170/J XXV. GP

Eingelangt am 03.12.2013
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger, Kollegin und Kollegen

an die Bundesministerin für Justiz

 

betreffend Umsetzung des Nationalen Aktionsplans zum Schutz der Privatsphäre

 

 

BEGRÜNDUNG

 

Im Juni 2013 enthüllte der amerikanische Ex-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden der britischen Tageszeitung „Guardian“ gegenüber Details über PRISM, einem bis dahin geheimen Abhörprogramm der National Security Agency (NSA) zur Erfassung, Speicherung und Auswertung elektronisch gespeicherter Daten. Unter Beteiligung der größten Internetkonzerne (Microsoft, Google, Facebook, Apple etc.) zeichnet der US-Geheimdienst nicht nur Telefonate und Kurznachrichten auf, sondern hat auch Zugriff auf E-Mail-Verkehr sowie Kommunikation via Skype, Facebook und über die Dienste von Google.

 

Da PRISM auf jegliche Kommunikation mit Nutzern in den USA abzielt, gilt es als gesichert, dass über das Überwachungsprogramm der NSA auch der Datenverkehr von österreichischen Bürger_innen aufgezeichnet und ausgewertet wurde. In einem Interview im „Profil“ vom 8. Juli 2013 gibt Gert R. Polli, ehemaliger Leiter des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, an, ein Abhörprogramm der NSA sei den österreichischen Behörden auch vor den Enthüllungen Edward Snowdens bekannt gewesen.

 

Die Existenz einer Kooperation der österreichischen Geheimdienste mit der NSA wurde auch von Verteidigungsminister Gerald Klug in der aktuellen Stunde der 3. Sitzung des Nationalrats (XXV. GP) zum Thema „Maßnahmen Österreichs zur Abwehr nachrichtendienstlicher Aktivitäten“ zugegeben. Wegen Verdachts auf Verstoß gegen § 319 StGB reichte der Abgeordnete Dr. Pilz am 25. Juli 2013 Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Wien gegen das HNaA sowie die (ehemaligen) Verteidigungsminister Platter, Darabos und Klug ein. Es bestehe der begründete Verdacht, dass das HNaA auf Grundlage eines bilateralen Vertrags zwischen dem BMLVS und der NSA die USA bei ihrer nachrichtendienstlichen Arbeit in Österreich auf rechtswidrige Weise unterstützt zu haben. Zudem gilt die Existenz eines internationalen Spionagenetzwerkes mit dem Namen „Echelon“ zum Abhören wirtschaftlicher und privater Kommunikation (unter anderem) in Europa seit einem Bericht des Europäischen Parlaments vom 11. Juli 2001 (A5-0264/2001) durch die Geheimdienste der USA, Großbritanniens, Kanadas, Australiens und Neuseelands als gesichert. Es ist also davon auszugehen, dass mit dem Wissen der Behörden österreichische Bürger_innen und Unternehmen in der Vergangenheit von ausländischen Geheimdiensten (insbesondere jenen der USA) abgehört wurden.

 

Als reichlich späte Reaktion auf die Auswirkungen des NSA-Abhörskandals auf Österreich veröffentlichte die Bundesministerin für Justiz am 5. September 2013 im Rahmen einer Pressekonferenz Vorschläge für einen nationalen Aktionsplan zum Schutz der Privatsphäre. Auf Grund der Vorschläge soll sich die Republik Österreich auf sieben Ebenen verstärkt für den Datenschutz der Bürger_innen einsetzen:

 

1.      Aufklärung auf allen Ebenen über die Tätigkeit der NSA in Bezug auf Österreich

2.      EU-Datenschutzgrundverordnung: Abschluss der Verhandlungen vor den EU-Wahlen 2014

3.      Datenschutz ins Völkerrecht, Unterstützung der gemeinsamen Initiative mit Deutschland

4.      No-Spy-Abkommen mit den USA

5.      EU-High-Level Group und Analyse des Safe-Harbor-Abkommens

6.      Klare rechtsstaatliche Richtlinien für Geheimdienste in Europa

7.      Bewusstseinsbildung

 

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner verwies in der aktuellen Stunde der 3. Sitzung des Nationalrats (XXV. GP) auf die laufende Umsetzung des Nationalen Aktionsplans zum Schutz der Privatsphäre. Außer Überschriften ist über konkrete Umsetzungsschritte des Nationalen Aktionsplanes zum Schutz der Privatsphäre jedoch öffentlich keine Information verfügbar. Es wurde ferner durch die Innenministerin die Wichtigkeit einer gemeinsamen europäischen Vorgangsweise betont. Es bestehen jedoch Zweifel, ob ein Abschluss der Verhandlungen zur EU-Datenschutzverordnung vor den Wahlen zum Europäischen Parlament im Mai 2014 erzielt werden kann.

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Justiz folgende

 

 

Anfrage

 

1.      Inwieweit besteht im Bundesministerium für Justiz die Kompetenz für einen Nationalen Aktionsplan zum Schutz der Privatsphäre?

