164/J XXV. GP

Eingelangt am 27.11.2013
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Anfrage

der Abgeordneten Alev Korun, Freundinnen und Freunde an die Bundesministerin für Inneres

betreffend Misshandlung bei Polizeieinsatz am Badeschiff?

BEGRÜNDUNG

 

Am 19. Oktober 2013 kam es in der Früh zu einem Polizeieinsatz wegen Ruhestörung am Badeschiff in Wien. Dieser Einsatz fand unter Aufgebot von rund 30 PolizistInnen statt. Laut aktuellen Medienberichten eskalierte der Einsatz und es kam zu Beschimpfung, Verletzung und auch Misshandlungen von ZivilistInnen durch PolizeibeamtInnen. Im Speziellen erheben Christoph R. und Almuth G. den Vorwurf, zum Ziel ungerechtfertigter Aggression der Polizei geworden zu sein.  Dies ist umso brisanter, als direkt nach dem Polizeieinsatz die Medien noch berichtet hatten, ein Polizist sei aufgrund aggressiver Partygäste mit einer Nasenbeinfraktur im Krankenhaus gelandet und es seien zwei der Festnahmen wegen schwerer Körperverletzung und Widerstands gegen die Staatsgewalt erfolgt.

Laut jetzigen Berichten stellt sich das anders dar: Laut Angaben des durch den Polizeieinsatz betroffenen Paares hatte Herr Christof R. bei der Räumung einen Polizisten nach dem Grund der Räumung gefragt. Dieser habe ihn daraufhin mit „Arschloch, Schmarotzer, schleich dich“ beschimpft. Als von dem Polizisten aufgefordert wurde dafür zu sorgen dass alle Personen das Schiff verlassen und er anmerkte er sei nicht der Veranstalter drängte ihn laut seiner Schilderung eine Polizistin mit einem Pfefferspray an die Wand, ein weiterer Polizist packte ihn und warf ihn gegen die Tür, dann gegen die Wand, was zu einem Schnitt an der Wange führte. Vier weitere PolizistInnen sollen auf Herrn Christof R., der seine Arme in Abwehrhaltung vor den Kopf hielt, eingeschlagen haben – seine Freundin Almuth G. begann um Hilfe zu rufen. Als Konsequenz wurde Herr Christof R. auf dem Steg zu Boden gedrückt, ihm Handschellen angelegt.


Laut Zeugenaussagen (ORF-Sendung „Thema“ vom 11.11.2013) knieten mehrere PolizistInnen mehrere Minuten auf ihm, während er am Bauch lag. Seiner Freundin Almuth G. wurden Handschellen angelegt, sie gegen das Gestänge am Bootssteg gedrückt. Sie spricht von Tritten gegen die Hinterseite ihrer Beine, die sie widerholt gegen die Eisenstangen knallen ließen. Auf Fotos sind zahlreiche blau verfärbte Prellungen an Armen und Beinen zu sehen. Auf einem Handy-Video ist zu sehen wie sie, in Handschellen, mit dem ganzen Körper von BeamtInnen gegen einen Baum mit rauer Rinde gedrückt wird. Als sie sagt „Sie tun mir weh“ ist ein Klatschen, wie von einer Ohrfeige, zu hören.

Offensichtlich ging es im Polizeirevier Deutschmeisterplatz mit Beschimpfungen weiter. Frau Almuth G. wurde nach eigener Aussage bei Ankunft von einem Beamten als „du dreckige Hure, du dreckige Fut“ beschimpft. Als sie in die Zelle befördert wurde habe ihr eine Beamtin absichtlich die Hose hinunter und den Pullover hochgezogen. Christoph R. sagt, er wurde mit Handschellen auf den Boden der Zelle geworfen, ihm die Hose von Polizisten hinuntergezogen und von drei Polizisten mehrmals in Bauch und an den Kopf getreten.

Als die beiden um Wasser und die Möglichkeit aufs WC zu gehen ersuchten, wurde ihnen das stundenlang verwehrt. Rechtsbelehrungen wurden ausgelassen, erst nach einer Stunde beharrlichen Getrommels gegen die Zellentür wurde Frau Almuth G. ein Telefongespräch gewährt. Selbst als der Anwalt ankam, dauerte es noch 2 Stunden bis ein Journalbeamter tätig wurde.

