62/J XXV. GP

Eingelangt am 20.11.2013
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Anfrage

der Abgeordneten Ing. Lugar,

Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur

betreffend „Gemeinschaftsverpflegung an Österreichs Schulen“

 

Der Nationale Aktionsplan Ernährung (NAP.e) stellt in seiner Ausgabe von 2013 u.a. folgendes fest:

„Die Untersuchungsergebnisse der letzten Jahre machen den Zusammenhang zwischen der Häufigkeit von Adipositas und sozioökonomischen Faktoren deutlich. Die Adipositasprävalenz ist vor allem in den unteren Einkommensschichten sowie bei niedrigem Bildungsniveau höher. Dieser Zusammenhang ist sowohl bei Männern als auch bei Frauen erkennbar, wobei das sozioökonomische Gefälle bei Frauen stärker ausgeprägt ist [Kiefer et al 2006, Statistik Austria 2007, OECD 2012]. Gezielte Maßnahmen in sozial benachteiligten Zielgruppen sind daher ein wichtiger Ansatz in der Prävention von Übergewicht und Adipositas und stellen somit ein wichtiges Handlungsfeld im Rahmen des NAP.e dar.

Besonders deutlich zeigt sich die soziale Ungleichheit bei den Adipositasprävalenzdaten von Jugendlichen. HauptschülerInnen sind doppelt so häufig adipös wie SchülerInnen von allgemein bildenden höheren Schulen [Zwiauer et al 2007]. Bei BerufsschülerInnen ist die Prävalenz von Übergewicht bzw. Adipositas besonders hoch, vor allem bei den männlichen Jugendlichen [Elmadfa et al 2009].“[1]

Der Erste österreichische Adipositas-Bericht aus 2006 definiert Adipositas folgendermaßen:

„Adipositas ist durch eine übermäßige Ansammlung von Fettgewebe im Körper gekennzeichnet. Sie wird heute als chronische Gesundheitsstörung verstanden. Übergewicht ist eine über den Normwert hinausgehende Erhöhung des Körpergewichts. Ist es mit erhöhter Morbidität und Mortalität verbunden, erlangt es Krankheitswert.“ [2]

Betrug der Anteil der Adipösen (Fettleibigkeit mit BMI über 30) an der österreichischen Gesamtbevölkerung 1998 noch 9,1%, so ist der Anteil 2006 bereits auf 12,4% angestiegen. Damit ist eine klar steigende Tendenz zu verzeichnen. D.h. rund 870.000 Österreicher/innen unterlagen bereits 2006 einem erhöhten Risiko an chronischen Leiden wie Diabetes mellitus Typ 2, kardiovaskuläre Erkrankungen, Osteoarthritis, Atemproblemen, Schlaf-Apnoe, Dyslipidämie, Muskulatur- und Skelettproblemen, Gallenblasenerkrankungen, Infertilität zu erkranken und auch Schwangerschaftskomplikationen werden mit Adipositas in Verbindung gebracht. Für einige hormonabhängige Krebserkrankungen gilt Adipositas ebenso als bedeutender Einflussfaktor[3].


Sechs Jahre später attestiert der Österreichische Ernährungsbericht 2012 den Österreicher/innen weiterhin steigende Tendenz Richtung Fettleibigkeit. Vor allem Kinder und Jugendliche stellen dabei einen problematischen Bereich dar:

„Gut ein Fünftel der Mädchen und gut ein Viertel der Buben im Alter zwischen 7 und 14 Jahren sind übergewichtig, darunter knapp 6 bzw. 9% adipös. Etwa 40% der Erwachsenen zwischen 18 und 64 Jahren sind übergewichtig (52% der Männer und 28% der Frauen). Davon sind insgesamt 12% adipös (15% der Männer und knapp 10% der Frauen)“. [4]

Der Ernährungsbericht zieht aus der Faktenlage Schlüsse, die vor allem für die österreichischen Schulen von besonderer Bedeutung sind:

„Die gesellschaftlichen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte führen zu einer steigenden Bedeutung der Gemeinschaftsverpflegung in der Ernährung weiter Bevölkerungsschichten. Neben berufstätigen Erwachsenen werden auch immer mehr Kinder, angesichts der zunehmenden Berufstätigkeit von Eltern oft schon in sehr frühem Alter, außer Haus versorgt.“[5]

Der Gemeinschaftsverpflegung wäre daher besonderes Augenmerk zu widmen. So wird im Bericht auch der Umstand angesprochen, dass es derzeit in Österreich noch keine Richtlinien für die Zusammenstellung der Mittagsverpflegung in Schulen[6] gibt.

