59/J XXV. GP

Eingelangt am 20.11.2013
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Anfrage

 

der Abgeordneten Hagen

Kolleginnen und Kollegen

 

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend „Strafrechtich relevante Delikte im Rahmen erlebnispädagogischer Projekte

 

Unter dem Titel „Ein Boot-Camp als letzter Ausweg“ war am 29.09.2013 in der Tageszeitung Kurier Folgendes zu lesen:

„(…) Drogen? Ein Mädchen, das im Vorjahr auf dem Schiff untergebracht war (allerdings wegen disziplinärer Schwierigkeiten die Heimreise frühzeitig antreten musste), spricht gegenüber dem KURIER von Betreuern, die "saufen und kiffen". Auch Jugendliche an Bord sollen an Drogen herangekommen sein. Man könne nicht verhindern, "dass Jugendliche, die Drogen konsumieren wollen, diese auch bekommen", sagt Herbert Siegrist. "Wenn jemand weiß, wie und wo er in Wien zu Drogen kommt, findet er die auch an anderen Orten." Zudem könne er auch "nicht ausschließen, dass es den einen oder anderen Mitarbeiter gegeben hat, der etwas konsumiert. Aber das Ziel ist die Drogenfreiheit." Manfred Hahn von der MA11 meint, dass man Betreuer, die Drogen nehmen, auf jeden Fall anzeigen müsse. Aber auch er räumt ein, dass Jugendliche in Hafenstädten nicht gänzlich von Rauschgift ferngehalten werden können, wenn sie sich welches besorgen wollen. Schließlich wären sie nicht eingesperrt. Ein mittlerweile erwachsener Mann, der vor einigen Jahren als Jugendlicher auf der "Noah" mitsegelte, gibt an, am Schiff im Alter von 13 "entjungfert" worden zu sein. Also Sex mit einer anderen Jugendlichen gehabt zu haben. "Sexualkontakt? Bitte, das haben wir alle in dem Alter gelernt. Wenn, dann sollen das die Jugendlichen, wenn sie sich am Schiff verlieben, doch mit Gleichaltrigen versuchen. Das sind meist schönerer Beziehungen, als sie zuvor in ihrem Leben gehabt haben", sagt Noah-Chef Siegrist.“

Im gegenständlichen Artikel werden mehrere mögliche strafrechtlich relevante Delikte angesprochen so etwa Verstoß gegen das Suchtmittelgesetz, Verstoß gegen § 207 StGB sowie Verstoß gegen § 92 und § 199 StGB. Darüber hinaus sind auf einem „Erziehungsschiff“ aufgrund der speziellen Umstände höhere Anforderungen an die Aufsichtspflicht gegeben, da mit der Möglichkeit eines schädigenden Verhaltens der aufsichtsberechtigten Jugendlichen gerechnet werden muss. Dies wir auch vom o.a. Sprecher der Wiener Magistratsabteilung 11 bestätigt. Trotz der offensichtlich prekären Situation auf dem Schiff wurden laut Medienberichten von der MA 11 Maßnahmen ergriffen, um Jugendliche an Bord des Schiffes zu bekommen, deren Angemessenheit hinterfragt werden muss. So wurde auf Anforderung des Wiener Jugendamtes die Wiener Einsatzgruppe Alarmabteilung (WEGA) aufgeboten, um Jugendliche zurück an Bord zu bekommen.

„ (…) Das Mädchen war offenbar gegen seinen Willen und vor allem gegen den Willen seines Vaters zuletzt nach Portugal geflogen worden. Auf Initiative des Jugendamtes sollte die 13-Jährige auf die sogenannte Arche Noah kommen, eine Art Erziehungsschiff. Doch ihre Gegenwehr war so groß, dass sie nach Wien zurückgeflogen wurde und dann zum Vater flüchtete, obwohl gegen diesen ein gesetzliches Kontaktverbot verhängt wurde. Gestern Abend rückte sogar die Wiener Elitepolizei WEGA an.“ (ORF Mittagsjournal vom 24.09.2013)

Wie älteren Medienberichten zu entnehmen ist, sind in der Vergangenheit auf dem Erziehungsschiff Arche Noah immer wieder strafrechtlich relevante Vorgänge festgestellt worden, so u.a.:

"Wüstenprojekt" von Behörde gestoppt

   Linz - Die "Erlebnispädagogik", in deren Rahmen spezielle Projekte für Jugendliche - etwa auf einem Schiff oder in der Wüste - durchgeführt wurden, ist in die Krise geraten. Auslöser war das Projekt in der Wüste Sinai, das vier jugendliche Teilnehmer in Linz vor Gericht brachte und mit - noch nicht rechtskräftigen - Schuldsprüchen wegen versuchten Mordes endete. Diesem Projekt wurde die behördliche Bewilligung entzogen. Ein Vorzeigeprojekt, die so genannte Arche Noah, wurde ebenfalls nach fast 19 Jahren gestoppt, nachdem es zu Handgreiflichkeiten an Bord gekommen war. "Wir müssen das Projekt Arche Noah neu positionieren, mittelfristig wollen wir es nicht sterben lassen", so der Verantwortliche Herbert Siegrist vom Sozialpädagogischen Zentrum Spattstraße. Geblieben ist vorerst nur ein erlebnispädagogisches Projekt - ein dreiwöchiger Aufenthalt von sechs Jugendlichen in Skandinavien. Dieses Projekt wurde von der Jugendwohlfahrt genehmigt. (Der Standard" vom 13.03.2002)