Gleichzeitig titelten die Boulevardmedien kurz nach dem Vorfall, dass Partygäste – wie Christof R.- einem Polizeibeamten die Nase gebrochen hätten. Besagter Polizist sieht, wie in „Thema“ bemerkt wurde, auf dem Video jedoch unversehrt aus. Der Nasenbeinbruch wurde sodann gegenüber Medien als Prellung deklariert. Die Anzeige wegen schwerer Körperverletzung gegen Christof R. ist jedoch nach wie vor aufrecht.

Herr Christof R. versichert hingegen, den Polizisten nie angegriffen zu haben, vielmehr hätte dieser im Boot zu den vier Beamten gehört die auf ihn eingeschlagen hätten. Almuth G.s Aussage zufolge habe ein Polizeikollege in dem Handgemenge dem besagten Polizisten die Brille von der Nase geschlagen.

Auch jener Zeuge, der die Videos des Einsatzes mit Handy mitfilmte, Herr Marc S.,  erhebt den Vorwurf der Misshandlung: Er sei ebenfalls am Deutschmeisterplatz von PolizistInnen geschlagen und getreten worden.


Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Was war der konkrete Anlass für den obengenannten Polizeieinsatz am 19.10.2013?

 

2)    Weshalb kam es dabei zu einem Einsatz von 30 PolizistInnen?

 

3)    Wer hatte die zusätzlichen PolizistInnen angefordert, aus welchem konkreten Grund?

 

4)    Ist das eine übliche Gruppenstärke bei Einsätzen wegen Ruhestörung?

 

5)    Kam es bei dem Einsatz zu einem Handgemenge zwischen PolizistInnen und Partygästen? Wenn ja, wie viele Zivilpersonen waren davon betroffen, wie viele PolizistInnen?

 

6)    Kam es bei dem Einsatz der PolizistInnen zu Gewaltanwendung gegen die Partygäste (Schläge, Schleudern gegen Wände bzw. Gegenstände, Schleifen über den Boden, Knien auf liegenden Personen)?

 

7)    Wie viele Personen wurden im Zuge des Einsatzes festgenommen, aufgrund welcher rechtlichen Grundlage?

 

8)    Kam es zu Anzeigen von Partygästen gegen PolizistInnen aufgrund des Einsatzes? Falls ja, aufgrund des Verdachts der Begehung welcher Straftatbestände?

 

9)    Kam es zu Anzeigen von PolizistInnen gegen Partygäste aufgrund des Einsatzes? Falls ja, aufgrund des Verdachts der Begehung welcher Straftatbestände?

 

10) Wer war der Einsatzleiter?

 

11) War der Einsatzleiter bei besagter Amtshandlung gegen Christof R. und Almuth G. zugegen?

 

12) Wie viele PolizistInnen waren bei der Amtshandlung gegen Christof R. und Almuth G. involviert? Wie schildern sie den Tathergang?

 

13) Wurden Zeugenaussagen zu dem vermeintlichen Tathergang (Schleudern von Christof R. gegen die Tür sowie Schläge gegen Christof R., Fixierung am Boden mit Handschellen während PolizistInnen auf ihm knieten) auch von anderen Partygästen bzw. BeobachterInnen aufgenommen? Falls ja, welche, wie viele und mit welchem Ergebnis? Falls nein, weshalb nicht?


14) Wurden Zeugenaussagen zu dem vermeintlichen Tathergang (Festnahme Almuth G. durch Drücken und Beugen über das Geländer; pressen gegen einen Baum mit rauer Rinde; mutmaßliche Ohrfeige) auch von anderen Partygästen bzw. BeobachterInnen aufgenommen? Falls ja, welche, wie viele und mit welchem Ergebnis? Falls nein, weshalb nicht?

 

15)  Medien (zB. „Heute“) titelten am 19.10.2013 „Partygäste brachen Polizist die Nase“. Hatte die Polizei den Medien diese Behauptung weitergeleitet, falls ja auf wessen Entscheidung hin?

 

16) Wurde bei besagtem Polizisten ein Nasenbeinbruch diagnostiziert?

17) Auf dem Video des Marco S. ist laut der ORF-Sendung „Thema“ besagter Polizist beim Einsatz am Bootssteg zu sehen, offensichtlich bei normaler Gesundheit. Weshalb gibt es dennoch eine Anzeige gegen Christof R. wegen schwerer Körperverletzung?

