246/J XXV. GP

Eingelangt am 17.12.2013
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Hagen

und weiterer Abgeordneter

an die Bundesministerin für Inneres

 

betreffend „Whistleblowing im BM.I“

 

Der Fall des im November 2013 bekanntgewordenen Whistleblowers innerhalb des Bundesministeriums für Inneres sorgte für erhebliche Aufregung und wirft zahlreiche Fragen auf.

 

Medienberichten zufolge hatte der Polizist interne Vorgaben (Floridsdorfer Beamte müssten mindestens sieben Verkehrsstrafen pro Monat ahnden…) an Medien weitergegeben. Daraufhin wurde dieser vom Dienst suspendiert und es wurde ein Verfahren gegen Unbekannt wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses eingeleitet. Als Strafausmaß bei diesem Tatbestand können bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe drohen.

 

Laut Medienberichten handelt es sich bei dem durch den Polizisten weitergegebenen Dokument um ein siebenseitiges Führungsprotokoll mit "jeder Menge interner Daten, Einsätze von Schnellrichtern, Namen und persönlicher Angaben von Kollegen".

 

Der Polizist als Whistleblower hat somit eine rechtswidrige Weisung der Öffentlichkeit zur Kenntnis gebracht und dadurch interne Missstände im BM.I aufgezeigt, was allerdings ein Verfahren wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses nach sich ziehen könnte.

 

Andere Ministerien wie das BMJ oder das BMF scheinen jedoch hinsichtlich des Whistleblowings anderer Meinung zu sein als das BM.I:

 

Das BMJ lancierte erst im März dieses Jahres ihre "Whistleblower-Website für die zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftssachen und Korruption (WKStA)". Ziel ist es gegen Korruption, Finanzverbrechen, Sozialbetrug und Geldwäsche vorzugehen. Auf dieser Homepage kann jeder online auf vermutete Wirtschaftsverbrechen und Korruption aufmerksam machen, ohne seine Identität preisgeben zu müssen. Medienberichten zufolge bezeichnet die ehemalige Justizministerin Karl das System als "weiteren Schritt in der Strafverfolgung von Heimlichkeitsverbrechen".

 

Hinsichtlich des BMF wurde erst in diesem Jahr das "Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Bausparkassengesetz, das Börsegesetz 1989, das E-Geldgesetz 2010, das Finanzkonglomerategesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Finanzmarktstabilitätsgesetz, das Finanzsicherheiten-Gesetz, das Immobilien-Investmentfondsgesetz, das Investmentfondsgesetz 2011, das Kapitalmarktgesetz, das Sparkassengesetz, das Stabilitätsabgabegesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007, das Zahlungsdienstegesetz, das Pensionskassengesetz, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz und das Versicherungsaufsichtsgesetz geändert werden" beschlossen. In diesem Gesetz wird ebenfalls die Einrichtung einer Whistleblowing-Hotline bei der FMA beschlossen.

 

Die Einführung dieser Whistleblowing-Stelle wird folgendermaßen begründet: "Als zusätzliches Instrument der Verfolgung von Verwaltungsübertretungen werden Mechanismen bei der FMA und angemessene interne Verfahren in den Instituten zur Meldung potenzieller aufsichtsrechtlicher Verstöße („whistle-blowing“) eingeführt, welche zudem angemessenen Schutz der personenbezogenen Daten der anzeigenden Personen gewährleisten."

 

Das BMJ und das BMF haben also bereits Whistleblowing-Stellen eingerichtet, um rechtswidrige Handlungen aufzuzeigen. Zeigt jedoch ein Beamter des BMI rechtswidrige Handlungen innerhalb der Organisation anonym auf, wird dieser ausgeforscht, identifiziert und suspendiert.

 

Im Regierungsprogramm der XV. GP findet sich eine Passage hinsichtlich des Amtsgeheimnisses. Unter dem Kapital „Politische Partizipation und Grundrechte“ findet man folgende Aussagen:

 

„Informationsfreiheit statt Amtsgeheimnis

Ziel: Staatliches Handeln soll transparenter und offener gestaltet werden.

Herausforderung: Das Amtsgeheimnis in seiner derzeitigen Form ist überholt.

Maßnahmen: Das Amtsgeheimnis wird, unter Berücksichtigung des Grundrechts auf Datenschutz, ersetzt durch

·         eine verfassungsgesetzlich angeordnete Pflicht aller Staatsorgane, Informationen von allgemeinem Interesse der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen (Open Government) und

·        ein Grundrecht auf Zugang zu Informationen unter materiellem Gesetzesvorbehalt.“

 

 

Bezugnehmend hierauf stellen die unterzeichneten Abgeordneten daher an die Bundesministerin für Inneres folgende

 

 

Anfrage

 

 

1.    Wie steht Ihr Ressort zu Whistleblowing im Generellen?

 

2.    Wie man an oben genannten Beispielen sieht, gibt es anscheinend eine unterschiedliche Bewertung von Whistleblowern, einerseits werden diejenigen animiert, welche Informationen liefern, die – wie zum Beispiel im Finanzbereich – den Ministerien zu zusätzlichen Einnahmen verhelfen und andererseits werden diejenigen bestraft, welche ministeriumsinterne Mängel oder Vergehen aufzeigen.

a.   Sind Sie der Meinung, dass es eine derartige unterschiedliche Behandlung von Whistleblowern geben soll?

b.   Wie stehen Sie zur ungleichen Vorgangsweise betreffend Whistleblowern als Amtsträgern und Personen aus der Privatwirtschaft?

 

3.    Sind Sie der Meinung, dass Polizisten in einem Fall wie dem oben genannten zukünftig eine Sonderstellung zukommen soll?

 

4.    Sind Sie der Meinung, dass für Polizisten wie in dem obigen Fall genannt das Amtsgeheimnis bzw. die Amtsverschwiegenheit aufgehoben werden soll?

 

5.    Wie planen Sie eine Balance zwischen dem Bedürfnis nach dem Amtsgeheimnis und jemandem, der interne Missstände aufdeckt, zu finden?

 

6.    Wie bewerten Sie das Amtsgeheimnis in Fällen von Whistleblowing in Verbindung mit den Forderungen des neuen Regierungsprogramms für die XV. GP?

 

7.    Wie sollen die Forderungen des neuen Regierungsprogramms hinsichtlich dieses „überholten Amtsgeheimnisses“ in Ihrem Ressort umgesetzt werden?