Finanzen hat aktuell folgende Konzessionen/Betriebsbewilligungen gemäß § 12a Abs. 2, § 14 und § 21 GSpG und damit auch für automatenbasiertes Glücksspiel erteilt:

§  für zwölf Spielbanken bis 2027 bzw. 2030 mit maximal je 350 Glücksspielautomaten pro Spielbank (rechtskräftig erteilt)

§  für drei Spielbanken bis 2029 mit maximal je 350 Glücksspielautomaten pro Spielbank (Die zugrundeliegenden Bescheide sind wegen laufender Rechtsmittelverfahren nicht rechtskräftig.)

§  Betriebsbewilligungen für 19 VLT-Outlets, an denen ab 1. Jänner 2015 maximal je 50 VLT (insgesamt maximal 950 VLT) betrieben werden dürfen. Aktuell sind 13 VLT-Outlets mit insgesamt 833 VLT in Betrieb.

 

2.      Relevante Entwicklungen am Glücksspielmarkt

2.1      In Österreich eingeführte Spielerkarten

Seit dem ersten Bericht an den Nationalrat wurden von den Betreibern verschiedene betreiberspezifische Spielerkartenlösungen eingeführt, teilweise aus gesetzlich vorgeschriebener Notwendigkeit, teilweise auch freiwillig (zB in Automatensalons in Niederösterreich). So weisen nunmehr ausnahmslos alle Betreiber von Einzelaufstellungen und Automatensalons sowie Spielbanken und VLT-Outlets eine betreiberspezifische Spielerkartenlösung auf oder planen die Einführung einer solchen.

Zu drei auf Ebene von Landesausspielungen bereits eingeführten Lösungen liegen nähere Informationen vor. Nachfolgend werden daher die relevanten Eigenschaften, Gemeinsamkeiten und Unterschiede dieser Lösungen beschrieben. Quelle der angeführten Informationen sind die erteilten Bewilligungsbescheide.

2.1.1       Gestaltung, Ausstellung und Datenspeicherung

Die Identifikation von Spielern erfolgt mittels einer Smartcard mit einem Chip (ähnlich wie bei Bankomatkarten). Um die Identität des Spielers in Verbindung mit der Nutzungsberechtigung der Spielerkarte abzusichern, ist die Eingabe eines PIN-Codes durch den Spieler notwendig.

Vor Ausgabe einer Spielerkarte werden der Lichtbildausweis und das Alter kontrolliert. Die ausgegebenen Spielerkarten enthalten jedenfalls Name, Lichtbild und Unterschrift des Spielers. Bei Einzelaufstellungen bieten die Betreiber zur Ausstellung einer Spielerkarte auch Selbstregistrierungsterminals an.

Die Daten des Spielers und jene über sein Spielverhalten werden bei den Betreibern zentral im Managementsystem des jeweiligen Betreibers gespeichert und für die nachfolgend beschriebenen Funktionalitäten genutzt. Für einen Spielstart muss die Spielerkarte in den Glücksspielautomaten eingeführt werden und verbleibt während des gesamten Spiels im Automaten, um ein gleichzeitiges Spielen an mehreren Automaten zu verhindern.

2.1.2       Zutrittskontrolle

Für jeden Zutritt des Spielers in den Spielbereich muss die betreibereigene Spielerkarte verwendet werden. Der Zutritt erfolgt über ein Drehkreuz (in Automatensalons) oder eine Tür mit Kartenlesegerät (bei Einzelaufstellungen). Nach Vorlage der Spielerkarte wird der Spielerstatus geprüft und festgestellt, ob der Spieler beim jeweiligen Betreiber gesperrt ist oder ob er die maximale Anzahl an Besuchen bzw. die maximale Tagesspielzeit bereits überschritten hat.

Bei einigen Betreibern sind vor jedem Zutritt zum Automatenbereich die Vorlage eines Lichtbildausweises des Spielers und die Aktivierung der Spielerkarte durch den Betreiber erforderlich, bei anderen erfolgt diese Kontrolle nur stichprobenartig.

2.1.3       Abgestuftes Warnsystem

Alle Betreiber setzen für das gesetzlich vorgesehene abgestufte Warnsystem ein Ampelsystem ein. Die Einstufung in die Farben grün, gelb und rot soll die Gefährdung des Spielers kategorisieren. Die Betreiber führen dazu eine Risikoanalyse anhand von Intensitätsschwellen durch, die auf die Beobachtung von Spieltagen und Spielzeit in einem bestimmten Zeitraum abzielt.

Bei allen Betreibern erfolgt die Einstufung „Grün“ wenn eine bestimmte Intensitätsschwelle nicht überschritten wurde ODER der Spieler trotz Überschreitens der Intensitätsschwelle ausreichende Bonität aufweist.

Sollte die festgelegte Intensitätsschwelle überschritten werden UND keine ausreichende Bonität gegeben sein, so fällt der Spieler in die Einstufung „Gelb“. Zwei Betreiber führen zusätzlich zur Intensitätsschwelle eine Spieleranalyse durch, bei der die fünf Prozent der Spieler mit der größten Besuchshäufigkeit automatisch in die Kategorie „Gelb“ fallen.

Wenn trotz der Einstufung „Gelb“ nach einem zweiten Beobachtungszeitraum bzw. nach Ablauf einer Beschränkungsdauer keine Änderung der Spielintensität und der Besuchshäufigkeit erfolgen sollte, wird der Spieler als „Rot“ eingestuft und eine Spielsperre vorgenommen.

Die Kriterien für die genannten Intensitätsschwellen sind je nach Betreiber sehr unterschiedlich. Bei einem Betreiber liegt die Intensitätsschwelle bei 45 Spieltagen oder 45 Stunden Spielzeit in 90 Tagen, bei einem anderen bei 60 Spieltagen oder 67,5 Stunden Spielzeit in 90 Tagen. Ein dritter Betreiber sieht die Intensitätsschwelle erst bei mehr als 120 Spieltagen in einem Kalenderjahr als überschritten an.

2.1.4       Sperren und Beschränkungen

Grundsätzlich prüfen alle Betreiber bei jedem Zutritt, welchen Status der Spieler im Ampelsystem hat. Wenn die Einstufung „Rot“ ist, so liegt eine Spielsperre vor und dem Spieler wird der Zutritt verwehrt. Dasselbe gilt etwa in Einzelaufstellungen beim Erreichen der maximalen Tagesspieldauer.

Die Sperrdauer dieser Fremdsperren fällt je nach Betreiber unterschiedlich aus. Ein Betreiber sieht ein Spektrum von 14 bis 360 Tagen vor, ein anderer 3, 9 oder 24 Monate. Ein Betreiber sieht außerdem die Möglichkeit einer Sperre auf Antrag Dritter vor (zB Angehörige).

Zwei Betreiber sehen darüber hinaus eine automatische Fremdbeschränkung bei Kategorie Gelb vor. Ein Betreiber setzt eine Grenze von zehn Besuchen und 15 Stunden Spielzeit im restlichen Quartal, ein anderer eine Begrenzung von 45 Minuten Tagesspielzeit mit mindestens 24 Stunden Pause für die folgenden 60 Tage.

Abgesehen von der zuvor genannten „Fremdbeschränkung“ und „Fremdsperre“ sehen alle Betreiber die Möglichkeit einer Selbstsperre vor, wobei auch hier die mögliche Sperrdauer je Betreiber unterschiedlich ist. Zwei Betreiber bieten zusätzlich eine Selbstbeschränkung an, in der Spieler ihre Anzahl und Dauer der Besuche beschränken können.

2.1.5       Nutzung der Spielerkarte für Kundenbindung und Marketing

Es ist zu beachten, dass eine Spielerkarte nicht dem ausschließlichen Einsatz im Spielerschutz dient. Betreiber können ihre betreibereigenen Spielerkarten und die damit gewonnenen detaillierten Informationen über das Spielverhalten nicht nur für Spielerschutzzwecke, sondern (analog etwa zu Kundenkarten in Supermärkten) für Marketingzwecke und damit für potenziell besuchs- oder spielsuchtfördernde Maßnahmen nutzen.

Bisher sind weder in Landes- noch in Bundesgesetzen Details zur Ausgestaltung von Spielerkarten festgelegt, die etwa spielerschutzfördernde Maßnahmen festlegen oder spielsuchtfördernde Maßnahmen einschränken.