Das Bundesministerium für Gesundheit erstellte 2011 die Broschüre „Leitlinie Schulbuffet“. Gesundheitsminister Alois Stöger bekundet darin u.a.:

„Den Daten des aktuellen Ernährungsberichts zufolge sind in Österreich elf Prozent der Kinder und Jugendlichen zwischen sechs und 15 Jahren übergewichtig, acht Prozent gelten als fettleibig. Zusätzlich passt bei einigen Kindern und Jugendlichen die Nährstoffversorgung nicht optimal. Je früher unsere Kinder und Jugendlichen „richtig essen“, umso größer ist die Chance, dass aus ihnen gesunde Erwachsene werden. Neben Information und einem spielerischen, später vielleicht auch „coolen“ Heranführen an gesundheitsförderliche Ernährungsweisen ist eine Verbesserung des Angebots dort, wo Kinder und Jugendliche viel Zeit verbringen, genauso wichtig. Daher habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, die Verpflegung in Schulen Schritt für Schritt zu verbessern.“[7]

Ziel des Leitfadens ist die Optimierung des Warenkorbes am Schulbuffet bzw. an den Getränke- und Snackautomaten. Die Leitlinie soll einen Mindeststandard für Schulbuffets darstellen und richtet sich in erster Linie an Betreiberinnen und Betreiber von Schulbuffets.

 

Die unterfertigten Abgeordneten richten daher an die Frau Bundesminister für Unterricht, Kunst und Kultur nachstehende Anfrage:

 

1.    Das Bundesministerium für Gesundheit stellt in seinem NAP.e aus 2013 fest, dass sich die soziale Ungleichheit bei den Adipositasprävalenzdaten besonders bei Jugendlichen zeigt. Hauptschüler/innen sind doppelt so häufig adipös wie Schüler/innen von allgemein bildenden höheren Schulen. Gibt es dazu von Seiten Ihres Ressorts spezifische Erhebungen bzw. Untersuchungen, die geeignet sind, die Gründe für diese Entwicklung darzulegen?

a.    Wenn ja, an welchen Schulen wurden diese Erhebungen durchgeführt, welche Ergebnisse erbrachten sie, welche bisherigen Konsequenzen wurden bzw. werden daraus von Ihnen bzw. von Seiten Ihres Ressorts gezogen und welchen weiteren Handlungsbedarf sehen Sie?

b.    Wenn nein, warum nicht?


2.    Die Verfasser des Ernährungsberichtes 2012 messen insbesondere der Gemeinschaftsverpflegung an Schulen besondere Bedeutung zu. Hat diese Erkenntnis zu konkreten Maßnahmen seitens Ihres Ressorts geführt?

a.    Wenn ja, welche Art waren bzw. sind diese Maßnahmen und welche Erkenntnisse konnten bisher von Seiten Ihres Ressorts daraus gewonnen werden?

b.    Wenn nein, warum nicht?

3.    Werden an österreichischen Schulen Daten erhoben, die geeignet sind, Zusammenhänge zwischen Adipositas und Schulleistungen herzustellen?

a.    Wenn ja, welcher Art sind diese Daten, wie werden sie ausgewertet, wie lauten die Ergebnisse und wurden bzw. werden die Daten von anderen Institutionen weiterverarbeitet bzw. in ministeriumsexterne Datenbanken eingespeist?

b.    Wenn nein, warum nicht?

4.    Bundesminister Alois Stöger bekundet in seiner Broschüre Leitlinie Schulbuffet 2011 wörtlich: „Daher habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, die Verpflegung in Schulen Schritt für Schritt zu verbessern.“ Haben Sie bzw. Ihr Ressort eingedenk dieser Äußerung mit Bundesminister Stöger bzw. mit seinem Ressort aufrechten Kontakt, um dieser Ankündigung gerecht zu werden?

a.    Wenn ja, welcher Art ist dieser Kontakt, welche Tätigkeitsfelder werden von Ihrem Ressort diesbezüglich abgedeckt bzw. bearbeitet, welche konkreten Ergebnisse und welche konkreten Maßnahmen konnten Sie bzw. Ihr Ressort daraus bisher ableiten?

b.    Wenn nein, warum nicht?

5.    Laut der Broschüre Leitlinie Schulbuffet wurden ernährungswissenschaftlich belegte und in der Praxis auch umsetzbare Mindeststandards für Schulbuffets erarbeitet. War Ihr Ressort darin eingebunden und werden diese Standards von Ihrem Ressort eingefordert?

a.    Wenn ja, welche Tätigkeitsfelder wurden von Ihrem Ressort dabei abgedeckt und welche Inputs wurden von Seiten Ihres Ressorts dazu geleistet?

b.    Wenn nein, warum nicht?

