23/J XXV. GP

Eingelangt am 15.11.2013
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten DI Deimek

und weiterer Abgeordneter

an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie

betreffend das Gebührenverrechnungswesen der Austro Control

 

Gemäß der von der Österreichischen Luftfahrtwirtschaft geschlossen als maßlos und ausbeuterisch angesehenen Austro Control Gebührenverordnung, werden für definierte Behördenleistungen die Aufwendungen nach tatsächlichem Zeitbedarf abgerechnet. Diese zur Verrechnung kommenden Zeiten werden vom jeweiligen Referenten in einer ihm individuell beliebigen Form dokumentiert und schlussendlich zur Bezahlung dem jeweiligen Antragsteller vorgeschrieben. Dadurch ergibt es sich, dass für ein- und dieselbe Leistung von verschiedenen Mitarbeitern der ACG höchst unterschiedliche Beträge in Rechnung gestellt werden.

Auf Nachfrage bei den Referenten nach der Ursache für diese Ungleichbehandlung erfährt man höchst inoffiziell und nur hinter vorgehaltener Hand beinahe Unglaubliches:

·        Ein durchgängiges Aktendokumentationssystem wie etwa der "elektronische Akt", der in der Bundesverwaltung seit gut zehn Jahren eingeführt ist, fehlt.

·        Die von den Referenten erstellten Rechnungen bzw. Gebührenbescheide (im ACG Jargon angeblich Kofu (?) genannt) werden keiner Plausibilitätsprüfung unterzogen.

·        Arbeitsberichte oder sonstige Aufzeichnungen aus denen hervorgeht, für welche Tätigkeit wie viel Zeit aufgewandt wurde, sind - anders als bei Rechtsanwalts- oder Steuerberatungskanzleien - in der ACG nicht in Verwendung.

·        Die Führung solcher Aufzeichnungen sei von der Geschäftsführung (!) auf Grund einer Intervention der Belegschaftsvertretung mit dem Hinweis auf den mangelhaften "Datenschutz" abgelehnt worden.

·        Die Verrechnung eines möglichst hohen Anteils der Arbeitszeit sei gerne gesehen, um damit sowohl eine hohe Auslastung darzustellen als auch um den Kostendeckungsgrad in die Höhe zu treiben.

·        Deshalb fehlen auch interne Richtsätze oder Richtlinien geschweige denn Kalkulationen, für welche behördliche Tätigkeit welcher zeitliche Aufwand angemessen ist.

·        Mitarbeiter wurden informell aufgefordert, bei entsprechenden Nachfragen die Schuld für die hohen Beträge und die ungleiche Behandlung den Antragstellern zuzuschreiben, die nicht in der Lage seien, qualifizierte Unterlagen vorzulegen.


·        Tragfähige und verlässliche Kostenabschätzungen werden von der Austro Control mit dem Hinweis auf die dafür notwendige aber "leider" fehlende Rechtsgrundlage verweigert, in Wahrheit jedoch um Antragstellern keine Chance zur erfolgreichen Beeinspruchung einer Gebührenvorschreibung zu geben.

·        Schlussendlich sei es auch ein gutes Disziplinierungsmittel, um unbotmäßige Kunden an die Kandare zu nehmen, denn wer könne denn schon erkennen, dass die Bearbeitung eines Aktes nun tatsächlich länger gedauert habe und dadurch eben um etliche hundert bis tausende Euro teurer geworden sei.

Selbst wenn nur ein Bruchteil dieser Darstellung zutreffend ist, muss der seit Jahren von der zur Aufsicht berufenen Ministerin, deren Ministerium den Begriff "Innovation" im Namen trägt, offenbar geduldete Zustand in mehrfacher Hinsicht als inakzeptabel bezeichnet werden. Eine sichtlich überforderte Geschäftsleitung scheint zwar das grundsätzliche Problem erkannt zu haben, dürfte aber vor dem ersten Widerstand der Belegschaftsvertretung eingeknickt sein. Führungsstärke und Management-qualität sähe tatsächlich anders aus.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen dazu an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie folgende

 

Anfrage

 

1.    Entspricht es der Tatsache, dass für die Erledigung der behördlichen Arbeiten in der Austro Control bislang kein elektronisches Aktenverwaltungssystem wie etwa der Elektronische Akt, der im BMVIT seit zehn Jahren verankert ist, etabliert wurde?

2.    Entspricht es der Tatsache, dass in der Austro Control für die Aktenführung eine Reihe von miteinander inkompatiblen "Insellösungen" besteht, ja sogar innerhalb von untergeordneten Organisationseinheiten mit unterschiedlichen inkompatiblen EDV-Systemen gearbeitet wird?

3.    Entspricht es der Tatsache, dass für die zeitabhängigen Verrechnungen keine internen Rahmenvorgaben für die Referenten bestehen bzw. die Maximierung der zu verrechnenden Zeiten von den Referenten anzustreben ist?

4.    Entspricht es der Tatsache, dass die Geschäftsführung den Versuch unternommen hat, ein objektives Verrechnungssystem einzuführen, damit aber am Widerstand der Belegschaftsvertretung gescheitert ist?

5.    Entspricht es der Tatsache, dass von Referenten erstellte Zahlungsvor-schreibungen, seien es nun Rechnungen oder Gebührenvorschreibungen mangels standardisierter Dokumentation keiner Überprüfung auf mengen- und zahlungsmäßige Richtigkeit unterzogen werden können?

6.    Entspricht es der Tatsache, dass Arbeitsberichte oder sonstige Aufzeichnungen aus denen hervorgeht, für welche Tätigkeit wie viel Zeit aufgewandt wurde, - anders als bei Rechtsanwalts- oder Steuerberatungskanzleien - in der ACG keine Verwendung finden?

7.    Entspricht es der Tatsache, dass die Austro Control GmbH Antragstellern weder tragfähige noch verlässliche Kostenabschätzungen zur Abschätzung des Aufwandes für Zulassungsverfahren bekannt gibt, etwa um Einsprüchen gegen Gebührenvorschreibung zu begegnen?

8.    Entspricht es der Tatsache, dass Ihnen all diese Umstände seit Jahren bekannt sind ohne jemals Verbesserungen eingefordert und durchgesetzt zu haben?