2.1.6       Zusammenfassung und Erkenntnisse

Zusammenfassend ist zu erkennen, dass die existierenden Spielerkartenlösungen der Betreiber sehr ähnliche Ansätze verfolgen. Allerdings sind die Lösungen im Detail (etwa hinsichtlich der Intensitätsschwellen oder der Dauer von Sperren) unterschiedlich ausgestaltet.

Eine Angleichung der Systeme würde die Transparenz für Spieler erhöhen und wäre für einen erhöhten Spielerschutz nützlich, sofern damit eine Nivellierung zu strengeren Standards erreicht würde.

Durch die Vorgabe der Umsetzung der aus Spielerschutzsicht als sinnvoll erachteten Funktionen könnte auf einfachem Weg zumindest betreiberspezifisch ein optimierter Spielerschutz erreicht werden. So könnten etwa Funktionen zur (proaktiven) Information des Spielers über seinen Spielstatus oder der zeitlichen und monetären Selbstbegrenzung vorgegeben werden.

Schließlich könnten durch einen Informationsaustausch einige Maßnahmen auch betreiberübergreifend wirksam werden. Zumindest die gesetzlich bereits vorgesehene Austauschverpflichtung zu Spielsperren und –beschränkungen sollte dafür möglichst zeitnah implementiert werden.

 

2.2      Internationale Entwicklung

Neben der Umsetzung betreiberspezifischer Spielerkarten am österreichischen Markt gibt es auch international relevante Entwicklungen. Während Nova Scotia/Kanada, seine Lösung kürzlich eingestellt hat, zeigt Norwegen Erfolge durch den Einsatz einer Spielerkarte auf und in Griechenland ist eine Einführung geplant.

2.2.1       Nova Scotia, Kanada

Als Pionier in der Entwicklung von Spielerkartensystemen erzielte die kanadische Provinz Nova Scotia/Kanada die ersten Erfolge für den Spielerschutz durch die Nutzung einer Spielerkarte. Nachdem die Nutzung der Spielerschutzlösung „MyPlay“ vorerst freiwillig war, wurde sie nach den positiven Erfahrungen im Jahr 2012 verpflichtend.

Es wurde dazu einerseits eine „full-enrollment card“ eingeführt, auf der der Name des Spielers zu finden war, andererseits wurde eine nicht personalisierte „light-enrollment card“ angeboten.

Dabei hat sich heraus gestellt, dass 99,9 % der Spieler das „light-enrollment“ wählten. Problemspieler umgingen die verhängten Spielsperren durch die Nutzung mehrerer Karten und Selbstbeschränkungen waren de facto wirkungslos. Letzten Endes waren für die geschätzte Anzahl von 100.000 Spielern über zwei Millionen Karten ausgegeben worden. Die verpflichtende Nutzung wurde also weitgehend unterlaufen und die von Experten und Spielern grundsätzlich als sinnvoll angesehenen Funktionen des Systems drastisch ausgehöhlt.

Mitte 2014 wurde das System eingestellt. Als Gründe wurden die hohen Kosten des Systems und die in Relation dazu niedrige Wirksamkeit in der Hilfe für Problemspieler angegeben.

Kritiker der Einstellung des Systems monierten, dass es sich um eine rein finanzielle Entscheidung handle. Der Grund für die mangelnde Wirksamkeit gegenüber Problemspielern sei durch Fehler in der Ausgestaltung entstanden und die Lösung habe durchaus präventive Wirkung erzielt.

Die auf fünf Jahre verteilten Kosten für die Errichtung und den Betrieb des Systems beliefen sich laut Angaben aus 2012 auf 18 Mio. EUR. Die Einnahmen aus dem Glücksspiel, die in Nova Scotia/Kanada direkt an den Staat gehen, sanken während des Einsatzes von 95 Mio. EUR auf 73 Mio. EUR, wobei die Rückgänge sowohl auf das Spielerschutzsystem als auch auf andere Maßnahmen rückführbar waren. Die offensichtlich inkonsequente Umsetzung der verpflichtenden Nutzung verursachte die mangelnde Wirksamkeit für Problemspieler. Das System hätte gemäß den Kritikern durch einfache Optimierungsmaßnahmen effektiver gestaltet werden können, etwa durch eine Personalisierung der Spielerkarte (Forcierung des „full-enrollments“). In diesem Zusammenhang wird von den Kritikern auch auf die Erfolge in Norwegen hingewiesen, wo die Zahl der Problemspieler landesweit stark gesunken sei.

Die Verletzung von Datenschutzbestimmungen wie der Diebstahl oder die Manipulation von Daten sind nicht bekannt.

Aus der Einstellung des Systems in Kanada lassen sich einige Erkenntnisse ableiten:

§ Eine nicht-personalisierte Spielerkarte auf freiwilliger Basis hat rein präventive Wirkung.

§ Für Problemspieler müssen personalisierte und verbindliche Maßnahmen (sowie Maßnahmen abseits einer Spielerkarte) vorgesehen werden.

§ Die Gegenüberstellung der Kosten gegenüber dem Nutzen für einzelne Funktionen muss vor Implementierung eingehend betrachtet und bei der Gestaltung einer Spielerkartenlösung berücksichtigt werden.

 

2.2.2       Norwegen

Im Gegensatz zu Nova Scotia/Kanada, ist die Nutzung einer Spielerkarte in Norwegen personalisiert und verpflichtend. Die Verantwortlichen in Norwegen sprechen von einem bedeutenden Erfolg bei der Senkung der Spielsucht durch das dort eingeführte Spielerkartensystem. Bezeichnend für das norwegische Modell sind die gesetzlich festgelegten Fremdbegrenzungen. Norwegen sieht mittlerweile zwei Automatentypen mit unterschiedlicher Verlustbegrenzung vor.

Aus den statistischen Daten konnte die Norwegian Gaming and Foundation Authority die folgenden Erkenntnisse gewinnen:

§ Ausgaben: Die monatlichen Verluste pro Spieler belaufen sich auf durchschnittlich 85 EUR beim einen bzw. 120 EUR beim anderen Automatentyp.

§ Fremdbegrenzung: Die gesetzlich vorgesehene monatliche Verlustbegrenzung von 310 EUR bzw. 490 EUR wird von 15 bzw. 12 % der Spieler erreicht.

§ Selbstbegrenzung: Zwischen 6 und 8 % der Spieler setzen sich niedrigere Verlustbegrenzungen als jene, die gesetzlich vorgesehen sind. Je nach Betrachtungszeitraum erreichen zwischen 12 und 27 % der Spieler ihre selbst gesetzten Begrenzungen.

§ Selbstsperre: 870 bzw. 239 Spieler schlossen sich selbst für einen begrenzten Zeitraum vom Spiel aus. 1.244 bzw. 783 Spieler schlossen sich selbst permanent vom Spiel aus.

Zur Messung des Erfolges der Spielerkartenlösung zieht Norwegen unter anderem die Anzahl der Anrufe bei der Helpline für Problemspieler heran. Diese senkte sich von 2.100 Anrufen im Jahr 2005 auf 657 Anrufe im Jahr 2008 und blieb seither konstant auf diesem Niveau.

Eine Studie zur Spielsuchtprävalenz in Norwegen im Herbst 2013 ergab, dass 22.000 Personen in Norwegen als Problemspieler oder pathologische Spieler, das sind 0,6 % der Bevölkerung. Eine zwischen 2009 und 2011 durchgeführte Studie zur Spielsuchtprävalenz in Österreich gab einen Anteil von 1,1 % bzw. 64.000 Spielern mit problematischem oder pathologischem Verhalten. Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass die in der Glücksspiel-Novelle 2010 getroffenen Maßnahmen in diesem Zeitraum weitgehend noch nicht wirksam waren.

Trotz der Personalisierung der Spielerkarte zeigt sich auch in Norwegen die Nutzung mehrerer Karten durch einzelne Spieler als Herausforderung. So gibt es Fälle, in denen Spieler die Karten ihrer Verwandten verwenden. Um dies zu vermeiden werden Datenanalysen durchgeführt und auffällige Spieler stichprobenartig kontrolliert, wobei nähere Details zu den Auswahlkriterien nicht öffentlich bekannt gegeben werden dürfen. Als Konsequenz bei der Entdeckung des Missbrauchs werden Spielerkarten (bzw. –konten) gesperrt.