6.    Die „Leitlinie Schulbuffet“ richtet sich in erster Linie an die Betreiber von Schulbuffets. Bedarf das Betreiben eines Schulbuffets an Schulen hinsichtlich der ernährungswissenschaftlichen Voraussetzungen einer Genehmigung von Seiten Ihres Ressorts?

a.    Wenn ja, welche Kriterien bzw. Auflagen müssen dabei von Seiten der Betreiber erfüllt werden und wie wird die Einhaltung dieser Kriterien überprüft?

b.    Wenn nein, in welcher Form nimmt Ihr Ressorts dann die Qualitätssicherung vor?

7.    In den Verordnungen des BMUKK über die Lehrpläne an den Schulen wird durchgängig das Thema Ernährung geführt. Ist Ihrem Ressort bekannt, in wieweit an den österreichischen Schulen bei der praktischen Umsetzung theoretischer Lern- und Lehrinhalte betreffend Ernährung die jeweiligen Schulbuffets und Mittagsverpflegungen miteinbezogen werden?

a.    Wenn ja, in welcher Form findet dies statt und welche Voraussetzungen müssen dafür von den Schulen sowie Buffetbetreibern erfüllt werden?

b.    Wenn nein, warum nicht?

8.    Der Ernährungsbericht 2012 moniert, dass in es Österreich noch keine Richtlinien für die Zusammenstellung der Mittagsverpflegung in Schulen gibt. Wurden von Ihnen bzw. von Seiten Ihres Ressorts Überlegungen angestellt, die auf eine verbindliche, ernährungswissenschaftlich optimierte Zusammenstellung der Gemeinschaftsverpflegung an österreichischen Schulen abzielen?

a.    Wenn ja, zu welchen Ergebnissen gelangten Sie bzw. Ihr Ressort und welche Maßnahmen wurden bzw. werden daraus abgeleitet?

b.    Wenn nein, warum nicht?


9.    Der Ernährungsbericht 2012 empfiehlt in obigem Zusammenhang als Orientierungshilfe das Konzept „optimiX®“ des Forschungsinstituts für Kinderernährung in Dortmund sowie das ÖGE-Gütesiegel für nährstoffoptimierte Speisenqualität. Wurde von Seiten Ihres Ressorts diese Empfehlung aufgegriffen?

a.    Wenn ja, in welcher Form und an welchen Schulen erfolgt die Umsetzung?

b.    Wenn nein, warum nicht?

10.  Der Bund hat mit den Ländern eine Vereinbarung gemäß Artikel 15a BVG (BGBl. I Nr. 115/2011) über den Ausbau ganztägiger Schulformen abgeschlossen. Unter Artikel 4 Abs. 3a wird u.a. vereinbart, dass sich die Länder verpflichten, den Speiseplan abwechslungsreich, ernährungswissenschaftlich ausgewogen und kindgerecht, zu gestalten.

a.    Auf welche Weise stellt Ihr Ressort insbesondere die Erfüllung der Auflage „ernährungswissenschaftlich ausgewogen“ sicher?

b.    Gab es dazu bereits diesbezügliche Evaluierungen und wenn ja, welche Ergebnisse erbrachten diese?

11.  Die Vereinbarung besagt weiter, dass „im Jahr 2011 von der Gesamtsumme der Anschubfinanzierungsmittel 32,4 Mio. Euro, im Jahr 2012 11,85 Mio. Euro auch für infrastrukturelle Maßnahmen nach Maßgabe des oben angeführten Verteilungsschlüssels verwendet werden können, wobei 50 000 Euro als einmalige Zahlung pro Gruppe nicht überschritten werden dürfen. Mit den Mitteln sind ausschließlich die Einrichtung neuer Tagesbetreuungen oder Qualitätsverbesserungen in der Infrastruktur für bereits bestehende schulische Tagesbetreuungen zu finanzieren.“ Werden damit auch Aufwendungen betreffend den ernährungswissenschaftlich ausgewogenen Speiseplan finanziert?

a.    Wenn ja, wie hoch ist der Anteil für ernährungswissenschaftlich ausgewogene Speispläne?

b.    Wenn nein, aus welchen Titeln werden Aufwendungen für ernährungswissenschaftliche Optimierung finanziert?

 



[1] Nationaler Aktionsplan Ernährung 2013, S. 5

[2] Erster österreichischer Adipositasbericht (Wien 2006)

[3] Ebda. S. 102

[4] Österreichischer Ernährungsbericht 2012; S. 3ff

[5] Ebda. S.11

[6] Ebda. S. 12

[7] „Leitlinie Schulbuffet“ BMG, ‚Wien 2011