374/J XXV. GP

Eingelangt am 07.01.2014
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Beate Meinl-Reisinger und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend die Hypo Group Alpe Adria (HGAA) und das „Projekt Galileo‘‘.

 

Im Dezember 2009 erwarb die Republik Österreich alle Anteile der Hypo Alpe-Adria-Bank International AG (HBInt). Für einen symbolischen Euro wurden so auch die Anteile des Mehrheitseigentümers Bayerischen Landesbank (BayernLB) übernommen. Durch Abwertungen im Zuge der Bankenkrise hatte die HGAA Ende 2009 einen Kapitalbedarf von 1,5 Mrd. EUR. Am 22. November 2009 gab der damalige bayerische Finanzminister Georg Fahrenschon gegenüber dem österreichischen Finanzminister Josef Pröll bekannt, der HGAA über die BayernLB kein frisches Kapital mehr zur Verfügung stellen zu wollen. Gleichzeitig zog die BayernLB in Form von Kündigung von Darlehen 1,2 Mrd. EUR von der HBInt ab und brachte diese so an den Rand des Konkurses. Die Schädigung der HGAA wurde dabei in Kauf genommen.

 

Zum Verkaufszeitpunkt hatte die BayernLB noch Forderungen in Höhe von 4 Mrd. EUR gegenüber der HGAA. Die Verhandlungen zwischen der BayernLB und der Republik Österreich (unter Ausschluss der Minderheitseigentümer Kärntner Landes- und Hypothekenbank Holding, Grazer Wechselseitige sowie der Hypo Alpe Adria Mitarbeiter Privatstiftung) endeten mit einem Verzicht der BayernLB auf Forderungen über 825 Mio. EUR. Die verbleibenden Verbindlichkeiten über 3,1 Mrd. EUR sind laut Kaufvertrag bis Ende 2013 weiter durch den neuen Eigentümer, die Republik Österreich (und somit den Steuerzahler), zu bedienen. Aus Sicht der BayernLB wurden so hochriskante Forderungen gegenüber der angeschlagenen HGAA in sichere Forderungen gegenüber der Republik Österreich umgewandelt.

 

Bereits kurze Zeit nach der Übernahme der HGAA wurde im Laufe des Jahres 2010 bewusst und bekannt, dass sich das Finanzinstitut trotz der Maßnahmen im Bilanzjahr 2009 in einem dramatischen Zustand befindet und weitere Kapitalmaßnahmen sowie weitaus umfangreichere Restrukturierungsmaßnahmen als vermutet nötig sein werden. Schon zu dieser Zeit fand auch die Idee der „Bad Bank‘‘ Verbreitung.


 

Nicht zuletzt infolge der neuerlich notwendigen Finanzspritze, des kürzlich abgeschlossenen Berichts der „Task Force Hypo‘‘, des bekannt gewordenen Berichts des Beraterhauses Oliver Wyman und der mit Ende Dezember auslaufenden Frist zur Anfechtung des Kaufvertrags (vgl „Kärntner Hypo: Gutachten fertig, Haircut umstritten‘‘ auf derstandard.at vom 12. Dezember 2013) erhält die Diskussion besondere Aktualität.

 

Experten wie der Hypo-Aufsichtsratschef Klaus Liebscher, Vorstandsvorsitzender der FIMBAG und ehem. Gouverneur der OeNB, präferieren die Lösung der „Bad Bank‘‘ über die des „Weiterwurstelns‘‘ der ehem. Finanzministerin Maria Fekter. Noch im September verlautete Liebscher, dass sich die heuer notwendig werdenden Kapitalspritzen mit einer zeitgerechten Abbaueinheit reduzieren würden. In gleicher Weise hatte sich auch der ehemalige AR-Vorsitzende der HBInt, Johannes Ditz, mehrfach geäußert und er soll dies (laut Medienberichten im Mai 2013) auch der zuständigen Ressortspitze im BMF per Brief eindringlich erläutert haben. Auch die Regierungsspitze spreche sich für die Lösung der „Bad Bank‘‘ aus, konnte Liebscher im November 2013 in Abstimmung mit Kanzler und Vizekanzler vermelden.

 

Wifo-Bankenexperte Hahn erklärte kürzlich, es sei gar schon „zu spät‘‘ für die Bad-Bank- Lösung. Zu lange seien die Augen verschlossen worden. Man hätte sich ‚einiges an unnötigen Zuschüssen erspart‘, hätte man früher gehandelt, also vor zwei, drei Jahren.

‚Das wäre für den Steuerzahler billiger gekommen‘‘‘ (vgl. „Hahn: Bad Bank kommt ‚zu spät‘" auf kurier.at vom 15. November 2013).