Weiters erwägt Norwegen die Einführung zusätzlicher Werkzeuge für Problemspieler und die verpflichtende Nutzung weiterer Maßnahmen sowie die Erhöhung der Benutzerfreundlichkeit des Systems.

Auch in Norwegen sind keine Verletzungen von Datenschutzbestimmungen wie der Diebstahl oder die Manipulation von Daten bekannt.

2.2.3       Deutschland:

Der deutsche Glücksspielstaatsvertrag sieht vorerst die Einführung einer personenungebundenen Spielerkarte vor, also einer nicht identitätsbezogenen Spielerkarte). Diese soll lediglich eine Alterskontrolle und die Verhinderung des parallelen Spielens an mehreren Automaten vermeiden. Sie soll am 1. Jänner 2015 eingeführt werden.

In einem zweiten Schritt soll in Deutschland eine personengebundene Spielerkarte eingeführt werden, die stärker den in diesem Bericht gegenständlichen Ausführungen entspricht. Ein Zeitplan dafür ist allerdings derzeit nicht festgelegt.

Zusätzlich gibt es in Deutschland Maßnahmen hinsichtlich einer betreiberübergreifenden Spielsperre, die in Kapitel 2.4.1.1 näher betrachtet werden.

2.2.4       Griechenland

Auch in Griechenland sind Spielerschutzmaßnahmen anhand einer Spielerkarte geplant. Es sind dabei Funktionen zur Information für Spieler, Spielsperre (Selbst- und Fremdsperre) und Spielbeschränkung (Selbst- und Fremdbeschränkung) vorgesehen. Nähere Details zur technischen und organisatorischen Umsetzung sind derzeit allerdings noch nicht festgelegt.

 

2.3      Empfehlungen der Europäischen Kommission

Am 14. Juli 2014 wurden die Ergebnisse einer von der EU-Kommission beauftragten Verhaltensforschungs-Studie zur Untersuchung der Auswirkungen von Spielerschutzmaßnahmen im Online-Gaming auf der Homepage der EU-Kommission veröffentlicht. Da die untersuchten Funktionen den im ersten Bericht an den Nationalrat identifizierten Spielerschutzmaßnahmen weitgehend entsprechen, lassen sich die Erkenntnisse auch auf eine Spielerkartenlösung im Automatenglücksspiel anwenden.

Die Erkenntnisse lassen sich mit den im ersten Bericht an den Nationalrat empfohlenen Spielerschutzmaßnahmen vergleichen und die Wirksamkeit wird in den Ergebnissen der Studie und den Empfehlungen der EU-Kommission weitgehend bestätigt.

2.3.1       Ergebnisse der Studie

Gemäß der Studie[1] sind monetäre Beschränkungen und Alarmhinweise die bei weitem wirksamsten der getesteten Maßnahmen für den Spielerschutz. Dies gilt sowohl für fremd- als auch für selbstbestimmte Limitierungen. Die Laboruntersuchungen bestätigen eindeutig, dass diese Maßnahmen gute systematische Auswirkungen auf die Spielfrequenz und Einsatzhöhe haben, indem sie diese verlangsamen. Diese Effekte sind insbesondere bei einer Kombination dieser zwei Instrumente zu beobachten.

Selbstbeschränkungen kombiniert mit Informationen über die aktuellen Ausgaben und die Spielzeit können das vorzeitige Beenden des Spiels positiv beeinflussen. Darüber hinaus fördern gemäß der Studie selbst gesetzte Begrenzungen das „geistige Buchführen“ (mental accounting), indem Spieler dezidierte Budgets für spezifische Aktivitäten setzen und dadurch die Ausgaben unter Kontrolle bringen.

Alarmhinweise („push pop up“, im vorliegenden Bericht als „proaktive Information“ bezeichnet) mit Informationen über aktuelle Ausgaben und Spielzeit stören den Spielverlauf, wodurch der Spieler eher das Spiel unterbricht.

Zusammenfassend hält die Studie fest, dass die genannten Maßnahmen den Kern des Problems treffen, nämlich die Interaktion zwischen Mensch und Maschine, indem sie diese Interaktion verändern, stören oder unterbrechen und damit eine hohe Wirksamkeit hinsichtlich des Spielerschutzes bieten.

 

2.3.2       Empfehlungen der EU-Kommission

Abgeleitet aus den oben genannten sowie weiteren Ergebnissen der Studie gibt die EU-Kommission den Mitgliedsstaaten Empfehlungen[2] in Form von Mindeststandards, von denen in Zusammenhang mit dem gegenständlichen Bericht insbesondere die folgenden Relevanz aufweisen:

 

§  Spielerkonto und Warnsystem: Registrierungsverfahren zur Einrichtung von Spielerkonten einschließlich der Erfassung der Daten dazu sollen vorgesehen werden, um es den Betreibern zu ermöglichen, das Spielerverhalten zu verfolgen und, wenn nötig, einzuschreiten.

§  Selbsbeschränkung: Spieler sollen präventiv Kontrollmechanismen in die Hand bekommen, beispielsweise bei der Registrierung Ausgabenlimits festzusetzen, während des Spiels Informationen über Gewinne und Verluste zu erhalten und das Spiel zeitlich zu beschränken.

§  Informierter Spieler: Spieler sollen leichten Zugang zum Stand ihres Spielerkontos bekommen.

§  Proaktive Information: In regelmäßigen Abständen sollen Benachrichtigungen über Gewinne und Verluste und über die Gesamtdauer der Spielaktivität angezeigt werden.

§  Selbstsperre: Spieler sollen eine zeitlich begrenzte Sperre einrichten oder sich selbst ausschließen können.

§  Betreiberübergreifende Sperre: Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, ein nationales Selbstausschlussregister einzurichten.

§  Kein Zugang Minderjähriger: Minderjährige sollen keinen Zugang zum Glücksspielangebot haben.

 

2.4      Internationale Beispiele für eine übergreifende Spielsperre

Wie im Falle Nova Scotia/Kanada und aus den Empfehlungen der EU-Kommission ersichtlich, ist insbesondere hinsichtlich verbindlicher Maßnahmen wie einer Spielsperre oder auch einer Spielbeschränkung die betreiberübergreifenden Umsetzung von entscheidender Bedeutung für die Wirksamkeit für den Spielerschutz. Daher werden in diesem Kapitel die diesbezüglichen Lösungen in Deutschland und der Schweiz näher betrachtet.

2.4.1.1      Spielsperre in Deutschland

In Deutschland wird gemäß Staatsvertrag zum Glücksspielwesen ein übergreifendes Sperrsystem betrieben. Spielbanken und Veranstalter von Sportwetten und Lotterien mit besonderem Gefährdungspotential sperren Personen, die dies beantragen (Selbstsperre) oder von denen sie aufgrund der Wahrnehmung ihres Personals oder aufgrund von Meldungen Dritter wissen oder aufgrund sonstiger tatsächlicher Anhaltspunkte annehmen müssen, dass sie spielsuchtgefährdet oder überschuldet sind, ihren finanziellen Verpflichtungen nicht nachkommen oder Spieleinsätze riskieren, die in keinem Verhältnis zu ihrem Einkommen oder Vermögen stehen (Fremdsperre).[3]

Für Spielhallen (zu vergleichen mit den österreichischen Automatensalons oder Einzelaufstellungen) wurde das System bisher in den Bundesländern Hessen und Baden- Württemberg umgesetzt. Die Sperrdatei wird von der zuständigen Behörde des Landes Hessen geführt. Es werden darin folgende Daten gespeichert: Familiennamen, Vornamen, Geburtsnamen, Aliasnamen, verwendete Falschnamen, Geburtsdatum, Geburtsort, Anschrift, Lichtbilder, Grund der Sperre, Dauer der Sperre und meldende Stelle sowie die Dokumente, die zur Sperrung geführt haben.[4]

Technisch handelt es sich um ein IT-System bei dem Spielhallenbetreiber Sperren eintragen und automatisiert abfragen können. Aufgrund der hohen Sensibilität der Daten ist ein entsprechend hoher Schutzbedarf festgestellt und in der IT-Lösung anhand komplexer Sicherheitsmaßnahmen berücksichtigt worden. Betreiber dürfen auf das Sperrsystem nur mit einem Sicherheitszertifikat mit zweifacher Authentifizierung zugreifen. Weiters werden spezielle mathematische Verfahren unter Verwendung der Binärcodes zur Überprüfung (Hashwertverfahren) unter Verwendung eines Zufallswertes eingesetzt. Aufgrund der hohen Verfügbarkeitsanforderung ist die Hardware nahezu vollständig mehrfach vorhanden und es erfolgt eine intensive personelle Überwachung der Systeme 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche.

