35/J XXV. GP

Eingelangt am 20.11.2013
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

 

der Abgeordneten Mag. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Ausschreibungsverfahren Schubhaftzentrum Vordernberg.

 

BEGRÜNDUNG

Am  Montag, dem 11.11.2013, wurde von Seiten des Bundesministeriums für Inneres der Vertrag mit der Gemeinde Vordernberg offengelegt, in dem der Betrieb des Schubhaftzentrum Vordernberg durch die Gemeinde geregelt ist. Dieser Vertrag wurde am 12. April 2013 unterzeichnet und sieht in der damals unterzeichneten Fassung keine Bewachungsleistung vor, sondern lediglich folgende Leistungen:

1.      Gebäudemanagement

2.      Verwaltungstätigkeiten

3.      Versorgungsmanagement

4.      Materialverwaltung

5.      Wäschereinigung

6.      Betrieb des Verkaufskiosks

7.      Betrieb des Kleiderlagers

8.      Betrieb der Büchereien

9.      Gesundheitsfürsorge für die Angehaltenen

10.  Betreuungsmanagement/Sicherheitsdienste

11.  Bereitstellung und Betrieb technischer Einrichtungen

12.  und sonstige Leistungen

Für Sicherheitsunternehmen typische Tätigkeiten und Dienstleistungen finden sich nur unter Punkt 10 "Betreuungsmanagement/Sicherheitsdienste“. Hier wird jedoch nur die Sicherheitskontrolle am Eingang des Schubhaftzentrums erwähnt. Auch ist im Vertrag folgender Punkt explizit geregelt: „Das BM.I gewährleistet die Sicherheit und Aufrechterhaltung täglich von 0-24 Uhr durch ausreichend Exekutivbedienstete.“

Leistungsgegenstand der Sicherheitsdienste umfassen die kultursensible Gewalt- und Konfliktprävention bzw. Deeskalation. Unserer Ansicht nach handelt es sich hier mehr um Sozialarbeiter, als um einen ausgebildeten Sicherheitsbediensteten.


Es stellt sich daher die Frage, ob nach Vertragsunterzeichnung am 12. April 2013 zwischen dem Bundesministerium für Inneres und der Gemeinde Vordernberg Interventionen stattgefunden haben, die dazu geführt haben, dass am 17.5.2013 eine Ausschreibung veröffentlicht wurde, die sich ausschließlich an Bewachungsunternehmen richtet.

Es besteht Bedarf an einer lückenlosen Aufklärung darüber, wer nachfolgend erwähnte Eignungskriterien und Formulierungen in die Ausschreibung reklamiert hat, die zur ursprünglich definierten Vertragserfüllung nicht notwendig gewesen wären:

   Ein Bieter musste zum Zeitpunkt der Angebotslegung mindestens 150 Mitarbeiter mit ÖZS Basisausbildung oder gleichwertig angestellt haben.

   Ein Bieter musste zum Zeitpunkt der Angebotslegung mindestens 10 Mitarbeiter mit ÖZS Trainerausbildung oder gleichwertig angestellt haben.

   Ein Bieter musste als Referenz in mindestens 2 Gefängnissen Bewachungsleistungen und Betriebsführungsleistungen nachweisen können.

In der Bekanntmachung wurden die zu erbringenden Leistungen als „Unterbringungs- und Bewachungsleistungen für das Schubhaftzentrum Vordernberg“ beschrieben. Es wurden keine weiteren Eignungskriterien, wie Erfahrung im Bereich der Sozialarbeit, gefordert.

Branchenkennern war klar, dass am österreichischen Markt nur wenige Unternehmen diese Eignungskriterien erfüllen konnten. Aufgrund der kurzen Angebotsfrist war es für viele, auch ausländische, Unternehmen nicht möglich, ein gut ausgearbeitetes Angebot zu legen. Dies führte dazu, dass es am Ende auch nur ein Angebot gab. Wir befürchten, dass der Republik Österreich aufgrund des fehlenden Wettbewerbes im Verfahren ein Schaden in Millionenhöhe entstanden sein könnte. Da der Angebotspreis nicht aufgeschlüsselt wurde, sondern lediglich als Pauschalpreis definiert war, kann die Preisangemessenheit auch nachträglich nicht überprüft werden.

Im Vertrag zwischen dem BMI und der Gemeinde Vordernberg ist klar geregelt, dass das BMI einer Vergabe an Dritte schriftlich zustimmen muss, dass dem BMI die Angebote zur Prüfung vorzulegen sind und dass das BMI in das Vergabeverfahren einzubinden ist, indem 2 sachkundige Vertreter des BMI in die Vergabekommission aufgenommen werden. Unsere Anfragen zum Vergabeverfahren richten wir auf Basis der sich daraus ergebenden Mitverantwortung an das Bundesministerium für Inneres und nicht an die Gemeinde Vordernberg als ausschreibende Stelle.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

1.      Anhand welcher Kriterien wurde entschieden, dass zur Erbringung der zwischen BMI und Gemeinde Vordernberg vertraglich festgelegten Leistungen als Eignungskriterium 150 Mitarbeiter mit ÖZS Basisausbildung erforderlich sind?