 

18) Wurde der Aussage von Almuth H., wonach sie genau gesehen habe, dass ein Kollege des besagten Polizisten diesem bei dem tätlichen Angriff im Boot auf ihren Freund Christof R. die Brille von der Nase geschlagen habe, nachgegangen? Falls ja, mit welchem Ergebnis? Falls nein, weshalb nicht?

 

19) Laut Oberstleutnant Golub werden die Vorwürfe der Polizeigewalt nun durch die Polizei untersucht. Wann genau wurde die Untersuchung eingeleitet, auf wessen Antrag hin?

 

20) Wie ist der derzeitige Stand des Verfahrens?

 

21) Wurden disziplinarrechtliche Schritte gegen die betroffenen PolizistInnen eingeleitet? Falls ja, welche?

 

22) Wer wurde im Zuge des Ermittlungsverfahrens einvernommen (PolizistInnen, Partygäste, Dritte)? Wie viele aus den jeweils genannten Gruppen?

 

23) Gab es eine Gegenüberstellung der Almuth G. bzw. des Christof R mit den am Einsatz beteiligten PolizistInnen?

 

24) Wie erklären Sie sich, dass Almuth G. ohne ersichtlichen Anlass von PolizistInnen, wie auf einem Handyvideo ersichtlich, wiederholt gegen einen Baum gedrückt wurde?

 

25) Wie erklären Sie sich das Klatschen, das auf dem besagten handy-Video aufgenommen wurde und kurz darauf erfolgte, als Almuth G. zu PolizistInnen, die sie an den Baum drückten, sagte „Sie tun mir weh“?

 

26) Gibt es Vorschriften dazu, wann genau PolizeibeamtInnen jemanden am Bauch liegend mit Handschellen fixieren dürfen bzw. auf ihm knien? Falls ja, wie genau lauten sie? Falls nein, was tun sie um dem Missbrauch dieser Vorgehensweise vorzubeugen?


27) Laufen derzeit Ermittlungen der Polizei zu den Misshandlungsvorwürfen der drei Partygäste am Polizeirevier Deutschmeisterplatz? Falls ja, seit wann und welchen Stand haben die Ermittlungen? Falls nein, weshalb nicht?

 

28) Falls nein: Wie erklären Sie sich die zahlreichen, auf Fotos dokumentierten Prellungen und blauen Flecken der Almuth G. und auch die Kopfwunden des Christof R. nach dem Polizeieinsatz?

 

29) Laufen derzeit Ermittlungen der Polizei zu den Beschimpfungen, denen Almuth G. laut ihrer Schilderung am Deutschmeisterplatz durch einen Polizisten ausgesetzt war („ Du dreckige Hure, du dreckige Fut, du stinkst, jetzt ziehen wir dich aus“)? Falls ja, seit wann und welchen Stand haben die Ermittlungen? Falls nein, weshalb nicht?

 

30) Gibt es Vorschriften dazu, wann einem Festgenommenen bei seiner Einlieferung seine Rechte zu erklären sind? Falls ja, wie lauten sie? Falls nein, wie stellen Sie sicher, dass Festgenommenen auch tatsächlich ihre Rechte erklärt werden?

 

31) Weshalb dauerte es über eine Stunde, bis Almuth G., nachdem sie in eine Zelle gesperrt wurde, telefonieren durfte, dies trotz beharrlicher und lautstarker Forderung nach einem Telefonat?

 

32) Gibt es Vorschriften dazu, wann ein Festgenommener telefonieren darf? Falls ja, wie genau lauten diese? Falls nein, wie stellen Sie sicher, dass Festgenommenen auch tatsächlich ihre Rechte erklärt werden?

 

33) Weshalb dauerte es selbst nach Eintreffen des Rechtsanwalts von Almuth G und Christof R. noch über 2 Stunden bis ein Polizeibeamter den Fall bearbeitete? Ist das die übliche Arbeitsweise der Polizei am Deutschmeisterplatz in solchen Fällen?

 

34) Welche konkreten Maßnahmen gibt es bzw. planen Sie, um Übergriffe und Misshandlungen von festgenommenen, vor allem in Polizeistellen, in denen naturgemäß keinerlei neutrale Dritte und somit Zeugen zugegen sind, zu verhindern?