2.4.1.2      Spielsperre in der Schweiz

Auch in der Schweiz besteht ein Sperrsystem, dass es ermöglicht, Spieler über verschiedene Spielbankenbetreiber hinweg zu sperren. Es ist sowohl eine freiwillige Selbstsperre möglich als auch eine Fremdsperre, die ein Glücksspielbetreiber aus eigener Wahrnehmung heraus oder auf Hinweis Dritter verhängt. Eine solche Sperre kann nach frühestens einem Jahr auf schriftlichen Antrag hin aufgehoben werden. Letzteres erfordert ein schriftliches Gesuch sowie ein persönliches Gespräch. Die Sperre darf von Gesetzes wegen nur dann aufgehoben werden, wenn der Grund, der zur Spielsperre geführt hat, nachweisliche weggefallen ist.

In Art. 22 Abs. 5 des Spielbankengesetzes (SBG) ist festgehalten, dass die Spielbank Spielsperren in ein Register eintragen und den anderen Spielbanken die Identität der gesperrten Person mitteilen muss. Die IT-Lösung wird nicht von öffentlicher Hand sondern im Auftrag des Schweizerischen Casinoverbands betrieben. War das System (ähnlich wie in Deutschland) bis Ende 2010 noch auf einem zentralen Server eingerichtet, so wurde inzwischen aufgrund der hohen Verfügbarkeitsanforderungen ein „verteiltes“ System umgesetzt (Peer-To-Peer-Applikation).

In der Schweizer Spielbankenverordnung ist festgelegt, welche Daten die Spielbank bei einer Spielsperre registrieren darf: Name, Vorname, Geburtsdatum und Adresse der gesperrten Person, die Art der Sperre, das Ausstellungsdatum der Sperre und die Begründung der Sperre.

 

3.      Umsetzungsszenarien für Spielerschutzmaßnahmen

In diesem Kapitel werden die im Zusammenhang mit einer Spielerkarte als sinnvoll erachteten Spielerschutzmaßnahmen zusammengefasst und es wird aufgezeigt, welche Informationen für eine betreiberübergreifende Umsetzung dieser Maßnahmen notwendig sind. Auf dieser Grundlage werden vier Szenarien für eine (möglichst betreiberübergreifende) Implementierung beschrieben und bewertet.

 

3.1      Relevante Spielerschutzmaßnahmen für eine Spielerkartenlösung

Die folgende Aufzählung fasst zunächst die empfohlenen Spielerschutzmaßnahmen aus dem ersten Bericht an den Nationalrat zusammen:

§  „Informierter Spieler“: Durch die Bereitstellung von Informationen zur eigenen Spielzeit und Ausgaben wird dem Spieler ermöglicht, informierte Entscheidungen zu seinem Spielverhalten zu treffen.

§  Aktiv: Der Spieler kann einsehen, wie viel Zeit und Geld er am aktuellen Tag, Woche, Monat oder Jahr für das Spielen aufgewendet hat.

§  Pro-aktiv: Der Spieler erhält etwa bei der Überschreitung einer bestimmten Spielzeit pro-aktiv Informationen (z.B. Warnungen oder die Empfehlung zu einem Beratungsgespräch).

§  Selbstbegrenzung: Durch das Setzen von Beschränkungen durch den Spieler kann dieser seine Spielzeit und Ausgaben limitieren.

§  Freiwillige Selbstbegrenzung: Der Spieler kann sich selbst zeitliche und monetäre Limits pro Tag, Woche, Monat oder Jahr setzen.

§  Verpflichtende Selbstbegrenzung: Der Spieler muss sich jedenfalls bei der Registrierung selbst Grenzen setzen.

§  Spielsperren: Durch eine Sperre wird der Spieler zeitlich begrenzt oder permanent vom Spiel ausgeschlossen.

§ Selbstsperre: Der Spieler kann sich selbst für eine bestimmte Dauer vom Spiel ausschließen.

§ Fremdsperre: Der Spieler wird gegen den eigenen Willen gesperrt, zB durch den Betreiber. Die Rahmenbedingungen dafür sind bereits derzeit in § 25 Abs. 3 Z 1 lit. b und Z 2 lit. c GSpG sowie § 5 Abs. 4 lit. a Z 3 und lit. b Z 3 GSpG gesetzlich vorgesehen.

Darüber hinaus sind derzeit zwei gesetzliche Bestimmungen hinsichtlich einer möglichen Fremdbegrenzung vorgesehen:

§  Zeitliche Fremdbegrenzung: In Einzelaufstellungen ist gemäß § 5 Abs. 5 Z 7 GSpG eine höchstzulässige Tagesspieldauer von drei Stunden je Spielteilnehmer innerhalb von 24 Stunden vorgesehen.

§  Fremdbegrenzung der Anzahl der Besuche: § 25 Abs. 3 Z 1 lit. b und Z 2 lit. c GSpG legt unter bestimmten Bedingungen die Beschränkung der Anzahl der Besuche fest.

3.2      Austauschverpflichtung

Es ist festzustellen, dass die im vorherigen Kapitel angeführten Maßnahmen jedenfalls auch betreiberspezifisch Nutzen für den Spielerschutz erzielen können (und teilweise auch bereits umgesetzt sind). Ein optimaler Nutzen kann allerdings nur durch eine bundesweit betreiberübergreifende Umsetzung erreicht werden. Grundlage dafür könnte die gesetzlich bereits vorgesehene Austauschverpflichtung sein.

§ 5 Abs. 4 lit a Z 8 GSpG sieht die „Teilnahme an einer vom Bundesgesetzgeber den Grundsätzen des Datenschutzrechts entsprechend noch vorzusehenden Austauschverpflichtung von Daten über Besuchs- und Spielsperren oder -beschränkungen zwischen Glücksspielanbietern“ vor.

Anzumerken ist, dass diese Austauschverpflichtung derzeit gesetzlich nur für Automatensalons und VLT-Outlets (siehe § 12a Abs. 3 GSpG) vorgesehen ist, nicht allerdings für Einzelaufstellungen oder Spielbanken. Nähere Festlegungen hinsichtlich der Austauschverpflichtung sind derzeit nicht vorhanden.

Die Austauschverpflichtung hat einstweilen auch in Landesgesetzen Niederschlag gefunden:

§  Kärntner Spiel- und Glücksspielautomatengesetz, § 9 Abs. 2 lit. e Z 12: „Die Kapitalgesellschaft muss durch geeignete Nachweise darlegen, dass sie an der gemäß § 5 Abs. 4 lit a Z 8 GSpG vorgesehenen Austauschverpflichtung von Daten über Besuchs- und Spielsperren oder Spielbeschränkungen zwischen Glücksspielanbietern teilnimmt.“

§  NÖ Spielautomatengesetz, § 4 Abs. 3 Z 7: „Der Betrieb von Glücksspielautomaten darf nur bei Teilnahme an einer bundesrechtlich vorgeschriebenen Austauschverpflichtung von Daten über Sperren und Beschränkungen von spielenden Personen zwischen Glücksspielanbietern erfolgen.“

§  Steiermärkisches Glücksspielautomaten- und Spielapparategesetz, § 6 Abs. 1 Z 2 lit. e: Einzubringen ist ein „[…] Nachweis dass eine Teilnahme an der gemäß § 5 Abs. 4 lit a Z 8 GSpG vorgesehenen Austauschverpflichtung von Daten über Besuchs- und Spielsperren oder Spielbeschränkungen zwischen Glücksspielanbietern sichergestellt ist“.