 

Erst vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass ein vom BMF beim Beraterhaus Oliver Wyman beauftragtes Gutachten sich näher mit den Abwicklungsszenarien („Projekt Galileo‘‘) beschäftigt und vier Szenarien („Status quo‘‘, „Anstalt‘‘, „Beteiligung‘‘ und „Insolvenz‘‘) berechnet hat. Laut Oliver Wyman wäre von den vier untersuchten Szenarien die Hypo-Insolvenz für den Steuerzahler die günstigste Lösung. Denn in diesem Fall würden auch die Hypo-Gläubiger zur Kasse gebeten. Vonseiten des BMF wird das Ergebnis des Gutachtens unter Verschluss gehalten, ja nicht einmal deren Beauftragung bestätigt. In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Finanzen folgende

 

ANFRAGE:

 

Zum Kaufvertrag

1.     Wer zeichnet für die finale rechtliche Ausgestaltung und Formulierung des Kaufvertrags zwischen der BayernLB und der Republik Österreich verantwortlich;insbesondere in Hinblick auf die Aufrechterhaltung von Verbindlichkeiten über 3,1 Mrd. EUR der BayernLB gegenüber der HBInt, die Bestimmungen im Falle einer Aufspaltung oder Veräußerung der Bank sowie die Bestimmungen zu Gewährleistung und Garantie (Abs. 5 und 6 des Aktienkaufvertrags)?


 

2.     War dem BMF zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Aktienkaufvertrages bekannt, dass die BayernLB erst kurz zuvor Darlehen und Kredite der HGAA i.H.v. 1,2 Mrd. EUR gekündigt hatte?

a.     Zutreffendenfalls, welche diesbezüglichen Überlegungen wurden damals getroffen?

b.    Widrigenfalls, wann wurde dieser Umstand dem BMF bekannt?

3.     Wird seitens des BMF die Meinung vertreten, dass die Bedingungen des Aktienkaufvertrages eine Rückzahlung der seitens der BayernLB gewährten Darlehen, Kredite o. ä. für den Fall der Abwicklung der Risiko-Geschäfte über eine s. g. „Bad Bank‘‘ vorsehen?

4.     Inwieweit ist der Finanzminister in die Entscheidungen über eine Anfechtung des Kaufvertrags der HBInt eingebunden?

5.     Welche Gründe stehen einer raschen Entscheidung über die Anfechtung des Kaufvertrags der HBInt entgegen?

Zu den Gutachten

6.     Wurde seitens des BMF ein Gutachten bei Oliver Wyman betreffend die Abwicklung der HGAA bzw. der HBInt oder Teile hievon in Auftrag gegeben?

a. Widrigenfalls, wer hat dieses Gutachten beauftragt?

b. Wann wurde dieses Gutachten beauftragt?

c. Wie lautete der Auftrag für dieses Gutachten?

d. Wie lautet das Resümee des betreffenden Gutachtens?

e. Welche Abwicklungsmodelle werden in dem betreffenden Gutachten diskutiert und vorgeschlagen bzw. empfohlen?

7.     Welche Abwicklungsmodelle wurden von u.a. der Taskforce Hypo diskutiert und vorgeschlagen bzw. empfohlen?

8.     Wie sehen die zu den Abwicklungsmodellen vorgelegten Berechnungen betreffend die zu erwartenden Kosten für die Abwicklung der HGAA aus?

9.     Wie lautet der Auftrag für das Gutachten der AKKT Steuerwissenschaft ForschungsGmbH?

a. Wie lautet das Resümee des betreffenden Gutachtens?

10.  Wie lautet der Auftrag für das Gutachten an Wirtschaftsprüfers Fritz Kleiner?

a. Wie lautet das Resümee des betreffenden Gutachtens?

Zur Abwicklung

11.  Wann wurde die Idee der Abwicklung der Risiko-Geschäfte der HGAA über eine „Bad Bank‘‘ seitens der Republik Österreich und des BMF erstmalig diskutiert bzw. wann lagen erstmalig Unterlagen seitens der Gesellschaft dazu vor?

12.  Wie wurde mit den vorliegenden Informationen verfahren und wie wurde das Modell der „Bad Bank‘‘ ökonomisch bewertet?

13.  Wer wäre von einem Haircut bei der HGAA betroffen bzw. wer sind die überwiegenden Gläubiger der HGAA?


 

14.  Entspricht es den Tatsachen, dass es sich bei der BayernLB um einen der größten Gläubiger der HGAA handelt?

15.  Entspricht es den Tatsachen, dass überwiegend internationale Investoren zu den Gläubigern der HGAA zählen?

16.  Inwiefern hätte ein Haircut bei der HGAA finanzielle bzw. wirtschaftliche Auswirkungen bei anderen HYPO-Banken?

17.  Inwiefern hätte ein Haircut bei der HGAA finanzielle bzw. wirtschaftliche Auswirkungen bei den Eigentümern und Anteilseignern der anderen HYPOBanken (u.a. den Raiffeisen Landesbanken)?

18.  Aufgrund welches/r Gutachten/s wird die Entscheidung über die Abwicklung der HGAA getroffen werden?

19.  Wann wird die Entscheidung über die Abwicklung der HGAA getroffen werden?

20.  Welche Gründe verhindern eine sofortige bzw. baldige Entscheidung noch in diesem Jahr?

21.  Liegen triftige Gründe vor und zutreffendenfalls welche, aufgrund derer eine baldige Entscheidung betreffend die Abwicklung der HGAA nicht getroffen werden kann?

22.  Wer wird in die Entscheidung über die Abwicklung der HGAA eingebunden werden?

23.  Wieviel Kapital wird die HGAA 2014 und jeweils in den vier darauf folgenden Jahren benötigen, um den laufenden Bankbetrieb, inkl. Abschreibungen auf notleidende Assets, bedienen zu können?