2.      Wurde der von der Bundesministerin für Justiz präsentierte Aktionsplan mit anderen Ressorts, in deren Zuständigkeit einzelne Fragen des Aktionsplans liegen, abgestimmt?

3.      Wenn ja, mit welchen Ressorts hat eine solche Abstimmung stattgefunden?

4.      Wurden seitens des Bundesministeriums für Justiz Schritte hinsichtlich interministerieller Arbeitsgruppen unternommen?


Zum Nationalen Aktionsplan zum Schutz der Privatsphäre

Ad 1) „Aufklärung auf allen Ebenen über die Tätigkeit der NSA in Bezug auf Österreich“

 

4.      Auf welchen Ebenen wurde und wird seitens des Bundesministeriums für Justiz Aufklärung über die Tätigkeit der NSA in Bezug auf Österreich eingefordert bzw. vorangetrieben?

5.      Welche Maßnahmen wurden bisher oder werden durch das Bundesministerium für Justiz gesetzt, um von den USA Informationen über nachrichtendienstliche Aktivitäten auf österreichischem Territorium zu erlangen?

6.      Welche Art von Informationen konnten durch diese Maßnahmen bislang in Erfahrung gebracht werden?

7.      Welche konkreten Behörden werden in die Aufklärungsarbeit einbezogen? Bitte um Aufzählung.

 

Ad 2) „EU-Datenschutzgrundverordnung: Abschluss der Verhandlungen vor den EU-Wahlen 2014“

 

8.      Welche Position nimmt das Bundesministerium für Justiz hinsichtlich der EU-Datenschutzgrundverordnung ein?

9.      Gibt es eine Position des Bundesministeriums für Justiz hinsichtlich des im LIBE-Ausschuss des Europäischen Parlaments abgestimmten Verordnungsvorschlags?

10.  Inwieweit sieht das Bundesministerium für Justiz die Beschlussfassung im Rat vor den EU-Wahlen als realistisch an?

11.  Welche Maßnahmen sind geplant, wenn im EU-Rat kein Einvernehmen über eine Datenschutz-Grundverordnung vor der EU-Parlamentswahl erzielt werden kann, um für die Bürger in Österreich raschen Schutz zu gewährleisten?

 

Ad 3) „Datenschutz ins Völkerrecht, Unterstützung der gemeinsamen Initiative mit Deutschland“

 

12.  Wie steht das Bundesministerium für Justiz dazu, die Bestimmungen der Datenschutzkonvention des Europarats zur Minimalbedingung einer völkerrechtlichen Regelung des Datenschutzes im Rahmen der UNO zu machen?

13.  Zielt der Einsatz Österreichs für eine völkerrechtliche Lösung des Datenschutzes auf globaler Ebene im Rahmen der UNO primär auf die Verabschiedung einer Resolution der Generalversammlung oder auf die Schaffung eines völkerrechtlich verbindlichen Vertrages („UN-Datenschutzkonvention“) ab? Bitte um Begründung.

 

Ad 4) „No-Spy-Abkommen mit den USA“

 

14.  Welches Vorgehen für das Erlangen einer bilateralen Lösung ist für den Fall geplant, dass ein solches Abkommen zwischen den USA und der EU nicht zustande kommt?


15.  Welche konkreten Maßnahmen als Vertragsinhalte werden seitens des Bundesministeriums für Justiz für geeignet erachtet, um die im Nationalen Aktionsplan formulierten Ziele zu erreichen?

16.  Welche wirksamen Maßnahmen zum Monitoring des etwaigen Vertragsinhalts werden, angesichts der bisherigen Unkenntnis oder Untätigkeit der österreichischen Nachrichtendienste, in Betracht gezogen?

 

Ad 5) „EU-High-Level Group und Analyse des Safe-Harbor-Abkommens“

 

17.  Aus welchen Gründen setzte sich Österreich nach Bekanntwerden der Vorwürfe gegen die NSA nicht für ein temporäres Aussetzen des Safe-Harbor-Abkommens mit den USA ein, um die akute Gefährdung der Bürger vor dem Zugriff ausländischer Nachrichtendienste zu schützen?

 

Ad 6) „Klare rechtsstaatliche Richtlinien für Geheimdienste in Europa“

 

18.  Welche „klaren rechtsstaatlichen Richtlinien“ zieht das Bundesministerium für Justiz in Betracht, unter denen persönliche Daten von EU-Bürgern an Geheimdienste anderer Staaten weitergegeben werden können?

 

Ad 7) „Bewusstseinsbildung“

 

19.  Welche Maßnahmen zur Bewusstseinsbildung hält das Bundesministerium für Justiz für angemessen, um die Daten der österreichischen Bürger_innen vor dem Zugriff ausländischer Nachrichtendienste zu schützen?

20.  Welche Maßnahmen zur Bewusstseinsbildung wurden mit aktuellem Stand im Rahmen des Nationalen Aktionsplan zum Schutz der Privatsphäre gesetzt, bzw. welche Maßnahmen sind in diesem Zusammenhang vorgesehen?