Im Zuge der Stellungnahmen zur Regierungsvorlage der Glücksspielgesetz-Novelle 2010 hat der Datenschutzrat unter anderem zu der gesetzlich vorgesehenen Austauschverpflichtung Stellung bezogen. Dabei wurde unter anderem festgehalten, dass es sich bei Daten über eine Spielsucht um Gesundheitsdaten und damit aus datenschutzrechtlicher Sicht um sensible Daten handelt und dazu ausgeführt:

Eine allfällige Übermittlung der gesamten Sperrlisten im Rahmen einer Austauschverpflichtung von einem Glücksspielanbieter zu einem anderen hätte zudem die Folge, dass sensible Daten von Betroffenen selbst in jenem Fall an andere Glücksspielanbieter übermittelt werden, in dem der Betroffene noch nie im Automatensalon des die Sperrliste empfangenden Glücksspielanbieters gespielt hat bzw. auch nie dort spielen wird. Nachdem nicht erkennbar ist, wozu ein Glücksspielanbieter vorab schon die Daten aller gesperrten Spieler benötigt, ist eine solche Übermittlung im Lichte des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes aus datenschutzrechtlicher Sicht in der vorgeschlagenen Form nicht zulässig. Eine solche Austauschverpflichtung würde daher eindeutig den Vorgaben des DSG 2000 und der Datenschutz-Richtlinie 95/46/EG widersprechen und genügt keinesfalls den datenschutzrechtlichen Erfordernissen.

Aus datenschutzrechtlicher Sicht sollte ein Glücksspielanbieter nur dann eine Information eines (von einem anderen Glücksspielanbieter) gesperrten Spielers erhalten, wenn der konkrete Spieler Zutritt zu seinem Automatensalon haben will. Zu diesem Zweck sollte gesetzlich die Errichtung einer Datenbank in Form eines beim Bundesministerium für Finanzen als Aufsichtsbehörde und Betreiber zentral eingerichteten Informationsverbundsystems iSd § 4 Z 13 DSG 2000 vorgesehen werden, an die die verschiedenen Glücksspielanbieter als Auftraggeber jeweils die Spielersperren bzw. die Aufhebungen solcher Sperren übermitteln. Spielern soll die Möglichkeit eingeräumt werden sich selbst sperren zu lassen. Die Abfrage der Datenbank darf sodann für einen Glücksspielanbieter jeweils nur im Rahmen des Informationsverbundsystems und jeweils nur bei der Zutrittskontrolle auf den konkreten Spieler bezogen zulässig sein. Weiters sollten für das Informationsverbundsystem nur jene Daten des gesperrten Spielers erfasst werden, die für eine eindeutige Identifikation erforderlich sind, wie der Vor- und Familienname bzw. Nachname, das Geburtsdatum, die Wohnadresse und die Staatsbürgerschaft.“

 

3.3      Betreiberunabhängigkeit und Datenaustausch

Für eine nähere Untersuchung von Umsetzungsszenarien ist zunächst eine Betrachtung des Begriffs „Betreiberunabhängigkeit“ notwendig. Dazu spielen insbesondere die folgenden Aspekte eine Rolle:

§  Kartenverwaltung: Die physische Produktion und Ausgabe der Spielerkarte kann (mit einer im weiteren Verlauf noch aufzuzeigenden Ausnahme) in allen Umsetzungsszenarien wahlweise durch Bund, Länder oder den Betreiber erfolgen, ohne dass dies aus datenschutzrechtlicher Sicht oder Kostenperspektive signifikante Relevanz erlangen würde.

§  Datenverwaltung: Die Speicherung und der Austausch von Daten über den Spieler und dessen Spielverhalten haben hingegen ob deren Sensibilität sowie der Auswirkungen auf die Kosten eine sehr hohe Bedeutung. Sie werden daher in den folgenden Kapiteln in den Mittelpunkt gestellt.

Aufgrund der besonderen Relevanz der Datenverwaltung ist nachfolgend festgehalten, welche Informationen für die Umsetzung der in Kapitel 3.1 genannten Spielerschutzmaßnahmen gespeichert bzw. ausgetauscht werden müssten und welche Spielerschutzmaßnahmen damit jeweils ermöglicht werden:

1.    Informationen zu einer Spielsperre, um eine (betreiberübergreifende) Selbst- und Fremdsperre zu ermöglichen.

2.    Informationen zur Anzahl der Besuche, um eine (betreiberübergreifende) Beschränkung der Anzahl der Besuche zu ermöglichen.

3.    Informationen zur augenblicklichen Spielzeit und Ausgaben, um eine (betreiberübergreifende) Information und Beschränkung der Spielzeit und Ausgaben zum aktuellen Zeitpunkt (pro Tag, Woche, Monat, Jahr) zu ermöglichen.

 

3.4      Umsetzungsszenarien

In diesem Kapitel werden vier Szenarien aufgezeigt, anhand derer die genannten Spielerschutzmaßnahmen umgesetzt werden könnten:

1.    Betreiberunabhängiger Datenaustausch über die Anbindung an das BRZ

2.    Betreiberunabhängiger Datenaustausch über die Spielerkarte

3.    Betreiberunabhängiger Datenaustausch über ein zentrales Register

4.    Betreibereigener Datenaustausch durch die Betreiber

 

Anzumerken ist, dass zusätzlich zu jedem der beschriebenen Szenarien über die Anbindung an das BRZ eine anonymisierte statistische Speicherung und Auswertung von Spieldaten zu wissenschaftlichen Zwecken möglich wäre (siehe Kapitel 3.6).

 

3.4.1       Szenario 1: Betreiberunabhängiger Datenaustausch über die Anbindung an das BRZ

Das erste Szenario basiert auf der bereits gesetzlich vorgesehenen Anbindung aller Glücksspielautomaten und Video Lotterie Terminals (VLT) an das BRZ.

Datenaustausch und -speicherung erfolgen hier betreiberunabhängig. Die Daten werden anonymisiert im für die Anbindung an das BRZ errichteten zentralen Kontrollsystem des BMF gespeichert. Der Datenaustausch erfolgt direkt mit den Glücksspielautomaten bzw. VLT.

Ablauf: Zu Beginn jeder Spielsession (nach Einführen der Karte) werden die relevanten Daten (aktuelle Spielzeit, Ausgaben, das Vorliegen einer Sperre oder Beschränkung) direkt vom Automaten im zentralen Kontrollsystem geprüft. Am Ende jeder Spielsession (vor Entnahme der Karte) werden die hinzugekommene Spielzeit und die Ausgaben der Session an das zentrale System übermittelt. Zur Identifikation des Spielers könnten in diesem Szenario die weitgehend bereits vorhandenen betreiberspezifischen Spielerkarten herangezogen werden.

Funktionalität: In diesem Szenario sind alle in Kapitel 3.1 aufgezeigten Spielerschutzmaßnahmen betreiberübergreifend umsetzbar.

Umsetzung: Die technische Komplexität dieses Szenarios ist als äußerst hoch zu bewerten. Es bestünde eine unbedingte Abhängigkeit des Spielgeschehens vom zentralen Kontrollsystem und ein Ausfall würde die Bespielbarkeit aller Automaten und VLT unterbinden. Eine derartige Abhängigkeit ist in der Anbindung der Glücksspielautomaten und VLT an das BRZ derzeit bewusst nicht vorgesehen. Aufgrund der großen in Echtzeit auszutauschenden Datenmengen sowie der hohen Anforderungen an die Ausfallsicherheit wäre mit sehr hohen Kosten im Betrieb des Systems zu rechnen. Bei einem allfälligen Ausfall des Systems bestünde darüber hinaus die Gefahr von Regressforderungen aufgrund entgangener Umsätze seitens der Betreiber.

 

3.4.2       Szenario 2: Betreiberunabhängiger Datenaustausch über die Spielerkarte

Im Mittelpunkt dieses Szenarios steht die Spielerkarte selbst.

Datenaustausch und -speicherung sind auch in diesem Szenario betreiberunabhängig. Die Spielerkarte wird allerdings nicht nur zur Identifikation, sondern auch als Speichermedium verwendet. Alle für eine betreiberübergreifende Umsetzung der Spielerschutzmaßnahmen notwendigen Informationen werden auf der Karte gespeichert und bleiben damit beim Spieler.

Besonders zu betrachten ist in diesem Szenario allerdings die Funktion der Spielsperre. Diese könnte bei alleiniger Speicherung auf der Karte sehr einfach umgangen werden, etwa indem Spieler angeben, die Karte verloren zu haben (siehe auch die Erfahrungen in Nova Scotia/Kanada). Daher wäre eine zentrale Speicherung von Spielsperren in einem zentralen Register (ähnlich Szenario 3) oder bei den Betreibern (Szenario 4) zielführend.