„Trotz der Schuldsprüche wegen versuchten Mordes gegen vier Jugendliche im Zusammenhang mit einem erlebnispädagogischen Trip durch Wüste Sinai wollen die Verantwortlichen diese Art der Projekte auch in Zukunft durchführen. Lediglich die Wüste Sinai dürfte nicht mehr als Ort des Geschehens ausgewählt werden, "aber wir werden mit den Jugendlichen in die Wildnis Nordeuropas gehen", kündigt Primar Werner Gerstl, Leiter des sozialpädagogischen Zentrums Spattstraße in Linz, an.“ (APA0205 5 CI Fr, 11.Jän 2002)

 

Die unterfertigten Abgeordneten richten daher an die Frau Bundesminister für Justiz nachstehende Anfrage:

1.     Ist Ihnen bzw. Ihrem Ressort die Causa Erziehungsschiff Arche Noah bekannt?

Wenn ja, welche Veranlassungen bzw. Vorgehensweisen wurden von Seiten Ihres Ressorts hinsichtlich strafrechtlich relevanter Vorkommnisse im Zusammenhang mit dem Erziehungsschiff Arche Noah bisher unternommen?

2.     Wurden von Seiten Ihre Ressorts bzw. von Seiten der Staatsanwaltschaft spezifische Maßnahmen ergriffen, die unter Berücksichtigung der bisherigen Vorfälle und Verurteilungen  (u.a. Schuldsprüchen wegen versuchten Mordes) im Zusammenhang mit der so genannten Erlebnispädagogik, geeignet sind, im präventiven Sinne zu wirken?

a.     Wenn ja, welcher Art waren bzw. sind diese Maßnahmen und welche Ergebnisse erbrachten sie?

b.     Wenn nein, warum nicht?

3.     Wurde von Seiten der Staatsanwaltschaft der o.a. Kurier-Artikel auf strafrechtlich relevante Sachverhalte hin überprüft?

a.     Wenn ja, welche Ergebnisse hat diese Überprüfung gebracht und welche konkreten Vorgehensweisen wurden von Seiten Ihres Ressorts bzw. von Seiten der Staatsanwaltschaft veranlasst?

b.     Wenn nein, warum nicht?


4.     Stehen Sie bzw. steht Ihr Ressort hinsichtlich der Vorkommnisse auf dem Erziehungsschiff Arche Noah mit dem Jugendamt der Stadt Wien in Kontakt?

a.     Wenn ja, was ist die Zielsetzung dieses Kontaktes, in welcher Art bringt sich das Wiener Jugendamt ein und welche Ergebnisse brachte die Zusammenarbeit bisher?

b.     Wenn nein, warum nicht?

5.     Welche derzeit laufenden Projekte sind Ihnen bzw. Ihrem Ressort bekannt, die den o.a. Art von Erlebnispädagogik entsprechen?

a.     Welche davon stehen in Zusammenhang mit Ihrem Ressort bzw. ihrem Ressort nachgeordneten Dienststellen?

b.     Welche davon nutzen Ressourcen aus Ihrem Ressort bzw. aus ihrem Ressort nachgeordneten Dienststellen?

Welcher Art sind diese Ressourcen?

6.     Der Verein „EP – Entstehungs-Potentiale, Entwicklungs-Perspektiven und Erlebnispädagogik“ schreibt auf seiner Website (http://www.vereinep.at/Out-of-Box.58.0.html ), dass er in enger Zusammenarbeit mit der Justiz den Jugendlichen eine Struktur bietet?

a.     Welcher Art ist diese Zusammenarbeit bzw. Struktur?

b.     Welche Ressourcen setzen Ihr Ressort bzw. ihrem Ressort nachgeordnete Dienststellen hierfür ein?

c.     Welche Fakten bzw. Expertisen haben Sie bzw. Ihr Ressort hinsichtlich der Entscheidung für diese Zusammenarbeit als Grundlage herangezogen?

d.     Welche Auflagen muss der Verein von Seiten Ihres Ressorts her erfüllen?

7.     Mit welchen weiteren privatrechtlichen Einrichtungen der Jugendwohlfahrt arbeiten Ihr Ressort bzw. nachgeordnete Dienststellen ihres Ressorts zusammen?

a.     Welche Einrichtungen sind das konkret?

b.     Welcher Art ist die Zusammenarbeit?

c.     Erhalten diese Einrichtungen finanzielle Mittel aus dem Bereich Ihres Ressorts und wie hoch sind diese veranschlagt?

d.     Werden diese Einrichtungen auch noch in anderer Art und Weise durch Ihr Ressort bzw. durch nachgeordnete Dienststellen unterstützt?

e.     Welche Auflagen müssen diese Einrichtungen von Seiten Ihres Ressorts her erfüllen?

8.     Wird diese Zusammenarbeit von Seiten Ihres Ressorts evaluiert?

a.     Wenn ja, welche Erkenntnisse hat die bisherige Evaluierung erbracht?

b.     Wenn nein, warum nicht?

 

 

9.     Wie viele Anzeigen wurden bisher erhoben?