340/J XXV. GP

Eingelangt am 18.12.2013
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Alev Korun, Freundinnen und Freunde an die Bundesministerin für Inneres

betreffend Doppelstaatsbürgerschaft und internationale Abkommen

BEGRÜNDUNG

 

In der Diskussion rund um die Ermöglichung von Doppelstaatsbürgerschaften für ausgewanderte ÖsterreicherInnen ebenso wie für hier geborene Kinder von Drittstaatsangehörigen wird von der Regierung stets die Bindung Österreichs an das Übereinkommen über die Verminderung der Fälle mehrfacher Staatsangehörigkeit und über die Militärdienstpflicht in Fällen mehrfacher Staatsangehörigkeit verwiesen. Aufgrund dieses Übereinkommens ergäbe sich, dass Doppelstaatsbürgerschaften grundsätzlich abzulehnen seien, so die Behauptung der Bundesregierung. Die Rechtslage hat sich jedoch in den letzten Jahrzehnten europaweit weiterentwickelt. Das besagte Übereinkommen ist schon längst rechtlich überholt, da neben Österreich nur mehr drei Staaten (DK, N, NL) von den verbliebenen 12 Mitgliedern den relevanten ersten Teil anwenden. Viele andere Staaten, wie zB Deutschland, sind mittlerweile aus dem Übereinkommen ausgetreten oder haben diese Pflicht zur Vermeidung von Doppelstaatsbürgerschaften abgeschafft. Mittlerweile gibt es bereits aktuellere, modernere Übereinkommen des Europarats zur Doppelstaatsbürgerschaft, die diese zulassen und legitimieren. Das zeigt, dass sich das Bild über die Zulässigkeit von Doppelstaatsbürgerschaft verändert hat und diese als eine moderne Lebensform immer mehr zur Normalität und zunehmend akzeptiert wird.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1.     Von welchen internationalen Übereinkommen und bi- und multilateralen Verträgen, die Österreich verpflichten mehrfache Staatsangehörigkeiten zu vermeiden oder zu verringern, ist Österreich derzeit Unterzeichnerstaat?

 

1.     Welche gesetzlichen Verpflichtungen genau ergeben sich daraus für Österreich in Zusammenhang mit der Vermeidung mehrfacher Staatsangehörigkeit?

2.     Welche Formen der Entstehung mehrfacher Staatsangehörigkeit (per Geburt, durch Einbürgerungen, durch andere Formen des Staatsbürgerschaftserwerbs) sind aufgrund des Übereinkommens über die Verminderung der Fälle mehrfacher Staatsangehörigkeit von der österreichischen Regierung zu verhindern?

 

3.     Welche Personengruppen würden von dem Verbot umfasst (minderjährige Kinder, Erwachsene)?

 

4.     Welche Art der Doppelstaatsbürgerschaft bzw. mehrfachen Staatsbürgerschaft wären zu vermeiden (mehrfache Staatsangehörigkeiten per se oder nur in Kombination der österreichischen mit der Staatsangehörigkeit bestimmter anderer Staaten)?

 

5.     Wie viele Staaten neben Österreich sind derzeit Unterzeichnerstaat dieses Übereinkommens über die Verminderung der Fälle mehrfacher Staatsangehörigkeit und welche Staaten sind das?

 

6.     Kapitel 1 des Übereinkommens über die Vertragsstaaten untereinander verpflichtend die Vermeidung von Fällen mehrfacher Staatsangehörigkeit durch Einbürgerung vor. Wie viele Staaten neben Österreich weltweit haben sich der Anwendung dieses Kapitel 1 des Übereinkommens aktuell unterworfen, gegenüber wie vielen Staaten besteht daher für Österreich derzeit die Pflicht zur Vermeidung mehrfacher Staatsangehörigkeit?

 

7.     § 10 Abs. 6 StbG sieht vor, dass die verpflichtende Rücklegung bisheriger Staatsbürgerschaften bei einer Einbürgerung entfällt, wenn diese Einbürgerung aufgrund außerordentlicher Leistungen im besonderen Interesse der Republik liegt. Inwieweit ist diese Regelung mit den Verpflichtungen aus dem Übereinkommen über die Verminderung der Fälle mehrfacher Staatsangehörigkeit vereinbar, da hier keine Zurücklegung der alten Staatsbürgerschaft vorgesehen ist?

 

8.     Widerspricht es nicht dem Gleichheitsgrundsatz, dass berühmte Personen, die ja der Hauptanwendungsfall der obengenannten Regelung sind, somit vom Verbot der Doppelstaatsbürgerschaft ausgenommen werden, während NormalbürgerInnen diesem Verbot fast immer unterliegen?

 

9.     Deutschland ist aus dem Übereinkommen über die Verminderung der Fälle mehrfacher Staatsangehörigkeit 2001 ausgeschieden, andere Staaten (Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg) sind lediglich aus Kapitel 1, das die Vermeidung von Fällen mehrfacher Staatsangehörigkeit vorschreibt, ausgeschieden. Welche Schritte müsste Österreich setzen, um

a) aus dem Übereinkommen gänzlich und

b) aus dem Kapitel 1 des Übereinkommens auszuscheiden

c) wie lange würde so ein Ausstieg dauern, um wirksam zu werden?

 

10.  Wie viele ÖsterreicherInnen besitzen derzeit neben ihrer österreichischen noch eine weitere Staatsbürgerschaft?

11.  Wie haben sich die Zahlen der ÖsterreicherInnen mit mehrfacher Staatsbürgerschaft in den letzten 15 Jahren entwickelt, bitte um Aufschlüsselung nach einzelnen Jahren?

12.  Wie viele dieser ÖsterreicherInnen mit mehrfacher Staatsbürgerschaft haben diese a) per Geburt und b) durch Einbürgerung erworben?

13.  Sollte es keine Statistiken zur mehrfachen Staatsbürgerschaft unter ÖsterreicherInnen geben, wie lauten Ihre Schätzungen?

14. Sollte es keine Statistiken oder Schätzungen zur mehrfachen Staatsbürgerschaft unter ÖsterreicherInnen geben: Sind diesbezügliche Erhebungen geplant, falls ja bis wann?

15. Für den Fall, dass neben diesem Übereinkommen weitere völkerrechtliche Verpflichtungen Österreichs zur Vermeidung von mehrfacher Staatsangehörigkeit bei der Einbürgerung bestehen: Welche sind das und welche Schritte müsste die Regierung setzen, um aus diesen Vereinbarungen auszuscheiden?

16. §28 StbG  sieht die Beibehaltung der österreichischen Staatsbürgerschaft beim Erwerb einer weiteren Staatsbürgerschaft in bestimmten Fällen bei Bewilligung vor. Wie oft wurde in den Jahren 1998-2013 die Beibehaltung der österreichischen Staatsbürgerschaft beantragt und wie oft bewilligt? Bitte um Aufschlüsselung nach einzelnen Jahren, Bundesland und Rechtsgrund (§ 28 Abs. 1 Z 1 oder § 28 Abs. 1 Z 2 oder § 28 Abs. 2 StbG).