Ablauf: Nach Einführen der Spielerkarte in den Glücksspielautomaten werden die relevanten Daten direkt von der Karte gelesen und vor Entnahme der Karte (am Ende der Spielsession) werden gespielte Zeit und Ausgaben auf die Karte geschrieben.

Funktionalität: Auch in diesem Szenario sind alle Funktionen aus Kapitel 3.1 umsetzbar.

Umsetzung: Eine mit Szenario 1 vergleichbare Abhängigkeit von einem zentralen System wäre nicht gegeben, die technische Komplexität allerdings dennoch relativ hoch. In Österreich bestehen derzeit keine vergleichbaren Lösungen und auch international kommt dieses Szenario kaum zum Einsatz. Da ein Spieler in diesem Szenario dieselbe physische Karte bei allen Betreibern verwendet, ist hier die Produktion und Verwaltung von betreiberneutralen Spielerkarten notwendig. Für eine wirksame Spielsperre bedürfte es zusätzlich einer Umsetzung der Austauschverpflichtung analog zu Szenarien 3 oder 4.

 

3.4.3       Szenario 3: Betreiberunabhängiger Datenaustausch über ein Register

Das dritte Szenario entspricht der Umsetzung der gesetzlich vorgesehenen Austauschverpflichtung anhand eines vom Bund geführten Informationsverbundsystems. Es beschränkt sich auf eine betreiberübergreifende Wirkung der wichtigsten Spielerschutzmaßnahmen (Spielsperre und Besuchsbeschränkung), wobei weitere Funktionen betreiberspezifisch möglich wären. Das Szenario ist mit dem in Kapitel 2.4.1.1 beschriebenen Sperrsystem in Deutschland vergleichbar.

Datenaustausch und -speicherung sind betreiberunabhängig und erfolgen in einem durch den Bund geführten Register. Es bedarf hier im Grunde keiner physischen Spielerkarte, wenngleich sie insbesondere im Falle der Einzelaufstellungen de facto die wahrscheinlichste Form der Zutrittskontrolle ist.

Ablauf: Beim Zutritt fragt der Betreiber im zentralen Register ab, ob eine Spielsperre vorliegt und ob die Anzahl der Besuche des Spielers über einer eventuellen Besuchsbeschränkung liegt. Umgekehrt meldet der Betreiber den Besuch sowie eventuell verhängte Besuchsbeschränkungen oder eine Spielsperre im Sinne der gesetzlich vorgesehenen Austauschverpflichtung an das zentrale Register. Alle Abfragen im Register durch die Betreiber werden protokolliert, um sie im Falle eines missbräuchlichen Zugriffs nachvollziehbar machen zu können.

Funktionalität: In diesem Szenario sind betreiberübergreifend nur eine Spielsperre und eine Besuchsbeschränkung umsetzbar. Weitere in Kapitel 3.1 vorgesehene Funktionen (informierter Spieler, zeitliche und monetäre Selbstbegrenzung) wären allerdings durch die Vorgabe von Funktionen an Betreiber zumindest betreiberspezifisch möglich.

Umsetzung: Die technische Komplexität ist gegenüber Szenario 1 und 2 deutlich geringer. Es ist allerdings auch hier eine äußerst hohe Ausfallsicherheit zu gewährleisten, da im Falle eines Ausfalls des zentralen Registers kein Zutritt in ein Spiellokal erfolgen kann. Die notwendige Verfügbarkeit von 24 Stunden an sieben Tagen der Woche führt zu beachtlichen Betriebskosten.

 

3.4.4       Szenario 4: Betreiberabhängiger Datenaustausch durch Betreiber

Im letzten Szenario wird die gesetzlich vorgesehene Austauschverpflichtung durch die Betreiber selbst umgesetzt. Dies kann wie in der Abbildung rechts dargestellt durch einen Datenaustausch direkt zwischen den Datenbanken der einzelnen Betreiber (ohne Informationsverbundsystem) oder durch ein von den Betreibern (etwa im Wege eines Dachverbandes) eingerichtetes Informations-verbundsystem erfolgen.

Datenaustausch und -speicherung sind in diesem Szenario betreiberabhängig. Die Daten der Besucher der eigenen Standorte werden in den betreibereigenen Datenbanken gespeichert und bei Zutritt eines Besuchers an einem Standort eines anderen Betreibers in einer zu definierenden Form abgefragt. Wie der Datenschutzrat in seiner Stellungnahme zur Glücksspielgesetz-Novelle 2010 festgehalten hat (siehe Kapitel 3.2) ist dabei die Einhaltung von Datenschutzbestimmungen entscheidend. Insbesondere muss sichergestellt werden, dass ein Betreiber nur auf die Daten eines anderen Betreibers zugreifen darf, wenn ein Spieler Zutritt am eigenen Standort begehrt. Dies könnte analog zu Szenario 3 über die Vorgabe einer Zugriffsprotokollierung erreicht werden.

Der Ablauf ähnelt Szenario 3, wobei Abfrage und Meldung nicht in einem vom Bund geführten Informationsverbundsystem erfolgt, sondern über direkten Austausch zwischen den Betreibern.

Funktionalität: Die Funktionen sind abhängig von der Umsetzung durch die Betreiber, es sollten allerdings mindestens der bereits gesetzlich vorgesehene Austausch von Informationen zu Spielsperre und -beschränkungen umgesetzt werden. Wie in Szenario 3 wären durch die Vorgabe von Mindeststandards weitere Funktionen (informierter Spieler, zeitliche und monetäre Selbstbegrenzung) zumindest betreiberspezifisch möglich.

Umsetzung: Die Herausforderung in diesem Szenario ist die Übereinkunft der Betreiber über den technischen Datenaustausch sowie die Einhaltung von Datenschutzbestimmungen. Für den Bund entsteht kein technischer Aufwand, wenngleich (wie im Übrigen in den anderen Szenarien auch) die Kontrolle der Einhaltung der Vorgaben essenziell ist.

 


3.5      Bewertung der Szenarien

Zur Bewertung der einzelnen Szenarien werden in Tabelle die Vor- und Nachteile aufgeführt.

Szenario

Vorteile

Nachteile

1

§ Vollständige betreiberübergreifende Funktionalität

§ Hohe technische Komplexität

§ Hohe Kosten

§ Sehr hohe Abhängigkeit des Spielbetriebs vom zentralen System

2

§ Vollständige betreiberübergreifende Funktionalität

§ Datenschutz: Daten bleiben beim Spieler

§ Hohe technische Komplexität

§ Wenig internationale Erfahrung

§ Zentrale Kartenproduktion und -verwaltung notwendig

3

§ Geringe technische Komplexität

§ Gutes Kosten-Nutzen-Verhältnis

§ Zentrale Einrichtung eines Registers notwendig

§ Nur teilweise betreiber-übergreifende Funktionalität

4

§ Kein zentraler Verwaltungs-aufwand

§ Gutes Kosten-Nutzen-Verhältnis

§ Verantwortlichkeit der Betreiber (Verursacherprinzip)

§ Umsetzung ist abhängig von Betreibern

 

Aufgrund der Betrachtung der Vor- und Nachteile wird empfohlen, die Umsetzung der gesetzlich vorgesehenen Austauschverpflichtung hinsichtlich Spielsperre und Besuchsbeschränkung vorerst anhand von Szenario 4 durch die Betreiber rasch voranzutreiben. Sollte eine spätere Evaluierung Mängel in der Umsetzung aufzeigen, so könnte in einem weiteren Schritt auf ein betreiberunabhängiges Register (Szenario 3) umgestellt werden.

Darüber hinaus sollten die weiteren empfohlenen Funktionen (informierter Spieler, Selbstbegrenzung) vorerst betreiberspezifisch umgesetzt werden. Sollte in einer späteren Evaluierung mangelnde Wirksamkeit festgestellt werden, so könnte in weiterer Folge eine betreiberübergreifende Umsetzung anhand der Szenarien 1 oder 2 angestrebt werden.


3.6      Anonymisierte Speicherung und Auswertung statistischer Daten

Unabhängig von den beschriebenen Umsetzungsszenarien könnten über die Anbindung an das BRZ jedenfalls anonymisiert statistische Informationen gesammelt und für Auswertungen herangezogen werden. Diese könnten zur wissenschaftlichen Untersuchung des Spielverhaltens, zur Beurteilung bestehender Spielerschutzmaßnahmen sowie als Basis zur Entwicklung und/oder Bewertung möglicher zukünftiger Maßnahmen herangezogen werden.