2.      Wann wurde diese Entscheidung getroffen?

3.      Warum wurden zur Erbringung der zwischen BMI und Gemeinde Vordernberg vertraglich festgelegten Leistungen keine anderen Eignungskriterien, wie beispielsweise Qualifikationen oder Referenzen im Bereich Sozialarbeit gefordert?


4.      Wer hat entschieden, dass zur Erbringung der zwischen BMI und Gemeinde Vordernberg vertraglich festgelegten Leistungen als Eignungskriterium „Bewachungsleistungen“ in einem Gefängnis/Abschiebezentrum erforderlich sind und wann wurde diese Entscheidung getroffen?

5.      Wer hat die Bekanntmachung verfasst und warum wurde in dieser Bekanntmachung auf den Umfang und die Vertragslaufzeit von 15 Jahren überhaupt nicht hingewiesen?

6.      War die Formulierung „ Unterbringungs- und Bewachungsleistungen für das Schubhaftzentrum Vordernberg“ bei gleichzeitiger nicht zuordenbarer Dienstleistungskategorie der Ausschreibung, (Nr. 27, sonstige Dienstleistung) aus Sicht des BMI, ausreichend um gesetzliche Vorgaben zu erfüllen?

7.      Warum gab es keine freiwillige Vorinformation zum Verfahren und warum wurde die Angebotsfrist nicht erweitert, da sich mindestens 4 Subunternehmer erst zur Angebotslegung zusammenfinden und dieses Angebot gemeinsam ausarbeiten mussten?

8.      Wie viele schriftliche Anfragen (Anzahl der einzelnen Fragen) zum Inhalt der Ausschreibungsunterlagen gab es im Laufe der Anfragefrist im Vergabeverfahren?

9.      Wie viele der 11 Unternehmen, die Unterlagen angefordert haben, haben eine Anfrage gestellt?

10.  Gab es schriftliche Anfragen zum Inhalt der Ausschreibungsunterlagen von G4S?

11.  Wie viele schriftliche Anfragen gab es zum Inhalt der Ausschreibungsunterlagen von G4S?

12.  Wie hat das BMI die Preisangemessenheit des Angebots überprüft, da nur ein Pauschalpreis angeboten werden musste?

 

13.  Wurde im Verhandlungsverfahren die Kalkulation offengelegt?

 

14.  Wann hat das BMI die vertraglich vorgesehene schriftliche Zustimmung zur Vergabe an G4S gegeben und wer hat diese unterschrieben?

 

15.  Wurde G4S vor Bekanntmachung des Verfahrens schriftlich oder mündlich über die Ausschreibung informiert oder gab es vor Bekanntmachung des Verfahrens Beratungsleistungen oder Informationen von G4S an das BMI oder an die Gemeinde Vordernberg?

 

16.  Die Anschaffung welcher Investitionsgüter rechtfertigt die Vertragslaufzeit von 15 Jahren?

 

17.  Sind laut BMI die vage formulierten Vertragsklauseln aus dem Vertrag zwischen zwei Gebietskörperschaften (BMI und Gemeinde Vordernberg) in gleicher Weise geeignet Dienstleistungen an ein Privatunternehmen auszulagern?


 

18.  Wie hoch ist der Angebotspreis für die Monatspauschale zur Erbringung der ausgeschriebenen Leistungen?

 

19.  Wie hoch ist der Angebotspreis für das Probemonat?

 

20.  Wurde das vom BMI genannte Auftragsvolumen von 68 Mio. € auf Basis der tatsächlichen Laufzeit (unter Berücksichtigung der Kündigungsfrist) berechnet oder wurde von der Vertragsdauer von 15 Jahren ausgegangen?

 

21.  Das BMI und die Gemeinde Vordernberg haben angekündigt, den Vertrag bezüglich des Betriebs des Schubaftzentrums in Vordernberg offenzulegen. Bisher wurde nur ein Vertragsauszug offengelegt. Wie lautet der vollständige Text, der im folgenden angeführten Dokumente?

         die schriftliche Vereinbarung, durch die der Vertrag zustande gekommen ist (Zuschlagserteilung)

         dieser Vertragstext samt den Beilagen

         ausgefülltes Angebotsblatt (Anhang I) vom 22.7.2013

         das Betriebs- und Organisationskonzept (Anhang  II Beilage 4) und der Personaleinsatzplan vom 22.7.2013

         die Angebotsbestimmungen (Stand 28.5.2013)

         weitere Beilagen:

o   Subunternehmerliste und Subunternehmererklärungen

o   Erbringung der Eignung durch sonstige Dritte

o   Eigenerklärung des Bieters und allfälliger erforderlicher Subunternehmer

o   Referenzprojekte des Unternehmers

o   Erklärung über die Mitarbeiteranzahl