Informationen, die bereitgestellt werden könnten, wären etwa die durchschnittliche Spielzeit, der Umsatz, der Verlust und die Besuchsfrequenz von Spielern, das Spielverhalten in bestimmten Spielsequenzen sowie die Auswertung nach Bundesland, Bezirk, PLZ oder Standort.

In der nächsten Novelle der Automatenglücksspielverordnung könnten die dafür notwendigen technischen Vorgaben für Glücksspielautomaten getroffen werden.

3.7      Anwendbarkeit bei Lebendspiel, Online-Gaming und Sportwetten

Der Fokus dieses Berichts liegt zwar auf dem Automatenglücksspiel, die behandelten Spielerschutzmaßnahmen sind allerdings selbstverständlich auch auf andere Formen des Glücksspiels wie das Lebendspiel in Spielbanken oder die Elektronischen Lotterien (Online-Gaming) sowie auf geschicklichkeits-/kenntnisdominierte Bereiche wie etwa Sportwetten anwendbar.

In allen genannten Szenarien könnte der Informationsaustausch über Spielsperren und -beschränkungen jedenfalls auch beim Zutritt in Spielbanken, in Sportwetten-Lokale oder beim Anmelden zu Online-Angeboten herangezogen werden. Beim Online-Gaming und unter Umständen auch bei Sportwetten könnten in den Szenarien 1 und 2 potenziell auch Daten zu Spielzeit und Ausgaben ausgetauscht werden.

3.8      Herausforderungen in der Umsetzung

Die im ersten Bericht an den Nationalrat festgestellten Herausforderungen gelten selbstverständlich weiterhin.

Hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit ist insbesondere angesichts der in Kapitel 2.2.1 dargestellten Situation in Nova Scotia/Kanada, ein starkes Augenmerk auf die richtige Ausgestaltung einer Lösung und eine Kosten-Nutzen-Betrachtung der betreiberübergreifenden Umsetzung einzelner Maßnahmen zu legen. Je nach Umsetzungsszenario entstehen unterschiedlich hohe technische und organisatorische Kosten. Darüber hinaus ist ein Einnahmenausfall für Bewilligungsinhaber sowie für Bund und Länder nicht auszuschließen. Festzulegen wäre auch, wer die Kosten für die Umsetzung zu tragen hat. Möglich wäre etwa, dass die Kosten analog zu § 2 Abs. 3 GSpG von den Betreibern zu tragen, also durch die konzessions- und bewilligungserteilenden Behörden den Konzessionären und Bewilligungsinhabern bescheidmäßig vorzuschreiben und für die Bewilligungsinhaber von Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten dem Bund zu erstatten wären.

Weiters sind zahlreiche rechtliche Fragen zu berücksichtigen. Aufgrund der Speicherung und des Austauschs sensibler Daten zu Spielern sind in potenziell zu entwickelnden IT-Systemen datenschutzrechtliche Vorgaben einzuhalten. Darüber hinaus sind Amtshaftungsfragen und der mögliche Eingriff in die Geschäftsfähigkeit von Spielern durch Spielsperren zu berücksichtigen. Nicht zuletzt ist zu beachten, dass die Verantwortlichkeit des Betreibers für den Spielerschutz nach dem Verursacherprinzip aufrecht erhalten bleibt.

In der Debatte über den ersten Bericht in Ausschuss und Plenum des Nationalrats wurde als weitere Herausforderung insbesondere der Umgang mit ausländischen Gästen aufgeworfen. Es kann festgestellt werden, dass ausländische Gäste in allen vier dargestellten Szenarien grundsätzlich gleich behandelt werden können wie Spieler mit einer Wohnadresse im Inland. Ausländische Gäste müssen ebenfalls einen Lichtbildausweis vorweisen und eine Spielerkarte erhalten, wobei dies in den technischen Systemen je nach Form der Umsetzung berücksichtigt werden muss, da beispielsweise keine Abfrage im Zentralen Melderegister möglich wäre. Die in § 25 Abs. 3 GSpG vorgesehenen einschränkenden Maßnahmen (Spielsperre, Besuchsbeschränkung) beziehen sich auf Staatsbürger eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes. Da die darüber hinaus gehenden empfohlenen Maßnahmen dieses Berichts reinen Informations- und Servicecharakter für den Spieler enthalten und damit keine weiteren beschränkenden Maßnahmen empfohlen sind, ist ein Einfluss auf den Umsatz von ausländischen Gästen nicht zu erwarten.


4.      Zusammenfassung

Die in der Glücksspielgesetz-Novelle 2010 festgelegte Neuordnung des „kleinen Glücksspiels“ und die damit einhergehenden Maßnahmen für den Spielerschutz sind inzwischen weitgehend umgesetzt. Das rege internationale Interesse an der Anbindung von Glücksspielautomaten und Video Lotterie Terminals an das BRZ reicht von den USA über europäische Länder bis zur EU-Kommission und bestätigt die im internationalen Vergleich führende Rolle bei der Kontrolle des automatenbasierten Glücksspiels. Eine Evaluierung dieser und weiterer Maßnahmen ist dem begleitend zu diesem Bericht vorgelegten Evaluierungsbericht zu entnehmen.

Hinsichtlich des Einsatzes von Spielerkarten für den Spielerschutz sind seit dem ersten Bericht an den Nationalrat im Jahr 2012 bedeutende Entwicklungen zu erkennen, sowohl international als auch in Österreich. So haben inzwischen alle österreichischen Betreiber von Einzelaufstellungen und Automatensalons sowie Spielbanken und VLT-Outlets betreiberspezifische Spielerkartenlösungen im Einsatz oder planen deren Einführung. Die bekannten Lösungen weisen zahlreiche Gemeinsamkeiten in deren Spielerschutzmaßnahmen auf, aber auch Unterschiede, etwa bezüglich der Kriterien zur Einstufung des Spielers im jeweiligen Warnsystem oder der Dauer von Selbst- und Fremdsperren.

International zeigt in Norwegen der Einsatz eines Spielerkartensystems beeindruckende Erfolge und Griechenland plant die verpflichtende Einführung einer Spielerkarte. Andererseits zeigt der Fall des Pioniers Nova Scotia/Kanada, dass Fehler in der Ausgestaltung zu hohen Kosten bei geringem Nutzen führen können. Das Spielerkartensystem in Nova Scotia/Kanada wurde daher kürzlich außer Betrieb genommen. Zwar ist auch in Kanada die präventive Wirksamkeit freiwilliger Spielerschutzmaßnahmen (informierter Spieler, Selbstbeschränkung) weiterhin unbestritten, doch aufgrund schwerwiegender Fehler in der Umsetzung der Spielerkartenlösung zeigten die getroffenen Maßnahmen für Problemspieler (Selbst- und Fremdsperre und Fremdbegrenzung) geringen Nutzen. Dass die im ersten Bericht an den Nationalrat empfohlenen Spielerschutzmaßnahmen bei richtiger Gestaltung hochwirksam sein können, wird einstweilen unter anderem durch eine Studie der EU-Kommission bestätigt.

Die wiederholt bestätigte Wirksamkeit bestimmter Spielerschutzmaßnahmen und bestehende gesetzliche Bestimmungen legen die Umsetzung folgender Funktionen im Zusammenhang mit Spielerkarten in Österreich nahe:

§  „Informierter Spieler“: Durch (ggf. pro-aktive) Bereitstellung von Informationen zu Spielzeit und Ausgaben wird dem Spieler ermöglicht, informierte Entscheidungen zu seinem Spielverhalten zu treffen.

§  Selbstbegrenzung: Durch das (ggf. verpflichtende) Setzen von Selbstbeschränkungen seitens des Spielers kann dieser seine Spielzeit und Ausgaben pro Tag, Woche, Monat oder Jahr limitieren.

§  Fremdbegrenzung: Durch die bereits vorgesehene gesetzliche Beschränkung der Tagesspieldauer in Einzelaufstellungen auf drei Stunden innerhalb von 24 Stunden und die durch den Betreiber unter bestimmten Bedingungen auszusprechende Beschränkung der Besuchsanzahl kann die Spielintensität des Spielers limitiert werden.

§  Spielsperren: Durch eine Selbstsperre kann der Spieler aus eigenem Willen, durch eine Fremdsperre auf Initiative des Betreibers zeitlich begrenzt oder permanent vom Spiel ausgeschlossen werden.

Während selbst eine betreiberspezifische Umsetzung dieser Funktionen anhand einer Spielerkartenlösung jedenfalls als sinnvoll erachtet werden kann, ist eine optimale Wirksamkeit nur bei betreiberübergreifender Umsetzung gegeben. Insbesondere Spielsperre und Besuchsbeschränkung sind nur betreiberübergreifend sinnvoll, da Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten ansonsten zwischen Betreibern wechseln könnten. In vier Umsetzungsszenarien wurde unter Berücksichtigung von Kosten-Nutzen-Aspekten die möglichst betreiberübergreifende Umsetzung aller genannten Funktionen geprüft. In allen Szenarien (mit Ausnahme des Szenario 2) können als physische Identifikationsmittel die bestehenden Spielerkarten der Betreiber verwendet werden.

Im ersten Szenario handelt es sich um einen betreiberunabhängigen Datenaustausch über die Anbindung an das BRZ. Dies ermöglicht die betreiberübergreifende Umsetzung aller empfohlenen Funktionen, birgt allerdings eine hohe technische Komplexität und ist mit hohen Kosten verbunden. Es bestünde eine enge Abhängigkeit zwischen Spielbetrieb und dem zentral betriebenen System, was eine äußerst hohe Ausfallsicherheit und Begleitrisiken bedingen würde.

Szenario 2 beschreibt einen betreiberunabhängigen Datenaustausch über die Spielerkarte selbst. Indem alle notwendigen Daten auf der Spielerkarte gespeichert würden, wäre auch hier die Umsetzung aller Funktionen möglich. Auch hier sind technische Komplexität und Kosten hoch, wobei die Abhängigkeit von einem zentralen System geringer wäre. Um die Umgehung einer Spielsperre durch Kartentausch zu verhindern (siehe Nova Scotia/Kanada), müsste allerdings ein zusätzlicher Datenaustausch analog zu Szenario 3 oder 4 erfolgen.

Das dritte Szenario zeigt einen betreiberunabhängigen Datenaustausch über ein vom Bund geführtes zentrales Register auf. Es setzt die gesetzlich vorgesehene Austauschverpflichtung anhand eines vom Bundesministerium für Finanzen geführten Informationsverbundsystems um und ermöglicht die betreiberübergreifende Umsetzung der wichtigsten Funktionen (Spielsperre und Besuchsbeschränkung). Weitere Funktionen könnten betreiberspezifisch umgesetzt werden. Aufgrund der reduzierten Funktionalität stellt sich die Komplexität geringer dar, die Anforderungen an die Verfügbarkeit sind allerdings dennoch hoch, da bei einem Ausfall des Systems der Zutritt zu Spielstätten nicht möglich wäre. Auch hier bestehen hohe Anforderungen an die Ausfallsicherheit und Begleitrisiken.

In Szenario 4 erfolgt der Datenaustausch betreiberabhängig, die Austauschverpflichtung wird also direkt zwischen den Betreibern umgesetzt. Dies könnte direkt zwischen den Datenbanken der Betreiber oder über ein (etwa von einer betreiberübergreifenden Dachorganisation geführtes) Informationsverbundsystem erfolgen. Die umsetzbare Funktionalität entspricht weitgehend Szenario 3. Da ein zentral vom Bund geführtes Register entfällt, verbleiben Verantwortung und Aufwand ganz bei den Betreibern.

Aus datenschutzrechtlicher Sicht sind grundsätzlich alle vier Szenarien umsetzbar, wobei in der Umsetzung jedenfalls auf die Einhaltung des Datenschutzgesetzes geachtet werden muss.

Zusammenfassend lassen sich aus den nationalen und internationalen Entwicklungen sowie den betrachteten Umsetzungsszenarien drei Empfehlungen ableiten.

1.  Jedenfalls sollte die gesetzlich oder konzessionsrechtlich vorgesehene Austauschverpflichtung hinsichtlich der diesbezüglich wichtigsten Spielerschutzmaßnahmen (Spielsperre und Besuchsbeschränkung) rasch umgesetzt werden. Um den Aufwand möglichst gering zu halten und mit dem Ziel, den Betreibern weiterhin die Verantwortung für den Spielerschutz aufzulegen, sollte vorerst die Umsetzung durch die Betreiber selbst (Szenario 4) vorangetrieben werden. Die Austauschverpflichtung sollte letztlich im gesamten automatenbasierten Glücksspiel zur Anwendung gelangen. Sollte eine spätere Evaluierung Mängel in der Umsetzung aufzeigen, so könnte in einem weiteren Schritt ein betreiberunabhängiges Register (Szenario 3) umgesetzt werden.

2.  Weiters sollten die Betreiber dazu bewegt werden, die weiteren empfohlenen Funktionen (informierter Spieler, Selbstbegrenzung) anhand der bereits eingesetzten Spielerkarten vorerst betreiberspezifisch umzusetzen. Sollte in einer späteren Evaluierung mangelnde Wirksamkeit festgestellt werden, so könnte in weiterer Folge eine betreiberübergreifende Umsetzung anhand der Szenarien 1 oder 2 angestrebt werden. Darüber hinaus sollten die Betreiber die technischen Voraussetzungen für eine eventuell zukünftig vorzusehende Erhebung statistischer Daten über die Anbindung an das BRZ vorsehen.

3.  Um Transparenz und Schutz für Spieler zu erhöhen, sollte angestrebt werden, die bereits vorhandenen Spielerschutzmaßnahmen der Betreiber (zB die Intensitätsschwellen in ihren abgestuften Warnsystemen, Systeme zur Selbstüberwachung) anzugleichen und in Richtung eines höheren einheitlichen Spielerschutzniveaus anzuheben.

 

Eine Evaluierung der Umsetzung der genannten Empfehlungen und eventueller weiterer Maßnahmen könnte im Rahmen der vorgesehenen Evaluierung der Automatenglücksspielverordnung im Jahr 2018 durchgeführt werden.


Quellenverzeichnis

 

§  BARNIER (2014): Empfehlung der EU-Kommission mit Grundsätzen für den Schutz von Verbrauchern und Nutzern von Online-Glücksspieldienstleistungen und für den Ausschluss Minderjähriger von Online-Glücksspielen, C(2014) 4630/2, http://ec.europa.eu/internal_market/gambling/docs/initiatives/140714-commission-recommendation-on-online-gambling_de.pdf

§  BMF (2012): Bericht an den Nationalrat über eine betreiberunabhängige Spielerkarte, Bundesministerium für Finanzen
http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/III/III_00308/imfname_245767.pdf

§  CORDAGNONE (2014): Study on online gambling and adequate measures for the protection of consumers of gambling services, March 2014, C. Codagnone, F. Bogliacino, A. Ivchenko, G. Veltri, G. Gaskell
http://ec.europa.eu/internal_market/gambling/docs/initiatives/140714-study-on-online-gambling-final-report_en.pdf

§  GlüStV (2012): Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag),
http://www.gesetze-bayern.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jlr-Gl%C3%BCStVtrBY2012rahmen&psml=bsbayprod.psml&max=true&aiz=true

§  GSpG (2014) Österreichisches Glücksspielgesetz, Stand 2014

§  KALKE Jens (2011): Glücksspiel und Spielerschutz in Österreich, Lambertus Hamburg

§  SBG (1998): Schweizer Bundesgesetz über Glücksspiele und Spielbanken (Spielbankengesetz),
http://www.admin.ch/opc/de/official-compilation/2000/677.pdf

 

Weitere Quellen - Direktkorrespondenz

§ Boschung Stephanie, Eidgenössische Spielbankenkommission

§ Drabeck Ulrike, Deutsches Bundesministerium für Gesundheit, Referat 425 - Sucht und Drogen

§ Engebø Jonny, Norwegian Gaming and Foundation Authority

§ Gwynn Mark, Nova Scotia Provincial Lotteries and Casino Corporation

§ Psyrris Alexandros, Greek Gaming Commission

§ Wenzel Anette, Hessisches Ministerium des Innern und für Sport, Gemeinsame Geschäftsstelle Glücksspiel (GGS)



[1] CODAGNONE (2014)

[2] BARNIER (2014)

[3] GlüStV (2012), § 8 Abs. 2

[4] GlüStV (2012), § 23 Abs. 1